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Rückert Mühlenbau und Anlagentechnik

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Der Unternehmer Christian Rückert über sein Geschäft und den chilenischen Mühlenmarkt.
2024
4/21/2024
Rückert Mühlenbau und Anlagentechnik

In Chile passieren wir bei der Studienreise mit dem Bayerischen Müllerbund rechts und links der Autobahnen einige Mühlenbetriebe. Zu fast jeder hat Christian Rückert eine Geschichte zu erzählen. In Chile hat er gute Kontakte und nicht nur einzelne Maschinen, Geräte und Ersatzteile geliefert, sondern ganze Anlagen. Was lag näher für ihn als die Reise für den Müllerbund in das südamerikanische Land mitzuplanen.

M+M: Wie groß ist der Markt für gebrauchte Mühlenmaschinen im In- und Ausland und welche Vor- und Nachteile bietet er deutschen Mühlenbetrieben?

Christian Rückert: Die Nachfrage nach Gebrauchtmaschinen ist da und das Geschäft mit gebrauchten Maschinen macht einen relativ großen Teil meines Unternehmens aus. Oft rufen uns Kunden aus dem In- oder Ausland an, die eine gebrauchte Maschine suchen. Manchmal ist es dringend, da der Stillstand einer Anlage droht. Wir haben eine 4000 qm2 große Lagerfläche für gebrauchte Maschinen und die gefragtesten Standardmaschinen auf Lager. Natürlich sind wir auch Ansprechpartner, wenn Mühlen Maschinen verkaufen möchten.

M+M: Welchen Kriterien bestimmen den Preis für gebrauchte Maschinen?

Christian Rückert: Der Preis richtet sich in erster Linie danach, wie alt die Maschine ist und in welchem Zustand sie sich befindet. Die gebrauchten Maschinen, die mir angeboten werden, sind in der Regel abgeschrieben.  Wir haben Erfahrungswerte, nach denen wir das Angebot bewerten. Beispielsweise haben Reinigungsmaschinen einen hohen Verschleiß, der wird eingepreist. Zentraler Faktor für den Preis ist jedoch die Nachfrage. Alles. wo Bühler draufsteht, ist begehrt. Die Nachfrage nach den alten Walzenstühlen der MIAG aus Braunschweig lässt allmählich nach und relativ unbekannte Fabrikate kaufen wir nicht.

M+M: Gibt es starke Unterschiede bei den Marken, oder spielen noch andere Faktoren eine Rolle?

Christian Rückert: Bühler ist der Mercedes unter den Maschinen. Aber natürlich spielt es eine Rolle, ob Ersatzteile leicht zu bekommen sind. Für die Walzenstühle von Bühler, die nach der Fusion mit der MIAG gebaut wurden, ist es meist kein Problem. Bühler hat darüber hinaus weltweit Niederlassungen und Ansprechpartner. Wir sind bei der Bühler Group im System als Händler aufgenommen und können feststellen, ob ein Ersatzteil oder eine Maschine vorhanden ist und zu welchen Kosten.

M+M: Wie ist die Nachfrage nach gebrauchten Maschinen und Geräten außerhalb der Bühlerwelt?

Christian Rückert: Laborgeräte sind für uns ein weiteres Geschäftsfeld. Hier sind es die gängigen Marken wie Pfeuffer, Brabender und Perten (PerkinElmer) die nachgefragt werden. Zwar unterhalten wir keine eigenen Stationen, unterstützen aber Kunden bei Service und Wartung. Auch in der Luft-, Förder- und Reinigungstechnik sind wir tätig, bei Aspirateuren ist zum Beispiel die Firma Gebr. Ruberg für uns historisch bedingt ein Partner. Dagegen gibt es wenig Nachfrage für gebrauchte Silos.

M+M: Weshalb gibt es in manchen Bereichen keinen Markt für gebrauchte Teile oder Maschinen?

Christian Rückert: Der Hauptgrund liegt meist in den gesetzlichen Anforderungen. Über die Jahre haben sich die rechtlichen Bedingungen geändert. Heute müssen beispielsweise viele Maschinen ATEX- und CE-konform sein und Mühlenbetreiber müssen mehr rechtliche Vorschriften einhalten. Das können sie oft mit alten Maschinen nicht mehr abdecken. Hier beraten wir, ob sich das Nachrüsten lohnt, oder ob ein Neukauf oder -bau günstiger wäre.

M+M: Was ist für Sie eine jüngere Maschine?

Christian Rückert: Die Wertigkeit einer Maschine hängt immer von ihren Verschleißteilen ab. Alles unter ca. 20 Jahren Laufleistung ist für mich eine jüngere Maschine. Es kommt aber auch auf den Maschinentyp an. Ein Walzenstuhl ist nach 20 Jahren noch jung, eine Scheuermaschine ist dann möglicherweise verschlissen und wir müssten eine teure Komplettsanierung machen. Der Kunde muss dann entscheiden, ob er dann nicht lieber eine neue kauft.

M+M: Wie haben wir uns den Ersatz von Maschinen vorzustellen? Sind die Anlagen überall so aufgebaut, dass ein Teil-Austausch problemlos möglich ist?

Christian Rückert: Das kommt darauf an, bei vielen Einzelmaschinen sind die Teile sehr schnell austauschbar. Bei höher bewerteten Maschinen, zum Beispiel von Bühler ist es manchmal ein kostspielig Aufwand und wenn Kunden noch eine Lackierung wünschen, sind wir schnell bei ca. 70 % des Neupreises. Dennoch entscheiden sich Kunden dann für unsere generalüberholten Maschinen, wenn sie diese sofort brauchen. Der Vorteil unseres Betriebs ist, dass wir viele Maschinen vorrätig haben und schnell liefern können. Neue Maschinen haben oft sehr lange Lieferzeiten.

M+M: Bieten Sie Ihren Service weltweit an?

Christian Rückert: Hauptsächlich sind wir innerhalb der EU tätig. Mit Gebrauchtmaschinen sind wir stark in den osteuropäischen Ländern und den Balkanstaaten vertreten. Beim Service bestehen beispielsweise gute Beziehungen zu Dänemark. Auch nach Pakistan und Bangladesch haben wir gute Kontakte und Übersee kommt dann noch dazu, wie beispielsweise Chile und Argentinien.

M+M: Was war Ihr bisher größtes Projekt in Chile?

Christian Rückert: Wir haben schon Komplettanlagen aus europäischen Mühlen mit einer Vermahlung von 300 t pro Tag aufgekauft und nach Chile verschifft. Dazu bauten wir das komplette System ab und reinigten es von Grund auf. Dann verluden wir alles in Container und verschifften die Anlage nach Chile. Den Transport organisieren wir mit unserem Partner, den wir seit 20 Jahren kennen. Er koordiniert alles, von den Containern bis zur Verzollung. In der Regel transportiert man zwei Container pro Tag zur Mühle, die abgebaut wird. Sind die voll, geht es zurück und neue werden gebracht. Es gibt also nur zwei Leerfahrten, am Anfang und am Ende. Sind die Zollpapiere fertig, dann geht es los übers Meer. In Chile wurde die Anlage vom Kunden mit eigenen Leuten und Dienstleitern überholt und aufgebaut. Es ist oft der Fall, dass Kunden selbst aufbauen, um Kosten zu sparen. Es kommt oft vor, daß wir Anlagen komplett nach Übersee verkaufen. In der EU wünschen Verkäufer von Mühlen oft, dass sie außerhalb Europas verkauft werden, damit sie nicht bei Mitbewerbern auftauchen.  

M+M: Wie erfährt Ihr Betrieb, dass eine Maschine oder Anlage im Ausland zum Verkauf steht?

Christian Rückert: Man hat sein Netzwerk und erfährt es über seine Kontakte. Zuerst prüfen wir, ob sich ein Ankauf lohnt, anhand von Fotos, die uns der Besitzer schickt. Bei Komplettanlagen fordern wir zudem Diagramme an, die Hauptmaschinenaufstellung und eine Teileliste. Auf dieser Grundlage entscheidet sich, ob ich hinfahre und mir alles anschaue. Nach der Preisverhandlung informiere ich meine Vertretungen in den Ländern, in denen Käufer Interesse haben könnten.  Bei größeren Projekten – wie zum Beispiel die Anlage für Chile - kommen die Kunden zur Besichtigung angereist.

M+M: Braucht man in Chile für Geschäftsabschlüsse keine Anwälte?

Christian Rückert: In Chile ist das Motto: Keep it Simple. Angebot, Zahlung, Restzahlung und raus. Wir brauchen keine großen Vertragsentwürfe. Das ist ein Punkt, der das Geschäft mit unseren chilenischen Kunden sehr angenehm macht. Bei unseren Partnern in Chile geht vieles per Handschlag. In Chile sind persönliche Kontakte wichtig.  Die chilenischen Kunden sind daran interessiert, wer du bist und was du machst. Beim nächsten Treffen fragen sie nach, wie etwas gelaufen ist oder wie es der Familie geht. Und wenn man gute Arbeit gemacht hat, spricht sich das in Chile schnell rum, wir haben dort eine Vertrauensbasis aufgebaut.

M+M: Auch wenn der Ab- und Aufbau kein Problem sind, muss die Anlage wieder reibungslos laufen. Wer baut die Steuerung ein und stellt sicher, dass alles funktioniert?

Christian Rückert: Bei der Komplettanlage in Chile haben Techniker vor Ort eine Steuerung eingebaut. Sonst arbeiten wir mit einer Firma für Steuerungstechnik zusammen.  

M+M: Neben gebrauchten Maschinen beraten Sie auch Mühlenbetriebe oder planen neue Anlagen?

Christian Rückert: Ein wesentlicher Teil unseres Geschäfts ist die Beratung und der Anlagenbau. Der Kontakt geht oft über WhatsApp. Der Mühlenbetreiber macht Fotos und fragt, ob ich helfen kann. Wir unterstützen gerne und geben Rat. Ab wann ich technische Hilfe berechne, richtet sich auch danach, ob es ein langjähriger guter Kunde ist oder jemand, der noch nie von uns gekauft hat. Meistens kostet unser Service erst ab dem Zeitpunkt, wenn wir hinfahren.

M+M: Wie schätzen Sie bei einem mitteleuropäischen Mühlenbetrieb ab, ob sich eine gebrauchte Anlage rechnet, oder ob eine neue Anlage lohnender ist?

Christian Rückert: Wenn ein Betreiber bei mir gebrauchte MIAG-Walzenstühle kaufen will, sage ich oft, du hast eine Mühle, die 70 Jahre alt ist und willst sie jetzt durch eine ersetzen, die 50 Jahre auf dem Buckel hat. Überlege bitte, ob sich der finanzielle Aufwand für Überholung und Lackierung lohnt, denn die Kosten für Montage und Steuerungstechnik sind die gleichen wie bei einer neuen Anlage. Hygiene und Arbeitsschutz sind auch zu bedenken. Ich rate niemandem mehr, einen Walzenstuhl zu kaufen, der technologisch vor dem Bühler MDDK angesiedelt ist.

Dabei spielt der Energieverbrauch keine Rolle, da gibt es kaum Unterschiede. Bei der Pneumatik ist statt des Alters eher eine schlecht ausgelegte Pneumatik der Energiefresser. Auch bei den großen Antrieben kann Energie gespart werden mit neuen effizienteren Motoren.

M+M: Was hat ein deutscher Müller davon, wenn er sich an Sie wendet?

Christian Rückert: Wir sind ein Familienbetrieb mit kurzen Wegen und können schneller auf die Wünsche der Kunden angehen. Bei den großen Playern werden standardisierte Anlage verkauft. Die größte Mühle, die wir in Europa gebaut haben, hatte eine Leistung von 150 t am Tag. Normal sind für uns Mühlen mit 15 und 30 t pro Tag. Hier können wir unsere Stärken ausspielen. Zu unseren Kunden gehören Gewürz- und Ölmühlen sowie verschiedene Sondervermahlungen.

M+M: Wo sehen Sie die Herausforderungen für Ihren Betrieb in den nächsten Jahren?

Christian Rückert: Was mich aktuell am meisten umtreibt, ist die Personalsituation. Wir finden keine Leute mehr, die den Service machen wollen. Wir müssen viel Zeit in die Ausbildung investieren und manchmal springen Mitarbeiter wieder ab. In unserer Branche sind wir viel unterwegs, manchmal mehrere Tage. Wir müssen private Termine sausen lassen, weil ein Kunde Hilfe braucht. Das ist nicht immer familienfreundlich und ich muss die Balance halten zwischen dem Kundenauftrag und dem verantwortungsvollen Einsatz meiner Mitarbeiter.

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Bayern

Kastenmüller: Planungsbüro für Mühlen- und Anlagenbau

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Traditionellen Mühlenbau mit innovativer Planung verbindet die Kastenmüller GmbH aus Martinsried bei München.
2024
4/17/2024
Kastenmüller: Planungsbüro für Mühlen- und Anlagenbau

Beim Betreten der Firmenzentrale erwarten den Besucher helle Räume, ein offenes Arbeitsumfeld mit moderner Arbeitsplatzgestaltung für die Teamarbeit. Die 51 fest angestellten Mitarbeiter bieten den Kunden einen Service an, der von der ersten Kostenschätzung über die Planung bis hin zur Lieferung, Montage und Inbetriebnahme der Anlagen reicht.

Die Familie Kastenmüller ist seit Generationen in der Müllerei und dem Mühlenbau bekannt. Das Unternehmen konzipiert und baut Anlagen für die Müllereibranche, die Lebensmittelindustrie und den Petfood-Bereich, hinzu kommen Hallen- und Silobau sowie der Vertrieb von Rohrsystemen und Service für Labortechnik. Die verlängerte Werkbank des Anlagenbauers aus Martinsried bilden mehrere namhafte Maschinenbaufabriken, die nach den Vorgaben von Kastenmüller fertigen.

Maro Bauer absolvierte die Deutsche Müllereischule in Braunschweig und ist Projektleiter bei Kastenmüller.

In Martinsried stehen neben den Büros auf 1500 qm Lagerfläche über 5 000 Artikel für die Just in Time Lieferung. Die Walzenstühle „Saphir“, der Plansichter „Carat“ und das patentierte „Vario System“ sind Beispiele für Eigenentwicklungen. In Zusammenarbeit mit Jacob Rohrsysteme sowie in der Analysetechnik mit Anton Paar (vormals Brabender), Pfeuffer und PerkinElmer werden für die Kunden Lösungen zusammengestellt und aus einer Hand angeboten.

Michaela Budau arbeitet im Technikum in Martinsried. Die Applikation Managerin Labortechnik kennt sich bestens aus mit Analysemethoden und -geräten. Kommt ein neues auf den Markt, ist sie eine der ersten, die es testet.

Bei unserem Besuch in Martinsried konnte Andreas Kastenmüller kurzfristig nicht mit dabei sein, schaltete sich aber per Teams in den Konferenzraum dazu. Zusammen mit seinem Projektleiter Franz Schmid ist er bei der Inbetriebnahme einer Mühle in Jassy, der viertgrößten Stadt in Rumänien vor Ort. Gerade tobt dort ein heftiger Sturm und im Halbstundentakt fällt der Strom aus. Eine schlüsselfertige Mühlenanlage mit Reinigung, Siloanlagen und Absackung hat Kastenmüller eingebaut, wodurch 1500 kg Mehl pro Stunde in der Region Moldau vermahlen werden können.

Andreas Kastenmüller schaltet sich per Laptop in den Konferenzraum und macht per Kamera eine Führung durch die neue Mühle in Rumänien. 

Klappt es heute noch mit dem Start in Jassy, ist der Geschäftsführer morgen wieder an seinem Schreibtisch in Martinsried. Beim Anlagenbau gibt es einige neue Planungen. Eine Firma für Tierfutter hat einen größeren Auftrag für einen Neubau. Das Alltagsgeschäft bestimmen meist Erweiterungen für Bestandskunden.

KSA ist vom Standort in Österreich aus in allen Bereichen für die Getreide- und Futtermittelverarbeitung tätig.

Der zweite Standort des Mühlenbauers ist in Österreich im Ort Pöllau und heißt Kastenmüller System Austria (KSA). Die Bürogebäude und Hallen in der beschaulichen Gemeinde in der Steiermark ergänzen das Portfolio von Mühlen-, Silo- und Anlagenbau sowie den Rohrsystemen durch spezialisiertes Wissen bei der Labortechnik und beim Service für Laborgeräte. Andreas Dutka ist Leiter der Abteilung Labortechnik. Er fährt jährlich bis zu 70 000 km, um seinen Kunden einen optimalen Service zu bieten. Wir treffen ihn beim Besuch in Österreich und er führt uns durch die Büros und Hallen. Heute sind viele der zwölf Beschäftigten vor Ort und auch Peter Kainer, einer der führenden Ingenieure, schließt sich uns an.

„Wir sind die größte Servicestation zum Eichen von Analysegeräten“, erklärt Peter Kainer.

Rund 26 Monteure sind neben den Festangestellten im Einsatz. Nicht nur zum Eichen, auch zur Reparatur schicken Unternehmen ihre Geräte nach Pöllau.

Obwohl Andreas Dutka und Peter Kainer oft bei Kunden vor Ortsind, schätzen sie den Standort in Pöllau mit seinen modernen Planungsbüros.

Hervorgegangen ist die KSA vor 25 Jahren aus einer Kooperation mit der Firma Schmidt-Seeger, die im Bereich Getreide, Mälzereien und Silobau ihren Schwerpunkt hatte. Als Bühler die Firma Schmidt-Seeger kaufte, übernahm Kastenmüller 100% der KSA Anteile. Aktuell gibt es einen Generationenwechsel, der letzte Mitarbeiter des ursprünglichen Betriebes ist in Rente gegangen. Der für ihn neu eingestellte Mitarbeiter bezieht heute sein Büro mit Blick auf die grünen Wiesen und Wälder. Dank Digitalisierung und vernetztem Arbeiten ist eine Zusammenarbeit nicht nur zwischen Pöllau und Martinsried heute kein Problem mehr.

„Ich bin stolz auf den österreichischen Standort, ein Teil unsere besten Planer und Zeichner sitzen in Österreich“, erzählt Andreas Kastenmüller.

Projektleiter Peter Kainer führt dies darauf zurück, dass in Österreich die Ausbildung für technische Berufe sehr hochwertig ist. Es gibt traditionell viele Schulen und Ausbildungsbetriebe für Techniker und Ingenieure.

Erster Spatenstich für den Neubau einer zusätzlichen Hallein Pöllau. (Foto Maro Bauer)

Die Labortechnik mit Service und Verkauf macht ungefähr ein Viertel des Umsatzes der KSA Kastenmüller Systems Austria GmbH aus. Auch im Silobau ist Andreas Kastenmüller mit seinem Team gefragt. Noch ist er auf Platz zwei im Branchenranking, aber er will die Nummer eins werden. Dazu werden die Hallen in Pöllau mit einer größeren Bearbeitungs- und Lagerhalle erweitert.

2019 wurde die Niederlassung in Polen eröffnet. Dort vertreten fünf Spezialisten der ehemaligen Firma Spomasz Mühlenbau die Interessen der Kastenmüller Polska Sp.zo.o. Zwischenzeitlich konnten in dieser Region mehrere Projekte erfolgreich abgeschlossen werden, u. a. eine Spezialmühle für Sonderprodukte, wie Kicherbsenmehl und Buchweizen sowie die Rekonstruktion eines Mehlsilos für einen Industriekunden.

„Wir sind ein unabhängiges Ingenieur - und Planungsbüro und keine Maschinenbaufirma“, betont Andreas Kastenmüller. „Kunden, die eine neue Mühle oder Siloanlage bauen wollen haben eine bestimmte Vorstellung von den Maschinen und Geräten, die sie einsetzen möchten. Wir beraten unsere Kunden von der Geräteauswahl über die Montage bis hin zur Inbetriebnahme.“
Kastenmüller: Planungsbüro für Mühlen- und Anlagenbau
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Ausbildung
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Mechatroniker
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Florian Arndt drehte vier Recruitingfilme für die Bindewald & Gutting Mühlengruppe.
2024
4/17/2024
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Seinen ersten Kurzfilm drehte Florian Arndt mit elf Jahren. Es folgten über 300 weitere Amateurfilme, bis seine Dokumentarfilm-Premiere weltweit mit 25 Filmpreisen ausgezeichnet wurde. Da war er gerade volljährig geworden. Nach der Auszeichnung zu „Deutschlands bestem Nachwuchsregisseur 2012“ gründete er in Leipzig seine Filmagentur Sons of Motion Pictures GmbH. Heute hat er 45 feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 55 Filmpreise. Seine Erfahrungen teilt er in über 400 Keynotes sowie seinem Podcast „Feuer & Flamme Mindset“.

Florian  Arndt drehte seinenersten Film mit elf Jahren und ist heute einer der erfolgreichsten WerbefilmerDeutschlands. Foto: Sons of Motion Pictures

M+M: Gibt es bei den Filmen über die Mühlenbranche Unterschiede zu den Werbe- oder Imagefilmen, mit denen Sie sonst zu tun haben?

Florian Arndt: Es gibt wenige Branchen, die beim Bewegtbild so konservativ unterwegs sind wie die Landwirtschaft und die Müllerei. Oft dominieren O-Töne der Geschäftsführung, langsame Drohnenaufnahmen und die Filme sind zu lang. Die magische Grenze für ein Recruitingvideo liegt bei 30, für einen Imagefilm bei 90 Sekunden. Das ist für die Ausspielung auf den Medienkanälen wichtig, beispielsweise für YouTube oder TikTok. Zusammenfassend würde ich sagen, bei den Imagefilmen oder Spots der Mühlenbranche überwiegt die Innensicht, es wird nicht von der Zielgruppe kommend gedacht.

M+M: Wie haben Sie bei den Filmen für die Bindewald & Gutting Mühlengruppe die Bedürfnisse der Zielgruppen herausgefunden?

Florian Arndt: Zentral waren die Jobinterviews, die wir mit den Mitarbeitern geführt haben. Wir haben sie auch gefragt, auf welchen Plattformen sie unterwegs sind und daran die Distribution der Spots ausgerichtet. Die Interviews haben viel Zeit gekostet, aber sie waren für uns wichtig, ebenso wie die Rückmeldungen auf die ersten Rohschnittversionen. Was die Geschäftsführung denkt oder was wir glauben, ist unwichtig. Wir haben ausschließlich auf die Zielgruppe gehört und uns nach ihr gerichtet. Sie war ausschlaggebend, auch für die Wahl der Musik oder des Sprechers.

M+M: Wenn ein Mühlenbetreiber ein Video bei Ihnen in Auftrag gibt, mit welchen Kosten muss er rechnen?

