Circular Carbon wird für seine Biomasse-Energiesysteme und die Produktion von Pflanzenkohle ausgezeichnet.
2023
10/1/2023
Circular Carbon GmbH ist Landessieger im Unternehmenswettbewerb der KfW
Der Vorstandsvorsitzende der KfW, Stefan Wintels sagt in seiner Rede, dass die erfolgreiche Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Stärkung Deutschlands als Technologiestandort echten Unternehmergeist erfordert. "Mit dem KfW Award Gründen möchten wir nicht nur erfolgreiche Gründerteams auszeichnen, sondern auch dazu beitragen, dass der Mut zur Selbstständigkeit öffentliche Anerkennung erhält. Ich gratuliere den preisgekrönten Teams herzlich; sie sind mit ihren innovativen Lösungen Vorbilder in diesem Jahrzehnt der Entscheidung." Die KfW wird als Transformations- und Förderbank junge Unternehmen - vom Handwerk bis zu Hightech - auch in Zukunft tatkräftig unterstützen und somit das Ökosystem für junge Unternehmen stärken. Circular Carbon wurde 2018 von Peik Stenlund und Felix Ertl gegründet und entwickelt Biomasse Energiesysteme zur Produktion von wertvoller Pflanzenkohle und erneuerbarer Energie.
Das Climate Tech-Unternehmen unterstützt Industriekunden darin, ihre Prozesse zu dekarbonisieren. Circular Carbon produziert aus organischen Reststoffen landwirtschaftlich und industriell nutzbare Pflanzenkohle. Per Pyrolyse wird der Ausgangsstoff unter weitgehendem Ausschluss von Sauerstoff karbonisiert. Die daraus entstehende Pflanzenkohle kommt in Landwirtschaft und Industrie vielfältig zur Anwendung. Da sie zum Großteil aus Kohlenstoff besteht, der langfristig stabil bleibt, ist Pflanzenkohle eine CO2-Negativemission. Gleichzeitig fördert sie den Humusaufbau in ausgelaugten landwirtschaftlichen Böden und verbessert so deren Fruchtbarkeit. Zudem kommt Pflanzenkohle in Schwammstädten sowie im Bausektor zum Einsatz und wird als Tierfutter genutzt.
Pflanzenkohle und CO2
Bei der Pflanzenkohle handelt es sich um einen stark wachsenden Markt für die langfristige Bindung von CO2 im Boden. Circular Carbon verfügt damit über eine vielversprechende CDR-Schlüsseltechnologie (Carbon Dioxide Removal), die einen Beitrag zu einer klimaneutralen Wirtschaft leistet. Das Unternehmen gehört seit 2019 zur econnext-Gruppe.
Peik Stenlund: „Die Auszeichnung, macht uns stolz und glücklich. Denn unser jahrelanges ökologisches und technologisches Engagement wird damit anerkannt. Der Preis hilft der Circular Carbon GmbH, den Nutzen der CDR-Technologie zur Produktion von Pflanzenkohle für Landwirtschaft, Städte- und Gartenbau und den Bausektor noch bekannter zu machen. Die dadurch geschaffene CO2-Senke ist für Umwelt und Gesellschaft von enormen Nutzen.“
Mehr über den Landessieger unter seiner Homepage. Ausgewählt wurden die Preisträger in einem mehrstufigen Verfahren von einer erfahrenen Jury mit erfahrenen Personen aus der KfW, Förderinstituten, Wirtschaft, Politik und Medien. Sie bewerteten die Geschäftsideen nach ihrem Innovationsgrad, ihrer Kreativität und der Übernahme gesellschaftlicher bzw. ökologischer Verantwortung.
Am Wettbewerb teilnehmen konnten Unternehmen aller Branchen ab Gründungsjahr 2018. Das Preisgeld beträgt 1.000 Euro. Als Landessieger hat sich Circular Carbon auch für den Preis des Publikumssiegers qualifiziert. Dieser ist mit weiteren 5.000 Euro Preisgeld verbunden.
Drei Tage, 600 Aussteller, 10000 Fachbesucher treffen sich auf der Powtech 2023 vom 26. bis 28. September 2023.
2023
9/20/2023
Powtech 2023
Alles in Bewegung: Analysieren, Zerkleinern, Sieben, Mischen, Fördern, Lagern, Dosieren und Kompaktieren – die mechanische Verfahrenstechnik ist voller dynamischer Prozesse. Die Powtech will eine Plattform sein, auf der die neuesten Produktinnovationen und Dienstleistungen den wichtigsten Industriebranchen präsentiert werden. Das Angebotsspektrum umfasst Labor und Entwicklung – Rohstoffaufbereitung und Dosierung – Herstellung, Produktion und Fertigung – Transport und Lagerung – Abfüllung/Abfülltechnik – Verpackung und Kennzeichnung – Analyse/ Kontrolle – Produktionsumgebung – Sicherheit/Umwelt – Services.
Verfahrenstechniker, Schüttgutsachverständige, Produktionsleiter, Wissenschaftler sowie Prozess- und Projektingenieure aus den Branchen Chemie – Pharma – Food/Feed – Bau/Steine/Erden – Keramik/Glas – Maschinen- und Anlagenbau & Komponenten – Recycling und Umwelt – Kosmetik – Batterie werden angesprochen.
Europäische Messe mit internationaler Zugkraft
Die Powtech ist im Bereich Verfahrenstechnik das Tor in den europäischen Markt und eine internationale Branchenplattform für Prozesse, die aus Pulver, Granulat, Schüttgut, Fluids und Liquids Qualitätsprodukte herstellen. Im Jahr 2022 kamen 40% der Aussteller und 43% der Fachbesucher aus dem Ausland. Zudem bestätigten die Aussteller 2022, dass sie auf Fachbesucher mit tiefem Sachverständnis, konkreten Fragestellungen und Geschäftsabsichten trafen.
Sonderschauen, Pavillons und mehr
Zur Powtech gehört auch ein attraktives Rahmenprogramm:
VDMA-Sonderschau Verfahrenstechnik und Luftreinheit mit Lösungen und Technologien der Entstaubungs-, Trocknungs- und Verfahrenstechnik sowie weiterer Prozesse der Schüttguttechnik in Halle 2, Stand 204. Hier bieten insgesamt elf Mitgliedsunternehmen der Schüttgut-Industrie im Rahmen der Ausstellung Einblicke in die Prozesskette.
Der Networking-Pavillon in Halle 1, in dem sich verschiedene Unternehmen der Verfahrenstechnik präsentieren und sich auf einen spannenden Austausch mit den teilnehmenden Ausstellern freuen.
Der Gemeinschaftsstand „Innovation made in Germany“ in Halle 4, auf dem junge Unternehmen aus Deutschland ihre Erfindungen präsentieren.
Der Campus-Pavillon in Halle 1, in dem Universitäten, Hochschulen und Institute sich und ihre Forschungsschwerpunkte und Dienstleistungen vorstellen.
Expertenforum stagetalks
Auch in diesem Jahr haben Aussteller zudem die Möglichkeit, ihre Lösungen und Services für besonders zukunftsweisende Topics im Rahmen des Expertenforums stagetalks in 20-minütigen Vorträgen mit anschließender Diskussion vorzustellen und mit den Besuchern zu diskutieren. Das Expertenforum stagetalks II ist der zentrale Treffpunkt für Experten unter anderem mit dem Fokus auf „Pharma”, „Fill & Finish“ und „Lyophilisation“. Beim Expertenforum stagetalks I in Halle 4 geht es um New Food, Prozessoptimierung & Industrie 4.0, Perfektion in der Supply Chain, Fluids meet Solids, Food goes Powder, Nachhaltigkeit & Sicherheit, Future Energies sowie Nachwuchskräfte.
Live-Demonstrationen zum Explosionsschutz
Staubexplosionen sind ein Phänomen, das man – Gott sei Dank – nicht so häufig zu Gesicht bekommt. Das Rembe Research + Technology Center (RTC) macht die Auswirkungen einer Explosion sicht- und vor allem spürbar. An realen Industrieanlagen wird die Funktionsweise von Schutzsystemen vorgestellt. Der Verein INDEX (Intercontinental Association of EXpert for INDustrial Explosion Protection e. V.) unterstützt Forschungsprojekte am RTC, um die Sicherheit von Anlagen weltweit weiter zu verbessern.
Ergebnisse der Forschung sind Teil der beliebten Live-Vorführung, die an allen Messetagen jeweils zweimal stattfindet: Dienstag 12.00 und 16.00, Mittwoch 13.00 und 16.00 Uhr und Donnerstag 12.00 und 15.00 Uhr.
Partec-Kongress
In diesem Jahr findet parallel zur Powtech die Partec im Nürnberger Messezentrum statt. Der internationale Wissenschaftskongress für Partikeltechnologie, getragen von VDI-GVC, sorgt regelmäßig für den Austausch zwischen Forschern, Absolventen und Entwicklungsingenieuren. Nicht wenige der gut 400 Kongressteilnehmer und Nachwuchskräfte steuern gezielt auch ausstellende Unternehmen an.
Informationen Powtech 2023
Termin: Dienstag, 26.9., bis Donnerstag, 28.9.2023
Ort: NürnbergMesse, Halle 1, 2, 4 und 4a
Öffnungszeiten: 9.00 bis 18.00 Uhr, Do. nur bis 17.00 Uhr
Nächster Termin: Powtech Technopharm vom 23. bis 25.9.2025 (gemeinsam mit der Fachpack 2025)
Ticketpreise: Tageskarte 60 Euro, Dauerkarte 80 Euro
12.30 Uhr: Vom Versuch zur Inbetriebnahme: Ein Blick hinter die Kulissen (Dr.-Ing. Simon Esser, BHS-Sonthofen)
13.00 Uhr: Die digitale Zukunft der Rohrsystem-Planung (Tobias Werner, Jacob Rohrsysteme)
13.30 Uhr: Energieeffizienz und Nachhaltigkeit als wesentliches Kriterium für die Auswahl des Mahlsystems (Dr. Stefan Mende, Netzsch Feinmahltechnik)
14.00 Uhr: Effiziente Prozessoptimierung für den Transport von Pulvern und Schüttgütern mittels piFLOW (Jobst Tölle, Piab Vakuum)
16.00: Echtzeit-Partikelgrößenmessung mit OPC: Automatische, schnelle und kontinuierliche Qualitätskontrolle von Schüttgütern (Thomas Runde, Tietjen Verfahrenstechnik)
17.00 Uhr: Einsatzmöglichkeiten des innovativen Horizontalzyklons (Kai Gradert, Jacob Rohrsysteme)
27. September
10.30 Uhr: Vermeidung von Vermischungsfehlern: Häufige Fehler beim Mischen von Pulvern (Stefan Ruberg, amixon)
11.40 Uhr: Schüttgut-Transport in der Lebensmittelproduktion (Reiner Lemperle, Hecht Technologie)
16.30 Uhr: Smart Silo Storage Solutions für eine effiziente und nachhaltige Supply Chain (Andreas Kaserer, Zeppelin Systems)
28. September
11.00 Uhr: Vorbereitung auf den Tag X: Was gehört zur IT-Notfallplanung? (Dr. Robert Couronné, bayern innovativ)
13.00 Uhr: Herausforderungen für Rückschlagklappen im Explosionsschutz nach EN16447 am Beispiel der Dualen Rückschlagklappe (Dieter Lütkemeier, Fike Deutschland)
15.00 Uhr: Nachwuchswerbung für KMU – wie tickt die Jugend, welche Maßnahmen sind empfehlenswert? (Stefan Grötzschel, VDMA)
Alternative Proteine sind eines der Trendthemen im Maschinen- und Anlagenbau der Lebensmittelindustrie.
2023
9/20/2023
Protein-Alternativen
Ohne Proteine geht nichts. Sie bilden den Grundstein für alle Lebewesen und liefern unserem Körper Aminosäuren, aus denen Muskeln, Zellen und Gewebe sowie Antikörper und Hormone aufgebaut werden. Eier, Fleisch, Fisch und Milchprodukte sind traditionell wichtige Eiweißquellen, aber auch pflanzliche Proteine – und diese gewinnen immer stärker an Bedeutung für die Welternährung. Doch von der Sojabohne, Lupine oder vom Weizenkorn bis zum veganen Wurstersatz ist es ein weiter Weg, in dem viel Technik steckt. Denn das Protein muss zunächst aus den Rohstoffen extrahiert und aufbereitet werden, bevor es dann zum Fleisch- oder Wurstersatz „texturiert“ werden kann.
Der Prozess startet mit dem Sortieren und Reinigen der Rohstoffe, seien es Hülsenfrüchte, Saaten oder andere, die dann zunächst vermahlen werden. Diesem noch vergleichsweise klassischen Aufbereitungsprozess folgt dann die Protein-Extraktion, die je nach Rohstoff unterschiedlich durchgeführt werden kann. Häufig geschieht dies über einen mehrstufigen Prozess mit Wasser oder Salzlösungen, aber auch organische Lösungsmittel kommen zum Einsatz. Dabei werden die Rohstoffe zunächst eingeweicht, um die Proteine von den Kohlenhydraten und anderen Bestandteilen zu trennen. Anschließend wird das abgetrennte Protein aus der Lösung gefällt (Proteinkoagulation) und abgetrennt. Schließlich wird die Lösung (Konzentrat oder Isolat) direkt verarbeitet oder in einem Sprühtrockner zu einem Pulver getrocknet. Dieses Pulver bildet die Ausgangsbasis für das Texturieren – ein Prozess, der schließlich zum fleischähnlichen Produkt führt.
Von der Reinigung von Sojabohnen zum Proteinpulver
Schon der grobe Überblick deutet an, dass in den verschiedenen Schritten die unterschiedlichsten Maschinen und Apparate benötigt werden. Schauen wir uns das also am Beispiel der Herstellung von Soja-Isolat genauer an: Die Sojabohnen werden gereinigt, vermahlen und in Wasser eingeweicht. Anschließend werden sie erhitzt, um die Proteine freizusetzen. Bei der Proteinextraktion haben Zentrifugen bzw. Dekanter ihren großen Auftritt: In ihren konisch zulaufenden, rotierenden Trommeln werden Feststoffpartikel durch Zentrifugalkraft nach außen gedrängt und bilden eine Schicht an der Innenwand der Trommel. Die Flüssigkeit sammelt sich im Zentrum und wird durch einen Auslass abgeführt. Dadurch wird die Proteinlösung im ersten Schritt kontinuierlich von den Pflanzenresten getrennt. Nachdem das zunächst gelöste Protein unter Zugabe von Säure oder Salz zu Proteinflocken „gefällt“ wurde, werden diese ebenfalls in einem Dekanter konzentriert. Um das Protein möglichst vollständig nutzbar zu machen und die Abwasserbelastung zu verringern, werden im Dekanter nicht abgetrennte Proteinflocken in einem zusätzlichen Tellerseparator abgeschieden; das funktioniert, weil die Maschine sowohl Zentrifugalkräfte als auch die Schwerkraft nutzt.
Schließlich werden die koagulierten Proteine gewaschen und Säurereste neutralisiert, erneut zentrifugiert oder gefiltert. Das Soja-Isolat wird schließlich bei niedriger Temperatur getrocknet – beispielsweise in Sprühtrocknern. Wie der Name sagt, wird die proteinhaltige Flüssigkeit dabei von oben in eine Trockenkammer gesprüht und fällt dort einem heißen Luftstrom entgegen, wobei die Flüssigkeit verdampft und das zuvor gelöste Produkt schließlich als trockenes Pulver zu Boden fällt.
All diese Schritte bilden allerdings erst die Vorarbeit auf dem Weg zum Fleischersatz! Denn am Ende sind für den Konsumenten nicht nur Inhalt und Geschmack entscheidend, sondern auch das Biss- und Mundgefühl. Um hier eine möglichst originalgetreue „Customer Experience“ zu erreichen, müssen die pflanzlichen Proteine texturiert werden. Dies erfolgt in der Regel in speziellen Extrudern, wobei zunächst verschiedene Rohstoffe und Gewürze der Rezeptur vermischt und gemahlen werden, um eine gleichmäßige Konsistenz zu erreichen. Diese Mischung wird in einen Extruder dosiert und über Sprühdüsen wird Wasser zugesetzt. In der langgestreckten Maschine rotieren eine oder auch zwei Schnecken, die das Material in Richtung einer Öffnung (Matrize) am Ende einer zylindrischen Kammer transportiert. Auf diesem Weg ist die Masse einem hohen Druck sowie definierten Scherkräften und Temperaturen ausgesetzt, wobei das Protein denaturiert – man spricht vom Kochextrusionsprozess. Am Ende des Extruders wird das Produkt durch eine Düse ausgetragen, wobei feine Fasern entstehen, die auf eine gewünschte Länge geschnitten werden. Je nach Verfahren lassen sich so entweder trockene texturierte Pflanzenproteine (TVP) oder solche mit einem hohen Wasseranteil (HMMA) herstellen. Letztere sind Fleisch am ähnlichsten, während TVP vor der Weiterverarbeitung in Wasser eingeweicht werden müssen.
Hohe Anforderungen an die Maschinentechnik
Die Anforderungen an die eingesetzte Technik sind hoch: Die Maschinen müssen einerseits flexibel genug sein, um unterschiedliche Rezepturen und Rohstoffe verarbeiten zu können. Zudem spielt die Hygiene eine große Rolle – alle Komponenten sollten totraumfrei und leicht zu reinigen sein. Weil die im ersten Schritt eigesetzten Zentrifugen große Massen in Bewegung setzen müssen, spielt hier die Energieeffizienz eine wichtige Rolle. Zudem ist es wichtig, im Trennschritt Feststoffe mit einem möglichst niedrigen Feuchtegehalt zu erzeugen, denn die anschließende Trocknung ist ein energieintensiver Vorgang.
Beim Texturieren ist die Präzision der eingesetzten Komponenten im Hinblick auf die Dosiergenauigkeit sowie die Prozessparameter wie Druck und Temperatur von großer Bedeutung. Mit steigendem Bedarf und wachsendem Produktionsvolumen werden zudem integrierte Prozesse immer wichtiger, bei denen die komplette Linie optimal aufeinander abgestimmt ist. Hier spielt auch die Automatisierung eine wichtige Rolle. Sie sorgt nicht nur für eine hohe Produktivität, sondern auch für reproduzierbar gleichbleibende Prozesse und eine lückenlose Dokumentation der Produktionsparameter.
Auf der Powtech werden Maschinen und Lösungen für die gesamte Prozesskette – von der Bohne bis zum Granulat zu sehen sein. Der neue Umfang, der neben Pulvern und Schüttgütern auch Flüssigkeiten enthält, trägt der integrierten, ganzheitlichen Betrachtung der Prozessketten Rechnung.
Vorträge zu „New food” (Expertenforum I in Halle 4, Stand 4-100)
– 26.9., 10.00 Uhr: Skalierung zur industriellen Produktion im Bereich alternativer Proteine (Christian Kling, Andritz Separation)
– 26.9., 10.30 Uhr: Neue Möglichkeiten bei der Protein-Trockenfraktionierung für Hülsenfrüchte (Jürgen Zeller, Hosokawa Alpine)
– 26.9., 11.00 Uhr: Neue und smarte Lösungen für hygienische wägetechnische Anwendungen (Michael Guckes, HBK Hottinger Brüel & Kjaer)
– 28.9., 10.30 Uhr: Verbesserung von Lebensmittelqualität und Produktivität: Das Erfolgsrezept der WAMGROUP für Sicherheit und Effizienz (Bernd Gehm und Lukas Barth, WAM)
Vor der malerischen Kulisse von Bad Wimpfen am Neckar ragt der größte Verpacker Europas empor, die Frießinger Mühle.
