Sichere Erdung von Silofahrzeugen, Containern und FIBC
Überwachung der Erdung schützt vor Explosionen
Sichere Erdung von Silofahrzeugen, Containern und FIBC
Überwachung der Erdung schützt vor Explosionen
Sichere Erdung von Silofahrzeugen, Containern und FIBC
Überwachung der Erdung schützt vor Explosionen
Beim Umgang mit Schüttgütern sind immer elektrostatische Aufladungen und die Gefahr von Staubexplosionen zugegen. Erdung und Potentialausgleich – in der Regel grüngelbe Kabel schützen zuverlässig Betriebsmittel und Anlagenkomponenten. Doch wie sieht es bei mobilen Behältern aus?
Silofahrzeuge, Big-Bags oder Containerlassen sich nicht dauerhaft „an die Leine legen“. Hier sind temporäre Erdungsverbindungen gefragt. Im einfachsten Fall Erdungskabel mit Erdungszangen. Doch entspricht dies auch dem Stand der Technik? Wie kann man wirklich auf der sicheren Seite sein?
Die Ausgangslage
Organische Schüttgüter sind brennbare Stoffe. Zusätzlich zur
Brandlast
besteht Explosionsgefahr dann, wenn Schüttgüter als Stäube vorliegen. Von brennbaren Stäuben sprechen wir bei Feststoffpartikeln mit Korngrößen von weniger als 0,5 mm. Aufgewirbelt in Luft können diese eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre bilden. Trifft diese explosionsfähige Atmosphäre mit einer Zündquelle, wie z.B. einer heißen Oberfläche oder einer elektrostatischen Entladung, zusammen, kann es zu einer Explosion kommen.
Wenn nicht anderweitig nachgewiesen, sind praktisch alle organischenPulver, Puder oder Mehle als brennbare Stäube anzusehen – genauso wie der Abrieb grobkörniger Schüttgüter, von Granulaten oder Pellets. In der Nahrungsmittel-, Futtermittel- oder Getreidewirtschaft gehen Brand- und Explosionsgefahren folglich immer unmittelbar von den Einsatzprodukten und Erzeugnissen aus. Brand- und Explosionsgefahren sind in jedem Betrieb anzutreffen.
Beispiele für brennbare Stäube
– Mehl (Weizen, Roggen, Gerste, Soja)
– Stärke(Kartoffel, Weizen, Mais, Erbsen)
– Kleber/Gluten (Mais, Weizen)
– Puder-, Kristallzucker
– Kakao, Kaffee
– Milchpulver
– Fleisch-, Fischmehl
– Holzspäne
– Fettkonzentrate, Vormischungen, Zusätze
– Mischstaub (Filteraustrag, Fegegut, Ablagerungen)
Entstehung elektrostatischer Aufladungen
Elektrostatische Aufladungen entstehen meist durch Kontaktaufladung. Wenn zwei zuvor ungeladene Gegenstände in Berührung kommen, erfolgt an ihrer gemeinsamen Grenzfläche ein Ladungsübergang. Bei der nachfolgenden Trennung trägt jede Oberfläche einen Teil dieser Ladung. Die tatsächliche Höhe der Aufladung ist nur sehr schwer vorherzusehen.
Kontaktaufladungen können an allen Grenzflächen zwischen festen und/oder flüssigen Phasenerfolgen. Bei Schüttgut ist dies ist z. B. beim Mischen,Mahlen, Sieben, Schütten, Zerkleinern oder beim pneumatischen Transport der Fall. Ladungen, die nicht rekombinieren, zur Erde abfließen oder auf andere Art und Weise abgeleitet werden, verbleiben auf der Oberfläche des aufgeladenen Materials. Verursacht ein Schüttgut eine Staubwolke, ist von relativ langen Zeiten auszugehen, bis eine Rekombination stattgefunden hat (>>0,2 s) – die Umgebungsluft isoliert die Staubpartikel und verhindert den Ladungsabfluss.