Florian Arndt: Für Recruitingfilme rufen wir ein fünfstelliges Budget auf. Je nach Bedarf in allen Größenordnungen. Das Projekt muss man immer individuell besprechen und planen. Damit allein ist es nicht getan, es braucht eine weiterführende Strategie. Es ist illusorisch damit zu rechnen, dass ein Film viral geht und von allen gesehen wird. Unsere Filmagentur überlegt, wo und wem er gezeigt wird. Wir beraten detailliert, auf welchen Plattformen er am besten platziert ist, um die Zielgruppe zu erreichen. Für eine Onlinestrategie entstehen weitere Kosten.

Regisseur Florian Arndt bei den Dreharbeiten mit seinem Team in der Saalemühle. Foto: Saalemühle.

M+M: Was raten Sie jemanden, der mit einem Film sein Image verbessern möchte, mehr Kunden akquirieren oder seinen Onlineshop bewerben möchte?

Florian Arndt: Mit Bewegtbild kann man einiges erreichen. Sales und Recruiting sind sicher die häufigsten Kommunikationsziele. Die Wirkung eines Imagefilms ist schwerer zu messen. Unseren Film mit Jonathan Gutting als Verfahrenstechnologen hatten wir kaum veröffentlicht, da konnten wir schon an den Kommentaren feststellen, dass er auf das Image der Branche ausstrahlt. Er hat auch bei Branchenfremden für Aufsehen gesorgt und den Beruf des Müllers mehr ins Bewusstsein gerückt.

M+M: Sie haben die Filme an realen Orten gedreht und nachher bearbeitet. Was war aufwendiger, der Dreh oder die Postproduktion?

Florian Arndt: Um Zeit und Geld zu sparen, haben wir in der Postproduktion auf KI gesetzt. Wir haben einige Übergänge wie den Wechsel vom Körnerknecht zum Verfahrenstechnologen mit Hilfe einer KI generiert. Bei zwei Filmen hat eine KI den Sprecher ersetzt. Insgesamt hatten wir zehn verschiedene KI-Anwendungen im Einsatz, um rund 200 unterschiedliche Versionen der vier Filme herzustellen. Wir mussten die vier Filme jeweils auf die Standorte und alle Ausspielplattformen zuschneiden. Für TikTok braucht es das Hochformat, für YouTube 16:9 und das Kino hat wieder ein ganz anderes Format. Die KI ist hilfreich, sie kann den Job erleichtern und wir können Geschichten erzählen, die wir uns vorher nicht leisten konnten.

Dreharbeiten in der Saalemühle. Foto: Saalemühle.
Blick in die Postproduktion der Filmagentur. Foto: Sons of Motion Pictures.
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Nordrhein-Westfalen

Anuga FoodTec 2024

Automatisierung
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Lebensmittel
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Nachhaltigkeit
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Die Anuga FoodTec in Köln bietet Einblicke in Prozesstechnologien und Automatisierungslösungen.
2024
4/11/2024
Anuga FoodTec 2024

Ergänzt wird das Ausstellungsprogramm durch hoch­karätig besetzte Konferenzen, interaktive Foren, Podiumsdiskussionen und Vorträge, Sonderschauen, Guided Tours sowie der Preisverleihung des International FoodTec Award 2024. Auf der Main Stage Responsibility (Halle 9, B080/C081) und der Innovation Stage (Halle 5.2, C100/D119) geht es um Themen wie Automatisierung, Digitalisierung, Robotik, Nachhaltigkeit und Prozessoptimierung. Die Anuga FoodTec wird veranstaltet durch die Koelnmesse. Fachlicher und ideeller Träger ist die DLG, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft.  

Ob es um vollständige Produktionslinien oder einzelne Prozessanlagen geht – aktuell sind Best-Practice-Technologien gefragt, die sowohl Effizienz als auch Produktqualität gewährleisten. Gleichzeitig müssen diese Anlagen skalierbar und flexibel sein, um zukünftig auch neue Zutaten verarbeiten zu können. Die neueste Generation prozesstechnischer Anlagen zeichnet sich durch drei bedeutende Trends aus – Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Individualisierung.

Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie nachhaltig umzugestalten, war noch nie so dringend wie heute. Umso wichtiger ist es für die Produzenten, effiziente und flexible Anlagen einzusetzen, die dieser Aufgabe gerecht werden. Nicht zuletzt stehen auch eine konstant hohe Qualität der Lebensmittel und die Lebensmittelsicherheit im Fokus der Entwicklungen. „Weltweit sehen wir Innovationen ganz unterschiedlicher Art in der Prozesstechnologie. Diese Vielfalt spiegelt sich auf dem Kölner Messegelände an den Ständen der Aussteller wider“, sagt Matthias Schlüter, Director der Anuga FoodTec. Mehr als ein Drittel der rund 1350 Aussteller aus dem In- und Ausland präsentieren Lösungen im Bereich Prozesstechnologie. Und die beginnen bereits beim Mischen – ein komplexer Prozess, der häufig am Beginn der Produktion steht.

Effizient bei jedem Produktionsschritt

Mischer sind die Arbeitspferde der Lebensmittelindustrie und für die Standardisierung von Produktmassen unerlässlich. Reichte vor 15 Jahren noch ein einfacher Chargenmischer aus, um Standardrezepturen mit we­nigen Zutaten zu verarbeiten, hat sich die Situation grundlegend gewandelt. Der Markt ist heute so dynamisch wie nie zuvor. Hersteller wechseln mehrmals täglich die Rezepturen, um ihre Produktion an die veränderten Verbraucherwünsche anzupassen. Ein moderner Mischer muss diese Komplexität bewältigen können und in der Lage sein, diverse Rohstoffe gleichmäßig nass und trocken zu vermengen – und das, ohne den Prozess zu erschweren. Auf der Anuga FoodTec finden Besucher eine große Modellvielfalt, die sich an die jeweiligen Anforderungen anpassen lässt.

Hinter der Herstellung von Lebensmitteln steckt allerdings mehr als nur ein Prozessschritt. Flankiert werden die Rührer, Kneter, Mischer, Extruder, Homogenisatoren und Wärmetauscher auf dem Kölner Messegelände von einer Vielzahl digitaler Lösungen, die spezifisch auf die Prozesse abgestimmt sind und diese zu einer Gesamtlinie vernetzen. Rezeptur- und Batchmanagement-Software ermöglicht es, die Produktion vollautomatisiert zu planen und zu steuern. Dank zentraler Terminals lassen sich sämtliche Funktionen, wie etwa Drehzahlen, Vakuumwerte, Begasung oder die Geschwindigkeit der Fördersysteme, von einer Person überwachen und bedienen. Benutzerfreundliche Designs stellen eine prozesssichere und intuitive Bedienung sicher und sind auch eine Antwort auf den Fachkräftemangel in der Branche.

Digital und vernetzt auf ganzer Linie

Einen breiten Raum nimmt auf der Anuga FoodTec das Optimieren von Produktionsprozessen ein. Es sind vor allem die digitalen Technologien, die Einblicke in die Prozesse gewährleisten, die in der Vergangenheit so nicht verfügbar waren. Lebensmittelhersteller nutzen diese als Grundlage, um die eigene Produktion auf den neuesten Stand zu heben und das Miteinander aus Mensch, Maschine und Prozessen zu optimieren. Mit ihrem Portfolio setzen die Aussteller in Köln genau an dieser Stelle an – beispielsweise mit intelligenten Sensoren und webbasierten Prozessleitsystemen, die sich auch bei Bestandsanlagen nachrüsten lassen. Sie ermöglichen ein umfassendes Nachhaltigkeitsmanagement am zentralen Punkt der Anlagensteuerung.

So gelingt eine prozessübergreifende Automatisierung von der Rohstoffaufbereitung mit Mischen und Zerkleinern über die Verarbeitung mit Portionieren, Dosieren, Formen oder Extrudieren bis zu Optionen wie Greifen und Einlegen der Produkte in die Verpackung. Intelligente Zuführungen und eine präzise Sortierung sor-gen im Anschluss dafür, dass die Produkte endverpackt werden und versandbereit sind.  

Smarte Automation beginnt beim Sensor

Sensoren sind unverzichtbare Elemente für die Automatisierung. Mit schnellen Reaktionszeiten sowie zuverlässigen und genauen Messwerten unterstützen sie Lebensmittelproduzenten seit Jahrzehnten dabei, ihre Prozesse zu optimieren und somit Energie, Zeit und Medien zu sparen. Auf der Anuga FoodTec zeigen die Messtechnikanbieter, darunter beispielsweise Baumer, Endress+Hauser, ifm, Siemens, Vega, Optel und Beckhoff wie Lebensmittelproduzenten mit smarten Sensoren auch in Zeiten der Industrie 4.0 wettbewerbsfähig bleiben. Allen Entwicklungen gemein ist, dass die Digitalisierung nicht zum Selbstzweck vorangetrieben wird, sondern praktische Hintergründe hat. Selbsterklärende Bedienkonzepte, Sensordiagnose sowie Möglichkeiten zum kabellosen Datenaustausch gelten als Schlüsselkonzepte für smarte Prozesse. Neben hochauflösender Messtechnik spielen Künstliche Intelligenz und Deep-Learning-Algorithmen dabei eine wichtige Rolle. Je mehr Intelligenz in den Sensor in Form anspruchsvoller Signalverarbeitung integriert wird, desto mehr Möglichkeiten der Selbstüberwachung und Rekonfiguration ergeben sich. In den Kölner Messehallen spiegelt sich diese Entwicklung in Multi-Sensorsystemen wider. Sie befähigen traditionelle Technologien, die für die Messung von Durchfluss und Füllstand eingesetzt werden, zur Erfassung weiterer, auch qualitätsrelevanter Stoffeigenschaften.

Goudsmit Halle 10.1, Stand B-049

Kompakter Rohrmagnet-Abscheider im Edelstahlgehäuse

Goudsmit Magnetics aus Waalre hat einen neuen Rohrmagneten entwickelt, der die Hälfte der Einbauhöhe seines Vorgängers benötigt und zudem doppelt so stark ist. Der vollständig aus rostfreiem Stahl gefertigte Magnetabscheider enthält einen Kern aus Neodym-Magneten (NdFeB) und erzeugt eine Flussdichte von 12 000 Gauss. Der konisch geformte Magnetkern enthält mehr Polplatten, sodass selbst 30-µm-Partikel an mehr Angriffspunkten haften. Dies führt zu einem höheren Abscheidegrad und ermöglicht es, neben groben auch kleinere Metallpartikel zu erfassen. Im Produktstrom vorhandene Stahlpartikel wie Bolzen, Muttern, Unterlegscheiben, Schrauben, kleine Metallkugeln, abge­brochene Gewinde und Klammern lassen sich mühelos von Körnern, Mais, Mehl, Weizenmehl und anderen eingehenden Warenströmen trennen. Das neue Magnetsystem ist nicht nur für die Montage in Freifallrohren, sondern auch für Druckrohre geeignet. Der Rohrmagnet aus rostfreiem Stahl kann in der Lebensmittelindustrie und anderen Industrien eingesetzt werden.

Der 12 000-Gauss-Rohrmagnet wurde als Antwort auf spezifische Marktanforderungen entwickelt. Die erste Anforderung bestand darin, einen Rohrmagneten mit einer geringen Einbauhöhe zu entwickeln, der sich mit einer kleinen Anpassung der Rohrlänge leicht in bestehende Prozesse integrieren lässt. Zusammen mit der hohen Flussdichte bedeutet dies, dass der Magnet bereits am Wareneingang eingesetzt werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Rohrmagnet neben den großen Metallpartikeln auch kleinere Metallpartikel erfasst und so die Produktqualität verbessert. Dadurch werden Staubexplosionen und Maschinenschäden mit der Folge von Produktionsausfällen vermieden. Der Rohrmagnet aus rost­freiem Stahl kann optional mit verschiedenen Flanschen, wie DIN, Jacob usw., ausgestattet werden. Dies ermöglicht eine breite Anwendung des Produkts.  

Trotz seines starken Permanentmagnetkerns ist der Magnet leicht zu reinigen. Durch die Tür mit vertikaler Aufhängung ist die Überprüfung auf Verunreinigungen ein Kinderspiel. Der Magnet lässt sich von Hand oder mit einem Schaber öffnen und reinigen. Kleinere Metallteile, wie z. B. Kugeln oder abgebrochene Gewinde, lassen sich leicht über die konische Oberseite des Magnetkerns schieben und dann entfernen. Dies stellt eine Verbesserung gegenüber früheren Versionen dar. Um zu verhindern, dass der Magnet während des Produktionsprozesses geöffnet wird, kann der Edelstahl-Rohrmagnet mit einem Sicherheitsschalter ausgestattet werden.

Der neue Rohrmagent von Goudsmit.

Gebrüder Lödige Halle 10.1, Stand G-091

Mischer für die Herstellung von Fleischersatzprodukten

Vegane Fleischalternativen aus Proteinquellen wie Getreide oder Hülsenfrüchten erfordern verfahrenstechnische Lösungen, die hohe Durchsätze und eine homogene Durchmischung der Komponenten ermöglichen. Wie die Gebrüder Lödige Maschinenbau GmbH auf der  Anuga FoodTec zeigt, können Pflugschar®- und CoriMix®-Mischer diesen Anspruch gleich an mehreren Stellen der Prozesskette erfüllen. Der industrielle Herstellungsprozess von Fleischersatzprodukten erfolgt in mehreren Stufen – von der Aufbereitung der Proteinquellen über ein Proteinkonzentrat bzw. -isolat und texturiertes Pflanzenprotein (Texturized Vegetable Protein, kurz: TVP) bis hin zum fertigen Fleischanalog. Das Einmischen von trockenen Zusatzstoffen vor der Extrusion und von Flüssigkeiten in das extrudierte TVP spielt dabei eine zentrale Rolle für die Qualität.  

Der Herstellungsprozess kann generell kontinuierlich oder im Batch-Betrieb erfolgen. Ebenso ist eine Kombination beider Verfahren im quasi-kontinuierlichen Betrieb möglich. Welche Betriebsart die optimale ist, hängt von der jeweiligen Anwendung und der kundenindividuellen Situation ab. So lässt sich eine Batch-Lösung generell einfacher realisieren und bietet eine höhere Flexibilität, beispielsweise bei der Integration in bestehende Umgebungsbedingungen. Kontinuierliche Anlagen ermöglichen hingegen größere Durchsätze mit vergleichsweise kleineren Maschinen. Je größer die Produktionsmengen sind, desto stärker fallen diese Vorteile ins Gewicht.  

Für die Herstellung von Fleischersatzprodukten – vom Labormaßstab bis zur großindustriellen Umsetzung – bieten sich dabei zwei Modellreihen von Gebrüder Lödige Maschinenbau GmbH an. Für den Chargen-Betrieb bietet der horizontale Pflugschar®-Mischer eine  optimale Lösung, während im Konti-Prozess der CoriMix®-Mischer seine Stärken voll ausspielt. Die Mischer sind in unterschiedlichen Baugrößen und Ausführungen erhältlich. Dabei ist eine kundenspezifische Konzeption von Maschinen und Anlagen ebenso selbstverständlich wie die strenge Einhaltung aktueller GMP-Richtlinien und Lebensmittelvorschriften. Lödige liefert jedoch nicht nur den oder die Mischer. Als Solution Provider realisiert das Unternehmen auch ganze Anlagen, sodass die gesamte Prozesskette von der Proteinquelle bis hin zum Fleischersatzprodukt abgedeckt werden kann. Dabei wird der Kunde bei der Umsetzung der Gesamtanlage von der Planung bis hin zur Inbetriebnahme begleitet.

Wellmann/Schulz Systemtechnik Halle 4.1, Stand B-088

Ressourcensparende Reinigungstechnik für Rohrleitungen  

Hohes verfahrenstechnisches Know-how und zukunftsweisende Automatisierungstechnik: Das gemeinsame ganzheitliche Leistungsspektrum mit dem Partner Schulz Systemtechnik GmbH stellt die Wellmann Anlagentechnik GmbH auf der diesjährigen Anuga FoodTec in den Mittelpunkt ihres Auftritts. Seit Ende 2022 ist Schulz Systemtechnik zu 50% Mitgesellschafterin bei der Wellmann Anlagentechnik GmbH. Seitdem ergänzen sich die strategischen Partner mit maßgeschneiderten Automatisierungslösungen und passgenauem Anlagenbau. Im Mittelpunkt dabei steht der verfahrenstechnische Prozess.

Nachhaltigkeit spielt in der Konzeption der Wellmann-Anlagen eine zunehmend bedeutende Rolle – so auch bei dem nachhaltigen Molchsystem zur Reinigung von Rohrleitungen, das bei dem diesjährigen Messekonzept für die Anuga FoodTec im Fokus steht. Besucher erhalten einen Einblick, wie ein solches System arbeitet: Ein dem Innendurchmesser der Rohrleitung entsprechender Elastomerkörper, auch Molch genannt, wird mit Druckluft oder einem Reinigungsmedium durch die Leitungen geschoben. Dadurch reduzieren Anwender Abwasserbelastung, Wasserverbrauch und Reinigungszeit deutlich.

Am selben Stand zeigt Schulz unter anderem seine smarten Automatisierungslösungen, die Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Industrial Internet of Things (IIOT) sowie eine ganzheitliche energetische Optimierung mit der Prozesssteuerung verbinden. Von der Beratung über den Anlagenbau und die Verfahrenstechnik bis hin zu optimalen Automatisierungslösungen für Produktionsprozesse: Wellmann und Schulzberaten und bedienen gemeinsam alle Bereiche der Lebensmittelindustrie

Halle 10.1, Stand D-051

Neuer Labormischer MLH  

MAP präsentiert auf der Anuga FoodTec die neueste Version des Labormischers MLH. Dieser Mischertyp eignet sich besonders gut für Tests zur Prozessdurchführbarkeit und die Produktion von Kleinserien. Der MLH ist ein horizontaler Einwellenmischer, der nach dem bewährten mechanischen Wirbelschichtverfahren arbeitet. Mit dem neuen Design wird die Bedienbarkeit und Wartungsfreundlichkeit deutlich verbessert. Die Steuerung erfolgt über ein großes Touch-Display, das optional das herkömmliche Tasten-Bedienfeld ersetzt. Die neue Verkleidung wurde so gestaltet, dass Wartungsarbeiten und der Wechsel der Mischwendel einfacher und bequemer durchgeführt werden können. Es stehen vier verschiedene Größen zur Auswahl, mit einem Fassungsvermögen von 6 bis 50 Litern. Zusätzlich zu den fünf verschiedenen Mischwerkzeugen können optional ein Heiz-/Kühlmantel, ein Aufgabetrichter und eine Flüssigkeitszugabe erworben werden.

Ausgestellt wird der MLH zusammen mit dem Chargenmischer WBH 550 auf dem Gemeinschaftsstand mit der WAM GmbH. Im Verbund der WAM Group ist die MAP GmbH für den Vertrieb im Bereich der industriellen Mischtechnik in Deutschland und Österreich verantwortlich. Das Unternehmen liefert u. a. Chargenmischer, kontinuierliche Mischer und Labormischer für den Einsatz in der Lebensmittel- und Futtermittelherstellung.

Neuer Labormischer MLH.

Endress+Hauser Halle 7.1, Stand C-019

Messtechniklösungen

Endress+Hauser stellt auf der Anuga FoodTec in Köln Messtechniklösungen und Dienstleistungen für hygie­nische Produktionsprozesse und Utilities in der Getränke- und Lebensmittelindustrie vor. Das Unternehmen unterstützt die Lebensmittelindustrie insbesondere in den Bereichen Nachhaltigkeit und Lebensmittelsicherheit. Durch akkreditierte Kalibrierdienstleistungen und moderne Messtechnik, die sich selbst kalibriert und überwacht, bietet das Unternehmen innovative Lösungen. Die neuesten Geräte von Endress+Hauser ermöglichen es Anlagenbetreibern, Fermentationsprozesse, Desinfektionsmaßnahmen und Wasserkreisläufe online zu überwachen. Darüber hi­naus unterstützt die Messtechnik die Digitalisierung der Produktion durch Technologien wie IO-Link oder Industrial Ethernet.  

In Abhängigkeit von den Anforderungen an die Produktsicherheit erarbeitet Endress+Hauser  als DAkkS-akkreditierter Dienstleister eine individuelle Kalibrierstrategie mit zeitsparenden Konzepten und übernimmt die damit verbundenen Kalibrierarbeiten – hersteller­unabhängig. Die sichere Dokumentation nach IFS Food, GMP, ISO 9001 oder ISO 50001 kann über das cloud­basierte IIoT-System Netilion erfolgen. Endress+Hauser ist in der DACH-Region der erste Kalibrierdienstleister, der für Vor-Ort-Durchflusskalibrierungen nach ISO/IEC 17025 akkreditiert ist und ein zum Patent angemeldetes Verfahren zur Dichtekalibrierung vor Ort anbietet.

Eine durchgehende und zuverlässige Messung von Vergärungsgrad, Extrakt- und Alkoholgehalt bietet der Fermentation Monitor QWX43. Auch der Durchflussmesser Proline Promass Q, ein innovativer Spezialist für höchste Messgenauigkeit bei Massefluss, Volumenfluss und Dichte, wird präsentiert.

Behn + Bates Halle 8.1, Stand D-038 – E-039

Effiziente Lösungen für die Nahrungsmittelindustrie  

Behn + Bates, die Marke für Nahrungsmittelanwendungen der Haver & Boecker Maschinenfabrik, präsentiert sich gemeinsam mit den Technologiemarken Feige Filling, Newtec Bag und Quat2ro mit dem Standmotto „Zero Hunger”. Denn Behn + Bates engagiert sich schon seit geraumer Zeit dafür, mit der Maschinentechnik einen kleinen Beitrag zur Reduzierung des Hungers auf der Welt zu leisten. Ein Beispiel dafür ist die Unterstützung eines Projekts in Syrien, bei dem Bäckereien repariert werden, Mehl geliefert und Brot an Bedürftige verteilt wird. Auf dem Messestand können Besucher ein neues automatisches Sackaufstecksystem, einen bewährten Allrounder-Packer für präzises und sauberes Befüllen von Ventilsäcken, eine brandneue halbauto­matische Palettenfüllstation für flüssige und pastöse Produkte sowie eine moderne Drehklammer für die optimale schnelle Sackausrichtung vor der Palettierung erwarten. Zusätzlich wird ein intelligentes System für die Datenanalyse im gesamten Produktionsprozess präsentiert und der sogenannte Bereich Bespoke, der sich speziell der optimalen Auslegung moderner Verpackungsmittel widmet.

Die Halbauto­matische Palettenfüllstation.