2023
9/18/2023
Die Erfolgsgeschichte der Frießinger Mühle
Den Mühlenbetrieb gründet 1859 Johann Jakob Frießinger und bis heute ist er in Familienhand. Nach einem Großbrand verlagert die Getreidemühle 1987 ihren Standort an das Neckarufer bei Bad Wimpfen und nimmt nach nur sechs Monaten Bauzeit ihren Betrieb als eine vollautomatische Mühle auf. Aber die folgende Zeit wird nicht einfach.
Vor der Jahrtausendwende erleben Willi Frießinger und seine Frau, die die Mühle in der 5. Generation mitführen, ein besonders hartes Jahr. Sie arbeiten mit Unterstützung des Seniorchefs Wilhelm rund um die Uhr ohne Urlaub und Ruhetage und dennoch ist am Ende der Ertrag zu gering. Zeit für einen Kassensturz und die Erkenntnis, dass sich etwas ändern muss, damit der Familienbetrieb zukunftsfähig wird. Zudem möchte das Ehepaar seinen Kindern später einmal einen gut geführten Betrieb übergeben.
Mit dem Verpacken hat Willi Frießinger gute Erfahrungen gemacht und er überlegt, welche Produkte und Dienstleitungen sein Betrieb noch anbieten kann. Für seinen Sohn Willi Erich Frießinger ist dies ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte des Unternehmens: „Entscheidend war damals sicher, dass mein Vater ganz klar die Strukturen analysiert und geschaut hat, was zu den Möglichkeiten der Mühle am besten passt. Daraus hat er eine Vision entwickelt und umgesetzt.“ Zur Erfolgsformel seines Vaters werden Backmischungen. Damals noch nicht weit verbreitet, werden sie jeweils mit einer Extratüte Hefe am Papierbeutel angeboten.
Müller trifft Technologe
Den endgültigen Durchbruch bringt ein Lebensmitteltechnologe. Er entwickelt ein Verfahren, Hefe so zu ummanteln, dass sie direkt der Backmischung beigemischt werden kann. Willi Frießinger erkennt das Potenzial dieser Innovation und handelt mit einem großen Lebensmitteleinzelhändler einen Vertrag aus. Zuerst liefert er vier bis fünf verschiedene Backmischungen. Nach und nach ziehen in die deutschen Haushalte Brotbackautomaten ein und innerhalb kürzester Zeit wächst das Geschäft der Frießinger Mühle mit dem Discounter auf über 40 Mio.Tüten jährlich an.
2002 feiert die Familie die erste Mühlenerweiterung. Ein Neubau mit 300 t Mühle und 24 Mehl- und Getreidezellen erhöht die tägliche Vermahlungskapazität auf 800t. Dann geht es Schlag auf Schlag. 2005 entsteht der neue Turm mit zehn Zellen und einer Lagerkapazität von mehr als 14 000 t Getreide. 2006 wird das neue Verladezentrum gebaut mit einer Stellfläche für 20 000 Europaletten. 2018 ist der Mühlenturm mit einer Höhe von 60 Meter fertig.
2021 verstirbt Seniorchef Wilhelm Frießinger. Bereits mehrere Jahre zuvor bekam Sohn Willi Unterstützung von seinen Kindern Willi Erich und Lisa, die in den Familienbetrieb eingestiegen sind. Mit mehr als 240 Mitarbeitern und einer jährlichen Produktion von rund 300 000 t Getreidemehl gehört die Mühle nun zu den größten Getreidemühlen Deutschlands.
Produktpalette und Qualitätsanspruch:
Die Mühle vermahlt 1.200t Getreide jeden Tag und produziert klassische Mehl- und Convenienceprodukte für Privat- und Gewerbekunden. Die Eigenmarken Küchenmeister, Mühlen König, Käthchen-Gold, Schwaben Mühle und Pizza-Schule sowie Frießinger und Rahmer Pizzamehl sind bekannt. Die Produktpalette reicht von verschiedenen Mehlsorten über Spezialmehle, Grieße, Schrote, Kleie, Nüsse und Saaten sowie Brotbackmischungen hin zu Haushaltsprodukten wie Stärke, Soßenbinder oder Zucker.
Bei Vermahlung und Abpackung durchlaufen die Produkte einzelne Stufen der Qualitätskontrolle und werden erst freigegeben, wenn alle Qualitätsparameter erfüllt sind. Unabhängige Labore analysieren darüber hinaus die Ergebnisse im Auftrag der Mühle ständig. Auch die enge Zusammenarbeit mit Landwirten aus der Region hilft, die Qualität der Rohstoffe zu sichern. Das stärkt zudem die regionale Wirtschaft und ist umweltfreundlich dank kurzer Transportwege.
Gegenüber der Mühle, auf der anderen Seite des Neckars liegt ein Werk von Südzucker. Das ist einerseits von Nachteil für die Frießingers, weil beide Firmen um die Anbauflächen konkurrieren. Die Zuckerrüben bieten andererseits einen großen Vorteil: „Die Blätter der Zuckerrüben sind ein guter Dünger und unsere Proteinwerte sind im deutschlandweiten Vergleich leicht erhöht“, freut sich der Juniorchef Willi Erich Frießinger. Für ein konstantes Volumen der Brote müssen unterschiedliche Qualitäten gemischt werden: „Sonst treiben die Brote zu stark. Sie sollten aber jedes Jahr ungefähr den gleichen Umfang haben.“
Großen Wert legt der Müllereitechniker, der auch Logistikbetriebswirt ist, auf Lagerkapazität. Drei seiner Mitarbeiter sind im Einkauf beschäftigt und beobachten die Preise an der MATIF. In seinen Silos kann er Getreide für fünf bis sechs Monate lagern, wobei seine Devise lautet: So viel Lagerkapazität wie möglich. „Irgendwann ist am Markt ein Überdruck. Wenn man dann kaufen kann, lohnt sich die Investition in viel Lagerraum“, erklärt er seine Strategie.
Verpackungsanlagen
Die Mühle hat mehr als 20 Abfülllinien. Rund 200 Mio. Einheiten werden jährlich am Standort verpackt. Vor allem Papierbeutel, aber auch Schlauchbeutel für Saaten werden automatisch befüllt. Am häufigsten sind 1 kg Verpackungen und für die Gastronomie 10 bis 25 kg Sackware. Nur noch 30 % des hier verarbeiteten Getreides wird lose versandt und dank der stetigen Erweiterung ihrer Läger kann das Unternehmen rund 30 000 Paletten Fertigverpackungen lagern.
Mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit setzt die Mühle auf umweltfreundliche Verpackungslösungen. Ein wichtiger Partner ist die Fawema GmbH. Der Vorteil der Anlagen aus Engelkirchen liegt in der Dosierung. Bei den Mengen, die die Mühle verpackt, ist eine exakte Befüllung ihr Geld wert. „Die Mehrkosten haben sich nach fünf oder spätestens sieben Jahren amortisiert“, begründet Willi Erich Frießinger seine Zusammenarbeit mit dem deutschen Anlagenbauer.
Egal ob Kleinpackungen oder Sackware, als Marke oder in Eigenmarke – die Frießinger Mühle bietet individuelle Lösungen an. Durch die Kennzeichnung im EAN128-Standard ist für die nötige Rückverfolgbarkeit und Transparenz zurück bis zur eingesetzten Rohware gesorgt. Das wird von den Kunden honoriert. Nirgendwo laufen an einem Standort mehr Verpackungen über die Bänder als am Neckar. „Sogar in Europa wird man keinen Betrieb finden, der an einem Standort mehr verpackt als wir“, erzählt Geschäftsführer Willi Friesinger stolz.
Neben den klassischen Mahl-, Misch- und Convenienceprodukten gibt es ein breites Spektrum an Spezialprodukten im Bereich der Pizzaherstellung. Hier arbeitet die Familie Frießinger seit vielen Jahren mit der Pizza-Schule von Umberto Napolitano zusammen. Er ist bekannt aus Funk und Fernsehen sowie der Gründer der Pizza-Nationalmannschaft und ehemaliger Pizza-Akrobatik-Weltmeister.
Qualitätskontrolle
Kontrolliert wird in der Frießinger Mühle stetig und einige der Kunden senden unangekündigt ihre Kontrolleure regelmäßig los. „15 bis 20 Kontrollen haben wir mindestens jedes Jahr“, erzählt Willi Erich Frießinger. Für den laufenden Betrieb sind die Kontrollen eine Belastung und binden Personal. „Steht ein Kontrolleur morgens vor dem Büro, wissen wir schon, dass wir jetzt eineinhalb bis zwei Tage mit ihm beschäftigt sind“, so der Juniorchef. „Und dabei ist es egal, ob Verantwortliche in Urlaub sind.“
Deshalb ist das Qualitätsmanagement eine der wichtigsten Aufgaben in der Frießinger Mühle. „Die Arbeit unseres Qualitätsmanagers ist für uns sehr wertvoll. Wir schätzen ihn und schicken ihn auf jede Fortbildung, denn wir können es uns gar nicht leisten, eine neue Richtlinie zu übersehen“, erklärt der Müllereitechniker.
Neben der Definition von Qualitätsregeln nach drinnen und draußen, all den Formularen und Kontrollen ist die Schädlingsbekämpfung ebenfalls ein Thema. Ein Rückruf oder ein negatives Testergebnis in der Presse bedeutet für den Mühlenbetrieb den Verlust von Reputation und Kunden. Hier haben die Frießingers einen guten Weg gefunden mit der Wärmeentwesung von Thermonox. Das Verfahren wird regelmäßig angewendet und hat sich in den letzten Jahren bewährt, wobei die Technik teilweise unter den hohen Temperaturen leidet. (den Rest bitte streichen)
Vorteil am Fluss
Und immer wieder bestätigt sich der Standortvorteil am Ufer des Neckars. Zwar stehen 20 eigene Lkw und Fahrer zur Verfügung, um Ware auszuliefern, der Großteil geht aber über den Fluss. Dank der Schleusen ist der Neckar das ganze Jahr befahrbar. „Wenn es im Rhein an der Kaub kein Niedrigwasser gibt, dann ist der Schiffsweg günstigster“, erklärt der Logistikbetriebswirt. Rein rechnerisch bedeutet der Transport über den Fluss zudem 70 bis 80 % weniger CO2 als mit Lkw. Vor allem die bei der Vermahlung übrig gebliebene und zu Pellets gepresste Kleie wird per Schiff als Einzelfuttermittel abtransportiert.
Die Erfolgsgeschichte der Frießinger Mühle ist eine inspirierende Reise und zeigt eindrucksvoll, wie ein Unternehmen durch kluge Entscheidungen, die richtige strategische Ausrichtung und den rechtzeitigen Einsatz von Innovation florieren kann. Zu tun gibt es immer noch genug, auch für Willi Erich Frießinger. Er möchte erreichen, dass die Müllerei und ihr Naturprodukt Mehl aus regionalem Anbau und mit kurzen Transportwegen mehr Wertschätzung in der Bevölkerung erfährt.
Im Rahmen der „Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung 2023“ sind rund 1300 Weizen- und 560 Roggenproben eingereicht.
2023
9/13/2023
Brotgetreideernte 2023 Kein Superjahr, aber auch keine Katastrophe
Die Bedingungen für die Aussaat des Wintergetreides waren überwiegend günstig und die Bestände durchliefen eine gute Herbst- und Winterentwicklung. Ein kühler und regnerischer Start in den Frühling sorgte in den meisten Regionen für gut gefüllte Bodenwasservorräte. Im Mai und Juni sorgten dann vielerorts Trockenheit und Hitze für Stress und schlechtere Vegetationsbedingungen. Die Winterweizen- und Winterroggen-ernte startete im Juli. In der letzten Juliwoche setzte jedoch fast bundesweit ein sehr regnerisches kühles Wetter ein, welches die Ernte abrupt unterbrach. Die andauernden Niederschläge sorgten vielfach dafür, dass das Getreide ins Lager ging und teilweise auswuchs. Die Ernteunterbrechung hielt bis Mitte August an. Erst dann erlaubte warmes, aber unbeständiges Wetter eine Wiederaufnahme der Ernte. Vielerorts musste diese jedoch aufgrund von Gewitterschauern häufig unterbrochen werden.
Die diesjährige Winterweichweizen-Ernte weist im Durchschnitt aller untersuchten Proben aus dem Bundesgebiet einen Rohproteingehalt von 11,9 % auf (Vorjahr: 11,9 %). Durchschnittliche Rohproteingehalte von 13 % und mehr wurden nur in Thüringen ermittelt. Auffällig sind in diesem Jahr die mittleren Rohproteingehalte in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, diese liegen mehr als ein Prozent unter dem jeweiligen langjährigen Mittelwert. Der Sedimentationswert, ein indirektes Maß zur Bestimmung der Proteinqualität, liegt mit 36 ml unter dem Niveau des Vorjahreswertes (40 ml).
Insgesamt ist die Klebergüte als gut dehnbar und elastisch einzustufen, der reduzierte Feuchtklebergehalt im Schrot (21,4 %; Vorjahr 23,3 %) kann jedoch die fehlende Proteinmenge nicht kompensieren. Zudem gibt es regional große Schwankungen bei den Qualitäten, abhängig vom Rohproteingehalt und vom Zeitpunkt der Ernte. Wie problematisch die Witterungsbedingungen im August waren, kann indirekt aus dem Qualitätsmerkmal Fallzahl abgeleitet werden. Sie liegt im Mittel bei 273 Sekunden (Vorjahr 355 s). Gut 30 % der diesjährigen Weizenernte erbringt nicht die vom Handel geforderte Mindestfallzahl von 220 s und 16 % erreichen noch nicht einmal eine Fallzahl von 120 s.
Im Norden mehr Regenschäden
Insbesondere in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hat der Regen erhebliche Schäden in den geernteten Weizenbeständen hinterlassen, hier hatten etwa 70 % aller Proben in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und 78 % der Proben in Schleswig-Holstein Fallzahlen von unter 220 s.In diesen Bundesländern zeigten vor allem lagernde, teilweise aber auch stehende Bestände deutlichen Auswuchs. Mit 2,84 % hat sich das durchschnittliche Vorkommen von Auswuchs im Bundesgebiet deutlich erhöht (Vorjahr 0,00 %). Auch das Hektolitergewicht zeigt sich in diesem Jahr unterdurchschnittlich (75,7 kg/hl; Vorjahr 78,7 kg/hl). Ebenfalls liegt der Schmachtkornanteil im Mittel mit 0,94 Gewichtsprozent etwas höher als im Jahr 2022.
Witterungsbedingungen beim Roggen
Auch beim Roggen schlagen sich die Witterungsbedingungen während der Ernte unmittelbar nieder, die zuletzt geernteten Bestände zeigen deutliche Qualitätseinbußen durch Lager und Auswuchs. Insgesamt ist die Qualität der diesjährigen Roggenernte mit einem Brotroggenanteil von 73 % als eher mäßig einzuordnen. Die mittleren Fall-zahlen liegen im Durchschnitt bei 211 s (Vorjahr 301 s). Analog dazu weist die Stärkebeschaffenheit geringere Verkleisterungstemperaturen und Amylogrammmaxima (71,0 °C; 1155 AE) auf. Auch das Hektolitergewicht (73,1 kg/hl) hat sich gegenüber dem Vorjahr (76,0 kg/hl) reduziert, der Anteil an Schmachtkorn ist mit 6,9 % gegenüber dem Vorjahr (4,9 %) deutlich angestiegen und wird regional vereinzelt zu Ausbeuteverlusten führen. Übereinstimmend mit dem höheren Schmachtkorn-Anteil und der weniger guten Kornausbildung ist in diesem Jahr der Mineralstoffgehalt im Mittel höher als im Vorjahr (1,77 %; Vorjahr 1,70 %). Demgegenüber ist das Vorkommen von Mutterkornsklerotien (0,01 Gew. %) aufgrund der günstigen klimatischen Bedingungen während der Blüte gegenüber dem Vorjahr (0,14 Gew. %) deutlich erniedrigt, dennoch zeigen 7,6 % der Proben auch in diesem Jahr wieder einen überhöhten Besatz (> 0,05 Gew. %) mit Mutterkornsklerotien.
Keine Grenzwerte überschritten
Die bundesweit trockenen Bedingungen im Frühsommer und während der Blüte des Getreides haben neben geringem Mutterkornvorkommen auch zu niedrigen Gehalten der Fusarientoxine Deoxynivalenol und Zearalenon geführt. Für diese wurden in den bislang untersuchten Weizen- und Roggenproben keine Grenzwerte überschritten. Der Zwischenbericht des Max Rubner-Instituts zur Besonderen Ernte- und Qualitätsuntersuchung (BBE) kann hier abgerufen werden.
Der Schweizer Technologiekonzern Bühler feiert das 30-jährige Bestehen seiner Geschäftstätigkeit in Indien.
2023
9/8/2023
Bühler feiert 30-jähriges Bestehen in Indien
Die Entscheidung, die Investitionen in Indien auszubauen, ist ein weiterer Meilenstein in der langen und erfolgreichen Partnerschaft der Bühler Group mit Indien. Die Reise begann vor 30 Jahren, als Bühler India in Bengaluru in Gegenwart des damaligen Schweizer Botschafters in Indien und des damaligen CFO von Bühler, Philipp Müller, gegründet wurde. In der Zwischenzeit hat sich Bühler India zu einem der führenden globalen Technologiestandorte der Bühler Group mit Produktionsinfrastruktur, Forschungs- und Entwicklungsteams, Anwendungszentren und Schulungseinrichtungen entwickelt. Bühler India, das heute 600 Mitarbeitende beschäftigt, stellt hochwertige Maschinen für die Getreide- und Lebensmittelverarbeitung für Kundinnen und Kunden im In- und Ausland her. In Zukunft wird das Unternehmen sein Produktportfolio für die Futtermittel- und Advanced Materials-Industrie weiter ausbauen. Das Geschäft von Bühler India ist in den letzten drei Jahren um mehr als 10% gewachsen.
Im August 2022 vollzog Bühler India mit der Herstellung von Sortex-Farbsortierern einen wichtigen Schritt zum Ausbau seiner lokalen Produktion. Dieser Schritt ermöglicht der Getreide- und Lebensmittelindustrie des Landes einen leichteren Zugang zu dieser Schlüsseltechnologie, die zur Lebensmittelqualität und -sicherheit beiträgt. Das Unternehmen bietet auch Dienstleistungen zur Nachrüstung und Modernisierung von bestehenden Sortex-Maschinen an.
Solider Business Case
Bühler baut sein Geschäft in Indien weiter aus und erweitert seine Produktpalette um Anlagen für die wachsende Mühlenindustrie des Landes. Das Unternehmen hat bereits mit der Produktion des Plansifter Arenit™ & Purifier Norit™ begonnen, einer der wichtigsten Komponente im Mehlherstellungsprozess, die Schrot und Mehl in Weizen-, Roggen-, Mais- und Hartweizenmühlen sichtet und sortiert. Weitere Kernmaschinen wie Griessputzmaschinen und Walzenstühle sind ebenfalls in Planung und sollen 2024
den Kundinnen und Kunden zur Verfügung stehen. Bühler India wird sein Produktportfolio auch in Zukunft weiter ausbauen und die Futtermittel- und Baustoffindustrie einbeziehen.