Wenn die durch die Aufladung erzeugte elektrische Feldstärke eine bestimmte Größe erreicht (Durchbruchfeldstärke der Atmosphäre, Durchschlagspannung eines Materials etc.) kommt es zur Energiefreisetzung in Form einer Entladung. Für Schüttgüter zündwirksam sind in der Regel nur Funken-, Gleitstielbüschel- sowie Schüttkegelentladungen. Schutzmaßnahmen sind z. B. gegen Funkenentladungen die elektrostatische Erdung, gegen Gleitstielbüschelentladungen die Begrenzung der Durchschlagspannung des Materials oder gegen Schüttkegelentladungen Festlegungen zum Silodurchmesser und zur Füllgeschwindigkeit. Geerdet im elektrostatischen Sinne sind leitfähige Gegenstände, Flüssigkeiten und Schüttgüter mit einem Ableitwiderstand ≤106 Ohm [TRGS727].
Der gesetzliche Rahmen
Ausgangspunkt für den betrieblichen Explosionsschutz ist die Gefährdungsbeurteilung. Sie beinhaltet eine systematische Bewertung aller potenziellen Gefahren am Arbeitsplatz und ist gesetzlich durch das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG, § 5) und die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV, § 6) gefordert. Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung ist wiederum das sogenannte Explosionsschutzdokument, welches das Ergebnis der Beurteilung der Gefährdungen durch explosionsfähige Gemische, die Darlegung des Explosionsschutzkonzeptes, die Einteilung in explosionsgefährdete Bereiche(Zonen), die festgelegten Explosionsschutzmaßnahmen, deren Umsetzung sowie Überprüfung beinhaltet. Bei den Explosionsschutzmaßnahmen ist die Reihenfolge der anzuwendendenMaßnahmen dahingehend zu beachten, dass die Vermeidung der Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen AtmosphäreVorrang hat. Wenn das nicht möglich ist, ist das Wirksamwerden von Zündquellen zu vermeiden. Hierunter fallen auch die Maßnahmen zum Schutz vor gefährlichen elektrostatischen Aufladungen, z. B. durch elektrostatische Erdung. Erst wenn die vorgenannten Maßnahmen nicht möglich sind, kommt der sogenannte tertiäre Explosionsschutz in Betracht (Explosionsunterdrückung, Explosionsdruckentlastung, explosionsfeste Bauweise). Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren.
Technische Regel TRGS 727
Der anzuwendende Stand der Technik wird durch technische Regeln dargelegt. Zur Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen ist in Deutschland die technische Regel TRGS 727 heranzuziehen. Bezüglich Elektrostatik beim Umgang mit Schüttgütern heißt es hier:
Für die Beurteilung der Zündempfindlichkeit eines Schüttgutes ist die Mindestzündenergie (MZE) der feinsten auftretenden Partikelfraktion zu Grunde zu legen. Erfahrungsgemäß muss beim Umgang mit Schüttgut mit elektrostatischen Aufladungen gerechnet werden. Schüttgüter und Schüttgutbehälter sind so zu handhaben bzw. zu betreiben, dass gefährliche Aufladungen vermieden werden. Gefährliche Aufladungen können sich sowohl auf dem Schüttgut als auch auf dem Schüttgutbehälter ansammeln.
Beim Entleeren von Behältern mittels Schwerkraft sind in der Regel im zu entleerenden Behälter keine gefährlichen Aufladungen des Schüttgutes zu erwarten. Zu beachten ist, dass jeder Entleervorgang für das Schüttgutaufnehmende System einen Befüllvorgang darstellt. Leitfähige und ableitfähige Behälter müssen beim Befüllen und Entleeren geerdet bzw. mit Erde verbunden sein.
Bei Anwesenheit brennbarer Gase oder Dämpfe muss je nach ihrer Konzentration mit der Entzündung einer explosionsfähigen Gas- oder Dampfatmosphäre oder mit der Entzündung eines sogenannten hybriden Gemisches (Gemisch aus brennbaren Gasen/Dämpfen und Stäuben mit Luft) gerechnet werden. Die Mindestzündenergie liegt meist niedriger als die des reinen Staubes.[TRGS 727]
Die gelebte Praxis
Das Bewusstsein für Explosionsgefahren durch elektrostatische Aufladungen ist in den Betrieben und bei den Verantwortlichen erfahrungsgemäß subjektiv. Insbesondere zwei Faktoren scheinen dieses zu bestimmen: Erstens, die Größe (Länge, Breite, Volumen) des sich möglicherweise aufladenden Behälters. Zweitens, die Stoffart, und hierbei besonders, ob es sich um eine brennbare Flüssigkeit oder einen brennbaren Feststoff handelt. Praktische Konsequenz dieser subjektiven Einschätzung ist, dass an Verladestellen für Tankfahrzeuge häufiger Erdungseinrichtungen anzutreffen sind, als an denen für Silofahrzeuge. Gleiches gilt für Füllstellen für Lkw im Gegensatz zu Füllstellen für Kleingebinde.