De Man Halle 7, Stand E-089

Verpackungslinie als animiertes Hologramm

Die de Man Automation + Service GmbH & Co. KG ist auf der Anuga FoodTec mit dabei und präsentiert den Besuchern eine komplette Verpackungslinie – als Hologramm! Größentechnisch würde die neue Verpackungslinie für einen Kunden aus dem Lebensmittelbereich dann doch den Rahmen eines Messestandes sprengen. Also beschloss de Man neue Wege zu gehen und die Anlage als animiertes Hologramm zu präsentieren. Dieses befindet sich in einer circa 1 Meter x 1 Meter großen Glasbox und zeigt den Besuchern anschaulich den  

Weg der Produkte bis hin zur fertigen Palette. Die Verpackungslinie setzt sich dabei zusammen aus dem Kartonaufrichter MKA, dem Kartonpacker MPZ sowie der Palettierzelle MRZ. Alle drei Zellen können sowohl einzeln als auch kombiniert als ganze Verpackungsstraße erworben werden. Im MKA werden die Trayzuschnitte mit Heißleim versehen, aufgefaltet und jeweils zu zweit nebeneinander in die Packzelle gefördert. Hier werden sie aufgespannt und bei Bedarf mit einem Aufdruck versehen. Die Produkte laufen währenddessen durch den MKA zur MPZ, wo ein Roboter sie in die aufgerichteten Kartons packt. Die fertig gepackten Trays werden in die Palettierzelle gefördert, aufgestaut und jeweils zu acht vom Roboter gegriffen und palettiert.  

Natürlich informiert de Man auch über seine weiteren individuellen Lösungen im Bereich Robotik und Fördertechnik sowie seine Serviceleistungen.  

Entscheidend für eine optimale Verarbeitung von Ventilsäcken ist ein maßgeschneidertes Füllsystem, das die spezifischen Anforderungen der Nahrungsmittelprodukte und die Eigenschaften der zu befüllenden Ventilsäcke berücksichtigt. Der Pneumatikpacker lässt sich nahtlos in bestehende Produktionslinien integrieren und passt sich an unterschiedliche Sackgrößen und Materialien an. Der Pneumatikpacker eignet sich insbesondere für die Abfüllung einer Vielzahl von Nahrungsmitteln wie Stärken, Mehlen, Proteinen und Zucker. Auf der Anuga FoodTec demonstrieren die Verpackungsexperten die neueste Variante des Packers, der einen gleichmäßigen Produktaustrag aus dem Füllkessel bei gleichzeitig hoher Füllleistung, geringem Luftverbrauch und minimalem Rückmehlanteil gewährleistet. Die präzise Dosierung des Füllstroms wird durch die produktspe­zifisch einstellbare Dosiereinheit gesteuert. Die Verwendung von verschleißarmen Komponenten reduziert den Wartungsaufwand, während die bewährte Fülldüse mit Blähmanschette eine perfekte Sackabdichtung während der Abfüllung gewährleistet, was wiederum zu einem minimalen Reinigungsaufwand führt. Der automatische Sackaufstecker Radimat platziert leere Ventilsäcke hocheffizient auf die Füllstutzen der Verpackungsmaschine und passt sich deren Geschwindigkeit an. Dadurch wird der Verpackungsprozess op­timiert, unabhängig von der Arbeitsqualität des Maschinenbedieners, und ermöglicht es Kunden, die Effizienz und Leistung der Verpackungsmaschine zu maximieren und den Gesundheits- und Sicherheitsstandard für das Team zu verbessern. Auf der Anuga FoodTec wird die neueste Entwicklung – der Radimat-Pathfinder – vorgestellt. Diese Lösung zeichnet sich durch den sicheren, zuverlässigen und automatischen Transport von vereinzelten Leersäcken über größere Distanzen zum Füllstutzen aus, wo sie dann aufgesteckt werden. Diese einzigartige Funktion ermöglicht es, leere Säcke in einem bestimmten Abstand vom Packer zu lagern und ist ideal für die optimale Nutzung des zur Verfügung stehenden Raums. Produkt, Gebinde und Maschinentechnologie bilden als sogenanntes Verpackungsdreieck eine multivariable Einheit. Ausschlaggebend für die Auslegung der op­timalen Abfülltechnik und des maßgeschneiderten Packmittels ist das abzufüllende Produkt. Neben der modernsten Verpackungstechnik wird auf dem Stand in einem Bespoke-Shop die gesamte Bandbreite an mög­lichen Sackgebinden präsentiert ebenso wie Dienstleistungen rund um das Gebinde: von der kundenindividuellen Sackberatung über die Entwicklung eines zur Markenbotschaft des Kunden passenden Sackdesigns bis hin zum Verkauf der Säcke, ergänzt um Ansätze zum Wiederverwerten der geleerten Foliensäcke.

Newtec Bag: Sackpalettierer

Auf der Anuga FoodTec 2024 zeigt Newtec Bag die neueste Drehklammer – eins der wesentlichen Module des Terram-Palettierers für die optimale schnelle Sackausrichtung vor der Palettierung. Mit der Einführung des Terram 800 G wurde die Palettierung der mit Nahrungsmittelprodukten (Stärke, Mehle, Kakaopulver) gefüllten 5- bis 50-kg-Säcken revolutioniert. Er ist für alle Sacktypen (Ventilsack oder Offensack aus Papier, PP, PE oder FFS-Sack) geeignet und erreicht je nach Sacktyp, Produktart, Palettiermuster und Palettenhöhe eine Leistung von bis zu 800 Säcken pro Stunde.

Der Terram 800 G.

Der kompakte Terram-Palettierer bietet eine ebenerdige Sackzufuhr für mehr Sicherheit und einen einfachen ­Zugang für Wartungsarbeiten. Die Qualität der Palet­tierung wird durch das präzise Ablegen der Säcke mit einem Robotergreifer auf zwei Ablageblechen gewährleistet, wobei die Säcke an allen vier Seiten stabil ge­halten werden. So ergibt sich die perfekte Palette, die die beste Visitenkarte eines Verpackungsbetriebes ist.

Anuga FoodTec 2024
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Studienreise des Bayerischen Müllerbundes nach Chile

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Vom 29. Februar bis 11. März 2024 lud der Bayerische Müllerbund zu einer Studienreise nach Chile. Ein Reisebericht.
2024
4/11/2024
Studienreise des Bayerischen Müllerbundes nach Chile

Die Chilenen erzählen, dass Gott, als er die Welt schuf, aus jedem Kontinent etwas zurückhielt und mit diesen Teilen zuletzt das schönste Land der Erde zusammensetzte – Chile. Fast alle Teilnehmer der Müllerreise besuchten zum ersten Mal das südamerikanische Land.

In der Stadt Villarrica in der Region Los Lagos steht die Weizenmühle Villarrica am gleichnamigen See mit Blick auf einen Vulkan. Die Familie Weber Kunstmann hat die Müllergruppe eingeladen, alle sprechen Deutsch. „Schön, gut und günstig“ ist ihr Motto, erklärt Roland Weber Kunstmann. Er begrüßt den Bayerischen Müllerbund herzlich und führt zusammen mit seiner Mutter Brigitte, seinem Vater Lorenz und seinem jüngsten Bruder Leonhard die Müller aus Deutschland, Österreich und der Schweiz durch die Mühlengebäude.

Molino Villarrica

Der Großvater Karl Weber baute 1937 die Mühle. Als junger Mineningenieur kam er nach Chile, um im Bergbau sein Glück zu finden. Heiratete dann in eine wohlhabende Familie ein und sah in der Getreideverarbeitung im Süden des Landes große Möglichkeiten. Der Schwiegervater unterstützte ihn beim Bau einer Holzmühle mit einer Kapazität von 20 t pro Tag. Damals gab es nur zwei Straßen in Villarrica und wenig Bewohner. Aus dieser Zeit stammen die Rechte der Mühle für die Wasserkraftanlage am Fluss, die bis heute den gesamten Energiebedarf deckt. Erst mit einem Wasserrad und heute mit Elektroturbinen. Chile hat großes Potential in der Wasserkraft, aber die Politik verhindert ihren Ausbau, obwohl der Bedarf für regenerative Energien da ist, klagt Roland Weber Kunstmann.

Die Mühle Villarrica, die der Familie Weber Kunstmann gehört. Angeschlossen ist eine Landwirtschaft und ein Forstbetrieb.

Das alte Holzgebäude hat sein Vater durch einen Betonbau ersetzt. Es beherbergt sechs Walzenstühle. „Unsere Mühle ist eine Bastelmühle“, sagt der Mühlenbesitzer. Er kauft gerne gebrauchte Geräte und Maschinen. Die Labortechnik der Mühle kommt aus Deutschland, vor allem mit Geräten der Firma Pfeuffer hat er gute Erfahrungen gemacht.

In Braunschweig produziert laufen die MIAG-Walzenstühlen immer noch in Villarrica. Drei davon sind durch neuere Walzenstühle von Bühler ersetzt worden.

Roland Weber freut sich über das Gastgeschenk des Bayerischen Müllerbunds.

Ihre Rohstoffe bezieht die Mühle ausschließlich von regionalen Landwirten. Die Tonne Weizen kostet aktuell umgerechnet 230 Euro und orientiert sich am Weltmarktpreis. In Chile teilt sich die Mühlenbranche in die Nordmühlen rund um die Hauptstadt und die Südmühlen rund um die Handelsstadt Valdivia, erzählen die Webers. Zwischen den Mühlenbesitzern des Südens und Nordens bestehen nicht immer die besten Verhältnisse. Die Kunden der Mühle Villarrica sind zu 10% Großkunden, der Rest sind Bäckereien und Supermärkte. Sackware ist Standard und Kunden möchten Weißmehl. Hochklebermehle sind im Süden weniger gefragt, denn die Verbraucher kaufen sackweise und verbacken zu Hause.

In Chile sind bunte Fassadengemälde - wie das der Familie Weber - eine Tradition. Viele Unternehmen schmücken damit ihre Fassaden und Mauern.

Der jüngste Bruder Leonhard hat ein Diplom als Forstwirt, denn die Familie hat neben der Mühle noch eine Landwirtschaft und einen Forstbetrieb auf 7 000 ha eigenem Land. Insgesamt beschäftigt die Familie 13 Mitarbeiter. Brigitte Kunstmann von Kiesling stammt aus einer der großen Müllerfamilien des Landes. Der dritte Sohn studiert gerade in Deutschland in Frankfurt am Main.

Gerhard Wieser (Lerchenmühle Wieser), Ulrich Hochmuth (Spezialbürsten Hochmuth) im Gespräch mit Lorenz Weber Schilling.

Zum Abschluss der Mühlenbesichtigung lädt die Familie die ganze Reisegruppe in ihren Garten ein. In dem großen Haupthaus der Familie wohnt heute Roland Weber mit seiner Frau Anja. Sie stammt aus Hamburg und hat den Müller aus Chile während des Studiums in Deutschland kennengelernt. Unter den alten, vor rund 100 Jahren gepflanzten Bäumen wird gegrillt und die Enkelkinder verteilen Empanadas und traditionellen Mandelkuchen.

Das Haus im deutschen Stil baute der Großvater, der aus Deutschland Anfang des letzten Jahrhunderts einwanderte. Im Garten hatte Familie Weber Bänke und Tische für die Reisegruppe der Müller aufgebaut.
Dr. Josef Rampl übergibt feierlich die Ehrennadel des Bayerischen Müllerbundes an Lorenz Weber Schilling.
V.l.n.r.: Leonhard Weber Kunstmann, Lorenz Weber Schilling, Brigitte Kunstmann von Kiesling und Roland Weber Kunstmann auf dem Dach ihrer Mühle vor dem Vulkan Villarrica.

Heilkräuteranbau für Europa

Danach besucht die Gruppe die nahegelegene Farm Futacayan. Der über 600 ha große Betrieb gehört Peter Greither, der hier für sein Unternehmen Salus Biokräuter und -tees anbaut. Nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl bekam der Unternehmer keine unbelasteten Kräuter mehr in seinen europäischen Anbaugebieten. Er kaufte deshalb Ackerland in Chile und begann mit dem Anbau von Kräutern, als Rohstoffe für sein Unternehmen in Deutschland. Christian Weiß ist der neue Betriebsleiter. Er ist vor einigen Wochen mit seiner Frau und den zwei kleinen Kindern aus Nordrhein-Westfalen hierhergekommen und soll den Betrieb modernisieren.

Dr. Josef Rampl, Monika Drax und Familie Weiss auf der Salus Farm Futacayan nahe Villarrica.

50 Mitarbeiter hat die Farm, aber gut ausgebildete Kräfte sind rar und vieles geht per Hand. Technisches Gerät ist da, nur sind oft Trecker und Maschinen nicht betriebsbereit, wegen mangelnder Wartung und fehlenden Ersatzteilen.

Die Reisegruppe bewundert den schonenden Trocknungsvorgang für die per Hand gepflückten Blumen, die für Tees eingesetzt werden.
Die Müllergruppe auf den Feldern der Farm, auf denen oft per Hand Kräuter für Salus angebaut und gepflegt werden.

Die deutschen Müller wünschen der jungen Familie viel Erfolg beim Neustart und mit dem Bus geht es zurück in die Stadt Villarrica. Dort laden sie die Familie Weber Kunstmann als Dankeschön in ein Restaurant zum Abendessen ein. Lange sitzen sie bei Steak, Cazuela und Cevice zusammen und genießen den chilenischen Wein.  

Der Blick auf den Vulkan Villarrica von den Feldern der Farm Futacayan.

Chile ist etwa so groß wie Deutschland, Österreich, die Schweiz und Italien zusammen. Es hat eine Länge von 4 300 km und grenzt im Westen an den Pazifik. Durchschnittlich ist das Land 180 km breit. Im Jahr 2023 gab es 19,6 Mio. Einwohner, von denen 88% in Städten leben. Das Land hat eine Bevölkerungsdichte von 26 Einwohnern pro km2 (Deutschland: 233) Das durchschnittliche Bruttoeinkommen liegt bei umgerechnet 537 Euro. Chile ist stark im Bergbau und hat große Vorkommen an Lithium und Kupfer. Es deckt 40% seines Energiebedarfs mit Kohle, die importiert wird. Mit 50 modernen Häfen für die internationale Schifffahrt und vielen Freihandelsabkommen möchte Chile zu den Industrienationen aufrücken. Lebensmittel „Made in Germany“ werden von Verbrauchern geschätzt, Agrarimporte aus Deutschland sind gestiegen. Die hohe Nachfrage nach verarbeiteten Lebensmitteln macht das Land zu einem interessanten Exportmarkt.

Sonntag auf dem Vulkan

Am nächsten Tag ist Sonntag und die Gruppe nutzt ihn für einen Ausflug. Die Sonne scheint, es ist jetzt im Spätsommer hier angenehm warm und nach der Fahrt über die Städte Pucón und Curarrehue an die Grenze zu Argentinien erreicht der Bus die Lagune Quillelhue. Das Wasser ist bekannt für seine türkisblaue Farbe. Danach geht es im Reisebus mit dem wagemutigen Fahrer über Schotter und Schlaglöchern auf den Vulkan. Der Parkplatz ist der Gruppe noch nicht nah genug am qualmenden Gipfel und alle gondeln mit dem Sessellift noch zwei Stationen höher.

Die Lagune Quillelhue iste in beliebtes Ausflugsziel für chilenische Familien. Sie ist vor allem durch die azurblaue Farbe ihrer Wasserpools bekannt.
Dr. Josef Rampl, Monika Drax (Draxmühle) und Alexander Zimmermann (Zimmermann - Gaimühle) beim Besuch der Lagune.

Kunstmann Mühle Valdivia

Am Montag geht es nach Valdivia. Dort vor den Toren der Molina Kunstmann wartet Pablo Avendano Hoffmann, Generalmanager der Kunstmann Mühlen. Über vier Jahre war er an der TU München technischer Mitarbeiter und arbeitete danach sechs Jahre bei der Süd-Chemie in Moosburg, bis er nach Chile zurückkehrte. Im Süden sind die Kunstmann Mühlen Marktführer, im gesamten Chile liegen sie auf Platz drei.

Eines der Gebäude der Mühle Kunstmann in Valdivia.

Hermann Immanuel Kunstmann von Lüttichau wanderte 1850 als junger Mann zusammen mit deutschen Händlern, Handwerkern und Industriellen nach Chile ein. Sie wollten sich, enttäuscht von der gescheiterten Revolution in Deutschland, in der Stadt Valdivia eine Zukunft aufbauen. 1853 gründete er die erste Mühle, um „Wohlstand für alle, die darin arbeiten, und Fortschritt für die Region und das Land“ zu erreichen.

Das Wandgemälde zum 170. Jahrestag der Mühle zeigt Gründer Hermann Immanuel Kunstmann von Lüttichau. Es ist das größte Wandgemälde in Chile.

Der Wunsch des Gründers nach Wohlstand für alle ist nach wie vor eine tragende Säule der Entwicklung der Sociedad Industrial Kunstmann. In der sechsten Generation ist das älteste Familienunternehmen Chiles heute eine geschlossene Aktiengesellschaft, die von den Nachkommen der Kunstmanns geführt wird.

Die Mühle ist aus dem Jahr 1962 und wurde in drei Etappen erweitert. Das Mehl heißt Colico, nach dem Namen des Stadtteils ihres Standortes.

Die Molina Kunstmann in Valdivia hat eine Tagesleistung von 150 t. An der Annahme hängen große Tafeln. Jeder Lieferant kann ablesen, nach welchen Kriterien sich die Bezahlung richtet. Im Labor prüfen die Mitarbeiter die Qualität des abgelieferten Getreides. Die Bezahlung richtet sich hier auch nach der Größe des Korns. Ist es größer als ein vorgegebener Nullwert, gibt es mehr Geld. Ist es kleiner, erhält der Bauer weniger.  

Vanessa Suazo ist die Leiterin des Labors der Molinos Kunstmann, welches auch einen Farinograph hat.  

Anschließend begleiten Pablo Avendano Hoffmann und der ehemalige Unternehmensleiter Guillermo Schwarzenberg, ein Schwager von Brigitte Weber von Kieslang, die Gruppe zum zweiten Mühlenstandort in die Stadt La Unión in die Region Los Rios.

Die Familie Grob gründete die erste elektrisch betriebene Mühle, eine Feuerwehr und baute Schulen und Kirchen.

In La Union gibt es überall Spuren deutscher Einwanderer. Die Grob Mühle wurde 2012 von der Familie Kunstmann übernommen. Bühler-Walzenstühle aus den 1950er-Jahren verrichten immer noch ihren Dienst. Guillermo Schwarzenberg sieht keinen Grund, die Anlage sofort zu modernisieren, aber nach und nach ziehen neue Walzenstühle von Alapala ein.

Der ehemalige Firmenchef eröffnete vor rund zehn Jahren am Standort in La Union die ACEPAN Baking Studies Academy mit dem Ziel, das Bäckerhandwerk zu stärken und einen Anwendungsraum für Produktentwicklung und Innovation zu schaffen. Der deutsche Bäcker Benjamin Metzech hat gemeinsam mit seinem Auszubildenden Jose Tapia typisch chilenische Spezialitäten aus dem betriebseigenen Mehl vorbereitet, aber auch Brezeln aus seiner bayerischen Heimat.

Die Besichtigung der Baustelle der neuen Silos ist der nächste Programmpunkt heute. Das erste Silo mit einer Kapazität von 10 000 t ist fast fertig. In zwei Wochen soll es in Betrieb gehen. Von der Stahlkonstruktion sind 26 Ringe schon hochgezogen, 28 Ringe werden es. Zwei Monate hat der Bau gedauert, es gab Lieferverzögerungen und Probleme mit falschen Schaltschränken, aber jetzt ist alles auf einem guten Weg. Zur Kühlung ist ein weiterer Granifrigor angeschafft, denn die Geräte von FrigorTec aus Amtzell haben sich in den Kunstmann Mühlen bewährt.

Pablo Avendano Hoffmann hat mit Bäckermeister Benjamin Metzech, dem Auszubildenden Jose Tapia und Marketingleiterin Karla Roa einen Mittagssnack für die Müllergruppe vorbereitet.
Die Baustelle in La Union für vier neue Silos. Von der Stahlkonstruktion sind 26 Ringe hochgezogen, 28 Ringe werden es. Zur Kühlung wurde ein weiterer Granifrigor angeschafft. Die Geräte von FrigorTec aus Amtzell haben sich in den Kunstmann Mühlen bewährt.
Vier neue Silos mit jeweils 10 000 t Kapazität entstehen am Standort der Kunstmann Mühle in La Union.
Auch Pablo Avendano Hoffmann ist nicht nur der entfernteste Abonnent von Mühle + Mischfutter, sondern dank Dr. Josef Rampl ist er auch stolzer Besitzer der Ehrennadel des Bayerischen Müllerbundes.

Wasserkraft für die Mühle

Danach steht die Besichtigung des Wasserkraftwerks der Mühle auf dem Plan. 1908 wurde die Francis Turbine und 1928 die Kaplan Turbinen eingebaut, die die Hälfte des Jahres rund 700 kW Strom produzieren.

Jetzt im Spätsommer hat der Fluss kaum noch Wasser und die Anlage wird gewartet.

Vor allem sonntags, wenn die Mühle stillsteht, wird der Überschuss für 3 Cent/KW ins Netz abgegeben. Im Spätsommer bereiten die Mitarbeiter die Anlage auf die Regenfälle der kommenden Monate vor, die mit durchschnittlich 2 400mm/Jahr etwa dreimal so hoch sind wie in Mitteleuropa.

Guillermo Schwarzenberg kümmert sich selbst darum, dass das Holzzahnrad fachgerecht restauriert wird und bald wieder in Dienst geht.

Enten, Kamele und Lachse

Am folgenden Tag geht es in die Stadt Freire, dort hat die Holding Empresas Agrotop S.A. einen Sitz. Geschäftsführerin Karina von Baer gibt der Gruppe einen Einblick in ihr Unternehmen, das Landwirte mit Saatgut, Düngemitteln sowie Pestiziden versorgt und bei Bedarf regionalen Bauerfamilien eine Vorfinanzierung anbietet. Agrotop verarbeitet jährlich 320 000 t Getreide, welches 1 000 Farmer aus Zentral- und Südchile anliefern. Am Standort in Freire steht eine Hafer- und eine Rapsmühle.

CEO Alex Strodthoff Simunovic und Karina von Baer schufen mit Empresas Agrotop eine Holding aus vier Agrarunternehmen. Granotop ist auf die Weizenproduktion spezialisiert, Oleotop auf Rapsöl, Saprosem auf Agrarbedarf und Avenatop verarbeitet Hafer.  