Mit diesem Vorhaben will Bühler India seine Position als ein führender Anbieter von hochmodernen Lösungen für die Getreidemüllereiindustrie stärken. Derzeit befinden sich auf dem 32.000 Quadratmeter grossen Hauptsitz von Bühler India in Bengaluru, ein Produktionszentrum und ein Anwendungs- und Trainingszentrum, das zahlreiche industrielle Anwendungsbereiche abdeckt. Das Zentrum bietet eine Plattform für Kundinnen und Kunden, um Produkt- und Maschinentests durchzuführen, Prozesse zu optimieren und Schulungen auf allen betrieblichen Ebenen durchzuführen – für Mühlenbesitzerinnen und -besitzer, Managerinnen und Manager und Mitarbeitende zur Bedienung der Maschinen.
«Mit diesen in Indien produzierten neuen Lösungen profitieren die Kundinnen und Kunden in mehrfacher Hinsicht: kürzere Lieferzeiten, höhere Effizienz in der Lieferkette und eine bessere CO2-Bilanz ihrer Anlagen», sagt Johannes Wick, CEO Grains & Food bei Bühler.
Prashant Gokhale, Managing Director bei Bühler India, sagt: «Wir feiern das 30-jährige Bestehen von Bühler India mit einem starken Business Case. Wir planen, in den nächsten zwei bis drei Jahren rund CHF 21 Millionen (INR 200 Millionen) zu investieren, um den Erfolg unserer Kundinnen und Kunden in der Region und in Übersee zu unterstützen. Damit werden wir neue Geschäftsmöglichkeiten und Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig Lösungen für globale Herausforderungen wie Lebensmittel- und Ernährungssicherheit anbieten. Bei dieser Investition geht es nicht nur um das Wachstum, sondern auch darum, die hochmodernen Technologien von Bühler mit lokalem Know-how zu kombinieren, um unseren Kundinnen und Kunden die nachhaltigsten Prozesse und Lösungen anzubieten.»
Investitionen in die Fachkräfteförderung
Auf diesem Weg baut Bühler nicht nur auf die Kompetenz und das Engagement seiner Mitarbeitenden, sondern unterstützt die Entwicklung seiner Fachkräfte auf eine konsequente und pragmatische Weise. Das Unternehmen blickt auf eine mehr als 100-jährige Geschichte der Berufsausbildung zurück und bereitet damit junge Erwachsene auf eine Karriere in einem globalen Unternehmen wie Bühler oder darüber hinaus vor. Bühler India hat 2009, dem Vorbild der Bühler Group folgend, ein Programm zur Ausbildung von Fachkräften eingeführt.
Die Bühler Academy in Bengaluru fördert junge Nachwuchskräfte mit einer erstklassigen Berufsausbildung. Bis heute haben rund 200 Lernende die Akademie absolviert und rund 80 befinden sich in der Ausbildung. Den Lernenden stehen fünf verschiedene Basisprogramme (von der Einstiegsstufe bis zum diplomierten Lernenden) sowie das Swiss Vocational Education and Training (VET) und ein Austauschprogramm zur Verfügung. Alle diese Programme bestehen aus einem sorgfältig evaluierten Ausbildungsmodul und folgen einer Kombination aus theoretischen Kenntnissen und praktischer Ausbildung. Zu den Expansionsplänen gehören auch die Investition in neue Mitarbeitende für Bühler India. Es ist geplant, in den nächsten zwei bis drei Jahren rund 300 Mitarbeitende einzustellen.
«Ohne unsere Mitarbeitenden hätten wir diesen neuen Meilenstein der Fertigung in und für Indien nicht erreichen können. Deshalb danken wir unseren Mitarbeitenden aufrichtig für ihr 30-jähriges Engagement und ihre Leistung. Wir werden uns weiterhin mit Energie und Engagement dafür einsetzen, unseren Kundinnen und Kunden, Mitarbeitenden, Partnerinnen und Partnern und dem Land einen Mehrwert zu bieten», sagt Prashant Gokhale.
MC Mühlenchemie stärkt ihren 360° Service für Pasta-Hersteller mit einem technologischen Upgrade.
2023
9/8/2023
Neuer Trockenschrank im Pasta-Technikum von MC Mühlenchemie
Die Pasta-Herstellung ist ein komplexer Prozess, der von vielen Faktoren abhängt. Anpassungen an sich ständig ändernde Rahmenbedingungen, wie neue Verbraucherwünsche, Veränderungen der Rohstoffe und wachsender Kostendruck, sind unvermeidlich. Bei der Entwicklung neuer Rezepturen und Produktionsverfahren ist es eine Herausforderung, die theoretischen Ergebnisse in die Praxis umzusetzen. Versuche im industriellen Maßstab sind meist unwirtschaftlich, da sie oft große Mengen an Rohstoffen erfordern. Die Folge sind langwierige Entwicklungsprozesse mit hohen Fehler- und Ausschussquoten.
Der neue Pilottrockner von MC Mühlenchemie simuliert die Bedingungen eines echten kommerziellen Pasta-Trocknungsschrankes in kleinerem Maßstab. Im Gegensatz zu konventionellen Labortrocknern bietet das System eine dynamische Umgebung, die den Bewegungsfluss der industriellen Pasta-Fabrikation exakt nachbildet.
Individuelle Trocknungszeiten für optimale Ergebnisse
Der neue Trockner ist flexibel für unterschiedliche Pastaformen ausgelegt und ermöglicht eine präzise Steuerung des Trocknungsprozesses. Eine integrierte Waage überwacht die Trocknungskurve in Echtzeit und liefert Informationen über den Trocknungsfortschritt. Diese Daten ermöglichen es den MC-Pastatechnologen Parameter wie Temperatur, Feuchtigkeit, Luftstrom und Trocknungszeit individuell anzupassen und damit die Qualität und Effizienz der Produktion zu verbessern.
MC Mühlenchemie schließt Lücke
Darüber hinaus kann das Entwicklungsteam der MC Mühlenchemie mit dem neuen Trockner die Trocknungszeiten an die spezifischen Anforderungen ihrer Kunden anpassen. Ob eine kurze Trocknungszeit von 100 Minuten für Short-Cut-Pasta (Penne, Fusilli etc.) oder eine längere Zeit von 180 Minuten für Long-Cut-Pasta (Spaghetti etc.) gefordert wird, der Trockner kann auf diese individuellen Anforderungen und die jeweils beim Kunden vorhandenen Trocknungsgeräte – ob neueste oder klassische Verfahren eingesetzt werden – reagieren. Auch herkömmliche Trocknungszeiten von sechs Stunden können so ohne Weiteres für Kunden, die den traditionellen Trocknungsansatz bevorzugen, simuliert werden.
"Dies ist eine wichtige Erweiterung unseres Pasta-Labors und Teil unseres 360° Service", sagt Jana Russnak, Leiterin für Pasta-Anwendungen bei MC Mühlenchemie. "Mit dem innovativen Trockner von Fava können wir die spezifischen Bedingungen jeder Pasta-Produktion genau simulieren und so das Zusammenspiel von Rohstoff, Ingredients und Produktionsprozess bestmöglich verstehen. So schließen wir die Lücke zwischen Labortests und realer kommerzieller Produktion."
Partnerschaft mit Fava S.p.A.
Der Trocknungsschrank ist ein Unikat und steht für die Zusammenarbeit zwischen MC Mühlenchemie und Fava S.p.A.. Beide Unternehmen pflegen einen partnerschaftlichen Austausch und bringen ihre spezifischen Kompetenzen in Verfahrenstechnik, Mehl-Knowhow sowie ein umfangreiches Verständnis für Ingredients ein, um optimale und innovative Lösungen für die Pastaindustrie zu entwickeln.
Herausforderungen der Ernte 2023, bei der die Getreidequalitäten aufgrund ungünstiger Bedingungen beeinträchtigt ist.
2023
9/1/2023
Ernte 2023: Weizen- und Roggenqualitäten
Die Brotgetreide-Ernte in Deutschland: Erntemengen in 1.000 t
Beim Weizen liegt die Erntemenge um fast 5% unter dem Vorjahr und erreicht auch nicht das langjährige Mittel von 22 Mio. Tonnen. Das ist nicht nur schwachen Hektarerträgen, sondern ebenso den verringerten Anbauflächen geschuldet. Erträge und Erntemengen sind aufgrund der Witterungsbedingungen zur Ernte sehr unterschiedlich ausgefallen: Besonders negativ getroffen hat es die Landwirtschaft in den nördlichen Bundesländern, in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit einem Mengenminus gegenüber 2022 von 10% und mehr. Im Westen und Süden ist die Situation unterschiedlich: Entweder sind die Mengen (– 3-4%) aufgrund der Ertragseinbußen trotz erweiterter Anbauflächen leicht gesunken (z.B. in NRW und Rheinland-Pfalz), oder es liegt allein an den niedrigeren Erträgen (wie in Hessen und Baden-Württemberg). Bayern meldet heuer weitgehend unveränderte Ernteergebnisse, in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen sind Erträge wie Erntemengen im Plus. Nur die Hälfte des Winterweizens ist überhaupt noch „backfähige Handelsware“ und gute Brotgetreidepartien sind schwer zu finden – eine große Herausforderung für die regionale Qualitätsversorgung und das Handling in Mühlen und Bäckereien. Beim Roggen wurde die Anbaufläche gegenüber dem Vorjahr um rund 6% wesentlich erhöht, was im bundesweiten Mittel die in gleichem Maße gesunkenen Hektarerträge ausgleicht, so dass die deutsche Erntemenge nahezu unverändert ist. Auch beim Roggen gibt es eine regional differenzierte Ertragslage: Nur Sachsen und Baden-Württemberg weisen ein deutliches Plus auf, eine relativ stabile Ertragslage melden Thüringen, Hessen und Brandenburg. In allen anderen Bundesländern sind die Hektarerträge gegenüber dem Vorjahr gesunken, besonders dramatisch in Schleswig-Holstein um über 20%. Nur drei Viertel der geernteten Partien erfüllen die Mindestanforderungen für „Brotroggen“, was für die Mühlen aufwendige Beschaffung und Qualitätsprüfungen zur gezielten Selektion für roggenbäckerisch taugliche Mehle und Schrote bedeutet.
Praxisgerechte Bäckermehle trotz Qualitätsmängeln im Rohstoffangebot
Die enormen Schwankungsbreiten der Kennzahlen aus der Getreideanalytik spiegeln auch den problematischen Ernteverlauf wider. Neben den üblichen Unterschieden der Brotgetreidequalitäten, die witterungs-, vegetations- und sortenbedingt sind, war in diesem Jahr zusätzlich der Erntezeitpunkt von entscheidender Bedeutung für die messbaren Qualitätsparameter – insbesondere bei der gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöhten Enzymaktivität. Zum Detmolder Erntegespräch der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung (AGF) präsentierte das Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide (MRI-Detmold) die aktuellen – wenn auch bundesweit noch nicht endgültigen – Untersuchungsergebnisse an Hunderten von Getreidemustern aus der „amtlichen“ Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung (BEE) für 2023:
Die gute Nachricht aus dem MRI-Untersuchungsbericht zuerst: „Die bundesweit trockenen Bedingungen im Frühsommer und während der Blüte des Getreides haben neben geringem Mutterkornvorkommen auch zu niedrigen Gehalten der Fusarientoxine Deoxynivalenolund Zearalenon geführt. Für diese wurden in den bislang untersuchten Weizen- und Roggenproben keine Grenzwerte überschritten.“
Weizen 2023: Niedrige Protein- und Kleberwerte im Getreide
Die Häufigkeit der Qualitätsgruppen hat sich erneut verändert: Der Anteil von Qualitätsweizen aus dem E- und A-Sortenbereich auf 50,4% gesunken und liegt damit um fast 10 Prozentpunkte unter dem langjährigen Mittel. Vor allem die EU-Sorten haben auf jetzt 23,5% zugelegt, wobei mit „Chevignon“ erstmals ein EU-Weizen unter den zehn wichtigsten Anbausorten an der Spitze liegt. Die Hektolitergewichte sind gesunken (Ø 75,7 kg/hl), mittlere Schmachtkornanteile (0,9%) und Mineralstoffgehalte (1,57%) bleiben auf dem langjährigen Niveau. Witterungsbedingt ist erstmals seit vielen Jahren auch Auswuchs mit fast 3% wieder ein Weizenthema. Bei den getreideanalytischen Standards machen sich die Mähdruschbedingungen in enormen Schwankungsbreiten und großen regionalen Unterschieden bemerkbar: Die durchschnittlichen Kornfallzahlen sind stark gesunken und liegen mit 273 s um 20% unter dem Vorjahr, wobei 1/3 der Muster den Enzymatikwert von 220 s nicht erreicht. Während der Rohproteingehalt gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert niedrig ist, weist das Profil eiweißabhängiger Kennzahlen deutlich-negative Veränderungen auf, wie ein Vergleich von aktuellem BEE-Durchschnitt mit langjährigen Mittelwerten (in Klammern) zeigt: Feuchtkleber 21,2% (25,3) und Sedi-Wert 36 ml (45). Unverändert niedrig bleibt der (für die BEE berechnete) mittlere RMT-Wert von 582 ml/100g(607), aus dem E-Sortiment stehen aber auch Sorten zur Verfügung, die RMT-Volumina von über 600 erzielen können.
Roggen 2023: Lange nicht gekanntes Kennzahlenprofil
In den letzten drei Jahren erfüllten praktisch alle untersuchten Muster die „Brotroggen“-Kriterien mit den Mindestmerkmalen für Fallzahl (> 120 s), Amylogramm-Maximum (> 200 AE) und Verkleisterungstemperatur (> 63 °C). Das ist in diesem Jahr anders: Nur 73% sind „Brotroggen“, wobei das obenstehende Kennzahlenprofil rechtgenau dem am MRI-Detmold ermittelten Fünfjahres-Durchschnitt für 2012-2017 entspricht. Die mittleren Hektolitergewichte sind auf 73,1 kg/hl gefallen, angestiegen sind dagegen Mineralstoffgehalt (Ø 1,77%), Schmachtkornanteile (Ø 6,9%) und Auswuchs (Ø 2,2%). Die Proteingehalte liegenstabil im Mittel der zurückliegenden Ernten. Durchschnittlich sehr niedrige Korn-Fallzahlen signalisieren eine erhöhte Enzymaktivität, wobei es ein Süd-Nord-Gefälle der mittleren Länder-Fallzahlen gibt– mit „Eckwerten“ von 290 s (für Bayern) bis 92 s (für Niedersachsen). Bundesweit ist die Streubreite etwas schmaler als im Vorjahr, beginnt und endet dabei niedriger. Nach den zuletzt gegen „unendlich“ gehenden Amylogramm-Einheiten und Verkleisterungstemperaturen sind in diesem Jahr nur noch wenige solche Ausreißer gemessen worden. Auffallend ist aber auch hier ein – den Fallzahlenanaloges – Datengefälle mit hohen Länderwerten im Süden und niedrigen im Norden. Die auf Bundesebene deutlich gesunkenen Mittelwerte liegen mit 860 AE bzw. 68 °C in einem Bereich, wie er für die Roggenernten vor 2018 charakteristisch war, weshalb sich auch zum Verarbeiten eine „backtechnische Rückblende“ anbietet.
Herausforderungen gemeistert: Mühlen gelingen gut passende Bäckermehle
Erntebedingte Qualitätsmängel, die enorme Streuung der Kenngrößen sowie eine regional oft eingeschränkte Verfügbarkeit stellen die Müllerei vor die große Herausforderung, geeignete Getreidepartien für die Herstellung hochwertiger Bäckermehle zu suchen und zu finden. Das macht aufwendiges Beschaffungsmanagement, gründliche Qualitätsprüfungen, produktorientierte Separierung und gezielte Selektion der Partien erforderlich. Es ist den Mühlen damit erfolgreich gelungen, die Rohstoffqualitäten auf bäckereitechnisch gut handhabbare Korridore einzuengen und die Mehle praxisgerecht einzustellen. Das zeigt ein Blick in die aktuellen Ernteberichte: Mittlere Mehl Fallzahlen von ca. 300 (für W 550) bzw. 200 (für R 997/1150) signalisieren „lebhafte Mehle“ mit starker Enzymatik. Beim Weizen entsprechen die Proteingehalte der Mehle im Mittel dem der BEE-Getreidemuster, aber mit wesentlich eingeengter Streuung (± 1,25%). Anders als im Getreide liegen die mittleren Klebergehalte der Bäckermehle auf gutem Vorjahresniveau - die Kleber sind ausreichend elastisch und backpraktisch weiter gut im Handling. Beim Roggen entsprechen auch die Mehle dem für die Jahre 2012-17 typischen Qualitätsprofil mit rheologisch jetzt wieder „normalisierten“ Amylogrammwerten - mit bäckerischem Erfahrungswissen gut zu verarbeiten.
Keine Frage: Wir – die Gesellschaft, Lebensmittelunternehmen und Haushalte – müssen runter mit den Treibhausgasen (THG), um die im Klimaschutzgesetz geforderte Minderung der jährlichen THG-Emissionen auf 56Mio. Tonnen CO2 im Jahr 2030 zu erreichen. Mögliche Einsparpotenziale in der Getreidewertschöpfungskettesieht die Bundesregierung daher bei „der Anpassung von Qualitätsparametern zur Backweizenbewertung und der Etablierung bei der aufnehmenden Hand zur Einsparung von Stickstoff-Qualitätsgaben bei der Backweizenerzeugung“ – so steht es im Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023. Und klar ist schon länger: Es wird sich etwas ändern müssen – für Landwirtschaft und Getreidehandel wie für Müllerei und Backgewerbe. Ein Beitrag von Katja Mieles, die beim Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS e.V. für den Fachbereich „Rohstoffe& Wertschöpfungskette“ zuständig ist.
Mehr Klimaschutz – mit weniger Stickstoffdüngung
In der Landwirtschaft werden weitere Anstrengungen zur Zielerreichung erforderlich sein. Einsparpotenziale liegen unter anderem in der Stickstoffdüngung. Diese ist – neben der grundsätzlichen Ertragssicherung im Getreideanbau – insbesondere für die Rohproteinbildung im Backweizen notwendig. Ein hoher Rohproteingehalt wird nach wie vor mit guten Backeigenschaftengleichgesetzt, wenn gleich seit längerem bekannt ist, dass die Backeigenschaften nicht allein durch den Rohproteingehalt bestimmt werden. Im Herbst 2022 hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit der Wertschöpfungskette Getreide hierzu einen Diskussionsprozess angestoßen, der inzwischen in ein Papier zur „Erweiterung der Qualitätskriterien für Backweizen“ gemündet ist.