Zündgefahren durch elektrostatische Entladungen haben immer etwas mit der gespeicherten Energie des aufgeladenen Behälters zu tun. Die nachfolgende Tabelle zeigt die freigesetzte Energie verschiedener aufgeladener Körper bei einer Funkenentladung.
Freigesetzte Energiebei einer Funkenentladung nach TRGS727
Ein Kleinbehälter speichert nur rund ein Fünfzigstel der Energie im Vergleich zu einem Silofahrzeug. Es ließe sich schlussfolgern, dass bei einem Kleinbehälter „eine weniger gründliche“ Erdung ausreichend ist. Das ist natürlich falsch, denn selbst die etwas geringeren Energien des Kleinbehälters können ausreichen, um eine Staubwolke zu entzünden. Mindestzündenergien sind Stoffgrößen, bei Stäuben bis hinab zu1 mJ und geringer:
Neben der Behältergröße wirkt anscheinend auch auf das Gefahrenbewusstsein, ob es sich um eine brennbare Flüssigkeit oder einen brennbaren Feststoff handelt. Bei brennbaren Flüssigkeiten (z.B. Lösemittel, Kraftstoffe) herrscht häufig eine viel höhere Sensibilität vor als bei Feststoffen. Z. B. ist es undenkbar einen Tankwagen zu beladen oder zu entladen, ohne zu erden. Bei Silofahrzeugen, z. B. für den Getreidetransport, sieht es teilweise anders aus. Gleiches ist z. B. bei IBC für brennbare Flüssigkeiten im Vergleich zu Schüttgutcontainern zu beobachten. Und noch etwas fällt auf. Bei brennbaren Flüssigkeiten wird oft mit einem Erdungstestgerät überwacht geerdet, bei Schüttgütern tut es meistens die „einfache“ Lösung aus Erdungszange und Kupferkabel.
Im Sinne der Sicherheit dürfte es diese Unterschiede nicht geben. Staub-Explosionen sind genauso verheerend wie Explosionen brennbarer Dämpfe von Flüssigkeiten. In beiden Fällen können Kleinstmengen brennbaren Materials in Mischung mit Luft zu Explosionen und Folgeexplosionen in angrenzenden Bereichen führen. Beispielhaft sei auf die historischen Schadensereignisse im Kieler Nordhafen, in der Bremer Rolandmühle oder der Imperial-Sugar-Zuckerraffinerie hingewiesen.
Wie mache ich es richtig?
Ausgangspunkt muss eine gründliche Gefährdungsbeurteilung aller Füllstellen für mobile Behälter sein. Hierzu zählen neben den stationären Stellen auch das Umfüllen oder das Handling von Kleingebinden an wechselnden Standorten. Es muss der Grundsatz gelten: Kein Abfüllen oder Umfüllen von brennbaren, staubenden Feststoffen oder brennbaren Flüssigkeiten ohne Maßnahmen zum Schutz vor gefährlichen elektrostatischen Aufladungen. Die notwendigen Maßnahmen zum Explosionsschutz müssen dann ins Explosionsschutzdokument geschrieben und umgesetzt werden. Bei den Maßnahmen zur Erdung kann es zu unterschiedlichen technischen Ausprägungen kommen: von einfachen Erdungskabeln bis hin zu überwachenden elektronischen Erdungsgeräten.
Grundsätzlich gilt: Einfache Erdungszangen mit Kupfer- oder Stahlseilkabel sind besser als gar keine Erdungseinrichtungen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Stand der Technik überwachte Erdung mit Erdungstestgeräten kennt.