CEO Alex Strodthoff Simunovic und Karina von Baer schufen mit Empresas Agrotop eine Holding aus vier Agrarunternehmen. Granotop ist auf die Weizenproduktion spezialisiert, Oleotop auf Rapsöl, Saprosem auf Agrarbedarf und Avenatop verarbeitet Hafer.  

Chile ist der zweitgrößte Lachsproduzent der Welt und Karina von Baer sah nach ihrem Studium der Agrartechnik dort ihre Chance. Die Lachszüchter brauchten Rapsöl und 2003 begann die junge Technikerin mit der Planung der Rapsmühle und gewann Landwirte für die Bepflanzung von 4 000 ha Land mit Raps. Im April 2004 feierte sie den ersten Spatenstich für die Ölmühle und 14 Monate später floss das erste Öl. Heute stehen auf rund 55 000 ha Rapspflanzen. 2008 kam eine Hafermühle dazu, zuerst für Grütze, später auch für Flocken. Nach und nach baute der Betrieb neun Lager und ein eigenes Genossenschaftsmodell. Heute wird hier auf rund 55 000 ha Raps angebaut und verarbeitet. 2008 kam eine Hafermühle dazu, zuerst für Grütze, dann für Flocken.

2015 gab die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft Agrotop ein langfristiges Darlehen in Höhe von insgesamt 10 Mio. US-Dollar. Das zahlte Agrotop pünktlich zurück, laut DEG. 2021 fusionierte Agrotop mit einer Hafermühle mit Walzenstühlen von Bühler in der Region Biobio. Chile ist der Hauptproduzent von Hafer für Lateinamerika mit einer Exportmenge von 250 000 t. 35% davon stammen von Agrotop. Das Getreide wächst gut, da der kühle Humboldtstrom für ein gemäßigtes Klima sorgt. Chile habe die Sonne von Rom und den Regen von Schweden, so Karina von Baer:

„Mein Opa hat immer gesagt, das Land sei im Winter eine Ente und im Sommer ein Kamel.“

Zum Abschluss des Besuchs weist die Geschäftsführerin auf die Personalsituation hin, denn der Fachkräftemangel sei ein großes Problem. Agrotop möchte deshalb mit der Technischen Schule eine Müllerausbildung aufbauen und in den kommenden Monaten ein Team für die Ausbildung junger Nachwuchskräfte zusammenstellen.

Besuch bei der Sofo

Weiter geht es Richtung Temuco zur Sofo, der Gesellschaft für landwirtschaftliche Entwicklung, eine der wichtigsten Agrargewerkschaften. Vor ihrem Sitz haben sich Bauern versammelt, viele sind mit ihren Treckern gekommen und überall weht die chilenische Flagge.

Die Bauern nehmen den Besuch der mitteleuropäischen Müller und die Anwesenheit prominenter Vertreter der Landwirtschaft und des Handels zum Anlass, nach europäischem Vorbild ihren Unmut über die Getreidepreise zu demonstrieren.

Auf die Reisegruppe wartet ein großer Empfang und teilweise sind die Mühlenbetreiber, Landwirte und Politiker mehr als 400 km weit gefahren oder von Santiago hergeflogen.  

Die bekannten und erfolgreichen regionalen Champions des Nationaltanzes Cueca unterhielten die Gäste mit Tanz und Musik.

Ziel der Veranstaltung war es, den Erfahrungsaustausch und die Interaktion zwischen den verschiedenen Akteuren in der Wertschöpfungskette zu fördern, um die Herausforderungen der Weizenproduktion zu bewältigen. Darüber hinaus soll die Beteiligung der Mitglieder an Gewerkschaftsaktivitäten gefördert und die Interaktion mit der Industrie, den Behörden und der Öffentlichkeit unterstützt werden.

Roberto Heise, der Präsident der Sofo, hat Verständnis für die Nöte der Bauern und wünscht sich ein System, welches die Getreidepreise reguliert. Er möchte die kleineren Erzeuger innerhalb der Wertschöpfungskette stärken:

„Vor allem kleinere Bauern müssen sich zu Genossenschaften zusammenschließen und so ihre Position und unseren Verband stärken. Nur so können sie die Fluktuationen des Marktes überstehen.“

Aktuell müssen die Farmer mit subventioniertem Weizen aus dem Ausland konkurrieren, denn die großen Mühlen im Norden importieren Weizen aus Argentinien und Kanada statt den regionalen Produzenten, die sich auf den Anbau hochwertigen Backweizens spezialisiert haben, faire Preise zahlen, so sein Vorwurf. Er möchte wegen der Souveränität und Ernährungssicherheit die nationale Produktion verteidigen und befürchtet, dass die inländische Weizenproduktion verschwindet, wie es bereits bei Zucker, Linsen und Bohnen der Fall war.

Interview Antonio Walker

Antonio Walker und José Antonio Galilea, beide Ex-Agrarminister Chiles mit Rainer Miserre, Verlag Moritz Schäfer und Juan Pablo Matte, Generalsekretär der Nacional de Agricultura Chile.

Antonio Walker, Ex-Agrarminister und Präsident der Society of Agricultur betont, dass die Preisentwicklung mit der Globalisierung und dem Überschuss an Getreide auf den Weltmärkten zusammenhängt. Mühle + Mischfutter sprach in Temuco mit ihm über die Probleme der Bauern.

M+M: In Europa protestieren aktuell viele Bauern. Was sind die Hintergründe für die Demonstration hier?

Antonio Walker: Für uns sind die Proteste der Bauern ein neues Phänomen. Die Demonstranten draußen sind vor allem junge Landwirte, die sich über das Internet organisieren und sie haben sich durch die europäischen Entwicklungen beeinflussen lassen. Ihnen geht es vor allem um die Preise, die sie für ihr Getreide bekommen. Die Preise seien zu niedrig und sie können nicht ihre Kosten decken. Die Bauern fordern eine bessere Bezahlung für das Getreide und mehr Unterstützung durch den Staat.

M+M: Gibt es eine Lösung für die Probleme der Bauern? Oder haben Sie ein politisches Angebot?

Antonio Walker: Chile ist eine soziale Marktwirtschaft und wir sind für einen freien Markt. Es wird in Chile anders als in Europa keine Subventionen für die Landwirte geben.

M+M: Wohin soll sich Chile landwirtschaftlich entwickeln?

Antonio Walker: Wir bewegen uns in einer globalisierten Welt und Chiles Produzenten sind stark bei Obst und Wein. Viele Flächen werden mit Obst bewirtschaftete, welches wir nach China exportieren, unserem Haupthandelspartner. Der Obstanbau wirft gute Erträge ab. Diese beiden Segmente machen einen großen Teil unserer landwirtschaftlichen Exporte aus. Dagegen wird 50% des Getreides importiert. Wir könnten in Chile auf mehr als 800.000 ha Getreide säen. Aber heute sind wir nur bei etwa 450.000 ha, also müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen und wir müssen als Gewerkschaften vereint sein, um den Landwirten klare Signale zu geben, was in der Zukunft zu tun ist. Wir müssen die Kette Weizen, Mehl, Brot vereinen. Ich denke, es gibt hier in Chile sehr gute Böden und die Möglichkeit qualitativ hochwertiges Getreide anzubauen. Dazu müssen Landwirte in Technik investieren, in effiziente Anbaumethoden und in die Weiterentwicklung des Saatgutes.

Dr. Josef Rampl, Geschäftsführer des Bayerischen Müllerbund, betont die Bedeutung der Integration der Akteure in der Wertschöpfungskette für den Erfolg der Branche. Nur wenn alle Mitglieder der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten, können sie effizient produzieren.

Dr. Josef Rampl, Geschäftsführer des Bayerischen Müllerbund, betont in seiner Rede vor dem Auditorium in der Sofo, dass es auch in Europa für Bauern und Müller eine große Herausforderung ist, wenn Getreidepreise unter den Produktionskosten liegen. In Mitteleuropa unterstützen die Mühlen die Landwirte in ihren Protesten, denn Müller, Landwirte und Bäcker müssen zusammenarbeiten.

Mit den Müllern und Landwirten der Region Zentralchile gab es auf dem Treffen der Sofo zahlreiche Möglichkeiten für Gespräche und zum Netzwerken. Hier Christian Rückert, von Rückert Mühlenbau und Anlagentechnik beim Informationsaustausch.

Ein älterer Getreideanbauer aus dem Süden Chiles bittet aus der Reisegruppe der Müller Monika Drax auf die Bühne. Sie habe ihm von ihrer Geschäftsstrategie erzählt und er möchte, dass alle davon erfahren. Die Müllerin aus Bayern berichtet, wie sie sich mit Spezialmehlen und -produkten aus biologischem Anbau sowie einem geschickten Marketing eine Nische geschaffen hat. Die Zuhörer verfolgen ihren Bericht aufmerksam und viele machen sich eifrig Notizen.

Das Geschäftsmodell der Draxmühle und ihre Onlinevermarktung interessierte die Besucher der Sofo sehr und die Müllerin Monika Drax musste viele Fragen beantworten.

Für Germán Goicochea müssen sich Lebensmittellieferant konsolidieren und sich auf Qualität und Service als Schlüsselfaktoren konzentrieren, um auf dem wettbewerbsintensiven Markt zu bestehen und zu wachsen. Die Landwirte und Verbandsvertreter diskutierten anschließend mit den Ex-Ministern über die Erfahrungen der deutschen Müller. Obwohl in Chile die Strukturen andere sind, wollen sie künftig verstärkt darauf hinarbeiten, dass Landwirte, Bäcker und Müller gemeinsam vorgehen und sich besser auch bezüglich der Ziele ihrer Produktion absprechen, denn Ertrag ist nicht alles, wenn der Preis nicht stimmt. Wichtig ist zudem, die Marktentwicklungen nicht zu verpassen, wenn sich Verbrauchergewohnheiten ändern und mehr Spezial- oder Biomehle nachgefragt werden.

Sofo-Geschäftsführer Carlo Roja Viani, Geschäftsführer des Bayerischen Müllerbund Dr. Josef Rampl, Sofo-Präsident Roberto Heise und Direktor Gastón Caminondo.

Besuch der Nordmühlen

Am nächsten Tag geht es per Flugzeug nach Santiago de Chile. Im Vorort Provencia hat das Lebensmittelunternehmen Carozzi neben einer Hartweizenmühle eine Nudel- und eine Keksfabrik. Italienische Einwanderer legten 1898 den Grundstein für die Mühle. 2014 wurde die Anlage mit Walzenstühlen der Marke Bühler eingebaut. Sie vermahlt ausschließlich Weizen für die eigene Nudelproduktion. 50% der Pastaproduktion Chiles stellt Carozzi her. In der Backfabrik gibt es 26 Produktlinien mit einer Tageskapazität von 500 t.

Von Waffeln, Crackern bis zu Keksen - Carozzi ist bei allen Segmenten die Nummer eins oder zwei in Chile mit insgesamt 1,5 Mrd. Dollar Umsatz, 1 200 Mitarbeitern und 273 000 t vermahlten Weizen, Hafer, Mais und Reis.
Der Blick in die Keksfabrik von Carozzi am Standort in Santiago de Chile, in der Gemeinde Provencia.
Die Hartweizenmühle von Carozzi am Standort in Santiago de Chile mit Walzenstühlen von Bühler.

Das vermahlene Hartweizenmehl von Carozzi wird ausschließlich für die eigene Pastaproduktion verwendet am Standort in Santiago de Chile.

Molina Cunaco

Donnerstag steht die Mühle Cunaco in Penaflor nördlich der Hauptstadt auf dem Besuchsprogramm. Hier werden verschiedene Mehle für Großkunden und Spezialmehle wie Pizzamehl hergestellt. Betriebsleiter Rodrigo Meinhart hat sein Handwerk in Deutschland gelernt und kennt einige Müller aus der Reisegruppe. Nach dem ausgiebigen Austausch von Neuigkeiten geht es zur Besichtigung.

Die Müller vor dem Eingang zum Mühlengebäude. Die Mühlenanlage lieferte Rückert Mühlen- und Anlagentechnik. Mit Christian Rückert, der die Reise nach Chile mit organisierte, bestehen gute Geschäftsbeziehungen.

Das Werk in Penaflor ist das fünfte und jüngste Werk der Unternehmensgruppe. Der Bau begann im Juli 2016 und besteht aus dem Mühlengebäude, einer Halle für die Verpackungsanlage und einem Lager für Fertigprodukte sowie 13 Silos und einem Gebäude für die Unternehmensverwaltung.

Mühlenexperte Andreas Schmid aus Argentinien, Dr. Josef Rampl, Christian Diaz Peñafiel, General Manager der Mühlen Cunaco und Christian Rückert.
Die Müllergruppe mit den Mitarbeitern des Unternehmens Cunaco und Andreas Schmid. Die Chilenen haben extra für die Besuchergruppe die deutsche Fahne gehisst.

Das Werk Cunaco in Penaflor verfügt über eines der modernsten Labore in Chile, hier findet u.a. die Qualitätskontrolle für alle Produktionslinien des Unternehmens statt.

Die Brüdern Tomás, Eusebio und Rodolfo García Kohler kauften 1955 eine Mühle in der Stadt Cunaco und belieferte Bäckereien in der Gemeinde Puente Alto in Santiago mit Weizenmehl. Der Grundstein für das Unternehmen Cunaco mit heute fünf Standorten.
Die Siloanlage der Mühle.

Verbände und Kammern

Es folgt ein Besuch beim zentralchilenischen Müllerverband (CAC), der 48 Mühlenbetriebe vertritt, die 60% Prozent des chilenischen Mehls vermahlen, was in etwa einer Million Tonnen entspricht. Jedoch ist der Weizenanbau in den letzten Jahren um ca. 50% zurückgegangen. Der Export von Obst nach China verspricht größeren Profit. Die meisten Mehle werden in Chile für „Marquetta“ verwendet, ein einfaches Weißbrot. Deshalb herrscht ein Konkurrenz- und Preiskampf in der Branche und die Industriepreise sind deutlich höher als in Mitteleuropa.

Das Gebäude in Santiago de Chile, der Hauptstadt Chiles, in dem die Außenstelle der Industrie und Handelskammer ihren Sitz hat.

Der Besuch der Industrie und Handelskammer Chile steht Freitag auf dem Programm. Mit 540 Mitglieder ist sie in Lateinamerika die älteste und nach Mexiko und Argentinien die drittgrößte Außenhandelskammer.

Die Gruppe informiert sich in der AHK Chile über Chancen der Branche in den südamerikanischen Ländern. Auch Thomas Schmitt, Gesandter der deutschen Botschaft ist anwesend (hier rechts neben Dr. Josef Rampl in der ersten Reihe, rechts daneben Cornelia Sonnenberg mit ihrem Mitarbeiter).

Nach der Begrüßung durch Cornelia Sonnenberg, Hauptgeschäftsführerin der AHK gibt es einen Überblick über die Chancen für mittelständische Unternehmer und Investoren in Chile. Die Landwirtschaft habe eine sehr gute Wettbewerbsposition und die Ausfuhren sollen sich bis 2030 verdoppeln. Großes Potential gibt es bei Superfoods und Bioprodukten, so die Experten der AHK.

Im Land gibt es ähnliche Bildungs- und Rechtssysteme wie in Europa und man ist für den chilenischen Markt vorsichtig positiv gestimmt. „Chile bliebt unter seinen Möglichkeiten“, so Pamela Valdivia von der Bayerischen Repräsentanz für Südamerika. Sie unterstützt Firmengründungen, die hier in der Regel drei Monate dauern. Im Vergleich innerhalb Lateinamerikas hat Chile einen hohen Standard bei der Lebensmittelversorgung und für ausländische Firmen und Fachkräfte bietet das Land viele Möglichkeiten.

Im Land gibt es ähnliche Bildungs- und Rechtssysteme wie in Europa und sie ist für den chilenischen Markt vorsichtig positiv gestimmt. Die generelle Dynamik sei raus, aber punktuell gäbe es nach wie vor Wachstumschancen. Letztes Jahr war der deutsche Bundeskanzler hier, es ging um grünen Wasserstoff und Umwelttechnologie. Aber Chile ist kein preiswerter Standort mehr und es gibt große Probleme wegen des Fachkräftemangels. Chile hat riesige Vorkommen von Lithium, aber dennoch geben viele Firmen wegen bürokratischer Hindernisse auf.

„Chile bliebt unter seinen Möglichkeiten“, so Pamela Valdivia von der Bayerischen Repräsentanz für Südamerika.

Sie unterstützt bei Firmengründungen, die hier in der Regel drei Monate dauern. Im Vergleich innerhalb Lateinamerikas hat Chile einen hohen Standard bei der Lebensmittelversorgung und für ausländische Firmen und Fachkräfte bietet die Branche viele Möglichkeiten.

Pamela Valdivia, Geschäftsführende Direktorin der Bayerischen Repräsentanz für Südamerika bekommt von Monika Drax und Dr. Josef Rampl die Ehrennadel des Bayerischen Müllerbundes ausgehändigt.

Informationen zu den besuchten Firmen:

Die Farm Futacayan in Villarrica gehört zur Salus Gruppe.

Die Mühlen der Kunstmann Gruppe.

Agrotop

Die Gewerkschaft der Landwirtschaft Zentralchiles, die Sofo.

Das Unternehmen Cunaco in Santiago de Chile.

Das Unternehmen Carozzi in Santiago de Chile.

Informationen zu den Märkten:

Satistiken des chilenischen Amts für Agrarstudien und -politik - Odepa. Informationen der Industrie und Handelskammer. Informationen der Botschaft.

Studienreise des Bayerischen Müllerbundes nach Chile
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Die Milling Academy der Bühler AG in Uzwil, Schweiz

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Müller
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Mit der Milling Academy setzt die Bühler Group auf lebenslanges Lernen.
2024
4/3/2024
Die Milling Academy der Bühler AG in Uzwil, Schweiz

Die Milling Academy in Uzwil liegt am Rande des Betriebsgeländes der Bühler AG, direkt neben der Schulmühle, welche auch zu dem Ausbildungszentrum gehört. Hier am Standort haben jahrelang der Müllereinachwuchs und die Fachkräfte der Branche ihr Wissen erweitert, Ideen ausgetauscht und Erfahrungen gesammelt. Wissbegierige aus der ganzen Welt lernten in den Räumen und an den Maschinen der Mühlenindustrie alles über die Prozesse der Getreideverarbeitung. Nun wird die Schule bald umziehen und näher an die neuen Anwendungs- und Trainingszentren rücken. Damit vereint Bühler seine Kompetenzen für zukunftsfähige Produkte und Prozesse an einem Standort. „Jeder sollte offen und bereit sein, Neues zu lernen. Die Branche entwickelt sich ständig weiter. Die Fähigkeit, Neues zu lernen, wird immer wichtiger“, so Dario Grossmann. Er begann seine Ausbildung 2011 bei Bühler und lernte in seiner beruflichen Laufbahn Mühlenbetriebe und -mitarbeiter auf unterschiedlichen Kontinenten kennen.  

Dario Grossmann, Leiter Milling Academy Bühler Group, ist seit 2011 bei der Bühler Group und leitete die letzten Jahre ein Technologieteam in China.  Foto: Bühler

M+M: Wie sind Sie zur Müllerei gekommen und was haben Sie in der Mühlenbranche in den letzten Jahren erlebt?

Dario Grossmann: Im Jahr 2011 begann ich als Anlagen- und Apparatebauer bei Bühler Uzwil. In den ersten zwei Jahren meiner Ausbildung ging es ums Schweißen und Metallbearbeiten. Die letzten zwei Jahre hatte ich die Möglichkeit, mich auf die Prozesstechnologie zu spezialisieren und in einer „Bühler-Mühle“ eines Kunden zu lernen. Danach sammelte ich Erfahrung bei Inbetriebsetzungen von Spezialmühlen wie Hafer-, Mais- und Sojamühlen. Ich erwarb dann in Deutschland den Meistertitel und schloss die Schweizerische Müllereischule in St. Gallen ab. Nach der Müllereifachschule setzte ich meine Funktion als Reiseobermüller fort und setzte Mühlen auf der ganzen Welt in Betrieb. Die letzten zwei Jahre war ich in China in der Stadt Wuxi als Teammanager eines Cross-Business-Unit-Teams tätig. Das war während der Corona-Pandemie. Seit März 2023 bin ich zurück in der Schweiz und habe die Möglichkeit, die Milling Academy zu leiten.  

M+M: Wie schätzen Sie die Bedeutung der Ausbildung für die nächste Generation von Müllern?

Dario Grossmann: Nachdem ich in mehr als 50 Ländern gearbeitet habe, bin ich mir des unterschiedlichen Ausbildungsniveaus in verschiedenen Teilen der Welt und auch bei verschiedenen Menschen bewusst. Ich bin fest davon überzeugt, dass Schulungen eine Perspektive und einen Arbeitsweg bieten, insgesamt ein noch höheres Niveau zu erreichen. Denn letztendlich geht es um die Lebensmittelsicherheit und die Lebensmittelverfügbarkeit. Das heißt, wir müssen den Mahlertrag noch weiter verbessern. Weltweit mangelt es an gut ausgebildeten Müllern. Deshalb sollten wir die Mühlenindustrie modern und interessant gestalten. Es ist doch eine schöne Aufgabe, Menschen mit sicheren Grundnahrungsmitteln zu versorgen.

M+M: Können Sie einen Überblick über das Engagement von Bühler für die Ausbildung in der Mühlenindustrie geben?  

Dario Grossmann: Wir haben viel in das neue Bühler Energy Center investiert. Dort konzentrieren wir uns auf lebenslanges Lernen. Die Lehrlingsausbildung hat da neue Räumlichkeiten bekommen, die „state of the art“ sind und eine optimale Ausbildung ermöglichen. 2025 wird dann auch die neue Milling Academy bereit sein, ihre Tore zu eröffnen. So viel Geld in kurzer Zeit in zwei neue „Ausbildungsgebäude“ zu investieren, spricht für sich. Für uns ist es sehr wichtig, in die Zukunft zu investieren und das bedeutet auch die Investition in die Ausbildung der Müller.  

M+M: Könnten Sie das Kursangebot der Bühler Milling Academy näher erläutern?  

Dario Grossmann: Wir bieten verschiedene Kursarten an: Technologieschulungen für Bediener auf drei verschiedenen Ebenen in der Weizenvermahlung, elektrische Wartung, mechanische Wartung und Führungskräftekurse für Neueinsteiger. Alle diese Kurse werden in verschiedenen Sprachen abgehalten. Zusätzlich zur Verarbeitung von Weizen bieten wir Kurse zur Verarbeitung von Durumweizen, Mais, Hafer und Hülsenfrüchten an.  