Sortenwahl und zielgerichteter Anbau – eine Chance
Eine Vielzahl der heutigen Weizensorten zeigen sehr gute Backeigenschaften auch bei niedrigeren Proteingehalten. Somit ist es auch wenig überraschend, dass das Max Rubner-Institut, als Forschungs- und Beratungseinrichtung des Bundes, die Sorten – beziehungsweise die Sorteninformationen entlang der Wertschöpfungskette – als eine zentrale Lösung für die Optimierung der Prozesse sieht. Bereits die Züchtung kann durch Verbesserungen der Stickstoffeffizienz oder der Protein-Nutzungseffizienz einen wichtigen Beitrag dazu leisten, THG-Emissionen zu mindern. Dabei ist es wichtig, dass die Landwirtinnen und Landwirte Sortenwahl und Stickstoff-Düngeintensität auf die tatsächliche Verwertungsrichtung ausrichten.
Separiert sortieren – schon im Erfassungshandel
Die besten Sorteneigenschaften nutzen nichts, wenn die wertvollen Informationen auf dem Weg vom landwirtschaftlichen Betrieb in die Mühle verloren gehen – hier ist der Erfassungshandel gefragt. Er muss bei der Einlagerung des Getreides nach sortenspezifischen Qualitäten separieren. Die verlässliche Übermittelung von Sorteninformationen oder die Definition von Sortengemischen an die Mühlenbetriebe ist dabei essenziell, damit dort auch alle backtechnologischen Eigenschaften der verschiedenen Getreidesorten zielgerichtet genutzt werden können. Die Vermahlung von definierten Sortenmischungen („Qualitäts-Cluster“) stellt eine gute Möglichkeit dar, „klimafreundlicher“ erzeugte Rohstoffe zu verarbeiten und die in den Bäckereien benötigten Mehlqualitäten herzustellen.
Ausrichtung der Ressourcen – bis in die Backstuben
Eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells ist dabei nicht nur vom Erfassungshandel gefragt. Auch die Bäckerei muss sich neu „sortieren“ und bereit sein, ihre Beschaffung auch an der Ressourceneffizienz der eingesetzten Mahlerzeugnisse und nicht ausschließlich an der maximalen Ausprägung von Parametern wie dem Feuchtklebergehalt oder dem Rohproteingehalt auszurichten. Hier ist auch bäckerisches Know-How gefragt, um unter sich ändernden Rahmenbedingungen für die gesamte Wertschöpfungskette weiter hervorragende Brot- und Backwarensortimente herzustellen.
Alle könn(t)en profitieren – noch aber gibt es Hürden
Mit Blick auf die aktuell diskutierten Klima- und Nachhaltigkeitskennzeichnungen wird der CO2-Fußabdruck auch für Backbetriebe wichtiger werden. Über 90 Prozent des CO2-Fußabdrucks der Mahlerzeugnisse kommen aus dem Brotgetreide – das größte Reduktions- und Innovationspotenzial in der Wertschöpfungskette. Und hier werden vor allem die sortenspezifischen Backqualitäten von Weizen eine Rolle spielen. Um diese nutzen zu können, müssen die Informationen zu den Sorten durch die ganze Getreidewertschöpfungskette erhalten bleiben, um sorteneigene Qualitätseigenschaften auch nutzen zu können.
Qualität neu denken – mit flexiblen Lösungen
Backweizenqualität neu zu denken und mit weniger Protein zu backen, wird seit vielen Jahren in der Wertschöpfungskette intensiv diskutiert und stößt in der Praxis immer wieder an Grenzen. Das hat die diesjährige Ernte deutlich gezeigt: Backqualität vermehrt über Sorten zu regeln, ist nicht einfach erfüllbar. Denn auch Getreidesorten, die mit niedrigeren Proteingehalten gute Backeigenschaften aufweisen, müssen ausreichend gedüngt und konsequent gesund erhalten werden. Zudem ist eine sortenreine Erfassung vom Getreidehandel insbesondere bei so chaotischen Ernten wie in diesem Jahr nicht konsequent leistbar. Die Lösungen für die Herausforderungen liegen in der Wertschöpfungskette selbst, liegen in Züchtung, Landwirtschaft, Getreidehandel, Müllerei und Bäckerei. Um die Getreidekette krisen- und klimafest zu machen, brauchen die Unternehmerinnen und Unternehmer aber flexible Vorgaben und Rahmenbedingungen. Die Erweiterung der Qualitätskriterien für Backweizen kann hierbei ein wichtiges Instrument sein, die alleinige Lösung der Herausforderungen wird dies jedoch nicht sein – und das ist seit langem klar
Das französische Unternehmen LSDH Group produziert seit 1909 Getränke und seit diesem Jahr auch welche aus Soja.
2023
8/19/2023
Neue Anlage für Sojaverarbeitung in Frankreich
Die LSDH-Group startete als kleine regionale Molkerei. Nach und nach expandierte die Firma und lieferte bereits 1955 ihre Milch in Zügen nach Paris. Stetig wuchs das Unternehmen und ist trotz Wachstum, Kooperationen und Zusammenschlüssen immer noch im Familienbesitz. Mit 2 000 Mitarbeitern und einem Umsatz von über 900 Mio. Euro ist es heute einer der großen Player und Marktführer auf dem französischen Markt für Gemüsesäfte.
Die LSDH-Group hat sieben Produktionseinheiten, die 1700 Rohstoffe verarbeiten, davon 45 pflanzliche. Die Produktpalette ist in Europa einzigartig: Milch, Cremes, pflanzliche Getränke aus u.a. Soja, Mandeln und Reis. Dazu spezifische Lebensmittel wie Kochhilfen, Desserts, Säuglingsprodukte, Diätetika, proteinreiche Produkte und viele mehr. Suppen, Fruchtsäfte, Smoothies, stille Getränke, einschließlich Infused Drinks runden das Sortiment ab zusammen mit Konzentraten und funktionellen Getränken.
Das Familienunternehmen möchte landwirtschaftliche Sektoren so nah wie möglich an seinen Produktionsstätten am historischen Stammsitz entwickeln. Es unterstützt zu diesem Zweck französische Produzenten und insbesondere die der Region bei Anbau und Produktion. Um die regionalen Wertschöpfungsketten noch besser zu nutzen, hat LSDH das Atelier Inové gegründet. Es soll zu einem Zentrum für Forschung und Gewinnung von pflanzlichen Getränken werden.
Ein Schritt dahin ist die neue Extraktionsanlage für Sojabohnen. Auf einer Fläche von 9 000 Quadratmetern produziert Atelier Inové seit Januar 2023 mit einem Team von 14 Mitarbeitern und einer Produktionskapazität von 100 Mio. Litern pro Jahr Sojagetränke Weitere Linien für Zutaten wie Quinoa, Dinkel, Buchweizen, Gerste und Sonnenblumen sind geplant.
In der neuen Sojafabrik stammt die Lagerungs- und -Verarbeitungstechnologie von Bühler. Die Experten aus Uzwil haben den Trockenverarbeitungsteil geliefert und in Betrieb genommen. Die Reinigungs- und Schälanlage hat eine Produktionskapazität von drei Tonnen pro Stunde. In die Silos passen 240 t Soja.
M+M: Wie bekam Bühler den Auftrag des französischen Unternehmens?
Frederic Bobineau: Die LSDH-Gruppe suchte einen Partner, der sich in der Branche auskennt, einen starken Hintergrund in der Sojaschälung und Erfahrung in der Verarbeitung von Sojabohnen zu pflanzlichen Getränken hat. Bühler hat für solche Anwendungen bereits Linien und Anlagen und langjährige Erfahrung und solides Fachwissen in der Verarbeitung von Hülsenfrüchten. Das alles zusammen war sicher ausschlaggebend, dass wir den Auftrag bekommen haben. Wir haben uns gefreut, mit LSDH auf diese Innovationsreise zu gehen.
M+M: Was genau haben Sie zu der neuen Anlage für Soja für den Herstellungsprozess beigesteuert?
Frederic Bobineau: Für die Industrieanlage lieferten wir den kompletten Reinigungsbereich, mit dem MTRB-Abscheider, dem MTSC-Entsteiner, dem optischen Sortierer SORTEX A, dem OTW-Wirbelschichtwärmetauscher, dem MHSA-Enthülser, dem MOZJ-Dämpfer, mehreren Aspirationskanälen und allen Prozesshilfsmitteln wie mechanischen Förderern und pneumatischen Leitungen. Die installierte Anlage ist speziell für die Verarbeitung von Soja ausgelegt, aber es können auch zusätzliche Verarbeitungslinien für andere Rohstoffe wie Hafermehl und Haferflocken installiert werden – die Technologie dafür haben wir und das deckt sich mit den Plänen von LSDH.
M+M: Heißt das, die Anlage kann entsprechend der Marktlage flexibel und schnell auf verschiedene Rohstoffe umschalten? Oder wird die bestehende Anlage mit weiterer Technik ergänzt und es entstehen unterschiedliche Extraktionslinien je nach Eingangsprodukt und natürlich dann mit zusätzlichem Platzbedarf?
Frederic Bobineau: Das Verfahren wurde speziell für Soja entwickelt, aber wir können es leicht mit zusätzlichen Maschinen anpassen, um andere Rohstoffe wie Erbsen oder Kichererbsen zu verarbeiten. Die wichtigste Anpassung wird die Implementierung einer Entkernungsmaschine sein. Was den Platz angeht, so haben wir dies bereits in den ersten Entwurfsphasen berücksichtigt.
M+M: Das Atelier Inové ist Teil des kürzlich eröffneten Innovationsnetzwerks der LDSH-Group. Wozu dient es?
Frederic Bobineau: Das Unternehmen hat 32 Mio. Euro in die neue Anlage investiert. Dahinter steht das Unternehmensziel, ein wichtiger Akteur auf dem Markt für pflanzliche Getränkezutaten zu werden. Laut einer aktuellen Analyse von Persistence Market Research wird der globale Markt für Sojagetränke (Milch) bis 2031 mit einer jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 9,1% auf einen Umsatz von 11,8 Mrd. US$ ansteigen. Pflanzliche Getränke wie Soja-, Hafer- und Mandelgetränke sind laut der Studie auch bei Gastronomen beliebt, da pflanzliche Milch in Restaurants und Cafés immer beliebter wird. Um die steigende Nachfrage zu befriedigen, setzt LSDH auf die Zusammenarbeit mit lokalen Landwirten. Die Gruppe möchte ihren ökologischen Fußabdruck so weit wie möglich reduzieren und so die gesamte Wertschöpfungskette vom Feld bis zum fertigen Produkt positiv beeinflussen. Dazu ist es notwendig die Region, oder die Gemeinden zu unterstützen.
M+M: Welche regionalen Effekte sehen Sie? Gibt es neue Arbeitsplätze, spart man Transportkosten?
Frederic Bobineau: Bei dieser Sojafabrik handelte es sich um ein Projekt auf der grünen Wiese, einen komplett neuen Komplex mit 10-15 neuen Arbeitsplätzen. Der strategische Ansatz des Kunden bestand auch darin, einen möglichst geringen CO2-Fussabdruck zu entwickeln. Die Sojakulturen befinden sich in der Nähe der Anlage.
M+M: Sie sagten vorhin, sie haben für solche Anwendungen bereits Linien und Anlagen und langjährige Erfahrung. Seit wann bauen Sie Anlagen auch für pflanzliche Getränkehersteller auf und wo überall stehen diese Anlagen? Gibt es regionale Besonderheiten?
Frederic Bobineau: In Frankreich hat Bühler in der Vergangenheit zwei weitere Sojawerke gebaut. Eines im Osten Frankreichs im Elsass, es wurde im Jahr 2000 installiert. Und eines im Südwesten Frankreichs, in der Region Okzitanien, das 1980 errichtet wurde. In beiden Fällen wird der Rohstoff in der Nähe produziert, im Umkreis von 150-200 km. Zum besseren Verständnis: Bühler ist nur in den Trockenprozess involviert, wir liefern keine Ausrüstung für den Nassprozess, bei dem die Flüssigkeit produziert wird; diese wird von anderen Unternehmen geliefert.
M+M: Sehen Sie einen Trend für die D-A-CH Region? Gibt es konkrete Zahlen? Planen Sie den Geschäftsbereich pflanzenbasierte Getränke weiter auszubauen?
Frederic Bobineau: Die Milcherzeugung auf der Grundlage von Eiweißprodukten wie Hafer, Soja, Mandeln, Reis usw. nimmt zwar zu, bleibt aber im Vergleich zur ursprünglichen Kuhmilch ein kleiner Markt.
M+M: Vielen Dank für das Gespräch.
Atelier Inovéist eine Kooperation der LSDH-Group und der Investmentgesellschaft Sofiprotéol,einer Finanzierungstochter der Avril-Gruppe.
Die Investmentgesellschaft Sofiprotéol unterstützt seit 40 Jahren Firmen aus demAgrar- und Lebensmittelsektor. Ihr Ziel ist es lokale Lieferketten fürlandwirtschaftliche Rohstoffe zu unterstützen. Sie bietet Finanzierungslösungenan und investiert ausschließlich als Minderheitsinvestor in aussichtsreichenachhaltige Produktionen.
Avril wurde 1983 aufInitiative des Agrarsektors gegründet und ist ein wichtiger Industrie- undFinanzakteur im Pflanzenöl- und Proteinsektor. Avril besteht aus einem Industrieunternehmenfür Pflanzenverarbeitung und einem Investmentunternehmen. Die
Schädlingsbekämpfung wird immer komplizierter. Resistenzen und strengere Vorschriften fordern bessere Verfahren.
2023
8/17/2023
Warm-Up für Käfer & Co.
Wir verlassen das laute München Richtung Norden. Am Flughafen vorbei erreichen wir nach einer halben Stunde die Abfahrt Fahlenbach und sind in einer anderen Welt. Die Hallertau, sagt man, sei ein Paradies im Herzen Bayerns. An Hopfenstauden vorbei fahren wir durch bezaubernde Dörfer, die aussehen wie frisch geputzt. Dank Arbeitgebern wie Audi, BMW oder Airbus scheinen die Menschen hier ihr Auskommen zu haben und einen nicht geringen Teil davon in Haus und Garten zu stecken.
Mitten in Fahlenbach steht die Kunstmühle Hofmeir. Der große Hof ist aufgeräumt und gefegt. Die Tür zum Mühlenladen steht offen. Martin Hofmeir ist Müller in der vierten Generation am Standort und begrüßt uns. In Braunschweig an der Müllerschule studierte er sein Handwerk und viele seiner Freunde stammen noch aus dieser Zeit. Nicht nur in der Branche, auch in der Hallertau ist er fest verwurzelt und wohnt mit seiner Familie unweit der Mühle.
Tradition und Technik
Die Mühle ist ein Familienunternehmen und vermahlt seit dem Jahr 1923 Getreide in Fahlenbach, welches von Landwirten aus der Region stammt. Auf die enge Zusammenarbeit mit Landwirten, Bäckereien und Kunden legt die Familie großen Wert. Kurze Lieferwege schonen die Umwelt und es entstehen langjährige Beziehungen. Das traditionsbewusste Unternehmen agiert nachhaltig und über 80 % des Stroms kommen aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne und Wasserkraft.
Der Mühlenbetrieb ist heute nicht das Thema, auch wenn er die Wiege und der Ursprung für alles weitere ist. Martin Hofmeir zeigt uns in einer Halle neben der Mühle zahlreiche orangerot lackierte Wärmeentwesungsöfen. Auch vier Siloöfen sind dabei. Zusammen mit seinem Vater Hans Hofmeir, ebenfalls gelernter Müllermeister und Braunschweig-Absolvent, betreibt er das Unternehmen Thermonox.
„Als Verfahrenstechniker kenne ich die Maschinen unserer Kunden und weiß, wo sich Schädlinge einnisten.“ Martin Hofmeir
Lange suchte Hans Hofmeir nach einer sicheren Methode, Schädlinge ohne Chemikalien zu bekämpfen. Er möchte keine kurzfristige Quote, sondern nachhaltige Erfolge erzielen, weil es ihm auch immer um das Resultat in der eigenen Mühle geht. Erst die Wärmeentwesung überzeugte ihn und in Abstimmung mit der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten und einem führenden Versicherungsunternehmen entwickelte er das Thermonox-Verfahren mit Elektroöfen.
Wärmeschutzplan der Profis
Nach der Firmengründung 1997 konzentrierten sich die beiden Hofmeirs auf den deutschen Markt. Sie möchten nicht nur Öfen verkaufen, sondern in anderen Ländern kompetente Partnerschaften aufbauen, die die Technik von Thermonox verantwortungsvoll und nachhaltig anwenden. Nach und nach fanden sie dafür Franchisenehmer. Die meisten sind ebenfalls Müller oder Verfahrenstechniker. Einige kennen die beiden Firmenbesitzer seit der Müllerschule. Vor allem in Frankreich, Spanien und Italien, aber auch in Übersee wie in Japan, Australien und Mexiko sind sie tätig.
Das patentgeschützte Thermonox-Verfahren basiert auf der Inaktivierung lebender Zellen durch thermische Denaturierung. Schädlinge wie Motten, Reismehlkäfer, aber auch Holzbohrkäfer oder Bettwanzen werden abgetötet, indem ein Raum oder Gebäude erwärmt wird. Die Wärmeentwesung beseitigt darüber hinaus alle Stadien ihres Lebenszyklus, wie Eier oder Larven.
Die Thermonox-Behandlung wird in Getreidemühlen angewendet und in der Lebensmittelverarbeitung, in Bäckereien, in der Schokoladen- und der Tabakindustrie. Ebenfalls im Programm sind u.a. auch allgemeine Hygieneanwendungen gegen Schimmel, Keime und weitere Mikroorganismen oder Holzpalettenbehandlungen (IPPC-Standard (ISPM15)).
Thermische Schädlingsbekämpfung
- Die Temperatur muss für eine bestimmte Zeit mindestens bei 50 bis 60 °C gehalten werden.
- Luftzirkulation und Konvektion: Die Umgebungsluft wird durch die Umwälzung mit leistungsstarken Wärmeöfen erwärmt. Kältebrücken werden vermieden. Die Zirkulation der Luft stellt sicher, dass das gesamte Gebäude auf homogene Weise erhitzt wird.
- Strikte Kontrolle des Zieltemperaturbereichs: Die Wärmezufuhr wird durch Thermostate geregelt, die indirekt mit den Heizeinheiten verbunden sind. Mithilfe einer präzisen Wärmeregulierung können hochsensible Elektronik und Instrumente geschützt werden.
- Die Gebäude müssen geschlossen sein, da das Verfahren auf der Erwärmung der Umgebungsluft basiert.
Materialschlacht gegen Schädlinge
Einfach ist das Geschäft mit der Wärme nicht. Die Entwesungs-Maschinen müssen die selbstproduzierten, extremen Temperaturen aushalten und es darf zu keiner Überhitzung kommen. Das heißt, die Wärmeentwesung operiert in einem engen Bereich, für den Spezialwissen und -technik notwendig sind. Die Wärmeentwesungsöfen von Thermonox sind für staubexplosionsgefährdete Räume geeignet und die Maximaltemperatur ist durch eine spezielle Konstruktion und zweifacher Sicherheit begrenzt. Dadurch ist es möglich, selbst moderne Schaltanlagen und hochempfindliche Elektronik zu entwesen.
„Nach jedem Einsatz werden unsere Geräte auf Funktion und Sicherheit überprüft.“ Martin Hofmeir
Vor einem Auftrag führt Thermonox eine Bestandsaufnahme beim Kunden per Fragebogen durch. Abgefragt werden u.a. Angaben zu wesentlichen Gebäudemerkmalen. Vater und Sohn kennen über 500 Mühlen in 48 Ländern. Dank dieses Erfahrungsschatzes sind die Daten schnell eingeordnet, ausgewertet und ein Angebot erstellt. Techniker erledigen den Aufbau und die Überwachung vor Ort.