Überwachte Erdung
Bei der überwachten Erdung werden sogenannte Erdungstestgeräte eingesetzt, die den Status der Erdungsverbindung messen und dies dem Bediener anzeigen. Diese Geräte haben üblicherweise eine optische Anzeige für den lokalen Bediener. Leuchtet diese rot, bedeutet dies, dass keine zuverlässige Erdung erkannt wurde. Eine grün leuchtende Anzeige zeigt dem Bediener, dass eine Erdungsverbindung vorliegt bzw. durch das Gerät hergestellt wurde. Die bei der Verladung auftretenden elektrostatischen Aufladungen werden dann zuverlässig abgeleitet.
Der Vorteil von Erdungstestgeräten ist, dass sie die Eignung der Erdungsverbindung messen und dem Bedienerzweifelsfrei anzeigen, ob ein Behälter geerdet ist oder nicht. Bei den einfachen Erdungskabeln, d. h. ohne messtechnische Überwachung, weiß der Bediener nicht, ob tatsächlich eine leitfähige Verbindung vorliegt. So kann es zum Beispiel sein, dass eine verschmutzte lackierte oder anderweitig nicht leitfähige Stelle am Behälter kontaktiert wurde. Zudem kann ein unerkannter Bruch im Erdungskabel vorliegen oder durch Korrosion die Verbindung zur Erdungsschiene beeinträchtigt sein. Ein zweiter wesentlicher Vorteil von Erdungstestgeräten ist, dass es diese auch mit einer sogenannten Objekterkennungsfunktion gibt. Diese schalten nur dann auf Freigabe („grüne Anzeige“), wenn die zugehörige Erdungszange an ein plausibles Objekt angeschlossen wurde. Diese Technik ist für Lkw (Tankwagen, Silofahrzeuge) sowie für FIBC Typ C erhältlich. Begeht der Bediener – absichtlich oder aus Unwissenheit – eine Fehlbedienungund kontaktiert die Erdungszange an das Füllgerüst, verweigert das Erdungsgerät mit Objekterkennung die Freigabe. Ein Erdungstestgerät ohne Objekterkennungsfunktion würde fälschlicherweise das Füllgerüst mit dem Lkw verwechseln, und dort ebenfalls Freigabe erteilen.
Erdungstestgeräte bieten üblicherweise Steuerausgänge (potentialfreieKontakte), um sie in die Verladesteuerung einzubinden (Pumpen,Verdichter, Druckluft, Schieber). Die Verladung kann dann nur stattfinden, wenn das Erdungstestgerät auf Freigabe schaltet. Die Verladung wird sofort unterbrochen, wenn die Erdungsverbindung nicht mehr zuverlässig erkannt wird, z. B. wenn die Erdungszange vom zu erdenden Objekt abgefallen ist. Der ursächlich Elektrostatik erzeugende Prozess ist gestoppt. Bei Erdungsmaßnahmen ohne Einbindung in die Verladesteuerung besteht die Gefahr, dass der Verladeprozess bei entfernter Erdungszange nicht unterbrochen wird. Die elektrostatischen Aufladungen sammeln sich auf dem nicht geerdeten Behälter weiter an und entladen sich schlagartig, wenn ein leitfähiger, geerdeter Gegenstand in die Nähe kommt. Dies kann eine Person sein, aber auch eine Erdungszange, die nachträglich an ein bereits aufgeladenes Objekt angebracht wird.
Fazit
Nur weil man elektrostatische Aufladungen nicht sieht, heißt es nicht, dass sie nicht da sind. Und nur weil bisher im eigenen Betrieb ein zündfähiger Funke noch nicht auf eine Staubwolke getroffen ist, heißt das nicht, dass es auch in Zukunft so bleibt. Arbeitsschutz, Brand- und Explosionsschutz sind unerlässlich und sollten nicht dem Zufall oder glücklichen Umständen überlassen werden. Die gründliche Betrachtung aller Füllstellen hinsichtlich Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen und der Einsatz geeigneter Erdungstechnik ist ein wesentlicher Beitrag zur Sicherheit in Betrieben, die mit staubenden Schüttgütern umgehen. Vielfältige Hilfestellungen lassen sich in den Technischen Regeln (insbesondere TRGS 727) finden. Die bewusste und fachkundige Umsetzung liegt bei den verantwortlich Handelnden vor Ort.