M+M: Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Bildungsprogramme auf dem neuesten Stand bleiben?

Dario Grossmann: Wir stehen in engem Kontakt mit unseren F&E- und Produktmanagement-Teams und aktualisieren unsere Schulungsinhalte regelmäßig. Für die praxisnahe Schulung stehen in unserer Schulungshalle den Auszubildenden modernste Maschinen zur Verfügung. Wichtig für uns sind dabei aber auch ältere Maschinen, die unsere Kunden bei sich in ihrer Mühle haben. Wir schulen die Leute auf den Maschinen, die sie selbst haben. Wir haben in unserer Schulmühle zudem das neueste Anlagensteuerungssystem Mercury MES installiert und sind an unsere digitale Plattform Bühler Insights angeschlossen.  

M+M: Warum konzentriert Bühler nicht die Ausbildung in Uzwil? Wieso noch die Schulen weltweit?  

Dario Grossmann: Gut ausgebildete Anwender und auch Wartungspersonal sind für Getreideverarbeiter auf der ganzen Welt überlebensnotwendig. Mit unserem Netzwerk von Mühlenakademien in der Schweiz, Kenia, Wuxi und Minneapolis ermöglichen wir der Community einen einfachen Zugang zu Schulungen in ihrer Region. Und das gilt nicht nur für unsere Standorte rund um den Globus, wir führen auch Vor-Ort-Schulungen direkt in den Unternehmen unserer Kunden durch.  

Wir haben darüber hinaus Partnerschaften mit der Kansas State University, dem IFIM in Marokko, der Henan University of Technology und der Jiangnan University in China, dem CTFRI in Indien und arbeiten eng mit der DMSB Braunschweig und der Swiss School of Milling in St. Gallen zusammen. Alle diese Kooperationen sind Win-Win-Situationen. Es handelt sich aber nicht nur um einen einseitigen Wissenstransfer, denn wir lernen viel von den Studierenden, von ihren Ideen und ihren Sichtweisen.  

Die Milling Academy freut sich auf die Kursteilnehmer aus der ganzen Welt.  Foto: Bühler

M+M: Haben Sie Erweiterungen oder Neuerungen geplant?

Dario Grossmann: Ende 2024 werden wir die Milling Academy in Uzwil auf den Hauptcampus von Bühler in Uzwil verlegen. Die Milling Academy wird direkt neben dem neuen Grain Innovation Center gebaut. Dadurch erhalten die Teilnehmer von Milling-Kursen Zugang zum kompletten Ökosystem aller Anwendungszentren und einen Einblick in die gesamte Wertschöpfungskette. Wir bauen diese neue Einrichtung in einem neuen Look und mit einem neuen Schulungskonzept. Es wird offene Lernräume und neue Klassenzimmer geben und vieles mehr. Aber es ist nicht nur die Einrichtung, es sind auch die Lehrer, die sich weiterentwickeln. Die Welt wird immer digitaler und immer mehr Tools sind auf dem Markt verfügbar, mit denen alles schneller und einfacher erledigt werden kann. Die praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Notwendigkeit, die Zwischen- und Endprodukte zu kennen, sind immer noch dieselben, nur kombiniert mit Technologie. Nur wenn Müller offen und interessiert an die neuen Lösungen herangehen, können sie die Vorteile der Digitalisierung und Automatisierung nutzen. Der Einsatz moderner Informationstechnologie auf Basis intelligenter Geräte wird zum Betrieb einer modernen Mühle gehören. Automatisierung und Digitalisierung bedeuten nicht, dass wir kein Personal mehr brauchen. Nein, es braucht mehr erfahrene, gut ausgebildete Leute.  

Alle Kurse der Milling Academy sind praxisorientiert und werden in verschiedenen Sprachen angeboten.  

M+M: Welche wesentlichen Fähigkeiten sollten Müller im aktuellen digitalen Zeitalter besitzen?

Dario Grossmann: Digitale Technologien beeinflussen heute die Art und Weise, wie wir eine Mühle betreiben. Da sich diese Produkte und Dienstleistungen schnell weiterentwickeln, wird die Fähigkeit zum Lernen und zur Anpassung immer wichtiger. Darüber hinaus wird es sicher unsere Branche für junge Talente attraktiver machen. Die Milling Academy führt Schulungen für alle Arten von Mühlen und Maschinen durch. Dazu gehört auch ein Blick in die Zukunft; was kommen könnte und wie man effizienter wird.  

Nebst Technologieschulungen in der Weizenvermahlung gibt es auch Kurse in elektrischer wie auch mechanischer Wartung.

M+M: Welchen Rat würden Sie jungen Menschen geben, die erfolgreiche Müller werden möchten?

Dario Grossmann: Das Coole am Beruf eines Müllers ist sein breites Wissensspektrum. Sie benötigen Kenntnisse über das Naturprodukt Weizen, über die Grundlagen der Lebensmittelsicherheit und den Einfluss der Mehlqualität auf den Backprozess. Dann müssen Sie den Vermahlungsprozess und die Funktion der Maschinen verstehen. Und in der heutigen Zeit ist Fachwissen im Umgang mit digitalen Werkzeugen besonders gefragt. Digitale Technologien werden künftig den Mühlenbetrieb unterstützen. Es wird immer Müller geben und die Mühlenindustrie ist wie eine große Familie auf der ganzen Welt. Darum mein Tipp: Offen für Neues sein, Liebe zum Beruf haben und nie aufhören zu lernen.

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Baden-Württemberg

Bericht von der Biofach 2024

Biogetreide
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Vom 13. bis 16. Februar 2024 fand in Nürnberg die BIOFACH statt, die Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel.
2024
4/3/2024
Bericht von der Biofach 2024

Auf der BIOFACH und der zeitgleich stattfindenden Internationalen Fachmesse für Naturkosmetik VIVANESS informierten sich rund 35 000 Fachbesucher aus 128 Ländern. Sie ließen sich vom vielfältigen Angebot der insgesamt 2 550 Aussteller aus 94 Ländern inspirieren. Im Fokus standen neben den Produkten vor allem die zahlreichen Austauschformate.

Ein Highlight der Veranstaltung war die Einführung des „Sustainable Future Lab“. Das neue Format soll den Fokus auf die ökologische und nachhaltige Transformation der Lebensmittelindustrie legen und einen Raum für Interaktion und Co-Kreation bieten.  

Der zeitgleich stattfindende Kongress mit 117 hochkarätig besetzten Einzelterminen beleuchtete die Rolle von Frauen im Ernährungssystem, politische Rahmenbedingungen, die Entwicklung des Bio-Fachhandels und die Rolle von Bio-Produkten für die Gemeinschaftsverpflegung. Knapp 8 000 Interessierte nahmen teil. Ein Augenmerk lag dabei auf dem Schwerpunktthema „Frauen und nachhaltige Ernährungssysteme“, das in acht Foren vor fast 700 Zuhörenden diskutiert wurde.

Ein weiterer Fokus lag auf dem Bio-Fachhandel. So meldete der Bundesverband Naturkost Naturwaren e. V. (BNN) positive Umsatzzuwächse und im Forum Fachhandel wurde diskutiert, ob das Ziel von 30% Bio bis 2030 noch zu erreichen ist.  

Das Team der Lerchenbergmühle und Tilmann Barthel, Ingenieurbüro Barthel, haben ihre Stände nebeneinander unter dem Dach der Gäa e.V., Ökologischer Landbau. Vl.n.r.: Robert Künne, Johanna Tschiersch, Tilmann Barthel, Christian Pei und Matthias Quendt.  
„Zusammenkommen und in den Dialog treten ist gerade in bewegten Zeiten essenziell – das haben die letzten vier Tage eindrücklich gezeigt. Zukunftsorientiert und mit jeder Menge Gestaltungswillen diskutierten und interagierten die Akteure in den Messehallen, im Kongress und in den weiteren Austauschformaten”, resümiert Petra Wolf, Mitglied der Geschäftsleitung der NürnbergMesse.

Die Produktpalette der Rolle Mühle reicht vom Dresdner Christstollen über Müslis bis hin zu Backmischungen.  

Geschäftsführer Paul Treffler von Treffler Mühlentechnik, eines der 50 besten Mittelstandsunternehmens in Bayern, hat schon am ersten Tag viele Kundengespräche geführt, vor allem seine vollautomatisierten Maschinen für schonende Vermahlung liegen im Trend.    

Hannes Öhler, Leiter Marketing & Kommunikation, erklärt, dass der Bauckhof jetzt Bauck Mühle heißt, weil das Unternehmen mehr auf sein Mühlengeschäft ausgerichtet ist, auch wenn es weiter seine landwirtschaftlichen Betriebe führt.  

Brotsommelier Christoph Heger ist ein bekanntes Gesicht der Branche und freut sich am Stand der Meyermühle über den regen Austausch mit Kunden und Kollegen.

Brotsommelier Christoph Heger findet auf der Messe Zeit für Gespräche und den fachlichen Austausch. Viele Bäcker sprechen ihn an und gerne gibt er Tipps und seine Erfahrungen weiter. Besucher am Stand der Meyermühle aus Landshut können Backwaren aus verschiedenen Bio-Mehlen, wie Ruchmehl oder einem Spezialmehl für französische Gebäcke, verkosten. Die unterschiedlichen Bio-Mehle sind für eine optische und haptische Prüfung ausgestellt. Der Brotsommelier ist zufrieden mit den Ernteergebnissen vom letzten Jahr. „Die Mehle waren top. Wenn alle Werte bspw. beim Weizen in sich stimmen, ist der Fokus auf nur einen Wert, wie den Klebergehalt, nicht zielführend. Uns Bäckern reicht ein Proteingehalt von 12 bis 12,5%. Statt sich unnötig Sorgen über die Ernteergebnisse zu machen, sollten ­Bäcker und Müller mehr miteinander sprechen.“

Geschäftsführer Christopher Rubin schaut positiv in die Zukunft, denn Hafer ist bei Verbrauchern weiter sehr beliebt und die Nachfrage ist da.  

Viel helles Holz und bequeme Sessel laden Kunden und Besucher am Stand der Rubin Mühle ein. „Dieses Jahr drückt uns der Haferschuh. Mich treibt die Fragen an, ob unser Hafervorrat bis zur nächsten Ernte reicht, oder ob wir Hafer dazu kaufen müssen. Obwohl der Haferanbau im Trend liegt, wurde im Ergebnis zu wenig Hafer geerntet. Zusätzlich machen Lagerschäden die Situation nicht besser“, so das Fazit von Christopher Rubin.

Werner Ohr von der Minderleinsmühle am Stand der Biomarke Rosengarten präsentiert seine neuen Snacks.
Bei der Spielberger Mühle hört die Nachhaltigkeit nicht am Tellerrand auf. Das Mühlenteam setzt auf nachhaltige Verpackung und Anbau.

Das Team von Rosengarten präsentiert am Stand seine neuen Produkte, darunter Snacks mit Schokoladenüberzug. Werner Ohr erzählt, dass auf Zucker bei den Knabbereien nicht verzichtet wurde, denn es soll ja schmecken: „Wir wollen unsere Expertise im Bereich Bio und Gesundheit mit Genuss verknüpfen.“

Der Stand der Spielberger Mühle zeigt das vielfältige Angebot, eine der großen Stärken seines Unternehmens, stellt Firmenchef Volkmar Spielberger heraus. Sein Messestand hat für ihn keine klassische Verkaufsfunktion mehr, sondern ist eine Plattform für den Austausch. „Das ist nicht mehr die Biofach von früher. Der Wiege des Biomarktes sind wir längst entstiegen. Die Biofach ist heute die internationale Plattform für die, die an der Transformation des Ernährungsmarktes mitarbeiten. Wir sind traditionell im Fachhandel und im Reformhausbereich mit unserem Angebot vertreten, deshalb ist es für uns keine reine Verkaufsmesse. Wir stellen unsere Produkte aus, nutzen die Messe als Treffpunkt und meine Mitarbeiter den Kongress zur Fortbildung. Sie wollen sich informieren, wie die Marktaussichten sind, welche Neuerungen es gibt und was die Politik in der Planung hat. Zudem beobachten wir weiter mit Spannung, wie sich der Biomarkt mit Discountern und Lebensmitteleinzelhandel in Zukunft aufstellt. Hinzu kommt die Gentechnik, die den Anbau und die Kunden weiter beschäftigen wird.“

Johann Priemeier von der Antersdorfer Mühle hat im letzten Jahr Europas modernste Biomühle gebaut und arbeitet mit den Markenbotschaftern Anton Schmaus und Alex Burghard zusammen.
„Wir machen Bio schon seit 45 Jahren. Ich komme aus der Zeit, da waren Bioprodukte teilweise richtige ,Plombenzieher‘. Heute ist das genau umgekehrt. Das heißt, es muss richtig gut schmecken und dafür haben wir mit Anton Schmaus den richtigen Mann gefunden,“ so Johannes Priemeier.

Sein Konzept beruht darauf, dass man das Top-Sterne-Ergebnis auch als Hobbykoch mithilfe der Antersdorfer Produkte erreichen kann. Unter dem Motto „Von Bayern bis zum Orient“ wurden dafür acht „kreative Rezepte mit Pfiff“ entwickelt, die auf der BIOFACH vorgestellt wurden. Daneben soll es auch das Thema „Powerfood für Helden“ geben, angelehnt an die kommende Fußball-EM im eigenen Land. Priemeier will sich so vom Mitbewerber unterscheiden. „Wir haben in den letzten drei Jahren eine Phase erlebt, die mir in meiner langjährigen Laufbahn noch nicht untergekommen ist. Erst Corona, dann der Krieg, die Kaufzurückhaltung – das alles hat Turbulenzen mit reingebracht, die nicht mehr mit normalen Gedankengängen nachzuvollziehen waren.“ Er geht aber davon aus, dass der Biomarkt jetzt langsam wieder wächst. „Wir sind dabei sehr zuversichtlich.“

Am Stand der Antersdorfer Mühle informierten Johann Priemeier und Anton Schmaus Besucher und Pressevertreter, wie Sterneküche einfach nachzukochen ist.  Schwierige Rezepte und komplizierte Zutaten? Nicht bei der Antersdorfer Mühle. Zusammen mit Anton Schmaus, Chefkoch der deutschen Fußballnationalmannschaft bietet das Mühlenteam um Johann Priemeier Hilfe für die Sterneküche daheim.  

Anton Schmaus stellte seine kreativen Rezepte „Von Bayern bis zum Orient“ Pressevertretern und Besuchern vor. Alle Gerichte enthalten als Hauptzutat Produkte aus dem Mühlenbetrieb. Um im Einzelhandel noch sichtbarer zu werden, hat die größte Bio-Mühle Europas einen aus Holz gefertigten Aufsteller entwickelt. Hier finden Verbraucher übersichtlich angeordnet die Rezepthefte mit passenden Zutaten.  

Anton Schmaus stellte seine kreativen Rezepte „Von Bayern bis zum Orient“ Pressevertretern und Besuchern vor. Alle Gerichte enthalten als Hauptzutat Produkte aus dem Mühlenbetrieb. Um im Einzelhandel noch sichtbarer zu werden, hat die größte Bio-Mühle Europas einen aus Holz gefertigten Aufsteller entwickelt. Hier finden Verbraucher übersichtlich angeordnet die Rezepthefte mit passenden Zutaten.  Mühle + Mischfutter sprach mit Anton Schmaus über die Rezepte aus Getreide und das Ernährungskonzept des DFB-Teams im EM-Jahr 2024.  

M+M: Kohlenhydrate in Getreideprodukten halten einige immer noch für ungesunde Dickmacher. Gehört Getreide zum Speiseplan der Mannschaft?

Anton Schmaus: Ich sehe keine Diskussion. Getreide ist ein Grundnahrungsmittel und begleitet uns Menschen seit Beginn unserer Zeit. Getreide ist essenziell für unseren Körper, es kommt auch hier auf die Mischung an. Aus Weizen kann man so großartige Produkte machen. Ich glaube, wir müssen uns fragen, warum die Menschen zunehmen. Der Grund ist zu viel Essen und zu wenig Bewegung. Sportler benötigen Kohlenhydrate. Sie müssen Getreide in irgendeiner Form zu sich nehmen. Beispielsweise Nudeln oder Brot. Hier gibt es regionale Unterschiede, die muss ich berücksichtigen beim Kochplan für unsere Mannschaft. In England wird sicher mehr Toastbrot gegessen als bei uns. In Deutschland haben wir eine andere Kultur, was das Brotbacken betrifft. Wir haben viele unterschiedliche und hochwertige Brotsorten, wie Dinkelsauerteigbrot, Roggenbrot oder Pumpernickel und jeder kann essen, was ihm schmeckt. Genauso ist es mit Pasta. Wenn ich mich nicht bewege, dann nehme ich zu. Es gibt oft schnelle Wahrheiten, aber es ist wissenschaftlich nicht belegt, dass Kohlenhydrate aus Getreide dick machen.  

M+M: Wie ernährt sich die Mannschaft?

Anton Schmaus: Ich bin mit den Spielern in Kontakt und kenne die individuellen Vorlieben jedes Spielers. Die Auswahl macht es. Ich überlege, was ich den Spielern anbieten kann, damit sich jeder am Buffet wiederfindet und zufrieden mit dem Angebot ist. Und wenn jemand etwas extra benötigt, dann bereite ich es zu. Wir sind viel unterwegs und ich muss sicherstellen, dass ich die benötigten Zutaten bekomme. Ich brauche entsprechende Küchen am Ort. Oft muss ich auf das zugreifen, was das Land zu bieten hat. Im Zweifel gehe ich auf die Suche, aber in Eriwan werde ich keinen Biomarkt finden. Ist die Versorgung unterwegs schwierig, dann grenze ich im Vorfeld das Angebot ein. Dann mache ich lieber etwas weniger und im Zweifel drücke ich ein Auge zu, beispielsweise wenn es keine Sojaprodukte gibt. Ein Kollege von mir fliegt immer vor, schaut sich vor Ort die Situation an und bereitet alles vor.  

M+M: Sie sagen, Sie bieten der Mannschaft Sojaprodukte an?  

Anton Schmaus: Wir bieten pflanzliche Produkte aus unterschiedlichen Rohstoffen an. Das kann Soja sein oder Nüsse. In Deutschland versuche ich, Sojaprodukte zu vermeiden. Es kommt auch hier auf die Menge an und was die Spieler gewöhnt sind. Einige möchten vielleicht Sojamilch oder Hafermilch. Ich kann den Spielern nicht vorschreiben, was sie mögen oder essen sollen. Wenn ein Spieler etwas mag, dann kann er es essen in einer vernünftigen Menge.  

M+M: Müssen die Spieler nicht wegen der Gesundheit auf gewisse Dinge verzichten?

Anton Schmaus: Medizin und Ernährung kann man nicht gleichsetzen. Im Teamsport ist beim Essen auch eine andere Dynamik, als wenn man Einzelkämpfer ist. Das Team isst auch zusammen und das gemeinsame Essen ist wichtig. Viele Spieler sind seit der Jugend geprägt. Deshalb kann man da nicht dogmatisch sein.  

M+M: Arbeiten Sie auch mit Leguminosen?

Anton Schmaus: Hülsenfrüchte nehmen einen großen Teil meines Angebots für das Team der Nationalmannschaft ein. Sie haben einen hohen Gehalt an pflanzlichen Proteinen und die sind gut für die Verdauung. Darüber hinaus haben wir auch Veganer und Vegetarier im Team. Wir benötigen also pflanzliche Proteine. Ich koche gerne mit Linsen oder Kichererbsen, daraus lassen sich hervorragende Gerichte machen. Es geht mir um eine schöne Varianz im Speiseplan. Deshalb sind bei mir auch Quinoa, Buchweizen oder andere Sorten willkommen.  

M+M: Gibt es auf Ihrem Speiseplan auch ein No-Go?

Anton Schmaus: Essen ist ja Geschmackssache und jeder im Team ist anders geprägt und hat andere Vorlieben. Ich serviere dem Team keinen Fleischersatz, der kommt bei mir nicht auf den Tisch. Für die im Team, die sich ohne Fleisch ernähren möchten, koche ich aus Gemüse, Getreide oder Linsen eine sehr gute Alternative. Es sind auch die Zusatzstoffe im Fleischersatz, die mich abhalten. Ich muss nicht auf ein künstliches Produkt zurückgreifen.  

M+M: Eine letzte Frage: Wie sind Sie Koch der Nationalmannschaft geworden? Bewirbt man sich einfach so für die Stelle?

Anton Schmaus: Es war Glück und Zufall dabei. Aber ja, ich habe mich beworben um die Stelle. Das Wichtigste ist wohl, dass man in die Mannschaft und das Team passt. Als Koch bin ich ebenso Teil des Teams wie alle anderen, man darf sich aber selbst nicht zu wichtig nehmen. Ich habe sehr viel mit den Spielern zu tun und achte auf deren Vorlieben. Für viele Spieler ist das Essen ein Baustein von vielen, um Erfolg zu haben. Ich leiste als Koch meinen Beitrag dazu und drücke ernährungstechnisch auch mal ein Auge zu, wenn das Team etwas Besonderes zum Wohlfühlen braucht. Essen hat viel mit Gemeinschaft zu tun und kann für eine gute Stimmung sorgen. Obwohl ich mich persönlich zurücknehme, sage ich schon mal, dass es schön wäre, wenn sie wieder gewinnen würden. Für dieses Jahr bin ich mir aber sicher, dass wir erfolgreich sein werden.

Bericht von der Biofach 2024
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Sachsen-Anhalt

28. Mitteldeutsche Müllerei-Fachtagung in Osterfeld

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Vom 22. bis 23. März 2024 hatten die mitteldeutschen Müller ihre Jahrestagung in Osterfeld nahe Leipzig.
2024
3/27/2024
28. Mitteldeutsche Müllerei-Fachtagung in Osterfeld

Im März treffen sich traditionell die mitteldeutschen Müller zu ihrer Fachtagung. Die Teilnehmer konnten sich bei über 30 Unternehmen in der begleitenden Ausstellung informieren und für nahezu jeden Anwendungszweck einen Ansprechpartner finden. Konrad Zitzmann, Präsident des Mitteldeutschen Müllerbunds, eröffnete die Veranstaltung und umriss die unsicheren Zeiten, die weiter durch den Ukraine Konflikt sowie die aktuellen politischen Rahmenbedingen samt Bauernprotesten geprägt sind. Am Ende seiner Rede erinnerte er mit bewegenden Worten an den kürzlich verstorbenen Dr. Thomas Rolle (M+M 5-6, S. 7). Die Teilnehmer erhoben sich zu einer Gedenkminute.