Hans Hofmeir weiß genau, wo er seine Wärmeöfen platzieren muss, um beispielsweise Nischen optimal zu erreichen. Er berät zudem Neukunden, damit die Schädlingsbefall noch besser vermeiden und die nächste Wärmeentwesung selbst durchführen können. Für die Hofmeirs ist die Zufriedenheit ihrer Kunden das beste Marketing. Schnelles Wachstum streben sie nicht an. Ihr Thermonox-Verfahren lässt sich nicht einfach skalieren. Jedes Angebot ist individuell zugeschnitten und der Service ist beratungs- und zeitintensiv.
Martin Hofmeir macht sich aktuell größere Sorgen. Billiganbieter, drängen in den Markt. Einige Mühlen haben unseriöse Angebote erhalten. Was, wenn ein Brandschaden durch ein nicht zertifiziertes Gerät entsteht? Er befürchtet Auswirkungen auf die gesamte Mühlenbranche und das sind seine Kollegen und viele Freunde. Die Billiganbieter ziehen dann einfach weiter, in ein anderes Land, auf einen anderen Kontinent – die Hofmeirs bleiben erreichbar in ihrer Heimat Fahlenbach.
Interview mit Martin Hofmeir
M+M: Was genau zeichnet ihre Elektroöfen aus?
Martin Hofmeir: Unsere Wärmeöfen sind ausschließlich in Deutschland gebaut und gewartet. Sie sind ATEX-Zertifiziert nach EU-Richtlinie 2014/34/EU. Das heißt, wir können unsere Öfen in staubexplosionsgefährdeten Betriebsstätten einsetzen. Zudem erfüllen sie die Klassifikation Ex II 3 D und sind geprüft und zugelassen für den Einsatz im Dauerbetrieb in Zone 22, also dem Produktionsgebäude. Für Silozellen mit der gefährlicheren Zone 21 sind unsere Siloöfen zertifiziert. Wir raten immer: Lasse niemanden in deine Mühle, der da nicht hingehört. Was, wenn eine Fremdfirma oder ein Monteur einen Schaden verursacht und das dann noch mit Geräten, die für Mühlen nicht geeignet sind?
M+M: Springt in einem solchen Fall nicht eine Versicherung ein?
Martin Hofmeir: Hier muss man unterscheiden: Einmal gibt es die Versicherung der Fremdfirma – so hoffe ich - und auf der anderen Seite die mühleneigene Brand- und Feuerversicherung. Beide Versicherungen werden erst mal den Vorgang prüfen, um den Verursacher zu finden. Selbst wenn die verursachende Fremdfirma nicht den Schaden grob verschuldet hat, stellt sich die Frage, ob deren Deckung hoch genug ist. Sonst bliebe der Müller auf seinem Schaden sitzen.
Unabhängig davon steigen für Mühlenbetreiber die hauseigenen Brand- und Feuerversicherungsprämien deutlich und das fast jährlich. Bereits wenige, aber leider regelmäßig betriebsbedingte Brandschäden (im Schnitt 0,5-1 pro Jahr in Deutschland) beeinflussen unsere übersichtliche Branche wesentlich. Mühlensysteme sind sehr kostenintensiv und benötigt eine entsprechend hohe Deckungssumme. Daher kommen auch unsere Bedenken. Wettbewerber sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir befürchten, dass irgendwann die Mühlenbranche nicht mehr versicherbar sein könnte.
M+M: Welche Versicherung sollte eine Firma haben, die Wärmeentwesung anbietet?
Martin Hofmeir: Thermonox ist geprüft durch einen großen deutschen Sachversicherer und als nicht gefahrenerhöhend und somit als nicht prämienerhöhend eingestuft. Das ist die Basis, dass sie überhaupt für Gebäude und Anlagen der Kunden, die meist Millionen wert sind, versicherbar sind. Jedes Jahr zahlen wir trotzdem eine hohe Prämie an unsere Betriebsversicherung. Wir können jedem Kunden unsere Versicherungsbestätigung vorlegen.
M+M: Das hört sich in der Tat dramatisch an. Brände in Mühlen sind nicht selten. Brand- und Explosionsschutz sind ein zentrales Thema, nicht nur in der Ausbildung zum Müller. Da sollte doch jeder auf die Einhaltung der Vorschriften achten, oder?
Martin Hofmeir: Staubexplosionsgefahr, Brandgefahr oder allgemein ATEX ist für viele ein lästiges Thema. Aus Fachgesprächen wissen wir, dass einige Branchenakteure vor allem ATEX als völlig überbewertet ansehen. Schädlingsbekämpfung durch Wärme sei nicht gefährlich, denken sie, weil der Betrieb ruht. Zu extremen Situationen gehören aber gut durchdachte Prozesse und geeignete Wärmeerzeuger. Das große Drama ist sonst vorprogrammiert.
M+M: Muss man zum Entwesen die Mühle abschalten?
Martin Hofmeir: Wärmeentwesung heißt immer abschalten und alles produktleer machen. Das wollen manche Mühlenbetreiber nicht so gerne, weil es viel Planung erfordert. Die Wärmeentwesung hat in der Praxis gegenüber herkömmlichen Begasungen ihre Überlegenheit bewiesen. Das Jahr 2022 hat deutlich gezeigt, dass längere Wärmeperioden oder ein ausbleibender Winter den Mühlen bei der Schädlingsbekämpfung mehr abverlangt. Insekten vermehrten sich schneller.
M+M: Es gibt immer mal wieder Rückrufe in der Lebensmittelbranche. So hatte Kontrolleure im Juni in einem Betrieb erhebliche Problem mit Mäusen, Motten, Mehl-, Reismehlkäfern und Spinnen. Hätte eine rechtzeitige Wärmeentwesung dem ein oder anderem Betrieb geholfen?
Martin Hofmeir: Das ist aus der Ferne immer schwer zu beurteilen. Die Wärmeentwesung ist ein wesentlicher Baustein. Letztendlich ist Hygiene die Summe, was der Betrieb 365 Tage im Jahr lebt. Wir erlauben uns vor Ort, neben der Entwesungstätigkeit auch zu beraten und Empfehlungen für Verbesserungen offen anzusprechen, um diese Nachhaltigkeit gezielt zu fördern. Allgemein die steigende Zahl von Kundenreklamationen bei Herstellern und dem Einzelhandel spiegeln die Erfahrung wider, die unsere Kunden in warmen Ländern bereits seit einiger Zeit machen. Letztendlich benötigt man nicht nur bei steigenden Temperaturen einen zuverlässigen Wärmeentwesungs-Partner, der den Schädlingsdruck effektiv minimiert.
ATEX
ATmosphère EXplosive, kurz ATEX, bezeichnet eine Direktive der EU. Sie umfasst Richtlinien auf dem Gebiet des Explosionsschutzes: die ATEX-Produktrichtlinie 2014/34/EU und die ATEX-Betriebsrichtlinie 1999/92/EG. Die ATEX-Leitlinien werden von der Generaldirektion Unternehmen und Industrie der EU-Kommission mit den Mitgliedstaaten, der europäischen Industrie, europäischen Normungsgremien (CEN, CENELEC) und sogenannten benannten Stellen (in Deutschland z.B.: BAM, PTB oder verschiedene TÜV) ausgearbeitet.
Eine explosionsgefährdete Atmosphäre liegt vor, wenn ein Gemisch aus Luftgasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben sich so verbindet, dass es sich unter bestimmten Bedingungen entzünden kann. Ausrüstungen und Schutzsysteme, für den Ex- Bereich (ATEX), decken auch Geräte für Mühlen ab.
Seit Anfang 2003 dürfen in der EU nur Geräte, Schutzsysteme und Komponenten in explosionsgefährdeten Umgebungen einsetzen werden, die der ATEX-Richtlinie entsprechen. Als „Gerät“ wird jegliche Form von Maschine, Betriebsmittel oder Vorrichtung verstanden, die vereinzelt oder im Zusammenspiel Energie erzeugen und derart formen kann, dass dabei eine mögliche Entzündungsgefahr besteht.
Die VGMS warnt im Leitfaden Explosionsschutz in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft von 2020: „In explosionsgefährdeten Bereichen (Zonen) dürfen nur Geräte, Komponenten und Schutzsysteme gemäß der Richtlinie 2014/34/EU vom Februar 2014 (früher: ATEX-Richtlinie 94/9/EG) eingesetzt werden (ausgenommen Arbeitsmittel, die keine Zündquelle besitzen (…).
Durch neue Gesetzgebung und Standards von Handel und Verbänden gelten höhere Anforderungen an die Getreidereinigung.
2023
8/17/2023
Getreidereinigung in der SchapfenMühle
Mit über 200 Mitarbeitern an vier Standorten verarbeitet die SchapfenMühle über 100 000 t Getreide im Jahr. Die 90 Silozellen ermöglichen eine Gesamtlagerkapazität für über 30 000 t Getreide. Das Familienunternehmen aus Ulm besitzt außerdem das zweithöchste Getreidesilo der Welt. Täglich werden mehrere hundert Tonnen Getreide verarbeitet.
Im Mittelpunkt steht bei der Mühle das Getreidekorn und damit sein langer Weg von der Anlieferung über die Lagerung bis hin zur Verarbeitung. Auf dieser Reise spielt die Getreidereinigung eine große Rolle. Denn die Anforderungen durch den Gesetzgeber an die Keimbelastung und Reduzierung von Umweltgiften, aber auch die Sekundärstandards von Handel und Verbänden, sind hoch und durch neue Vorgaben in der jüngsten Zeit für die Belastung des zur Vermahlung kommenden Getreides nochmal deutlich verschärft worden. „Die gesetzlichen Anforderungen an die Korngesundheit sind höher als noch vor Jahren und stellen Mühlen wie uns vor anspruchsvolle Herausforderungen hinsichtlich der Getreidereinigung“, erklärt Ralph Seibold, Geschäftsführer des Familienunternehmens SchapfenMühle.
Innovative Technologien
Die SchapfenMühle setzt auf innovative Mühlentechnologien, um höchste Anforderungen an Produktqualität und Lebensmittelsicherheit zu erfüllen. So auch bei der Getreidereinigung. Neueste Sortier- und Siebtechnologien verhindern Fremdkörper, spezielle Scheuermaschinen sorgen für sauberes Getreide. Moderne Farbausleser mit neuester bichromatischer Kameratechnologie scannen jedes Getreidekorn und erkennen kleinste Abweichungen zum Standardkorn. Dadurch können Farbdefekte wie z.B. Mutterkorn und fusarienbefallene Körner sowie allergene und anorganische Stoffe ausgelesen und die Belastung mit Fusarium reduziert werden. Erst nach zahlreichen Reinigungsschritten ist das Getreide für die Vermahlung bereit.
Von der Anlieferung zum gereinigten Korn
Das von zumeist Vertragslandwirten angelieferte Getreide läuft bei der SchapfenMühle zunächst über eine Siebmaschine, in der über unterschiedlich große Lochungen der Siebe größere und kleinere Fraktionen abgetrennt und durch einen starken Luftstrom abgesaugt werden. Im nächsten Verarbeitungsschritt, der sogenannten Schwarzreinigung, werden alle Teile, bei denen es sich nicht um einwandfreies Grundgetreide handelt, aussortiert. Dies wird durch spezielle Siebe bewerkstelligt, wo alle Teile, die nicht die gleiche Größe wie die Getreidekörner haben, ausgemustert werden. Ein Steigsichter sorgt durch einen Luftstrom im nächsten Schritt dafür, dass leichtere Teile abgetrennt werden, bevor im nachfolgenden Steinauslöser durch eine schräg stehende, vibrierende Siebplatte kleine Steine, mögliche Glas- oder Metallstücke über das spezifische Gewicht ausrangiert werden. Dies geht so vonstatten, dass Luft von unten angesaugt und dabei das Getreide wie auf einem Luftkissen ausgetragen wird. Die schwereren und nicht erwünschten Bestandteile werden über die Schräge aussortiert. Weiter geht es zum Trieur. Dort werden Hafer oder Unkrautsamen aus der Gesamtmenge ausgelesen, da sie durch ihre längliche oder kürzere Form im Mantel des Trieurs hängen bleiben. Anschließend sorgt ein Magnet für das Entfernen von eventuell noch verbliebenem Metall.
Farbausleser sortiert allergene Körner aus
Ein moderner Farbausleser, der bereits ganz leichte Abweichungen zum Standardkorn erkennen kann, sorgt dafür, dass Mutterkornbestandteile, Fusarien und andere befallene Körner aussortiert werden. Er kann sogar ganz leichte Farbunterschiede identifizieren und daher können auch allergene Körner wie Senfsamen entfernt werden.
Erforderlicher Feuchtigkeitsgrad für die Vermahlung
Sind in den Vorstufen alle Fremdkörper und nicht gewollte Körner entfernt worden, geht es zur Weißreinigung, die mit der Befeuchtung des Getreides startet, indem das vernebelte Wasser auf das Getreide aufgetragen wird. „Wir brauchen zur Vermahlung eine bestimmte und möglichst gleichmäßige Feuchtigkeit. Die Schale wird dadurch zäher und splittert dann weniger, mit dem Ergebnis, dass keine unerwünschten Stippen ins Mehl gelangen. Und so lässt sich auch der Mehlkörper leichter zerkleinern und unsere Mühle läuft gleichmäßig“, erklärt Ralph Seibold. Das angefeuchtete Korn muss acht bis zehn Stunden abstehen, bevor der nächste Schritt über eine Scheuermaschine angegangen werden kann. Dort wird die äußerste Schalenschicht mittels Reibung an einem Rotor und Siebmantel entfernt. Das Scheuern reduziert die ungewünschte Stippenbildung und die Umweltgifte, die auf der Holzschale sitzen, werden sicher entfernt. Abschließend sorgt ein weiterer Steigsichter für die Reduktion der letzten vielleicht noch verbliebenen ungewollten Teile. Dann ist das Getreide für die Weiterverarbeitung auf dem Walzstuhl zu qualitativ hochwertigem Mehl bereit.
Die SchapfenMühle Wertekette garantiert lückenlose Qualität von der Auswahl des Saatguts über die Ernte und die Verarbeitung des Korns bis zur Auslieferung an den Kunden. Kontinuierliche Investitionen in neue Technologien und Pioniergeist sind die Erfolgsgaranten des Unternehmens.
Die SchapfenMühle
Die SchapfenMühle ist Ulms ältestes noch produzierendes Unternehmen und beschäftigt an ihren vier Standorten über 200 Mitarbeiter. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1452. Kundennähe, Zuverlässigkeit und Qualitätsbewusstsein sind Werte, die das Familienunternehmen seit den Anfängen auszeichnen. Die SchapfenMühle ist durch die breit aufgestellte Mühlentechnologie und zumeist regionale Lieferketten ein zuverlässiger und sicherer Partner, sowohl für Landwirte als auch für Kunden. Als Getreidespezialist bietet die SchapfenMühle eine vielseitige Produktpalette an Mehlen, Getreideflocken, Mühlenmischungen, Saaten sowie Kernen und vielem mehr. Das Unternehmen ist unter anderem bekannt für seine innovativen Produkte aus besonderen Getreidearten wie Dinkel und Emmer. Im Laufe der Zeit hat sich die SchapfenMühle zu einem weltweit agierenden Unternehmen entwickelt.
Es vollzieht sich eine Zeitenwende in der Schädlingsbekämpfung in Mühlen- und Futtermittelbetrieben.
2023
8/17/2023
Schädlingsbekämpfung im Wandel der Zeit
Im Rahmen der zeitgemäßen Schädlingsbekämpfung geht es heutzutage primär um Fragen: Wie verhindert man Schädlinge, wie erkennt man sie frühzeitig und wie macht man ihnen das Überleben in Lebens- und Futtermittelbetrieben schwer? Während man früher oft gewartet hat, bis ein Schädlingsbefall vorlag, setzt man heute mit prophylaktischen Maßnahmen ohne sichtbaren Befall bereits im Vorfeld an. Und es sind für diese Zwecke mittlerweile sehr zuverlässig wirkende sowie ausgereifte Mittel und Verfahren am Markt.
Ein Problem in diesem Zusammenhang ist aber: Werden diese Mittel und Verfahren vom Schädlingsbekämpfer falsch eingesetzt, wirken sie nicht oder schlimmstenfalls begünstigen sie Schädlinge sogar. Ein weiteres Problem ist, dass die Verantwortlichen in den Mühlen- und Futtermittelbetrieben häufig viel zu wenig um diese Mittel und Verfahren zur Prophylaxe wissen. Darüber hinaus erkennen sie auch nicht den korrekten oder falschen Einsatz der Verfahren und damit Fehler, Mängel und Versäumnisse des Schädlingsbekämpfers in der Prophylaxe. Folge davon ist erstens: Schädlinge können sich trotz ergriffener prophylaktischer Maßnahmen im eigenen Betrieb etablieren. Folge davon ist zweitens: Es wird Geld verbrannt, denn die Kosten, die für die Umsetzung prophylaktischer Maßnahmen anfallen, stehen oft nur in einem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Teilweise existiert für diese Kosten nicht ein einziger Nutzen, wenn nämlich die Schädlingsprophylaxe völlig falsch und lückenhaft ist.
Was fordert der Gesetzgeber?
Bei der Gesetzgebung ist in diesem Zusammenhang die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ein zentrales Element. In Artikel 5 heißt es dort wörtlich: „Die Lebensmittelunternehmer haben ein oder mehrere ständige Verfahren einzurichten, durchzuführen und aufrechtzuerhalten, um Gefahren zu ermitteln, die vermieden, ausgeschaltet oder auf ein akzeptables Maß reduziert werden müssen.“ Dies ist eine explizit klare Vorgabe des Gesetzgebers zur Schädlingsprophylaxe, denn Schädlinge – egal, ob und welcher Art – stellen für jeden Lebens- und Futtermittelbetrieb unabhängig von Ausrichtung und Größe eine immense Gefahr dar.
Weitere konkrete Hinweise zur Schädlingsprophylaxe findet man in den Anhängen zu dieser Verordnung. Im Anhang I, der sich auf die Primärproduktion bezieht, heißt es: „Lebensmittelunternehmer müssen angemessene Maßnahmen treffen, um eine Kontamination durch Tiere und Schädlinge so weit wie möglich vorzubeugen oder zu verhindern.“ Diese Vorgabe gilt im Prinzip in diesem Wortlaut auch für die Herstellung und Weiterverarbeitung von Lebensmitteln, denn in Anhang II (Hygienevorschriften für alle Lebensmittelunternehmer), Kapitel I, heißt es: „Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, müssen so angelegt, konzipiert, gebaut, gelegen und bemessen sein, dass gute Lebensmittelhygiene, einschließlich Schutz gegen Kontamination und insbesondere Schädlingsbekämpfung, gewährleistet ist.“
Eine weitere Vorgabe zur Prophylaxe findet man im Anhang II, Kapitel II. Hier werden unter Ziffer 1 d) Insektenschutzgitter an Fenstern gefordert. Und selbst für mobile Lebensmittelbetriebsstätten und Verkaufsautomaten fordert diese Verordnung in Anhang II, Kapitel III Schädlingsprophylaxe. Auch beim Thema Lebensmittelabfälle findet man im Anhang II, Kapitel VI, Ziffer 3 einen Hinweis zur Schädlingsprophylaxe, denn Abfallsammelräume müssen so konzipiert und geführt werden, dass sie frei von Tieren und Schädlingen gehalten werden können. Und schließlich gibt es im Anhang II, Kapitel IX, in Ziffer 3 die allumfassende Vorgabe, dass Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebes vor Kontaminationen zu schützen sind, was nichts anderes besagt, dass Schädlingsprophylaxe ein fester, unabdingbarer Bestandteil guter Lebens- und Futtermittelhygiene ist.
Was fordern die Lebensmittelstandards?
Natürlich haben sich alle Lebensmittelstandards, deren primär erklärtes Ziel die Lebensmittelsicherheit ist, auch der Thematik Schädlingsprophylaxe angenommen. Stellvertretend für alle anderen Standards soll dieses hier beim IFS und BRC aufgezeigt werden. Im IFS wird die Thematik im Kapitel 4.13 abgehandelt, wo schon mit der Kapitelbezeichnung „Schädlingsüberwachung und Schädlingsbekämpfung“ ein Hinweis auf Schädlingsprophylaxe gegeben wird, denn Überwachung steht hier im Sinne von Prophylaxe. Gleich der erste Satz in 4.13.1 fordert, dass das System zur Schädlingsbekämpfung im Lebensmittelbetrieb die rechtlichen Bestimmungen der jeweiligen Nation erfüllt, womit in Deutschland wieder die LMHV zitiert werden muss, die ja explizit Schädlingsprophylaxe fordert. Etwas anders sieht dieses zunächst beim BRC aus, denn das diesbezügliche Kapitel 4.14 ist mit dem Titel „Schädlingsbekämpfung“ überschrieben, von Prophylaxe ist hier also zunächst bei oberflächlicher Betrachtung nicht die Rede. Aber gleich im ersten Satz, noch bevor es mit den Detailanforderungen losgeht, bringt es der BRC im Gegensatz zum IFS voll auf den Punkt. Es wird hier ein Programm gefordert, a) um das Risiko eines Schädlingsbefalles zu minimieren und b) um bei auftretenden Problemen mit Schädlingen schnell reagieren zu können. Eine Definition der Schädlingsprophylaxe aus dem Bilderbuch.
Zeitgemäße Schädlingsprophylaxe
Welche Forderungen sind nun zu erfüllen und wer ist wofür zuständig? Die Maßnahmen zur Schädlingsprophylaxe beruhen in jedem Mühlen- und Futtermittelbetrieb unabhängig von Größe und Branche im Prinzip auf drei Säulen:
– Säule 1: Man will Schädlinge frühzeitig erkennen.
– Säule 2: Man will den Zulauf/Zuflug von Schädlingen verhindern.
– Säule 3: Man will die Entwicklungsmöglichkeiten von Schädlingen im Betrieb selbst eliminieren bzw. minimieren.
Definiert man nun passend zu diesen Aktivitäten die Zuständigkeiten, muss man sagen, dass im Prinzip alle drei Maßnahmen eigentlich von Schädlingsbekämpfungs- und den Mühlen- bzw. Futtermittelbetrieben gemeinsam zu erledigen sind. Wobei das frühzeitige Erkennen von Schädlingen sicher ein primäres Aufgabegebiet des Schädlingsbekämpfers ist. Allerdings sollten sich die Verantwortlichen in den Mühlen- und Futtermittelbetrieben hier nicht völlig aus der Verantwortung hinausstehlen. Die Verhinderung von Zulauf und Zuflug obliegt definitiv beiden und die Eliminierung und Minimierung der Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb selbst sollte als primäre Aufgabe des Lebens- und Futtermittelbetriebes gesehen werden. Mit technischen Lösungen lässt sich in dieser Hinsicht eine Menge realisieren.
Um diese prophylaktischen Maßnahmen betriebsspezifisch, fach- und sachgerecht umsetzen zu können, müssen mindestens vier Fragen von allen Beteiligten schlüssig beantwortet werden.
– Erstens: Welche Schädlinge können dem jeweiligen Betrieb zur Gefahr werden?
– Zweitens: Wie und wo gelangen Schädlinge in diesen Betrieb?
– Drittens: Wie breiten sich Schädlinge innerhalb des Betriebes aus?
– Und viertens: Was im Lebensmittelbetrieb begünstigt Schädlinge und beeinträchtigt oft auch die Prophylaxe?
Schlüssige Antworten auf solche Fragen liefert in der Regel immer eine auch vom IFS in 4.13.1 und BRC 2.7.2 geforderte Gefahrenanalyse.
Schädlingsprophylaxe per eMitter-Funktechnik
Schon seit Längerem hat man in der professionellen Schädlingsbekämpfung erfolgreiche Schadnagerprophylaxe sowohl gegen Ratten im Außenbereich als auch gegen Mäuse im Innenbereich durchgeführt. Man benötigte aber, um gleichzeitig auch einen ersten Schritt hin zur sofortigen Bekämpfung getan zu haben, in der Vergangenheit immer toxische Köder oder NonTox-Köder, um anhand der Fraßspuren einen Befallsnachweis führen zu können. Der Einsatz und die Anwendung toxischer Köder ist aber über den Gesetzgeber seit 2013 immer mehr reglementiert worden und somit gemäß den aktuellen Anwendungsvorschriften eigentlich nicht wirklich willkommen.
Seit jüngster Vergangenheit können sehr erfolgreich auch Schlagfallen in Verbindung mit einem Funksystem zur Prophylaxe von Ratten und Mäusen eingesetzt werden. Was sich im ersten Moment zwar eher geschichtsträchtig anhört, ist bei genauer Betrachtung ein modernes und zeitgemäßes Verfahren, da es bei den Schlagfallen allein nicht bleibt. Weitere Komponenten, wie spezielle Köderboxen für Schlagfallen, aromatisierte Nara Kunststoffköder, ein Funksystem sowie das Nara-Monitoring-Spray kommen hinzu.
In den speziell für dieses Verfahren entwickelten Kunststoffköderboxen müssen zunächst die Schlagfallen installiert werden. Dies hat den gravierenden Vorteil, dass die Mäuse und Ratten dem Schlagbügel durch blitzschnelle Reaktionen nicht mehr entkommen können. Entweder man bestückt dann die Schlagfalle selbst oder die Köderbox mit einem aromatisierten Kunststoffköder. Bei den Aromen stehen Vanille, Fisch, Fleisch, Mango oder Schoko-Nuss zur Auswahl, sodass man den Schadnagern als Alternative zu den selbst genutzten Rohstoffen und/oder Fertigwaren immer eine weitere attraktive Nahrungskomponente vorgaukeln kann. Dies verleiht sowohl bei Mäusen als auch bei Ratten den Schlagfallen über drei Monate hinweg eine hohe Attraktivität.
Ein Funkmodul, das ebenfalls in der speziellen Köderbox installiert wird, sowie ein dazu passendes Funksystem machen regelmäßige bzw. tägliche Kontrollen der Fallen völlig überflüssig. Denn sobald eine Schlagfalle ausgelöst hat, bekommt man eine Meldung auf den PC oder auf das Handy bzw. es ertönt ein nicht zu überhörender Piepton.
Was selbst in Fachkreisen vielfach nicht bekannt ist, ist die Tatsache, dass neue Köderboxen und Schlagfallen aus Plastik zunächst einen für Mäuse und Ratten negativen sowie abstoßenden Plastikgeruch aufweisen. Folge davon ist, dass Schlagfallen und/oder Köderboxen von den Schadnagern zunächst gemieden werden, was die Prophylaxe massiv beeinträchtigen kann. Abhilfe schafft hier ein neuartiges Monitoring-Spray mit verschiedenen Aromen, das a) den negativen Plastikgeruch eliminiert und b) den Schlagfallen sowie Köderboxen zusätzlich eine hohe Attraktivität verleiht. Dieses Spray kann auch dazu genutzt werden, um einen Weg zu dem jeweiligen Monitoringsystem zu legen. Die Schadnager werden also dahin gelenkt, wo man sie haben will.
Mitentscheidend für den Erfolg eines solchen Verfahrens ist die richtige Positionierung der Schlagfallen in dem betreffenden Betrieb. Liegen die Monitoringsysteme nämlich außerhalb der Reviere der Schadnager, wird ein rascher und nachhaltiger Erfolg auf sich warten lassen. Man muss bzw. sollte als Schädlingsbekämpfer also wissen, wo die Reviere und Laufwege der Schadnager sind, nur so lassen sich die zur Prophylaxe eingesetzten Systeme zielgenau einsetzen. Kot-, Urin- und Laufspuren sind dabei zwar ein probates Hilfsmittel, aber nicht immer ein zuverlässiges und sicheres Indiz für ein Revier. Ein Hilfsmittel für solche verzwackten Situationen sind digitale Nachtsichtkameras mit Bewegungssensoren. Sie liefern Bilder in Farbe am Tag und schwarz/weiß in der Nacht und zeigen, wo die Bewegungsabläufe von Schadnagern stattfinden. Ein weiteres Hilfsmittel ist ein neu auf den Markt gekommener Monitoring-Schaum. Der Schaum wird auf die vermeintlichen Laufwege und in die vermeintlichen Reviere gesprüht. Wenn Nager in den Schaum treten, verraten sie über ihre Fußabdrücke, dass sie sich in diesen Arealen bewegen. Mit Größe und Art der Fußabdrücke lässt sich auch, ohne jemals zuvor einen Schadnager gesehen zu haben, erkennen, ob es Mäuse oder Ratten sind. Einzeln eingesetzt, aber auch Nachtsichtkameras und Monitoring-Schaum in Kombination, wird die zielgenaue Schadnagerprophylaxe so um ein Vielfaches verbessert.
EMitter-Kamera- und Funktechnik
Die Schädlingsprophylaxe sowohl gegen Schadinsekten als auch gegen Schadnager ist schon seit Längerem erfolgreich möglich. Man benötigte aber, um einen sicheren Befallsnachweis führen zu können, regelmäßige Kontrollen der einzelnen Monitoringsysteme. Je nach Inspektionsintervall war dieses immer mit einem erheblichen Zeitverlust verbunden. Man war also punktgenau nur an dem jeweiligen Servicetermin des Schädlingsbekämpfers informiert, in den zwischen den Serviceterminen liegenden Zeiträumen aber nicht. Dieses hat sich jetzt mittels der Kombination von Kamera- und Funktechnik verändert und erheblich verbessert.
Die einzelnen Monitoringsysteme werden dazu mit einer Kamera bestückt, die auf das Innenteil des jeweiligen Monitoringsystems gerichtet ist. In regelmäßigen Zeitabständen werden die Systeme innen fotografiert. Sodann vergleicht das digitale System den Zustand des Monitoringsystems mit dem vorherigen Bild. Hat sich eine Veränderung zu dem vorherigen Bild ergeben, wenn beispielsweise der Köder jetzt von Schadnagern angefressen ist oder jetzt Motten und/oder Schaben in der Falle sind, werden die Verantwortlichen per Funk informiert. Während man früher also über den Befallsstatus nur an dem jeweiligen Servicetermin des Schädlingsbekämpfers definitiv informiert war, wird man mit dem Permanent-Monitoring täglich über die augenblickliche Befallssituation informiert. Abgesehen von dem Vorteil der aktuell täglichen Information hat man darüber hinaus noch den immensen Vorteil, dass man sofort nach Eintritt einer Befallssituation Gegenmaßnahmen ergreifen kann, sodass sich ein Befall in der Regel niemals massiv etablieren kann.
Ist der Schädlingsbekämpfer jetzt überflüssig?
Nein, auf keinen Fall. Der Schädlingsbekämpfer ist nach wie vor absolut notwendig und ein wichtiger Partner für die Lebens- und Futtermittelbranche. Zwar entfallen bedingt durch das Permanent-Monitoring die regelmäßigen Kontrollen der einzelnen Monitoringsysteme, aber alle Systeme müssen ja zunächst erst einmal korrekt, sach- und fachgerecht installiert werden. Denn ohne eine korrekte Installation dieser Systeme nutzen auch die ganzen Automatismen nichts. Und die verantwortlichen Mitarbeiter in den Lebens- und Futtermittelbetrieben werden sicherlich nicht in der Lage sein, die im Betrieb notwendigen Monitoringsysteme fachlich korrekt zu installieren.
Hinzu kommt, dass es nur allein mit der Installation nicht getan ist. Die einzelnen Monitoringsysteme müssen gewartet und gepflegt werden. Pheromone, Lockstoffe, Köder und Klebefolien, um nur einige zu nennen, müssen z. B. in bestimmten Intervallen erneuert werden. Und auch die Funksysteme sowie Kameratechnik bedürfen der regelmäßigen Wartung, was über den Schädlingsbekämpfer abgewickelt werden muss.
Ferner weiß man, dass sich auch mit einem noch so durchdachten und perfekten Prophylaxesystem Schädlinge niemals gänzlich verhindern lassen. Beim Auftreten von Schädlingen kommt auch wiederum der Schädlingsbekämpfer zum Einsatz. Ferner fordern Gesetzgebung und Standards eine Dokumentation, die zum Aufgabebereich des Schädlingsbekämpfers gehört. Vor diesem Hintergrund ist der Schädlingsbekämpfer trotz aller jetzt möglichen automatischen Abläufe ein zwingend notwendiges Element beim Thema Schädlinge, Prophylaxe und Bekämpfung in Mühlen- und Futtermittelbetrieben.
Fazit
Nun darf man nicht der irrigen Meinung verfallen, dass mit den beschriebenen Automatismen die Quadratur des Kreises gelungen sei. Denn Fehler, Mängel und Versäumnisse in der Schädlingsprophylaxe, verursacht durch einen unprofessionellen Schädlingsbekämpfer, können auch nicht durch ein Funkmodul und/oder eine Kameratechnik kompensiert werden. Ist eine Insektenfalle falsch installiert und/oder ein Nagermonitoring falsch positioniert, können trotz aller Technik Schädlinge in den Betrieb gelangen und sich dort unbemerkt etablieren.
Aber auch Fehlverhalten der Mühlen- und Futtermittelbetriebe selbst, wie mangelnde Hygiene, schlechte Reinigung, bauliche Mängel oder schlechtes Abfallmanagement, haben zur Folge, dass die ohnehin in allen derartigen Betrieben guten Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten für Schädlinge nochmals optimiert werden. Dies wird durch zeitgemäße Prophylaxe-Systeme nicht kompensiert.
Und es darf ferner nicht außer Acht gelassen werden, dass die Automatismen via Funkmodul und/oder Kameratechnik ein fachlich korrektes Prophylaxesystem voraussetzen. Vor diesem Hintergrund sollte man a) die im Mühlen- und Futtermittelbetrieb vom Schädlingsbekämpfer umgesetzten Maßnahmen und b) das eigene Verhalten in regelmäßigen Abständen von einem neutralen und unabhängigen Sachverständigen überprüfen lassen. Denn was und wem nutzt der ganze Kostenaufwand, wenn Fehler, Mängel und Versäumnisse vorliegen und das installierte Prophylaxesystem seine eigentliche Wirkung nicht entfalten kann bzw. untergraben wird?
Die Firma Phyox hat seine erste Produktionsanlage für Mikroalgen Ende 2021 in Betrieb genommen.
2023
8/17/2023
Endress+Hauser steigt bei Phyox in Algenanlagenbau ein
Bernd Herrmann ist CEO von Phyox und bekommt momentan viele Anfragen. Aber die Automobilkonzerne oder Industriebetriebe sind weniger an seinen Algen selbst interessiert, sondern an deren Kohlenstoffdioxid-Verbrauch. Algen wandeln bis zu dreimal mehr CO2 um als andere Pflanzen. Seine Technologie bietet die Chance nicht nur CO2 zu kompensieren, sondern es in der Atmosphäre zu verringern.
Ein Kilogramm Algen kann rund zwei Kilogramm CO2 aufnehmen.
Ein bedeutender Anteil des von der Weltbevölkerung zum Atmen benötigten Sauerstoffs wird durch die Photosynthese von Algen generiert. Algen sind nicht nur in Gewässern, sondern auch an der Erdoberfläche die primären Produzenten von Sauerstoff und bilden die Grundlage für die Nahrungskette. Dabei entziehen sie der Atmosphäre Kohlendioxid und binden es in organischer Materie.
Algen vermehren sich schneller als jede höhere Pflanzenart. Ihr Wachstum ist ausschließlich von Sonnenlicht, Wasser, Kohlendioxid und einigen anorganischen Nährstoffen abhängig. Die Bedeutung von Algen sollte nicht unterschätzt werden, da Verfahren, die mehr Kohlendioxid verbrauchen, als sie freisetzen, vom Weltklimarat als wesentliche Option zur Bekämpfung des Klimawandels eingestuft werden.
Jedes zweite bis dritte Sauerstoffmolekül, das wir zum Atmen brauchen, entstammt der Photosynthese von Algen
Die Grünalge Chlorella (Chlorella vulgaris), die als einzellige Wasserpflanze klassifiziert wird, zeigt eine außerordentlich effiziente Verwertung von Nährstoffen während ihres Wachstums. Die Konzentration ihrer Inhaltsstoffe variiert stark, abhängig von der Verfügbarkeit entsprechender Nährstoffe im umgebenden Medium. Unter kontrollierten Bedingungen lassen sich hochwertige Algen erzeugen, die individuellen Anforderungen gerecht werden, indem sie hohe Mengen an Vitaminen, oder Mikronährstoffen sowie Aminosäuren und ungesättigten Fettsäuren enthalten. Zusätzlich besitzen Chlorella-Algen antibiotische Eigenschaften und weisen einen signifikanten Proteingehalt auf.
In den 1970er Jahren bemühten sich Forscher weltweit, um die Verwendung von Algenbiomasse als Nahrungsquelle für den Menschen zu erschließen. Zuverlässige Daten über Algenkulturen im industriellen und halbindustriellen Maßstab liegen deshalb vor.
Vor einigen Jahren befasste sich Bernd Hermann mit Algen. Er suchte Futter für seine Garnelenfarm. Daheim am Tisch hantierte er mit Reagenzgläsern und züchtete seine ersten Algen. Was als Versuch begann, wurde zur Leidenschaft. Früh erkennt er das Potenzial dieser photoautotrophen Einzeller als Lebens-, Nahrungsergänzungs- und Futtermittel. Jetzt sind Mikroalgen sein Hauptberuf.
Als Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der von deutschen und kroatischen Investoren gegründeten Aktiengesellschaft Phyox sammelt er neue Erkenntnisse und erlebt manche Überraschung. „Meine Algen sind durch die Zucht jetzt größer als vorher. Das hatte ich nicht erwartet“, erzählt er. Der Unternehmer gibt gerne Einblicke in seine Arbeit und öffnet beispielsweise am World Laboratory Day auf TikTok und Instagram die Türen seines Labors per Video. Darin kann man unter dem Mikroskop die Mikroalgen bewundern – und ja, sie sind tatsächlich grün.
Bei der Entwicklung der ersten Pilotanlagen mit einer Investitionssumme von 6,6 Mio. Euro fand er in Endress+Hauser einen zuverlässigen Partner. Neben dem messtechnischen Know-how von Endress+Hauser war das Engineering zur Steuerung der Anlage wichtig und der Support im kroatischen Novska, wo die Pilotanlage aufgebaut ist.