Sorten, Maut, Gesetze

Den ersten Vortrag hielt Dr. Josef Rampl, Geschäftsführer des Bayerischen Müllerbunds. Er berichtete über das Saatgutrecht, das mit dem BGH-Urteil vom November 2023 weitreichende Auswirkung auf die Mühlenbetriebe hat. Die Sortenschutzrechte müssen gewahrt werden und wer in Zukunft auf der sicheren Seite sein will, sollte bei Verträgen mit Landwirten und Lieferanten einen entsprechenden Passus einfügen. Er präsentierte den Zuhörern eine entsprechende Musterklausel: "Der Anlieferer sichert zu, dass sämtliches angeliefertes Erntegut aus Vermehrungsmaterial erzeugt wurde, das den nationalen und europäischen sortenschutzrechtlichen Vorschriften entspricht und keine Rechtsmängel aufweist. Das Erntegut wurde insbesondere entweder aus Z- Saatgut erzeugt oder - im Falle eines gestatteten Nachbaues - der Nachbau dem jeweiligen Sortenschutzinhaber gemeldet und – sofern der Anlieferer nicht unter die sogenannte Kleinlandwirtregelung fällt – die notwendige Gebühr fristgerecht entrichtet.   Wenn der Anlieferer nicht selbst Erzeuger ist, sichert er zu, dass sein Vorlieferant ihm gegenüber eine entsprechende Zusicherung abgegeben hat. Der Anlieferer schuldet, sofern er schuldhaft die nationalen oder europäischen sortenschutzrechtlichen Vorschriften verletzt oder fehlerhafte Angaben im Rahmen dieser Erklärung abgibt, eine Vertragsstrafe von bis zu 100 EUR pro Tonne des betroffenen angelieferten Erntegutes, die vom Ankäufer im Einzelfall nach billigem Ermessen festzusetzen und im Streitfall durch das zuständige Gericht zu überprüfen ist. Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadensersatzanspruches bleibt hiervon unberührt. Eine etwaige gleichzeitig geltend gemachte Vertragsstrafe wird hierauf angerechnet. Bei Zweifeln an der Richtigkeit der Zusicherung ist der Ankäufer berechtigt, weitere Informationen zum angelieferten Erntegut einzufordern, wenn der Anlieferer selbst Erzeuger ist. Der Anlieferer ist verpflichtet, diese unverzüglich offenzulegen.“

Der Bayerische Müllerbund war in Osterfeld mit dabei. V.l.n.r.: Erster Vorsitzender Rudolf Sagberger, Konrad Zitzmann, Hubertus Nitzschke und Geschäftsführer Dr. Josef Rampl.

Positiv ist, das die Übergangsfrist für Ergotalkaloide (Mutterkorn) bis 2028 verlängert wurde, spätestens dann aber die neuen Höchstgehalte gelten. Die europäische Kontaminantenverordnung sieht bisher für Mahlerzeugnisse aus Gerste, Weizen, Dinkel und Hafer mit einem Aschegehalt von weniger als 900 mg/100 g Trockenmasse vor, dass die Höchstgehalte für Ergotalkaloide ab dem 1. Juli 2024 von 100 auf 50 μg/kg abgesenkt werden. Der jetzt verabschiedete Verordnungsentwurf sieht demgegenüber vor, dass die Höchstgehalte für Mahlerzeugnisse aus Weizen mit einem Aschegehalt von weniger als 900 mg erst zum 1. Juli 2028 auf 50 μg/kg abgesenkt werden. Eine Verschiebung der Höchstgehalte für Mahlerzeugnisse aus Gerste, Dinkel und Hafer mit einem Aschegehalt von weniger als 900 mg wird nicht erfolgen.

Der Höchstgehalt für Ergotalkaloide in Roggenmahlerzeugnissen und „Roggen, der für den Endverbraucher in Verkehr gebracht wird“, soll nach der neusten Entscheidung auch erst zum 1. Juli 2028 von 500 auf 250 μg/kg abgesenkt werden. Die Absenkung des Höchstgehalts für Mutternkorn-Sklerotien in unverarbeiteten Roggenkörnen wird ebenfalls verschoben, allerdings lediglich um ein Jahr: Die Absenkung des Höchstgehalts von 0,5 auf 0,2 g/kg soll ab dem 1. Juli 2025 gelten. Aber aufgeschoben sei nicht aufgehoben warnt der Geschäftsführer. Einen Geldwerten Vorteil für einige Betriebe beinhaltet die Maut- und Handwerkerregelung, die ab Mitte des Jahres eine Mautpflicht für Fahrzeuge über 3,5 t bis 7,5 t vorsieht. Wer in der Handwerkerrolle eingetragen ist, kann sich befreien lassen. Der pauschalierte Mehrwertsteuersatz für Getreideanlieferungen ändert sich nun doch nicht. Im Wachstumschancengesetz war zunächst eine Absenkung von 9% auf 8,4% vorgesehen, sie wurde aber Mitte März mit der Annahme des Kompromissvorschlags vom Bundesrat gestrichen.

Qualitäten und Preise

Im Vortrag von Nico Thurian, Geschäftsführer bei der Saalemühle, standen Preise und Qualitäten im Mittelpunkt. Aktuell liegen die Preise an der MATIF auf dem gleichen Niveau wie vor dem Ukraine Konflikt, obwohl der weltweite Weizenverbrauch höher ist als die Ernte. Vor allem Russland ist für die Preisentwicklung verantwortlich. Neben einer immensen Ertragssteigerung verfügt das Land über hohe Lagerkapazitäten und günstige Umtauschkurse, was für russische Erzeuger von Vorteil ist. Seit Ende der 90er-Jahre ist Russland ein zunehmend wichtiger Faktor auf dem Weltmarkt. Die russische Ernte verzeichnete 2022 ein für fast undenkbar gehaltenes Allzeit-Rekordergebnis. Die Ernte 2023 war die zweitgrößte  Ernte aller Zeiten für Russland (8% also absolut 7 Mio. t über der bislang drittgrößten Ernte in 2017). Deshalb ist Europa weniger wettbewerbsfähig. Europäischer Weizen findet aktuell nur erschwert Käufer auf dem Weltmarkt. Die europäische Exporte bleiben hinter den Erwartungen zurück. Bei der Qualität des Getreides steigt der Sorteneinfluss, da die Proteinqualität weiter sinken wird. Dennoch setzen Landwirt weiter auf Ertrag. Hier müssten die Preisunterschiede zwischen den Qualitäten größer werden.

Teilten sich die Ausstellungsfläche im kleinen Saal: Johannes Kühnert (Högemann Automatisierungstechnik), Tilman Barthel (Maschinen- und Ingenieurbüro Barthel), Thorsten Kühl (Högemann) und Bernd Menzen (FD Waagenbau) und Christine Hollerbach (Sallhofer).

Anschließend stellte Andreas Hummel für die Firma Advactory sein digitales Qualitätsmanagement für Mühlenbetriebe vor. Es soll unter anderem die Datenerfassung vereinfachen, einen besseren Überblick verschaffen und Prozesse übersichtlich abbilden sowie Rückverfolgung und Auditierungen intergrieren. Für das Programm könne eine Förderung beispielsweise über das Wirtschfatsministerium beantragt werden.

Manuel Gehrke schloss sich mit seinem Vortrag an und berichtete Neues aus der Berufsgenossenschaft. Vor allem die vielen Erkrankungen durch Lärm machen ihm Sorgen. Mit dem Beitragsausgleichsverfahren (BAV) der BGN werden auf den Mitgliedsbeitrag Zuschläge erhoben oder Nachlässe gewährt in Abhängigkeit vom betrieblichen Unfallgeschehen. Mit der neuen Satzung vom 1. Januar 2011 in der Fassung des 10. Nachtrags, gültig ab 1. Januar 2024, sind max. 10% Nachlass bzw. Zuschlag möglich (bisher 15%). Der BGN-/FSA-ExSchutzleitfaden für getreideverarbeitende Betriebe wird bis Ende 2024 überarbeitet. Die ASI 10.4 wurde überarbeitet. Der Titel lautet nun „Arbeitsbedingungen in Mühlenbetrieben und Mischfutterbetrieben verbessern“. Inkl. Anhang zur Beschaffung von geeigneten Staubsaugern. ER weist auf den Link hin, untre dem  Informationen zu TRGS abrufbar sind.

Key Account Managerin Katrin Häckel unterstützt Werner Ohr am Stand der Minderleinsmühle bei Kundengesprächen.

Es folgt Peter Hirschmann mit einem Überblick über den Ex-Schutz in Mühlenbetrieben. Welche Gefahrstoffverordnungen gelten und welche Explosionsschutzdokumente notwendig sind. Wenn eine Zündfunkenbildung nicht ausgeschlossen werden kann, müssen technischer Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Dabei ist der Stand der Technik zu berücksichtigen. Der Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Arbeitsmedizin und die Arbeitsplatzhygiene.“

Simon Ries und Mark Nordhorn gaben einen Einblick in die Ausbildung an der Deutschen Müllerschule Braunschweig DMSB inklusive eines unterhaltsamen Rückblicks zur Geschichte der Schule.

Um 19 Uhr wurde der Müllerball eröffnet, an dem sich reichlich Gelegenheit bot, die Vorträge zu diskutieren und das erworbene Wissen zu vertiefen.

Am Stand von Hentschke + Sawatzki freut sich Elke Schäfer über die vielen Kundengespräche.

Intelligenter Rohrbau

Am zweiten Tag eröffnete Edwin Priewasser von der Rohrbaufirma Sallhofer die Veranstaltung und zeigte, wie mit intelligentem Rohrbau Mühlenbetriebe Energie einsparen können. Vor allem in der Umstellung auf elektrische Antriebe sieht er Sparmöglichkeiten. Ein neues Firmenvideo, welches auf der Homepage des Unternehmens jetzt veröffentlicht wird, erläutert anschaulich, welche Produktpalette bei Sallhofer zur Verfügung steht und wie der Umbau samt Montage bei laufender Produktion möglich ist. „Dauert nur 10 Minuten“, beschreibt Edwin Priewasser den Umbau auf Pneumatik. Noch einfacher sei es beim elektrischen Antrieb. Bei Modernisierungen sollten Mühlenbetreiber besser gleich auf elektrisch umstellen, da der Installationsaufwand geringer und er zudem wartungsfrei ist.

Tade Mlikote und Singold Geschäftsführer Oliver Lüer sind zufrieden mit der positive Resonanz auf ihre Klopfer.

Gesichert ins Silo

Dann gab es für die Zuhörer schockierende Nachrichten. Markus Schnauer von der Maschinenfabrik Köster begann seinen Vortrag mit Pressemeldungen zu tödlichen Unfällen in Getreidesilos. Es waren erstaunlich viele in den letzten Jahren und der Vertriebsingenieur hatte die volle Aufmerksamkeit des Plenums. Sein Unternehmen bietet baumustergeprüfte Siloeinfahranlagen an. Diese Prüfung ist wichtig, da die Sicherheitsvorschriften für Siloeinfahrgeräte nicht immer eindeutig sind.

Markus Schnauer, Vertriebsingenieur und Michael Gerstenberg, Bereichsleiter bei Köster Maschinenfabrik präsentierten ihre Siloeinfahranlage.

Es gelten nicht nur Maschinenrichtlinien, sondern auch Vorgaben der BGN. Die EG-Baumusterprüfung berücksichtigt alle relevanten Normvorschriften für Geräte, mit denen in Silos Personen hochgezogen werden und sie gilt für fünf Jahre. Damit sind Silobesitzer auf der sicheren Seite, denn es gibt keinen Bestandschutz für technische Anlagen mit Sicherheitsmängeln. Nach aktuellem Stand muss eine Anlage an der Seileinfahrwinde zwei redundante Tragseile mit 8-facher Sicherheit haben, dazu ein redundantes Bremssystem, eine Sicherung gegen Getriebebruch, Möglichkeit bei Stromausfall und vieles mehr. Einige Punkte können nachrüstet werden, jedoch sollte für die Anlage eine gültige Baumusterprüfung vorliegen, bevor jemand damit ins Silo absteigt. Die Sorgfaltspflicht bleibt bestehen, auch wenn eine Fremdfirma tätig wird, denn der Silobetreiber bleibt immer verantwortlich und somit haftbar.

Louisa Otten, Felix Bruckmann und Paul Bruckmann am Stand der MIAG GmbH.

Heiße Walzen

Frank Rolle berichtet anschließend von seinen Erfahrungen mit den neuen Walzenstühlen der Rolle Mühle. Die größere Anzahl an Motoren, erzeugte mehr Wärme und im Sommer löste das öfters den Alarm aus. Die Tür am Walzenstuhl zu öffnen war auf Dauer keine Lösung, deshalb ließ er die Türen durchlässig machte durch ein gestanztes Muster. Er überlegte dann, wie er das Lager kühlen kann, ohne einen zusätzlichen Stromfresser anzuschließen. Dazu wollte er den Antrieb durch das Walzenrad mit einem Lüfterrad kombinieren. Ein Pappmodell wurde entworfen und eingesetzt und als es sich bewährte, schweißte ihm eine Metallbaufirma einen stabilen Prototyp. Seine Innovationskraft zahlte sich aus. Als alle Walzenstühle mit dem ausgewuchteten Lüfterrad umgerüstet waren, blieb der Stromverbrauch gleich, aber am Lager ist es jetzt um ca. 10 Grad kühler.

Anna Hofmanska, Maciej Soltysiak und Kamila Pawelec von Balaguer East Europe sind Ansprechpartner für technische Problemlösungen.

Manuel Sputh berichtete mit Stefan Zitzmann über den Einbau eines Farbsortierers in der Mühle Ingersleben (mehr dazu in einer der nächsten Ausgaben von M+M). Jochen Zitzmann ergänzte den Vortrag und zeigte, wie er seine Probleme mit dem Walzenantrieb gelöst hat. Hin und wieder sind die Spannhülsen an den schwächsten Stellen gebrochen. Er überlegte sich eine Lösung und bat die polnische Firma Balaguer um Unterstützung. Die schickte einen Techniker, der sich vor Ort mit der Lage vertraut machte. Als Lösung bot er an, die Antriebe durch konische Achsschenkel mit Gewinde zu ersetzen. Zwei Walzen wurden als Prototyp gefertigt und eingebaut. Das Ergebnis hat überzeugt und der Müller lobte den Kundenservice, der ihm den Kauf neuer Walzen erspart hat.

Ike Masselink und Andreas Kurk von System ERP begleiten in die digitale Zukunft.
Das Team der Austus GmbH hatte einen Farbausleser aufgebaut.

Kompakte smarte Mühle

Franz Schmid berichtet vom Bau einer Halle für eine Mühlenanlage in Rumänien (M+M 5-6, S. 14-17) und stellt anschließend eine neue kompakte und smarte vierphasige Mühle vor, die sein Unternehmen speziell für kleinere Anwendungen entwickelt hat. Es können vier Passagen vermahlen werden, beispielsweise Spezialmehle und glutenfreie Mehle. Die Anordnung ist übereinander, deshalb hat die Mühle einen relativ kleinen Platzbedarf. Das Gerät kann verschraubt werden und passt in einen 40-Fuß-Seecontainer. Die meisten Getreidesorten können mit der kompakten Mühle verarbeitet werden, von Buchweizen bis zu Hirse, Mais oder Reis. Probleme bei der Verschiebung der Materialien sieht Franz Schmid nicht, lediglich Drehzahl und Siebbespannungen sind zu ändern. Die Geräteteile sind so ausgelegt, dass man überall reinkommt und alles problemlos reinigen kann.

Ulrich Hochmuth freut sich, dass sein Sohn André das wichtige Handwerk der Spezialbürsten so meisterhaft beherrscht.

Dr. Jürgen Stausberg von Satlog mit Dr. Josef Rampl, Ulrich Hochmuth und Rainer Miserre.

Zahlreiche Müller und Techniker waren in Osterfeld dabei und verfolgten die Vorträge und besuchten die Ausstellung.

Liste der Aussteller: Bühler, Müfagro, Spezialbürsten Hochmuth, FrigorTec, Minderleinsmühle, Satlog, Ingenieurbüro Barthel, KMH Kammann, Sallhofer, FDWaagenbau, Rückert, Singold, VAS Software, Högemann, Rüter, Ruwac, Köster, Strobel&Co.,Austus, Kastenmüller, Heitling Fahrzeugbau, Farwick, Hentschke + Sawatzki,Balaguer, Fawema, Schütze Verpackungen, R-Biopharm, Service ERP.

Sekt und Kuchen

Die mitgereisten Müllerinnen, Mitarbeiterinnen und Begleiterinnen nahmen am ersten Tag nachmittags am Damenprogramm teil und besuchten u.a. die Sektkellerei Rotkäppchen. Dort im schön gestalteten Museum und anschließend beim Sektempfang boten sich viele Möglichkeiten zum Kennenlernen und zum Austausch.

Die Ausfahrt am ersten Tag unter anderem zur Sektkellerei hat allen viel Spaß gemacht.
Das Museum der Sektkellerei ist informativ gestaltet und lädt zum Mitmachen und Erkunden ein.

Die Sektkellerei beherbergt das größte Wein-Holzfass Deutschlands.

Die Rotkäppchenflasche hat jetzt auch einen Aufkleber der Müllerei-Fachtagung Osterfeld 2024 mit dem schönsten Rotkäppchen-Moment der Damengruppe.
28. Mitteldeutsche Müllerei-Fachtagung in Osterfeld
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Trotz Luxus-Leben in Dubai: Sehnsucht nach der deutschen Backtradition

Mehl
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Lebensmittel
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Der Deutschrapper Bushido und seine Frau Anna-Maria Ferchichi vermissen die deutsche Backtradition im Ausland.
2024
2/22/2024
Trotz Luxus-Leben in Dubai: Sehnsucht nach der deutschen Backtradition

Bushido ist vor anderthalb Jahren mit seiner Familie von Berlin nach Dubai ausgewandert. Trotz Wohlstand und der luxuriösen Umgebung gibt es Dinge, die er in seinem neuen Leben vermisst. So erwähnen er und seine Frau Anna-Maria Ferchichi gegenüber der Deutschen-Presse-Agentur: "Wir vermissen die deutsche Backtradition, die fehlt einem hier schon: Brötchen, Brot, Schwarzbrot."

Trotz der Heimatgefühle wird der Rapper erst einmal in Dubai bleiben: "Das vermisse ich schon alles. Aber nichtsdestotrotz ist es dann ein Preis, den ich gerne für das Leben zahle, das wir hier seit anderthalb Jahren führen dürfen.", so Bushido.

Trotz Luxus-Leben in Dubai: Sehnsucht nach der deutschen Backtradition
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Maßnahmen gegen Kreuzkontamination mit Soja-Allergenen

Getreideverarbeitung
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Qualitätssicherung-kontrolle
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Getreideforschung
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Kennzeichnung
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Lebensmittelüberwachung
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Die Sojabohne erobert deutsche Felder und das Risiko für Kreuzkontamination steigt. Was Müller beachten sollten.
2024
2/15/2024
Maßnahmen gegen Kreuzkontaminationen mit Soja-Allergenen

Am Rhein, direkt hinter der Weisenauer Brücke in Mainz, können künftig jährlich bis zu 200 000 t gentechnikfreies Soja verarbeitet werden. Dafür hat Archer Daniels Midland (ADM) seine Ölmühle am Dammweg in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt umgestellt. Im zeitlichen Wechsel soll die Anlage importiertes Soja verarbeiten und gentechnikfreie Sojabohnen aus europäischem Anbau. Kommt derzeit der Rohstoff vor allem aus Frankreich und der Donauregion, möchte ADM mit der Erweiterung, die mehrere Mio. Euro kostete, zusätzliche Anreize für Landwirte schaffen, Soja anzupflanzen und in die Fruchtfolge einzugliedern.

Sojabohnen auf dem Feld
Die Sojabohne wird dank Züchtungen in MItteleuropa heimischer.

Seit rund zehn Jahren wird in Mitteleuropa immer mehr Soja angebaut. Züchtungen machten diese Entwicklung möglich. Martin Miersch, Vorsitzender beim Deutschen Sojaförderring, betont, dass sich im Zeitraum von 2018 bis 2023 die Zahl der in Deutschland zugelassenen Sojasorten (Rubrik „landeskultureller Wert“) von fünf auf 33 erhöht hat. Der Sojaförderer hält es pflanzenbaulich für realistisch, auf ca. 64% der Ackerfläche in Deutschland die Bohnen anzupflanzen. Lege man bei dieser Fläche von rund 8 000 000 ha einen mittleren Soja-Fruchtfolgeanteil von 10% und einen Ertrag von 3 t/ha zugrunde, könnten deutsche Landwirte jährlich etwa 2,4 Mio. t gentechnikfreies heimisches Soja ernten, so Martin Miersch.

Soja spielt in unseren Breitengraden vor allem beim Tierfutter eine Rolle. Da wissenschaftliche Studien zur Sojaernährung erst seit den 1880er-Jahren vorliegen, ist ihr historischer Stellenwert bei der Ernährung von Menschen schwer zu beurteilen. Phytoöstrogene, Lektine und Isoflavone sind nur einige der Toxine, die in Soja stecken. Die FDA, die amerikanische Food and Drug Administration, bezeichnet die Pflanze daher als giftig. In Deutschland warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), dass Sojaprodukte, verglichen mit anderen pflanzlichen Lebensmitteln, mehr an Metallen wie Kadmium, Nickel und Aluminium enthalten könnten. Bei Jugendlichen und Erwachsenen gehören Sojaeiweiße zu den häufigsten Auslösern einer Nahrungsmittelallergie mit Reaktionen an der (Schleim-) Haut wie Nesselsucht sowie Juckreiz. Bei schwereren Verläufen sind Durchfälle, Husten oder Atemnot möglich.

Rund 640 000 Menschen könnten laut Schätzung des BfR in Deutschland eine Sojaallergie mit Symptomen haben. Der Allergologe Dr. Jörg Kleine-Tebbe ging 2008 im Expertengespräch der BMELV-Konferenz davon aus, dass 70% der Birkenpollenallergiker auch serologische Reaktionen auf Sojaproteine zeigen. So kommt er für Deutschland sogar auf eine Zahl von ca. drei bis vier Mio. Betroffenen, von denen etwa 10% eine klinische Symptomatik zeigen könnten. Die Dunkelziffer sei allerdings hoch. Die Zahlen, so ungenau sie auch sind, zeigen das allergieauslösende Potenzial der Sojabohne.