Mühle + Mischfutter sprach über die Algenproduktion mit Tim Schrodt, Industriemanager Lebensmittel bei Endress+Hauser.
M+M: In Asien werden Algen seit langem bei Sonnenlicht in offenen Gewässern gezüchtet. Was ist das Besondere an der Anlage, die Sie mit gebaut haben?
Tim Schrodt: Die patentierte Technologie der Firma Phyox setzt bei der Lichtquelle auf LED-Technik statt Sonnenlicht und kann damit das Wachstum der Algen besser steuern und durch Pulsung stimulieren. Dabei ist die Beleuchtung seitlich zwischen den Plattenwänden angebracht, die Frequenz der Pulsung wird an den jeweilig zu produzierenden Algenstamm angepasst. In den Platten-Photobioreaktoren schlängelt sich die Strömung im Auf und Ab mäanderförmig durch die Anlage.
Zum Schluss fließt die Algensuspension in einen offenen Auslaufbehälter und wird von dort im Kreislauf wieder zum Anfang der Anlage gepumpt. Damit ist die Produktion rund um die Uhr für 365 Tage im Jahr möglich – unabhängig von den jahreszeitlichen Schwankungen und dem Tag-Nacht-Rhythmus, denen das Sonnenlicht als Energiequelle unterworfen ist. Zudem ist im Vergleich zu geschlossenen Röhrensystemen der Reinigungsaufwand deutlich geringer.
M+M: Wie hoch ist die Leistung der Anlage? Wie viele Algen können dort produziert werden?
Tim Schrodt: Die Anlage in Kroatien besteht aus elf unabhängigen Produktionslinien mit einer Kapazität von 20 – 30 t Trocken-Biomasse im Jahr. Als bevorzugte Algenart wird Chlorella hergestellt. Neben der Beleuchtung muss die Dosierung von Phosphor, Nitrat, Spurenelementen und CO2 präzise geregelt werden. Da die Wasserqualität definiert und permanent überwacht wird, liefert der Prozess nach Ernte und Trocknung ein hochreines Endprodukt. Die gesamte Anlage befindet sich in einer extra dafür gebauten Fabrikationshalle.
Im Vergleich zur Produktion in Asien, die in offenen Becken im Freien erfolgt und vorhandenes Oberflächenwasser nutzt, kann Phyox durch die permanent konstanten und überwachten Produktionsbedingungen eine gleichbleibend hohe Produktqualität erzielen, die frei von schädlichen Umweltstoffen und Schwermetallen ist. Immer mehr Abnehmer aus der weiterverarbeitenden Kosmetik-, Lebens- und Futtermittelindustrie schätzen diese verlässlichen Produkteigenschaften.
M+M: Wo überall kommt ihre Messtechnik zur Anwendung?
Tim Schrodt: Um den Wachstumsprozess sicher zu steuern, muss die Konzentration des CO2 überwacht werden. Dieses erfolgt indirekt über die Messung des pH-Werts mit dem pH-Sensor CPS71E. Dank der digitalen Memosens 2.0-Technologie bietet dieser Sensor eine erweiterte Speicherung von Kalibrier- und Prozessdaten und damit die perfekte Basis für eine vorausschauende Wartung. Die Vorkalibrierung im Labor und der schnelle Sensortausch vor Ort maximieren die Prozessbetriebszeit.
Die Zellkonzentration überwacht der Trübungssensor Turbimax CUS52D. Ferner wird als dritter Schlüsselparameter die Leitfähigkeit mittels Memosens CLS82D gemessen. Alle drei Sensoren sind über Eintaucharmaturen im Auslaufbecken installiert und mit dem Mehrkanal-Messumformer Liquiline CM444 verbunden. Die Fließgeschwindigkeit, mit der sich die Algensuspension durch die Anlage bewegt, erfasst der magnetisch-induktive Durchflusssensor Promag 10D.
Jeder Linie wird einmal täglich etwa ein Drittel des Gesamtvolumens zur Ernte entnommen und einem Separator zugeführt. Der Füllstand der Anlage wird über zwei Grenzstandschalter Liquiphant FTL31 geregelt und entsprechend Frischwasser aus einer Osmoseanlage nachgeführt. Im Anschluss erfolgt die Düngerdosierung.
M+M: Das hört sich kompliziert an. Braucht es dazu rund um die Uhr qualifiziertes Fachpersonal vor Ort?
Tim Schrodt: Die beiden Schritte erfolgen vollautomatisiert. Die Ventile zur Luftversorgung und zur Ernte der Anlage werden durch den Bediener gesteuert. Im Lieferumfang der Automatisierungstechnik war daher ein Schaltschrank enthalten, der das Bedienpanel, die Steuerungstechnik und ein DSL-Modem für den Remote-Zugriff beherbergt. So ist eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Prozesses auch von einem anderen Ort aus möglich.
M+M: 30 t Biomasse pro Jahr ist nicht viel. Bleibt es bei dem Output oder ist mehr geplant?
Tim Schrodt: Weil man mit der Produktionsleistung und der reibungslosen Funktion der Anlage zur Mikroalgen-Produktion sehr zufrieden ist, werden aktuell Planungen zur Anlagenerweiterung durchgeführt. Auch laufen viele Versuche, die Energieeffizienz zu verbessern, beispielsweise durch den Einsatz von Photovoltaik inkl. Stromspeicherung zur Deckung des Strombedarfs der Anlage. Ebenso wird der energieintensive Erntevorgang weiter optimiert.
Im April 2023 wurde die neue Antersdorfer Mühle in Simbach am Inn in Niederbayern feierlich eingeweiht.
2023
8/17/2023
Antersdorfer Mühle 2.0
Der Ururgroßvater von Johann Priemeier legte 1884 den Grundstein für die Mühle in Antersdorf, einem Gemeindeteil von Simbach am Inn. Umgeben von Bauern sicherte die Getreidemühle über Generationen das Einkommen der Familie. Johann Priemeier erlernte wie sein Vater den Beruf des Müllers. Er war Neuem gegenüber aufgeschlossen und überlegte früh, wie er die Mühle für die Zukunft aufstellen kann. Vor allem die jungen Leute, die in den 70er-Jahren aus München in die Gemeinde zogen und Ideen zum ökologischen Landbau mitbrachten, weckten seine Neugier.
„Damals gab es in der Landwirtschaft drei Probleme“, erinnert sich Johann Priemeier: „Die Bauern produzierten viel, bekamen dafür zu wenig Geld und damit sie noch mehr produzieren konnten, düngten sie mit Chemie.“ Dagegen produzieren die Biobetriebe weniger, die Biobauern bekommen mehr und die Konsumenten ernähren sich gesünder. Irgendwann fuhr ein bärtiger Mann in einem VW-Bus vor und bat den jungen Müller drei Säcke Hafer zu Flocken zu vermahlen.
Die ersten Haferflocken waren noch voller Spelzen. Johann Priemeier probierte weiter und verfeinerte seine Prozesse. Überall gaben zu der Zeit Mühlen auf. Neue Geschäftsmodelle mussten her. Nach und nach kamen immer mehr Kleinanbauer mit ihrem Öko-Getreide zur Antersdorfer Mühle. Johann Priemeier nahm die Herausforderung an und stellte seine Mühle komplett auf Bioprodukte um.
Heute arbeitet der Unternehmer erfolgreich mit rund 250 Biobauern der Region und dem Verband Biokreis – den er mitgegründet hat - zusammen. Seine Mühle fördert das Konzept von Regionalität und nimmt Rücksicht auf die Fruchtfolge, die der Landwirt bestimmt. Einige Biobauern haben sich dem Erhalt alter Sorten verschrieben, deshalb hat die Mühle ein Ursprungssortiment im Angebot. Unter der Marke „Antersdorfer Mühle“ werden nicht nur Getreide und Mehle angeboten, sondern auch Müslis, Fertiggerichte und Riegel.
Schutzengel bei Jahrtausendflut
Das Unglück der alten Biomühle begann an einem wolkenverhangenen Mittwoch Anfang Juni 2016. Über dem Tal lag ein Tiefdruckgebiet, umzingelt von Hochdruckgebieten. Eine seltene und extreme Wetterlage. Die Regenwolken standen still und entluden stundenlang ihre Fracht. Irgendwann stieg Johann Priemeier voller Sorge ins Auto und fuhr zur Mühle. Da war das Wasser des Bachs bereits angestiegen und der untere Stock der Mühle überschwemmt. Er wendete und wollte zurück. In dem Moment spülte eine ungeheure Wasserwelle die Brücke weg. Sein Auto wurde mitgerissen und Johann Priemeier rettete sich in letzter Sekunde aus dem Seitenfenster.
Die Jahrtausendflut hat Simbach und den Landkreis Rottal-Inn verändert. Normalerweise hatte der Mühlbach eine Höhe von 30cm. 2016 stieg das Wasser auf 540cm an. Nach dem Starkregen wälzte sich eine fast fünf Meter hohe Flutwelle mit vernichtender Kraft durch die Stadt. Sieben Menschen starben bei der Katastrophe.
Das Hochwasser zerstörte die Mühle. Elektrik, Rohre und Maschinen waren größtenteils nicht mehr zu reparieren. Die Lager- und Abpackräume am zweiten Standort im Ort wurden verschont. So konnte Familie Priemeier wenigstens die Bäcker beliefern und ihre Markenprodukte vertreiben. Ohne Versicherung war sie auf Unterstützung angewiesen. Die Nachbarschaftshilfe funktionierte, viele Müller halfen bei der Produktion und die meisten Kunden hielten die Treue. Der Großhändler Ökoring richtete ein Spendenkonto ein und auch der Verband Biokreis griff der Familie unter die Arme.
Masterplan für den Neustart
Es folgten schwere Jahre. Am alten Standort durften die Priemeiers nicht neu bauen und oft dachte Johann Priemeier ans Aufgeben. Aber der Wunsch, die Mühle wieder aufzubauen, war stärker. Am neuen Standort im Gewerbegebiet Waltersdorf gab es im Mai 2020 den ersten Spatenstich. Mit dabei Seniorchef Hans Priemeier. 14 000 Quadratmeter groß ist das Grundstück, 4 200 Quadratmeter Grundfläche nimmt das Mühlengebäude ein. Bis die Mühle im Januar 2023 in Betrieb ging, dauerte es über zwei Jahre. Kosten: ein zweistelliger Millionenbetrag. Der Masterplan lag in den Händen von Markus Nussbaumer. Mit seinem Unternehmen Numitec aus Kirchberg übernahm er die Projektevaluierung und koordinierte die beteiligten Firmen u.a. Bühler, Kastenmüller, Pfeuffer, Swisca, Sallhofer und BHS Control Systems.
Die neue Biomühle ist weithin sichtbar. Ihr Siloturm ist fast 40 Meter hoch. Allein die Hafermühle kann pro Tag 100t zu Flocken vermahlen. Geschäftsführer ist in der 5. Generation Johannes Priemeier. Der Wirtschafts- und Agraringenieur Sebastian Huber ist als CEO für Einkauf und Vertrieb zuständig. Rund 25 Mitarbeiter sind im Zweischichtbetrieb beschäftigt.
Annahme und Steuerung
Schon bei der Annahme des Getreides begegnen dem Besucher bekannte Herstellernamen. Mit dem Rakoraf der Firma Pfeuffer wird der angelieferte Hafer beidseitig beprobt. Nur beste Ware kommt über den Aspirateur in die Mühle. Wohin mit der Ladung, dass prüfen die Müller an der Steuerungsanlage. Die hat die Firma BHS Control Systems aus Sonthofen installiert. Die Software ist einfach zugänglich, auch für neue Mitarbeiter. „Unsere neue Mühle ist ein Ausnahmebeispiel für biologische Getreidelagerung und zukunftsweisende Vermahltechnik", erklärt Johann Priemeier, „Dank der technischen Ausstattung können wir gewährleisten, dass unsere Produkte die Mühle einwandfrei verlassen."
Das Steuerungssystem ist auf den Kundenwunsch zugeschnitten und über mobile Endgeräte abrufbar. Mitarbeitende sind so jederzeit informiert und können bei Störungen eingreifen. In der Steuerungszentrale sind auf zwei Bildschirmen alle Prozesse anschaulich dargestellt. Die einzelnen Getreidesorten sind farblich gekennzeichnet. Säulen zeigen, wie hoch die Lagerzellen gefüllt sind und welche Temperaturen dort herrschen. Zeigt der Alarm, dass eine Temperaturgrenze überschritten ist, kann mit Kühlaggregaten die Zelle gekühlt werden, damit sich keine Schädlinge bilden. „Wir lösen die Lagerung technisch und nicht chemisch“, erklärt Johann Priemeier das Prinzip. „Die Technik ist in der neuen Biomühle verbessert, der Mechanismus ist derselbe.“ 72 Silozellen gibt es mit einer Lagerkapazität von 8 500t. Der Markenname Swisca fällt an den vielen Mengenreglern ins Auge.
Besonders ist, dass das Getreide aus den Silos nicht nur abgelassen, sondern auch wieder zurückgefüllt werden kann.
Reinigung Schälung Flockierung
Die Bio-Mühle hat den Fokus auf ein flexibles Verarbeitungssystem, mit der Möglichkeit regional angebaute Dinkel- und Hafersorten zu verarbeiten. Die Schällinie wurde mit dem Schäler MHSA ausgeführt, einmal als Hauptschäler und einmal als Rücklaufschäler. Im Anschluss erfolgt die Schalenseparation mit anschließender Sortierung über einen Tischausleser BSOA und eine mehrstufige Sortierung über die Sortex A.
„Unser Ziel waren einwandfrei, sauber sortierte Kerne mit dem geringstmöglichen Schalenanteil“, erklärt Andreas Müller, Area Sales Manager von Bühler das Konzept. Die geschälten Kerne werden in Rundsilos zwischengelagert und entweder auf die Grützierung und als Kleinblattflocken oder direkt als Großblattflocken flockiert. Das Flockierwalzwerk verfügt über eine automatische Mahlspaltverstellung mit integrierter Walzentemperaturregulierung, welche über die Maschinensteuerung vollautomatisch geregelt wird. Dort werden alle Flockierwalzwerkparameter in Rezepten hinterlegt und abgerufen, um eine immer gleichmäßige Flockenqualität zu erreichen.
Des Weiteren wurde eine zweistufen Schleiferei mittels DRHG integriert. Die Graupen bzw. geschliffenen Produkte können direkt den Fertigproduktezellen zugeführt werden. Neben Dinkel und Hafer lassen sich auch weitere Produkte wie zum Beispiel Weizen, Roggen und Gerste verarbeiten. Produktüberhebungen wurden größtenteils mit Druckpneumatik ausgeführt, um einen restfreien und schonenden Produkttransport zu gewährleisten. Wo sinnvoll, wurde auf rostfreies Material geachtet. Die notwendige Aspirationsluft wird bei den Prozesslinien mit dem Niederdruckfilter MVRT aspiriert und gefiltert, der gegenüber konventionellen Filtersystemen mit Niederdruck-Spülluft die Filterschläuche reinigen. Dies reduziert den Druckluftverbrauch und die Energiekosten.
Saatenreinigung
Die Antersdorfer Mühle verfügt zusätzlich über eine räumlich getrennte Saatenreinigung. Damit können die im Trend liegenden Saaten und Hülsenfrüchte zum Verzehr vorbereitet und höchste Ansprüche an die Produktreinheit garantiert werden. Vom Siebreiniger LAGA, einem Ultratrieur LADB und einem Steinausleser MTSD lassen sich die Produkte auf zwei speziell konfigurierte Sortex A ColorVision sortieren. Andreas Müller ist zufrieden mit dem Konzept der Hafermühle: „Alle Schnittstellen waren gut vorbereitet und miteinander abgestimmt, so dass alle Parameter erfüllt waren, um die Produktion nach Vorgabe des Zeitplans in Betrieb zu nehmen.“
Individuelle Diagrammgestaltung
„Eine große Produktvielfalt bei hoher Qualitätsanforderung“, so beschreibt Andreas Kastenmüller die Herausforderung bei der Planung der Vermahlungssysteme. „Weizen, Durum, Roggen und Dinkel sollen auf einem System vermahlen werden.“ Die Spezialisten aus Martinsried haben dafür die passende Lösung mit ihrer Walzenstuhl-Steuerung Vario-S. Unter Projektleiter Franz Schmid war das Team von Kastenmüller von Anfang an bei der Gestaltung des Gebäudes eingebunden und plante in 3-D das Zusammenspiel von individuell angepasstem Vermahlungsdiagramm und Anlagenkonzeption.
Die Produktion heller und dunkler Mehle sowie Vollkornmehle ist beim Vario-S System Johann Priemeier in der Steuerungszentrale der Biomühle.Johann Priemeier in der Steuerungszentrale der Biomühle.durch die stufenlose Einstellung der Voreilung und Umfangsgeschwindigkeit jeder einzelnen Mahlwalze möglich. Der Produktwechsel ist dank der flexiblen Steuerung mit integrierter Rezeptverwaltung schnell und problemlos. Wird die Rezeptur geändert, stellen sich auch die Klappkästen im Laufrohrbau automatisch um.
Neben dem Vermahlungssystem gibt es eine kleine Spezialvermahlung für Hafer, Mais, Hirse, Reis, Kichererbsen und Buchweizen mit einer Leistung von 1,5 t/h. Die exakte Absiebung erfolgt hierbei durch Vibroschleudern. Die richtige Materialwahl in den Maschinen ist aufgrund der strengen gesetzlichen Vorgaben bei einer Biomühle entscheidend. Für produktberührende Teile verwendet Kastenmüller deshalb hochwertige und zertifizierte Materialien. Entsprechen werden bei der Auslegung der Reinigung und dem Mehlsilo keine Kompromisse eingegangen und beispielsweise die Abstehzellen und Vorlagezellen aus Edelstahl geliefert.
Großen Wert legten die Spezialisten von Kastenmüller auf ein hochpräzises und energieeffizientes System: „Dank der Gebäudehöhe konnten wir im Laufrohrbau auf eine Mehlsammelschnecke verzichten. Die direkte Rohrführung der Mehle auf die Ausbeutewaagen ist hygienisch und spart Energie“. Auch schnelllaufende Mahlhilfsmaschinen fielen weg und die Kontrollsichtung ist mit einem Abteil im Plansichter enthalten. „Es war eine große Freude bei der Umsetzung dieses anspruchsvollen Projektes maßgeblich beteiligt gewesen zu sein“, zieht Andreas Kastenmüller sein Fazit.
Wärmeversorgung und Hygiene
Die Mittel zur Schädlingsbekämpfung sind beim Biobetrieb begrenzt, deshalb haben Vater und Sohn Priemeier eine Wärmeentwesungsanlage einbauen lassen. Die heizt zweimal im Jahr die gesamte Mühle 24 Stunden lang auf mindestens 50 Grad Celsius auf. Nach der Behandlung ist die Mühle mehr oder weniger steril.
Die Energieversorgung ist für die Biomühle ein großes Thema und auf dem Dach steht die fast schon obligatorische Fotovoltaik. Die Müllerfamilie arbeitet mit Bio-Gas-Erzeugern zusammen. Die Firma Politechnik aus Österreich hat den Auftrag, eine Feuerungsanlage für biogene Brennstoffe einzubauen. Aus der Verbrennung der Spelzen soll der Dampf zur Wärmeversorgung kommen, so die Idee. Langfristig soll der Stromverbrauch autark und emissionsarm werden. Bis dahin sind einige Hürden zu überwinden. Allein das Bundesimmissionenschutzverfahren kostet 100 000€ und dauert zwei Jahre.