Deutschland ist beim Soja auf Importe aus dem Ausland angewiesen. 2022 wurden rund 3,5 Mio. t laut Statista importiert. Der Großteil der gehandelten Menge kommt aus den USA, Brasilien oder Argentinien. Weltweit werden nur 20 Mio. t der Sojaernte direkt zu Lebensmitteln wie Tofu oder Fleischersatz verarbeitet. Von den restlichen rund 300 Mio. t der Sojaernte gehen 80% als Sojaextraktionsschrot ins Tierfutter und 20% als Sojaöl in technische Öle, Biokraftstoffe und Nahrungsmittel. Nicht nur weil Umweltschützer Anbauern in Südamerika vorwerfen, riesige Wald- und Savannenflächen zu zerstören und Wasser zu verseuchen, hat der europäische Dachverband der Mischfutterhersteller FEFAC eigene Leitlinien für eine nachhaltige Beschaffung des Rohstoffs eingeführt.

Soja in der Futtermittelproduktion

Die Sojabohne ist aufgrund ihres hohen Proteingehalts in der Futtermittelindustrie beliebt. Sie hat zudem ein günstiges Aminosäureprofil, das dem Bedarf vieler Nutztiere entspricht. Meist in Form von Extraktionsschrot, einem Nebenprodukt der Sojaölproduktion, ist die Ölsaat als Futtermittelzusatz vor allem in der Geflügel- und Schweineproduktion beliebt. Soja ist auf dem Weltmarkt gut verfügbar und bietet ein relativ stabiles Preis-Leistungs-Verhältnis. Dennoch gibt es in Deutschland Bestrebungen, sich durch die Förderung des heimischen Anbaus vom Sojaanbau in Übersee unabhängiger zu machen.

In Deutschland wurden laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Jahr 2023 auf 45 000 ha Sojabohnen angebaut. Seit 2016 hat sich die Anbaufläche fast verdreifacht. Ebenso wie die Ernte, die 2023 in Deutschland auf insgesamt 122 000 t anstieg. Aufgrund des Wärmebedarfs der Bohne wächst die Ölsaat vor allem in der Donauregion, aber auch in den Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern. Dort ist die Körnerleguminose bereits die mit der größten Anbaufläche. Das bedeutet mehr Soja beim Transport, der Lagerung und im Handel. Da die Ölsaat ein Allergen ist, sind Maßnahmen wichtig, damit Sojarückstände nicht in andere Produktchargen gelangen.

Sojapflanzen mögen es warm, der Großteil der Welternte kommt vom amerikanischen Kontinent.

Kontamination mit Soja

Laut Martin Miersch sind die Akteure sensibilisiert, wenn es um Transport und Lagerung geht. Wichtig sei es aber auch, die Erntetechnik im Blick zu behalten. Da Soja im September oder Oktober spät gedroschen wird, werden die meisten Erntegeräte danach eingewintert. Sehr konservativ berechnet Martin Miersch, dass in jedem Mähdrescher nach dem Leerlaufen bis zu 20 kg Rest-Soja verbleiben, die in das nachfolgend gedroschene Getreide gelangen können.

„Es können schnell Größenordnungen von 20 ppm Soja in Getreide erreicht werden, die in den kennzeichnungspflichtigen Bereich gehen“, so der Sojaexperte.

Dieses Risiko einer Allergenverschleppung könne mit einer Spülcharge – etwa durch separates Abtanken nach dem Drusch des Getreide-Vorgewendes – stark reduziert werden.

Mähdrescher drischt Sojapflanzen
Viel Mähdrescher sind im Einsatz zur Sojaernte, danach müssen die Maschinen gereinigt werden, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden.

Dr. Sandra Nitschkowski ist eine der Expertinnen bei Romer Labs Deutschland. Am Standort im hessischen Butzbach betreut sie den Vertrieb und die Außendienstmitarbeiter.

„Mich rufen Kunden an, bei denen im fertigen Mehl plötzlich Soja nachgewiesen wurde und die dann prüfen wollen, wo und wie die Verunreinigung in ihr Getreide gekommen ist“, erzählt die Dipl. Biologin.

Für Mühlen hat sie Testkits, Referenzmaterialien und analytische Dienstleistungen im Angebot. Das Portfolio an Soja-Testkits umfasst quantitative ELISA-Tests und qualitative Lateral Flow Devices (LFDs), die speziell für den Nachweis von Sojaproteinen in Umweltproben sowie flüssigen und festen Lebensmitteln entwickelt wurden.

Kennzeichnung von Soja

Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit verlangt die aktuelle Gesetzgebung (EU-Verordnung Nr. 1169/2011) von der Lebensmittelindustrie Allergene, die Essbarem zugegeben wurden, zu kennzeichnen. Das gilt beispielweise für glutenhaltiges Getreide, Eier, Fisch, Erdnüsse, Senf und Soja sowohl für vorverpackte als auch für nicht vorverpackte Lebensmittel einschließlich solcher, die von Catering-Unternehmen geliefert werden oder für den Direktverkauf bestimmt sind. Gemäß der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) müssen in Deutschland diese Zutaten aufgrund ihres Allergiepotenzials klar und deutlich auf der Verpackung gekennzeichnet sein.

Die falsche oder fehlende Deklaration von Lebensmittelallergenen macht einen Großteil der Warnungen und Lebensmittelrückrufe weltweit aus. Der Bayerische Müllerbund schreibt dazu in seinem Markblatt vom Dezember 2022, dass in Mühlenbetrieben für gewöhnlich zwar neben glutenhaltigem Getreide keine weiteren allergenen Stoffe verarbeitet werden, sodass bewusste oder unbewusste Zugaben in der Regel ausgeschlossen werden können. Trotz größtmöglicher Sorgfalt in den Mühlen sei aber nicht auszuschließen, dass vereinzelt Spuren botanischer Verunreinigung auftreten, beispielsweise als Folge komplexer Warenströme, Ernte oder Lagerung.

Geringe Allergenmengen

Als Kreuzkontamination wird der Eintrag von geringen Mengen bekannter Allergene in Lebensmittel bezeichnet. Solche Verunreinigungen können bei Soja ohne Kenntnis des Herstellers in das Produkt gelangen:

• bei Erzeugung, Transport, Umschlag oder Lagerung

• bei ungenügender Reinigung der Geräte und Produktionsanlagen

• durch Stäube aus benachbarten Produktlinien.

Kreuzkontaminationen fallen nicht unter die Verordnung zur Kennzeichnung von Lebensmitteln (LMKV), da es sich nicht um Zutaten handelt. Der Produzent ist für die Sicherheit seiner Produkte verantwortlich und haftet im Schadensfall. Deshalb verwenden Hersteller oft freiwillige Produktkennzeichnungen mit Formulierungen wie „kann … enthalten“ oder „kann vorhanden sein…“. Die erhöhte Sicherheit durch den Warnhinweis schränkt jedoch die Auswahl für Allergiker ein. Darüber hinaus kann aus einem weiteren Grund ein präventiver Hinweis problematisch sein. Zwar zeigt die Warnung die Sensibilität des Unternehmens für das Problem, auf der anderen Seite könnte ein übermäßiger Gebrauch von Warnungen darauf hindeuten, dass das Management aus Unsicherheit rechtliche Konsequenzen jeglicher Art vermeiden möchte, weil ihm ein detaillierter Überblick über Produktionszyklen und eine Risikoanalyse fehlt.

Um das Risiko durch Kreuzkontamination mit Allergenen einzuschränken oder auszuschließen, ist es unerlässlich, die Herstellungspraxis einzuhalten und ein effektives und effizientes HACCP-System (Hazard Analysis and Critical Control Point) einzuführen.

  • Schulungen und Aufklärung der Mitarbeiter über Risiken
  • neue Produkte hinsichtlich Allergene verantwortungsbewusst entwickeln und bestehende entsprechend verbessern
  • Lieferanten sowie eingehende Rohstoffe sorgfältig auswählen und kontrollieren,
  • auf getrennte Verladeeinrichtungen achten,
  • Lager, Anlagen, Transportgerät (Rückwärtskipper statt Schubböden) und Maschinen auf den neuesten Stand bringen, gründlich reinigen
  • regelmäßige Qualitätskontrollen
  • Verpackungs- und Etikettierungsphase des fertigen Produkts überwachen.

Dr. Josef Rampl vom Bayerischen Müllerbund hält Kreuzkontaminationen in Mühlenbetrieben für eine Herausforderung, sie seien aber beherrschbar, wenn entsprechende Maßnahmen getroffen werden.

Er rät zu Vorsicht bei Zusagen: „Mühlenbetreiber treffen zwar hinsichtlich Verunreinigungen und technisch unvermeidbarer Kreuzkontaminationen umfangreiche Minimierungsstrategien mittels Reinigungskonzepten nach dem As Low As Reasonably Achievable (ALARA)-Prinzip. Ein vollständiger Ausschluss von Kreuzkontaminationen mit Allergenen sollte Kunden dennoch nicht vollumfänglich zugesichert werden. Eine Zusicherung eines fixen Grenzwertes ist rechtlich ebenfalls nicht geboten.“

Verfahren zur Risikobewertung

Das BfR bietet Unterstützung bei der Entscheidung, ab wann gewarnt werden sollte. Das Expertengremium „VITAL Scientific Expert Panel“ (VSEP) stellt mit dem VITAL-Programm (Voluntary Incidental Trace Allergen Labelling) des Allergen Bureaus ein standardisiertes Verfahren zur Risikobewertung von Allergenen bereit. Wesentliche Voraussetzung für die Festsetzung von Schwellenwerten sind die Referenzdosen. Diese wurden vom (VSEP) anhand klinischer Studien und mathematischer Berechnungen festgelegt. Ab diesen Allergenmengen könnte bei Betroffenen mit Reaktionen zu rechnen sein. Die Durchführung der VITAL-Risikobewertung hilft Unternehmen, den Allergenstatus aller Zutaten und die Verarbeitungsbedingungen, die zum Allergenstatus des Endprodukts beitragen, zu überprüfen und zu entscheiden, ob die Produkte mit Warnhinweisen zur Allergenkennzeichnung versehen werden müssen. VITAL 3.0 ist die überarbeitete Version, die seit 2019 angibt, ab welcher Referenzdosis Allergene ausgewiesen werden sollten. Für Soja hat sich die VSEP für ED01 (die auslösende Dosis des gesamten Allergenproteins, die voraussichtlich bei 1% der Allergikerbevölkerung objektive Symptome hervorrufen wird) auf den Wert von 0,5 mg Protein geeinigt.

Dazu das BfR: „Ausgehend von dieser wissenschaftlichen Basis der Referenzdosen könnten, soweit möglich, seitens des Risikomanagements spezifische Schwellenwerte für die Lebensmittelkennzeichnung abgeleitet werden – abhängig davon, in welcher Größenordnung das verbleibende Risiko für betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher als so gering eingeschätzt werden könnte, dass es zu akzeptieren wäre“.

Weitere Informationen zu VITAL sowie der VITAL 3.0 Guide und der VITAL Online Calculator.

Eine Eingangskontrolle beispielsweise mit einem AgraStrip Pro Allergen-Testkit von Romer Labs, sei so Dr. Sandra Nitschkowski für Mühlenbetriebe sinnvoll: „Mit dem Testkit hat der Müller in elf Minuten vor Ort ohne Labor einen zuverlässigen qualitativen Nachweis von Sojaspuren. Bereits bei 2 ppm schlägt der Test an.“ Die Testkits können komplett mit Streifen, antikörperbeschichteten Inkubationsgefäßen, Extraktionsröhrchen, einem Extraktionspuffer und weiterem Zubehör bestellt werden. Bei der Annahme empfiehlt es sich, die Probe vom Lkw am Rande der Ladefläche zu entnehmen. Hier ist der Kontakt vom Getreide zur Transportbehälteroberfläche am größten. Schlägt der Test nicht an, kann man davon ausgehen, dass die Ladung in Ordnung ist. Würde eine Probe Sojaspuren enthalten, spricht dies für eine Kreuzkontamination während der Ernte, der Lagerung oder des Transports. Der Getreideverarbeiter kann mit den Tests gut nachvollziehen, wie und wo die Kreuzkontamination erfolgte.

Testkid zum Allergennachweis
AgraStrip® Pro Soy ist ein Lateral Flow Test (LFD) für den Nachweis vor Ort von Sojarückständen in Rohmaterialien, Lebensmittelfertigprodukten und Getränken, Spülwasser und Umgebungsproben.

Über die Maßnahmen, die der Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS e.V. empfiehlt, sprach Mühle + Mischfutter mit Sandra Blackert vom Ausschuss Qualität & Sicherheit und Ernährung.

Sandra Blackert vom Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS e.V.

M+M: Wurden bisher im Rahmen des Monitorings bei Getreideproben Spuren von Soja nachgewiesen und steigt die Anzahl der Nachweise?

Sandra Blackert: Die Daten aus dem Europäischen Getreidemonitoring zeigen, dass das Vorkommen des Soja-Allergens in kommerziellen Weizenmehlen eine beachtliche Rolle spielt. Die Nachweishäufigkeit im Weizenmehl lag in den letzten Jahren auf einem konstant hohen Niveau. Im Getreidewirtschaftsjahr 2020/2021 war Soja in 19% der bundesweit untersuchten Weizenmehl-Proben nachweisbar, 2021/2022 in 15% der Proben und im letzten Getreidewirtschaftsjahr in 18% der untersuchten Proben.

M+M: In welchen Regionen werden Kreuzkontaminationen bei Proben nachgewiesen und rechnen Sie mit einer Zunahme durch die Ausweitung der Anbauflächen für Soja?

Sandra Blackert: Das Vorkommen von Soja ist in den südlichen Regionen Deutschlands sowie in Österreich deutlich höher als in anderen Regionen. Wir rechnen mit einer weiteren Ausweitung der Anbauflächen für Soja und in diesem Zuge auch mit einer Zunahme der Kreuzkontaminationen.

M+M: Was empfehlen Sie Mühlenbetrieben bezüglich der Kennzeichnung?

Sandra Blackert: Grundsätzlich ist die Entscheidung über die Anbringung eines „Spurenhinweises“ in Form der „kann enthalten“-Kennzeichnung eine Entscheidung auf Basis einer individuellen Risikobewertung. Der VGMS empfiehlt seinen Mitgliedsunternehmen dann eine Spurenkennzeichnung für Getreidemahlerzeugnisse, wenn die Gesamtumstände zeigen, dass selbst unter sorgfältiger Durchführung vorgesehener Maßnahmen Spuren-Nachweise von Allergenen auffällig oft nicht zu vermeiden sind. Bei der Bewertung, ob ein Eintrag auffällig häufig stattfindet, sind insbesondere die folgenden Faktoren zu berücksichtigen: Anzahl der (Eigen-)Analysen, weitere Maßnahmen im Allergenmanagement auf der eigenen Stufe sowie die Information von Vorlieferanten, regionale und saisonale Auswirkungen und die Ergebnisse des von der Branche betriebenen Europäischen Getreidemonitorings. In vielen Fällen lässt sich unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ein Ausreißer kaum mehr begründen, insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zum Produkthaftungsrecht.

Gesetze und Verordnungen für Soja in Lebens- und Futtermitteln

EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) - Verordnung (EU) Nr. 1169/2011

Die Verordnung regelt die Kennzeichnung von Lebensmitteln innerhalb der Europäischen Union. Allergene wie Soja müssen nach ihr in der Zutatenliste von verpackten Esswaren deutlich hervorgehoben werden. Das kann durch u. a. Fettdruck oder Unterstreichung erfolgen.

Verordnung über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel (EG) Nr. 1829/2003

Hierin geht es speziell um die Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen (GMOs) in Lebens- und Futtermitteln. Produkte, die GMOs enthalten, müssen deutlich mit dem Hinweis „genetisch verändert" oder „aus genetisch verändertem …" gekennzeichnet werden. Enthält ein Produkt mehr als 0,9% genetisch veränderte Sojabohnen, muss dies auf der Verpackung angegeben werden.

Deutsches Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)

Es ist die rechtliche Grundlage für die Regulierung von Lebens- und Futtermitteln in Deutschland. Es ergänzt die EU-Vorschriften und stellt sicher, dass alle auf dem deutschen Markt verfügbaren Lebensmittel korrekt gekennzeichnet sind. Dies umfasst ausdrücklich die Kennzeichnung von Allergenen wie Soja.

Novel Food Verordnung (EU) 2015/2283

Sie betrifft neuartige Lebensmittel, die es vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der EU gab. Produkte mit neuartigem oder verändertem Soja müssen, wenn sie unter diese Kategorie fallen, entsprechend gekennzeichnet werden.

Futtermittelverordnung (EG) Nr. 767/2009

Sie regelt die Kennzeichnung und Vermarktung von Futtermitteln in der EU und schreibt vor, dass alle Bestandteile des Futtermittels, einschließlich Soja, in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils aufgeführt werden müssen.

Maßnahmen gegen Kreuzkontaminationen mit Soja-Allergenen
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World Flour Day 2024 – „Giving Day“

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Am World Flour Day steht die weltweite Müller-Community zusammen, um das Mehl zu feiern.
2024
2/1/2024
World Flour Day 2024 – „Giving Day“

Mehl, als eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel, trägt seit Jahr-tausenden zur Ernährung und Entwicklung der Menschheit bei. Der World Flour Day ist ein Anlass, um die Bedeutung des Mehls und die Arbeit der Mühlenindustrie zu würdigen – ein Tag der Anerkennung, Dankbarkeit und Hoffnung. In diesem Jahr verbindet das MehlWelten Museum die Würdigung dieses „weißen Goldes“ mit einem Aufruf zu sozialem Engagement.

Unter dem Motto „Engagierte Müller stellen sich gesellschaftlichen Herausforderungen“ sind Mühlenbetriebe weltweit dazu aufgerufen, sich aktiv einzubringen. Sie werden ermutigt, Mehlspenden an soziale Einrichtungen wie Kindernot-Stiftungen oder Waisenhäuser zu tätigen. Diese Aktion bietet nicht nur eine Möglichkeit, konkret zu helfen, sondern dient auch dazu, die wertvollen Leistungen der Müller für die Gesellschaft sichtbar zu machen. Jeder Beitrag zählt, egal ob klein oder groß – das MehlWelten Museum selbst spendet exemplarisch 500 kg Mehl.

Müller zeigen Herz – Mitmachen und teilen

Müller und Mühlenbetriebe aus aller Welt werden daher eingeladen, sich dieser Initiative anzuschließen und einen Beitrag zu leisten, in-dem sie Naturalien an Waisenhäuser und Jugendstiftungen spenden. Ziel ist es, durch diese gemeinsamen Anstrengungen die Welt ein Stück besser zu machen.

Peter Steiner ist Global Head of Business Unit der MC Mühlenchemie (Foto: MC Mühlenchemie)

Peter Steiner, Global Head of Business Unit der MC Mühlenchemie, auf deren Initiative das Museum gegründet wurde, betont die tiefere Bedeutung des diesjährigen Mottos des World Flour Day:

„Mehl ist mehr als nur ein Nahrungsmittel; es symbolisiert Leben. Mit unserer globalen gemeinnützigen Initiative wollen wir das Bewusstsein für die herausragende Rolle der Mühlenindustrie für die Ernährung stärken. Mehl ist ein Grundnahrungsmittel und ein fester Bestandteil in allen Küchen rund um den Globus. Es trägt täglich zum Wohlergehen von Milliarden Menschen bei. Wenn wir Mehl spenden, spenden wir Leben."

Das MehlWelten Museum wird die zahlreichen Initiativen rund um den World Flour Day 2024 bündeln und präsentieren. Der World Flour Day am 20. März 2024 dient als Kickoff-Event für diese Aktio-nen. Anlässlich dieses Tages werden auf der Website www.worldflourday.com kontinuierlich Fotos, Videos und Geschichten veröffentlicht, die das Engagement der globalen Müller-Community für Kinder in Not zeigen. Gleichzeitig werden die Aktionen des Gedenktages unter den Hashtags #worldflourday in den sozialen Medien verbreitet.

Das MehlWelten Museum mit sienen Ausstellungen zu Mehlsäcken und der Geschichte des Mehls ist einen Besuch wert (Foto: Sabine Kemper).

Diese Website hat nicht nur die Aufgabe, die globale Bedeutung von Mehl zu betonen, sondern auch ein vielfältiges Bild von Mehl und seiner Zukunft zu zeichnen. Gleichzeitig soll auf die dringende Notwendigkeit aufmerksam gemacht werden, Kindern weltweit zu helfen. Der 20. März wurde für den World Flour Day gewählt, da das Datum in der Mitte der Sonnenwende liegt. Auf der Nordhalbkugel beginnt der Frühling und die Zeit der Aussaat, auf der Südhalbkugel der Herbst und die Erntezeit. Seit der Initiierung des World Flour Days vor drei Jahren ist dieser Tag als Gedenktag nicht mehr aus den Kalendern der Müllerinnen und Müller rund um die Welt wegzuden-ken.

Das MehlWelten Museum in Wittenburg beherbergt die weltweit größte Sammlung von Mehlsäcken mit über 3 900 Säcken aus 150 Ländern. Mehl.Macht.Leben ist das Leitmotiv, unter dem die Säcke die Tradition, die Geschichte und die Mythen des Mehls erzählen und veranschaulichen. Das Museum und der World Flour Day sind dem Mehl und den Müllern dieser Welt gewidmet, die täglich Menschen mit Mehl versorgen.

World Flour Day 2024 – „Giving Day“
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Bayern

Zusätzliche Einnahmen dank CO2-Zertifikaten

Anlagenbau
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Mühlentechnik
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Das Cleantech-Startup Circular Carbon setzt auf Pflanzenkohle und Karbonisierungsanlagen.
2024
1/30/2024
Zusätzliche Einnahmen dank CO2-Zertifikaten

In Hamburg hat Circular Carbon bereits die größte Verkohlungsanlage in Deutschland igebaut. Zusammen mit einem dort ansässigen Kakaoproduzenten entstand Dampferzeugung mittels Biomasse aus Kakaoschalen (siehe: www.mühle-mischfutter.de). Eiweiße und Lignocellulose in den Schalen werden im Pyrolyse-Reaktor unter Abschluss von Sauerstoff und bei ca. 600°C aufgebrochen – und in Gas einerseits und Pflanzenkohle andererseits verwandelt. „Pflanzenkohle ist ein Schlüsselelement für einen nachhaltigen Lebenswandel“, sagt Felix Ertl, CEO von Circular Carbon. Mühle + Mischfutter sprach mit dem Unternehmer, ob der Stoff für die Getreideverarbeitung Chancen bietet und helfen kann, klimaneutral zu werden.

Felix Ertl, CEO von Circular Carbon.

M+M: Was benötigen Mühlenbetriebe, wenn sie Pflanzenkohle gewinnen möchten?