A wie Andersmacher
Der Einbruch des Biomarktes im letzten Jahr hat dem Unternehmen einen Schlag versetzt. Die Umsätze sind um 15% zurückgegangen. Eine Biomühle erfolgreich in die Zukunft zu führen, war und ist kein einfacher Prozess. Geholfen hat Johann Priemeier bei vielen Entscheidungen seine Erfahrungen aus dem Einzelhandel. Er legt Wert auf recyclingfähige Verpackungen und ein Label. Werbung und Social Media sind selbstverständlich.
Aktuell setzt der Bio-Pionier auf zwei Markenbotschafter: Alexandra Burghardt aus Töging am Inn ist eine der schnellsten Frauen Europas und schrieb Sportgeschichte, als sie bei den olympischen Spielen drei Medaillen in zwei verschiedenen Sportarten gewann. Sie ist unweit der Mühle aufgewachsen. Sternekoch Anton Schmaus ist ebenfalls heimatverbunden. Der Ernährungsexperte und Kochbuchautor ist seit 2017 Chefkoch der deutschen Fußballnationalmannschaft. „Ich achte sehr darauf, woher die Produkte, mit denen ich arbeite, kommen und wo sie hergestellt werden“, betont er. „Die Produkte der Antersdorfer Mühle vereinen traditionelles Handwerk mit hochwertigen Rohstoffen und sind daher meine erste Wahl in meinen Restaurants oder bei der Nationalmannschaft.“
Monika Drax betreibt die Drax-Mühle und bewirbt ihre Produkte erfolgreich über Social Media. Ein Vorbild für andere?
2023
8/14/2023
Digitales Marketing im historischen Juwel
Die Müllermeisterin ist Unternehmerin mit Weitblick. Sie erkennt früh, dass digitales Marketing unverzichtbar ist und bringt ihr Geschäft auf Social Media voran. Zuerst mit ihrer Homepage und Facebook und seit April 2021 auf ihrem Instagram-Account. Dort folgen der @draxmuehle mittlerweile 2 800 Menschen. Auf diesem Erfolg ausruhen kann sich Monika Drax nicht, das digitale Geschäftsleben ist oft anstrengender als das reale.
Die digitale Plattform Instagram ist voller Shops und Influencer aller Art. Mit sich rasant weiterentwickelnder Technik – seit diesem Jahr KI-unterstützt – stellen sie ihre Kreativität und ihr Talent zur Schau. Durch Filter und Bearbeitungstools werden Bilder perfektioniert. Diese ästhetischen Inszenierungen schaffen eigene Welten, in die Nutzer stundenlang eintauchen. Der Wunsch nach sozialer Akzeptanz und das Gefühl, Teil einer relevanten Gemeinschaft zu sein, sind die Triebfedern sich digital zu vernetzen.
Instagram war 2022 die viertgrößte digitale soziale Plattform. Sie verbindet weltweit 1,48 Mrd. Nutzer. Die Anbieter stehen im harten Wettbewerb zueinander und kämpfen um Aufmerksamkeit. Monika Drax spielt mit in diesem Universum, wo das Streben nach "Likes" und "Followern" nicht selten zur Lebensphilosophie wird.
Die Zielgruppe der Drax-Mühle auf Instagram ist klar definiert. Es sind die Kunden des Mühlenladens und des Onlineshops. Die richtige Strategie zu finden, ist schwerer. Das Budget ist genauso limitiert wie die Zeit der Müllermeisterin. In den 27 Monaten, die sie auf Instagram ist, hat sie über 122 Beiträge gepostet. Dazu viele Stories erstellt und auf Kommentare geantwortet.
Der Instagram-Account der Drax-Mühle nimmt Follower mit auf eine Reise durch die Welt des Mahlens, erklärt den Produktionsprozess und die unterschiedlichen Getreidesorten. Stellt die Bio-Mehle und den Mühlenshop vor sowie die Landwirte, die das Getreide liefern. Es gibt Fotos vom Mühlrad aus Edelstahl, das seit 2006 die Turbine ersetzt und rund 3% der Energie für die Mühle liefert. Er zeigt die Walzenstühle der Firma Kastenmüller und liefert eine Beschreibung des Carat-Plansichters. Lust auf einen Besuch der Drax-Mühle machen auch die Fotos und Informationen zur historischen Getreideausstellung, die ein Teil der Mühlenführung ist.
Besondere Ereignisse, wie der Besuch eines Fernsehteams des Bayerischen Rundfunks finden sich dort und Gewinnspiele. Seit einiger Zeit postet Monika Drax vermehrt Rezepte mit Produkten ihrer Mühle. Aber besonders gut kommen Posts an, auf denen die Müllerin selbst zu sehen ist.
Brot-Influencer Lutz Geißler backt gerne mit den Mehlen aus Rechtmehring. Er hat eine Affinität zur Backkunst und ein gemeinsames Backbuch, das „Brotbackbuch Nr. 3“ mit Monika Drax geschrieben. Mehr Spirit in die digitalen Aktivitäten bringt auch die Rezeptredakteurin Irmi Rumberger, die Stories mit Videos von Backwaren teilt. Kunden, die den Instagram-Account abonnieren, haben so einen Mehrwert und erfahren viel über die Qualität der Mehle und deren Verwendung. Stetig baut sich Monika Drax so eine aktive und engagierte Community auf.
Zufrieden ist sie immer noch nicht. Sie stellt an sich ebenso hohe Anforderungen wie an ihre Produkte. Für die Vermarktung über Instagram möchte sie Finesse und die richtige Mischung aus Persönlichkeit und Produktpräsentation finden. Das ist ein ständiges Abwägen.
Mühle voller Geschichten
Die Wurzeln der Drax-Mühle lassen sich bis ins Jahr 1534 zurückverfolgen, als sie erstmals urkundlich erwähnt wird. Sie startet als kleine Getreidemühle und wächst im Laufe der Zeit zu einem Zentrum für die Versorgung der Region mit Getreideprodukten. Während der Industrialisierung wird die Mühle modernisiert. Im Jahr 1912 übernimmt Familie Drax die Geschäfte und Müllermeister Karl Drax modernisiert weiter. Das Familienunternehmen wird von Generation zu Generation weitergegeben.
Ein Schwerpunkt der Geschäftsstrategie der Drax-Mühle liegt heute auf der Nachhaltigkeit. Die Mühle arbeitet eng mit rund 50 regionalen Landwirten zusammen, um bestes Getreide zu beziehen, das umweltfreundlich angebaut wird. Sie setzt energieeffiziente Technologien ein und minimiert Abfall. Der Erhalt alter Getreidesorten ist ebenfalls ein Ziel des Mühlenteams. Im Mühlenladen finden sich viele Produkte aus Urkorn. Monika Drax, die die Mühle in der vierten Generation führt, engagiert sich für den Erhalt des kulturellen Erbes der Mühle und öffnet regelmäßig ihre Türen für Besucher, die die Geschichte und die Produkte der Mühle hautnah erleben möchten.
Mit ihrer langen Geschichte, den Produkten und der visionären Führung ist die Drax-Mühle ein Symbol für die Wertschätzung von Handwerkskunst und nachhaltiger Produktion. Das Juwel in Rechtmehring ist ein schönes Beispiel für den Erfolg einer traditionellen Mühle im modernen Zeitalter. Und am Ende des Tages ist Monika Drax nicht nur eine von vielen Influencerinnen im Instagram-Universum, denn sie hat etwas, das viele nicht haben: Eine echte Geschichte. Wer weiß, vielleicht ist das der Schlüssel zu den Herzen der Follower? Denn was wirklich zählt, sind die Geschichten, die wir teilen, und die Menschen, die wir inspirieren. Bis dahin: Keep scrolling.
Mühle + Mischfutter sprach mit Monika Drax über digitales Marketing.
M+M: Ihr Instagram-Account ist sehr ansprechend. Haben Sie eine Strategie für ihr digitales Marketing, die Sie anderen Mühlen empfehlen können?
Monika Drax: Ich weiß nicht, ob es die richtige Strategie überhaupt gibt. Das digitale Geschäft entwickelt sich ständig weiter. Es unterliegt Modeerscheinungen und folgt Trends. Was heute „in“ ist, ist morgen vielleicht schon veraltet. Ich beobachte, dass das Instagram-Publikum insgesamt immer anspruchsvoller wird und ästhetisch ansprechende Inhalte erwartet. Das ist für mich eine echte Herausforderung. Kürzlich war ich bei einem Kunden, eine größere Bäckerei. Dort beobachtete ich ein professionelles Foto- und Filmshooting für Instagram. Es war für mehrere Tage angesetzt mit einer Top-Ausstattung. Da kann man als kleiner Betrieb schlecht mithalten.
M+M: Aber müssen Mühlenprodukte mit Hochglanzfotos präsentiert werden? Das Besondere ist doch das Mühlenhandwerk und die Regionalität – kann man dies nicht ganz normal präsentieren?
Monika Drax: Dieser Trend hin zum Natürlichen ist sicher für mich von großem Vorteil. Aber bei Instagram bin ich ständig gefordert und muss mir etwas einfallen lassen. Die Beiträge und Fotos können hochwertig sein oder bewusst einfach – aber sie müssen Aufmerksamkeit erzielen. Und das Woche für Woche. Gleichzeitig möchte ich authentisch bleiben und den Bezug zur traditionellen Handwerkskunst nicht verlieren. Denn das ist mein Alleinstellungsmerkmal. Letztens habe ich mich über ein Ehepaar sehr gefreut. Beide besuchten unseren Mühlenladen und waren sehr begeistert, dass es im Laden und an der Mühle genauso aussieht wie auf den Fotos. Viele Fotos bei Instagram sind so bearbeitet, dass sie mit der Realität nur noch wenig zu tun haben.
M+M: Holen Sie sich Unterstützung oder arbeiten Sie mit anderen zusammen?
Monika Drax: Da ich den direkten Kontakt zum Kunden möchte, ist Authentizität sehr wichtig. Noch bis zum Ende letzten Jahres hatten wir eine Agentur beauftragt. Aber wir merkten, dass es für Betriebsfremde schwer ist, in unseren Alltag einzutauchen. Somit haben wir das Zepter wieder selbst in die Hand genommen. Wir merkten zum Beispiel, dass unsere Rezepte, die auf unsere Mehle abgestimmt sind, gut ankommen. Deshalb auch die Zusammenarbeit mit Food-Journalisten oder Influencern. Da es bei Rezepten eine enorme Erwartungshaltung an perfekte Fotos gibt haben wir das technische Equipment aufgestockt.
M+M: Bisher haben Sie sich sehr erfolgreich durch die digitale Landschaft navigiert. Kaum eine Mühle hat mehr Follower als Sie. Sind Sie mit diesem Erfolg zufrieden?
Monika Drax: Ich freue mich sehr über Resonanz von Kunden. Instagram bietet die Möglichkeit, Kundenbeziehungen aufzubauen. An den Pfingstfeiertagen war ich auf einem Handwerkermarkt. Morgens hatten wir ein Rezept für neue feine Porridgeflocken aus Hafer gepostet. Auf dem Markt sprach mich eine Besucherin und Kundin an und schwärmte von dem Rezept. Sie hatte den Porridge gleich zum Frühstück nachgekocht. Solche Erlebnisse habe ich öfter und sie zeigen, wie schnell und direkt ich Kunden über Instagram erreiche und wie aufmerksam unsere Posts verfolgt werden.
M+M: Positives Feedback motiviert sicher, aber können Sie den Nutzen für Ihr Geschäft quantifizieren?
Monika Drax: Für mich ist es weniger die Quantität, die zählt. Junge Menschen nutzen Suchmaschinen wie Instagram und YouTube eher als Google, um sich über Produkte und Dienstleistungen zu informieren. Künftig dürften deshalb Plattformen wie Instagram noch wichtiger für unser Geschäft werden. Heute wird von einer modernen Mühle erwartet, mit dabei zu sein. Es ist fast schon Pflicht. Ich sehe zwar die vielen Abrufzahlen, aber ich kann nicht messen, wie viele wirklich bei uns anschließend bestellen oder im Mühlenladen zum Einkaufen kommen. Direkte Aktionen kann ich besser einschätzen. Vor kurzem hatten wir eine Woche portofreien Versand. Innerhalb von zwei Tagen gingen so viele Bestellungen ein, wie sonst in einer Woche.
Mehr greifbares Feedback erreiche ich mit unserer Mühlenpost. Das gedruckte Heft bringen wir nur einmal jährlich heraus und legen es den Bestellungen bei. Viele Kunden rufen an oder schreiben uns eine E-Mail und möchten nicht nur die dort beworbenen Produkte kaufen, sondern das Heft abonnieren. Ich stütze mich also nicht allein auf digitales Marketing.
M+M: Haben Sie einen Rat für andere Mühlen?
Monika Drax: Social Media ist kein Glücksspiel, mit viel Feingespür für seinen Geschäftsbereich ist es möglich in kurzer Zeit Produkte erfolgreich am Markt zu platzieren. Der Weg dazwischen kann oft „steinig“ sein, vor allem wenn die Algorithmen gegen einen sind. Man sollte auf jeden Fall vorher überlegen, wen man erreichen möchte und wie. Wer nicht so viel Zeit hat, kann einmal im Monat einen guten Post teilen und sich so nach und nach einen Account aufbauen. Und wer schon bei Facebook ist, kann über die Business Suite im Content Bereich auch Instagram nutzen und betreuen. Das ist nicht ideal wegen der unterschiedlichen Zielgruppen jeweils, aber besser als nichts.
M+M: Eine der größten Herausforderungen für Influencer besteht darin, die Balance zwischen Produktpräsentation und persönlicher Authentizität zu finden. Viele Follower suchen eine persönliche Verbindung. Wie gehen Sie damit um?
Monika Drax: Ich überlege viel, wie ich persönlichen Werte und meine Leidenschaft als Unternehmerin mit dem Produkt in Einklang bringen kann. Ich versuche meine persönliche Geschichte, meine Hingabe an Qualität und Nachhaltigkeit sowie die Liebe zur Müllerei in die Erzählungen mit einzubringen. Die Posts, in denen ich im Vordergrund stehe, haben oft die meisten Likes. Aber so ganz wohl fühle ich mich damit nicht, denn ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt. Mir persönlich würde es besser gefallen, wenn meine Mehle die gesamte Bühne für sich beanspruchen könnten. Aber wie soll Mehl eine Beziehung aufbauen?
Ich versuche meine Persönlichkeit hinter dem Produkt sichtbar zu machen. Die Kunst ist die richtige Balance. Ich achte sehr darauf, dass meine persönliche Präsenz nicht den Fokus von meinen Produkten ablenkt. Das Hauptziel bleibt die Vermarktung und der Verkauf unserer Produkte.
M+M: Wie sieht das konkret aus?
Monika Drax: "Bleib echt", predigen die alten Weisen von Instagram. Ich versuche mich als Müllerin und als Geschäftsfrau zu zeigen und gebe Einblicke in meinen Alltag am Arbeitsplatz. Ich zeige, dass das Getreide, meine Mehle und die Verbindung zu Zulieferern und Kunden für mich mehr als nur Produkte und Geschäftsbeziehungen sind. Sie sind meine Leidenschaft und dahinter steckt eine Mission.
Als eine Botschafterin der Müllerei sind meine Mehle nicht nur Produkte, sondern Teil einer größeren Geschichte. Es geht um regionale Wertschöpfung, um Nachhaltigkeit und damit letztlich um unsere Gesundheit und Umwelt. Handwerk, welches uns über Jahrhunderte ernährt hat, und alte Getreidesorten sollen nicht verloren gehen. Diese Ziele sind es wert, gelebt und geteilt zu werden. Und all das zusammen ist es, was echte Verbindungen zum Kunden schafft und loyale Follower bindet.
Salt Lake City birgt einen besonderen Schatz aus vergangenen Tagen - die Lehi Roller Mills. Gebaut 1906.
2023
8/10/2023
Ohne Lehi Mehl kein Kentucky Fried Chicken
Seit 1995 ist die Lehi Mühle in den USA registriert als „Nationaler Historischer Platz“. Zu Recht, denn die Mühle hat eine lange und ereignisreiche Geschichte. Die Mühle mahlte das Mehl für das erste Kentucky Fried Chicken Restaurant (Harman’s) in Salt Lake City und beliefert bis heute das weltweit bekannte Franciseunternehmen.
Darüber hinaus ist die Mühle ein beliebter Drehort für die Filmindustrie. Der bekannteste Film, der hier gedreht wurde, ist “Footlose” mit Kevin Bacon. Noch heute kommen Fans des Films aus der ganzen Welt, um die Mühle zu besichtigen. Für die Mühlenbetreiber ist dieser Film auch deshalb wichtig, weil er symbolisch für ihr Bestreben steht, die Gemeinde und die Gemeinschaft rund um den Ort Lehi zu unterstützen.
Der Ursprung der Lehi Roller Mills reicht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück. Im Jahr 1870 erbauten die Brüder George und Robert Robinson eine einfache Getreidemühle an den Ufern des Jordan River in der Nähe des Ortes Lehi im Bundesstaat Utah. Sie übernahmen dann die im Jahr 1906 von lokalen Farmern errichtete Lehi Mühle. Die Mühle nutzte ursprünglich die traditionelle Steinmahltechnik, die in dieser Zeit üblich war. Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Mühle mehrmals renoviert und modernisiert, um mit den Fortschritten in der Getreidevermahlung Schritt zu halten.
Die Eigentümer investierten kontinuierlich in die Erhaltung und Restaurierung des historischen Gebäudes, um seinen Charme und seine Bedeutung zu bewahren. Dank ihrer Walzenstühle wurde die Lehi Roller Mills berühmt für ihr hochwertiges Mehl. Rund 13 000 t Getreide vermahlt die Mühle heute pro Jahr. Das Getreide kommt vor allem von regionalen Farmen aus dem Cedar Valley.
Bis 2020 wurde die Lehi Roller Mills in der vierten Generation der Familie Robinson betrieben. Sherm Robinson übergab dann die Mühle an Investoren, die den Erhalt und die Ideale der Mühle weiter sichern. So kann das Erbe und die Traditionen für kommende Generationen bewahrt werden. Die Mühle beherbergt weiterhin funktionstüchtige Walzenstühle.
Die Mühle betreibt heute einen beliebten Shop und verkauft ihre Mehle auch in kleineren Verpackungen an Privatkunden.
Der Shop ist wie ein kleines Museum und beherbergt viele historische Dokumente und Zeugnisse aus der Geschichte der Mühle und ihrer Betreiber.
Die Mühle erinnert daran, wie die Technologie die Lebensmittelproduktion revolutioniert hat und wie bedeutend diese Veränderungen für die Stadt und die Gesellschaft waren.
Besucher können sich in der Mühle auf eine Zeitreise begeben und das Knirschen der Walzen, das Summen der Maschinen und den nostalgischen Geruch von frisch gemahlenem Mehl erleben – ein unvergessliches Erlebnis, das die Lehi Roller Mills in Salt Lake City zu einem bedeutenden Ort macht.