Felix Ertl: Eine Karbonisierung findet unter Abschluss von Sauerstoff bei 400-700°C statt. Dadurch entsteht statt Asche Pflanzenkohle und ein Pyrolysegas, was dann in einer Brennkammer sauber verbrannt wird, wodurch Energie zur Dampferzeugung, für Heißwasser oder zur Stromerzeugung frei wird. Es handelt sich also um eine Teilverbrennung der Biomasse, welche wirtschaftlich und technisch Vorteile bringt. Technisch ermöglichen unsere Pyrolyseöfen den Einsatz von Reststoffen, die auch einen sehr niedrigen Ascheerweichungspunkt haben und in der Verbrennung zu Schlacke werden.

Wirtschaftlich bieten sich Vorteile, da die Pflanzenkohle ein wertvolles Produkt für die Landwirtschaft ist und damit zusätzlich CO2-Zertifikate generiert werden können, aufgrund des eingelagerten Kohlenstoffes in der Pflanzenkohle. So bindet eine Tonne Pflanzenkohle nach Abzug aller Emissionen ca. 2 t CO2. Dadurch ist die Produktion von Pflanzenkohle eine Carbon Capture and Storage Technologie. Letztendlich hat man statt Kosten für die Aschenentsorgung zwei zusätzliche Einnahmeströme geschaffen.

M+M: Ab welcher Größenordnung ist der Einsatz sinnvoll? Kommt er für Mühlenbetriebe in der D-A-CH-Region in Frage?

Felix Ertl: Es gibt Hersteller kleinerer Pyrolyseanlagen, die man in Eigenregie betreiben kann, wir haben uns auf größere Anlagentechnik spezialisiert. Es bedarf einen Energiebedarf von mindestens ca. 2-3 MW, was einen Einsatz von ca.  500 kg/h Biomasse entspricht. Unsere Pyrolyseöfen bieten wir in drei Modulgrößen an: 2-3 MW, 10-12 MW und 20-24 MW thermische Energie/ Dampf. Reststoffe oder Biomasse aus Mühlenbetrieben sind für die Pyrolyseöfen besonders interessant. Unsere Anlagen arbeiten mit Kleie, Spelzen, Schalen und Stroh. Besonders interessant ist ein Pyrolyseofen für Mühlenbetriebe wie zum Beispiel Hafermühlen, bei denen Reststoffe wie Haferspelzen entstehen und gleichzeitig ein hoher kontinuierlicher Dampfbedarf vorhanden ist.

M+M: Ist der Einbau Ihrer Anbindungen zur Gewinnung von Pflanzenkohle auch nachträglich möglich? Gibt es gesetzliche Vorgaben oder Richtlinien, die die Zulassung für Mühlenbetriebe erschweren oder verhindern können?

Felix Ertl: Ja der Einbau ist nachträglich möglich. Es bedarf etwas mehr Platz als für die reine Verbrennung von Biomasse, da die Pflanzenkohle im Nachgang verpackt und verladen werden muss. Auf die Zulassung von Mühlenbetrieben hat die Energieversorgungsart keinen direkten Einfluss. Sowohl die Verbrennung von Biomasse als auch die Karbonisierung von Biomasse benötigen eine separate Genehmigung.  Um den Genehmigungsprozess kümmert sich Circular Carbon im Rahmen eines Energiecontractings oder unterstützt beim Antrag im Falle eines Verkaufs der Anlage.

M+M: Was kann ein Mühlenbetrieb mit Ihrer Lösung an CO2 einsparen und wie hoch sind die Investitionskosten?

Felix Ertl: Zum einen ist die Energieversorgung aus der Pyrolyseanlage CO2-neutral. Zum anderen bindet die Pflanzenkohle rund die Hälfte des in der Biomasse ursprünglich vorhandenen Kohlenstoffes dauerhaft. Das heißt, dass zur Reduktion durch den Ersatz von fossilen Brennstoffen noch einmal ca. genauso viel CO2 in Form von Pflanzenkohle gebunden wird. Die Investitionskosten sind abhängig von der Größe der Anlage und der Art der benötigten Energie. Man kann aber im Vergleich zur reinen Biomasseverbrennung sagen, dass die Investitionskosten höher sind, und zwar um die zusätzlichen Anlagenteile wie dem Pyrolysereaktor und falls benötigt der Trocknungsanlage für die Biomasse. Höhere Investitionskosten amortisieren sich über die Wertschöpfung der Pflanzenkohle und die damit verbundenen Zertifikate. Nebenbei lässt sich dies auch in einen monetären Vorteil umsetzen, so dass die benötigte Energie im Vergleich zur reinen Verbrennung der Biomasse viel günstiger zu erzeugen ist.

M+M: Beraten Sie auch Mühlenbetreiber? Und wie sähe eine Beratung aus?

Felix Ertl: Circular Carbon kümmert sich um die gesamte Planung eines solchen Projektes. Darüber hinaus bieten wir individuelle Energie-Contracting-Verträge an, mit denen Circular Carbon die Investition und den Betrieb der Anlage übernimmt. Während der Akquise beraten wir, ob und inwiefern ein solches Projekt für einem Mühlenbetrieb Sinn ergibt. Bis zur Ausarbeitung eines gemeinsamen Konzeptes ist unsere Beratung kostenfrei.

Karbonisierungsanlage in Hamburg von Circular Carbon.
Zusätzliche Einnahmen dank CO2-Zertifikaten
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Baden-Württemberg

Biomasse-Heizanlagen für kleinere Restmengen in Mühlen

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Es gibt kaum Firmen, die geeignete Heizanlagen für Reststoffe aus Mühlen vertreiben. A.P. Bioenergietechnik ist eine.
2024
1/30/2024
Biomasse-Heizanlagen für kleinere Restmengen in Mühlen

Andreas Seibl ist Produktionsleiter der Farina Mühle in Graz. Der begeisterte Müller ist innovativ, auch wenn es um die Energiegewinnung geht. Er hat deshalb schon früh eine Getreidestaubheizung der deutsche Firma A.P. Bioenergietechnik GmbH eingebaut.

„Wir sind als Hersteller der Ökotherm-Biomasse-Heizanlagen seit den 1980er-Jahren am Markt und vertreiben die Anlagen weltweit“, erklärt Philipp Schneider, technischer Projektleiter und verantwortlich für die Lösung der Farina Mühle. In Deutschland gibt es kaum Firmen, die geeignete Heizanlagen für Reststoffe aus Mühlenprozessen vertreiben. Mühle + Mischfutter sprach mit Philipp Schneider für welche Betriebsgrößen er Lösungen anbietet.

Für Philipp Schneider, technischer Projektleiter, ist es eine Herausforderung, Brennstoffe aus Mühlenresten technisch sauber thermisch zu verwerten

M+M: Brauchen Mühlenbetriebe eine bestimmte Größe und wieviel Reststoffe benötigt der Betrieb für den sinnvollen Einsatz?

Philipp Schneider: Grundsätzlich sind unsere Heizanlagen für alle Betriebe geeignet, in denen nach der Produktion Biomasse übrigbleibt, die keiner weiteren Verwendung zugeführt wird oder die evtl. sogar entsorgt werden müsste. Unsere Ökotherm-Heizanlagen umfassen ein Leistungs-Spektrum von 50 bis 950 kW Leistung, es muss jeweils individuell geprüft werden, welche Heizleistung für den Betrieb passend ist. Soll beispielsweise eine bestehende Heizung ersetzt werden oder wird zusätzliche Leistung benötigt?

Hier ein Rechenbeispiel zu den Mengen, am Beispiel einer 250-kW-Heizung, um es etwas anschaulicher zu machen:

Bei normalem Heizbetrieb gehen wir von ca. 1800 Volllast-Betriebsstunden der Heizung pro Jahr aus. Für 1 kg Biomasse aus Mühlenreststoffen nehme ich einen durchschnittlichen Heizwert von ca. 4,3 kWh/kg an. Angenommen, eine Heizung mit 250 kW Leistung soll ersetzt werden, dann benötigt man ganz grob 120 t Material pro Jahr: 250 kW Nennleistung bei einem Wirkungsgrad der Heizung von 90% entspricht einer Feuerungsleistung von 277 kW (Energie, die in die Heizung „reingeschoben“ wird). 277 kW/4,3 kWh/kg = 65 kg Brennstoff wird pro Stunde benötigt.  65 kg mal 1800 Stunden sind gerundet ca. 120 t.  Entsprechend sind es bei einer 500-kW-Heizung dann 230 bis 240 t pro Jahr usw.

M+M: Gibt es Richtlinien für die Zulassung solcher Anlagen?

Philipp Schneider: Grundsätzlich sind die Anlagen in Deutschland genehmigungsfähig nach 4. BImSchV (BundesImmissionsSchutzVerordnung). Es muss bei der entsprechenden Stelle (meistens das zuständige Landratsamt) ein Antrag für die Errichtung der Heizanlage eingereicht werden. Wir selbst reichen diese Anträge nicht ein, das machen unsere Kunden selber oder ein beauftragter Energieberater. Die Mitarbeiter der Landratsämter haben meist wenig Erfahrung mit dieser Art von Heizung, damit kann sich der Genehmigungsprozess erheblich in die Länge ziehen, obwohl man ja „nur“ eine Heizung installieren will.

M+M: Wie hoch sind die Investitionskosten?

Philipp Schneider: Eine Aussage zu den Investitionskosten ist schwierig, da es natürlich ganz stark von der installierten Heizanlage abhängt. Zusätzlich kommt es darauf an, welches Brennstoffzuführsystem genutzt wird, welche Filtertechnik zum Einsatz kommt, wie ist die Installation vor Ort ist (Verkabelung, Wasserverrohrung, Kaminbau). Vorteilhaft ist, dass die Reststoffe günstig sind bzw. kostenlos im Betrieb anfallen und zur Wärmegewinnung genutzt werden können. Und natürlich kann der Betrieb seinen CO2-Fußabdruck senken und alle damit zusammenhängenden Vorteile nutzen.

M+M: Es gibt Kritiker, die den hohen Aufwand bei der Wartung, Reinigung und Pflege bemängeln.

Philipp Schneider: Natürlich ist der Aufwand höher als bei einer Gas- oder Ölheizung, da in solchen Heizungen ein genormter Brennstoff eingesetzt wird und wenig bis keine Stoffe wie z.B. Mineralien (Asche) stören. Man muss berücksichtigen, dass eine Multifuel-Biomasseheizung eine im Betrieb integrierte eigenständige Maschine ist, die viele Stunden Laufzeit pro Jahr arbeitet und die Temperaturen von über 1000°C bei der Verbrennung erzeugt. Bei anderen Maschinen die hundert oder auch tausend Stunden im Jahr in Betrieb sind, ist es völlig selbstverständlich regelmäßig Wartungen und Reinigungen durchzuführen.

Ich erkläre es immer so: Im Durchschnitt haben Sie vielleicht 5-10 Minuten Arbeit mit der Heizung am Tag. Die meiste Zeit müssen Sie kurz prüfen, ob alles in Ordnung ist. An anderen Tagen machen Sie in 10-15 Minuten die kleinen Reinigungsarbeiten. Alle paar Wochen stehen Arbeiten an, die etwas länger dauern. Ein- oder zweimal im Jahr stehen je nach Laufzeit eine größere Reinigung und Wartung an, bevorzugt im Sommer, wenn die Anlagen nicht laufen. In der Summe sind die Zeiten nicht so dramatisch und können in den normalen Betriebsablauf integriert werden.

M+M: An wen können sich interessierte Mühlenbetreiber wenden? Und wie sähe eine Beratung aus?

Philipp Schneider: Grundsätzlich kann man sich direkt an uns wenden. Auch der örtliche Heizungsbauer oder Energieberater kann helfen. Bisher wurde hauptsächlich mit Öl, Gas oder Holzpellets/-hackschnitzeln geheizt und wenig mit Reststoffen. Es wird dann erst einmal festgestellt, welche Heizleistung benötigt wird, welche Brennstoffmengen zur Verfügung stehen und ob evtl. auch weitere biogene Brennstoffe in Frage kommen. Basierend darauf wird das Brennstoffzuführsystem und die passsende Filtertechnik ausgelegt und wenn gewünscht eine Aufstellskizze erstellt. Die geplante Einbindung in den Betrieb oder das bestehende Heizungsnetz erfolgt durch den Betreiber bzw. durch örtliche Handwerksbetriebe.

Weitere Informationen zur thermischen Reststoffverwertung gibt es bei:

DBFZ – Deutsches Biomasse Forschungszentrum,

FNR – Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe,

C.A.R.M.E.N. e.V.

Biomasse-Heizanlagen für kleinere Restmengen in Mühlen
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Energiekosten senken mit thermischer Verwertung von Reststoffen

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Die Trainingszentren der Bühler AG erzeugen rund 550 t/Jahr Biomasse und möchten die thermisch verwerten.
2024
1/30/2024
Energiekosten senken mit thermischer Verwertung von Reststoffen

Seit der offiziellen Eröffnung im November 2023 versorgt die neue Anlage die Büros von Bühler in Uzwil mit Wärme aus Biomasse. Das Energy Recovery Center (ERC) ist weltweit das einzige Anwendungszentrum dieser Art und Größe. Es dient als Testplattform für Kunden, die weniger Energiekosten durch die Verwertung von Reststoffen, eine bessere CO2-Bilanz und weniger Abfall wünschen.

Es ist das erste Mal, dass Vyncke die Technologie der mehrstufigen Pyrovergasungs-Turbix-Verbrennung für landwirtschaftliche Kraftstoffe eingesetzt.

Lkw bringt ein Ofenteil
Per LKW transportierte Vyncke die Kesselteile nach Uzwil.

Verschiedene Biomasse-Nebenströme, die in den Prozessen der Mühlenbetriebe und Lebensmittelhersteller anfallen, werden in Uzwil entweder einzeln oder in einem Gemisch verbrannt. Das ERC wird von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) wissenschaftlich unterstützt, um Forschungsergebnisse und die weitere Verwendung von Kesselasche zu bewerten, etwa als Dünger oder Baustoff. „Mit dem Energy Recovery Center und den Anwendungs- und Trainingszentren haben unsere Kunden die ideale Plattform und die Expertise, um sicherzustellen, dass ihre Investitionen in die Zukunft erprobt sind,“ sagt Johannes Wick, CEO Grains & Food bei Bühler.

Johannes Wick, CEO of Grains & Food bei Bühler, möchte Kunden neue Prozesse für eine nachhaltigere Produktion anbieten.

Mühle + Mischfutter sprach mit Ikram Chahlaoui, Management Trainee und Assistentin der Abteilung Grains & Food über Möglichkeiten und Marktchancen der Anlage.

Ikram Chahlaoui freut sich auf die ersten gemeinsamen Versuche mit Kunden dieses Jahr.

M+M: Haben Mühlenbetriebe bereits Versuche durchgeführt oder sich dafür angemeldet?

Ikram Chahlaoui: Bisher wurde das ERC für die Beheizung der Bühler Büros in Uzwil mit Biomasse (Nebenströme) aus unseren Anwendungs- und Trainingszentren eingesetzt, d.h. es wurden noch keine Kundenversuche durchgeführt. Es gibt jedoch eine Reihe von Kundinnen und Kunden, die an der Durchführung von Versuchen mit ihren Nebenströmen interessiert sind, und wir freuen uns sehr darauf, ab diesem Sommer gemeinsam mit ihnen das energetische Verwertungspotenzial ihrer spezifischen Biomasse zu untersuchen.

M+M: Wo sehen Sie einen Markt für die Lösungen von Vyncke in der D-A-CH-Region? Gibt es hier ausrechend große Mühlen?

Ikram Chahlaoui: Vyncke bietet erstklassige Kessel für alle Arten von Reststoffen an. Unser belgischer Partner entwirft und baut ökologische und saubere Energiesysteme, in denen Biomasse und Abfälle verbrannt wird, um thermische Prozessenergie von 1-100 Megawattstunden (MWh) und elektrische Energie von 0,5-15 Megawatt elektrisch (MWe) zu erzeugen. Wenn wir die Marktchance betrachten, bewerten wir die Effizienz eines Energiesystems, das zum Beispiel in den Mahlprozess integriert ist. Durch unsere Partnerschaft und unser Anwendungszentrum konzentrieren wir uns hauptsächlich auf biogene Nebenströme aus der Agrar- und Lebensmittelindustrie. Wir alle wissen, dass diese Branche mit steigenden Energiepreisen, Anforderungen an die Rentabilität und gesellschaftlichen und politischen Forderungen nach einer Reduzierung der Emissionen konfrontiert ist. Infolgedessen wächst sowohl die Nachfrage als auch der Druck auf unsere Kunden, Innovationen zu entwickeln und alternative Wege zu finden - weltweit und insbesondere in der EU und der D-A-CH-Region, wo Umweltvorschriften immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Drei Arbeiter schrauben an einem Kessel
Gemeinsam bauen Monteure von Bühler und Vyncke die Anlage in Uzwil ein.

Weg von fossilen Brennstoffen hin zu nachhaltigeren Produktionen

Vyncke ist seit 1912 auf Verbrennungstechnologien spezialisiert. Mit über 4000 Einsatzerfahrungen in verschiedenen Branchen ist Vyncke führend in seinem Fachgebiet. Vynckes Lösungsangebot umfasst Dampf- und Heißwasserkessel, Thermalölerhitzer, Heißgasgeneratoren, KWK-Anlagen und Multimedia-Energieanlagen.

Hauptsitz ist in Westflandern, mit Niederlassungen in Brasilien, Elfenbeinküste, Spanien, Deutschland, Tschechien, Thailand, Malaysia, Singapur und China. Heute wird das Familienunternehmen in der 4. Generation geführt. Mühle + Mischfutter sprach mit Stefan Maier, Leiter Vyncke Deutschland über die Chancen der thermischen Verwertung für Mühlenbetriebe.  

Portrait vom Leiter Vyncke Deutschland
Stefan Maier, Leiter Vyncke Deutschland, sieht in der Verwertung der Reststoffe viel Potenzial für Mühlenbetriebe.

M+M:  Ab welcher Größenordnung lohnt sich die thermische Verwertung von Reststoffen mit einer Anlage von Vyncke für Mühlenbetriebe? Wieviel Reststoffe benötigt der Betrieb?

Stefan Maier: Die Wirtschaftlichkeit von Energieanlagen für die Mühlenbetriebe beginnt bei einer thermischen Leistung von mehr als 3MW, was einem Brennstoffeinsatz von mindestens 1t/h entspricht.

M+M: Was kann ein Mühlenbetrieb in dieser Größenordnung an Energie einsparen und wie hoch sind die Investitionskosten?

Stefan Maier: Die Verfügbarkeiten unserer Anlagen liegen bei mehr als 8 000h/a. Dementsprechend können 24 000 MWh/a fossil erzeugte Prozessenergie bzw. –dampf eingespart werden. Üblicherweise wird in Mühlenbetrieben überwiegend elektrische und keine thermische Energie benötigt. Insofern macht eine Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK) Sinn, bei der sowohl elektrische als auch thermische Energie erzeugt wird. In diesem Fall werden zusätzlich ca. 600 kWel oder 4800 MWel/a Strom generiert. Eine ideale Konstellation liegt dann vor, wenn die anfallende Prozessenergie vollständig z.B. in Trocknungsanlagen oder nachbarschaftlichen Betriebe genutzt werden kann.

Die Investitionskosten müssen für jedes Konzept und jede Leistung separat ermittelt werden. Zu beachten ist, dass das Förderprogramm der BAFA - Energie- und Ressourceneffizienz (EEW) - angewendet werden kann, das bis zu 55% (für KMU) der Investitionssumme bezuschusst.  

M+M: Planen Sie die Entwicklung kleinerer Anlagen?

Stefan Maier: Der Bau von Energieanlagen unter 3MW wird bei Vyncke im Auge behalten. Zunächst ist es aber wichtig, von der Versuchsanlage in Uzwil die ersten Verbrennungsergebnisse zu erhalten. Danach lässt sich sicherlich mehr dazu sagen.

M+M:  Was, wenn die Energiepreise weiter sinken? Gibt es dennoch Argumente für Ihre Lösungen?

Stefan Maier: Auf jeden Fall gibt es schlagkräftige Argumente für eine Biomasse-Energieanlage: Auch bei kurzfristig „günstigen“ Preisen für fossile Brennstoffe gilt es doch als sicher, dass diese langfristig teurer als regenerative Energie sein werden. Der politisch vorgegebene stufenweise Preisanstieg für CO2-Zertifikate, die beim Einsatz von fossilen Brennstoffen erworben werden müssen, werden einen wirtschaftlichen Betrieb in der Zukunft nicht mehr möglich machen. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass die Verkaufspreise der Produktionsrückstände sinken werden, da diese hauptsächlich in der Tierfuttermittelindustrie eingesetzt werden, deren Bedarf sich aufgrund des rückläufigen Fleischverzehrs verringern wird.

Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Tatsache, dass man sich mit einer Biomasse-Energieanlage von den Marktpreisen der fossilen Brennstoffe unabhängig macht. Das heißt, dass man trotz weltweit unvorhersehbarer Ereignisse, die einen direkten Einfluss auf den Gas- und Ölpreis haben, mit stabilen Energiepreisen kalkulieren kann.

M+M: Wie hoch ist der Aufwand für Wartung, Reinigung und Pflege?

Stefan Maier: Die Energieanlage wird automatisch ohne ständige Beaufsichtigung betrieben. Der Wartungs- und Reinigungsaufwand ist überschaubar, er spielt bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung eine untergeordnete Rolle.

M+M: An wen können sich interessierte Mühlenbetreiber wenden? Und wie sähe eine Beratung aus?

Stefan Maier: Interessierte Mühlenbetreiber können sich entweder an mich oder die Bühler Group wenden. Wir beraten individuell, je nachdem, was erforderlich ist. In einem ersten Teams-Meeting geben wir erste Informationen, wie eine wirtschaftliche Energielösung aussehen könnte.

M+M: Sind Anbindungen wie die Gewinnung von Pflanzenkohle bei Vyncke in der Planung?

Stefan Maier: Die Gewinnung von Pflanzenkohle ist momentan bei Vyncke keine Option. Es wird gerade untersucht, inwieweit die Asche von biogenen Brennstoffen als Pflanzendünger verwendet werden kann. Die Asche aus der Kakaoschalenverbrennung kann hierfür schon in den Niederlanden genutzt werden.

Plastiktüten mit Getreideresten
Im Energy Recovery Center werden Nebenströme, wie Weizenkleie, Reishülsen und Kakaoschalen getestet.
Energiekosten senken mit thermischer Verwertung von Reststoffen
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Berliner oder Kreppel - Schmalzgebäck in der Fastnacht

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Tradition und Geschichte fettgebackener Backwaren in Kochbüchern und im Karneval
2024
1/30/2024
Berliner oder Kreppel - Schmalzgebäck in der Fastnacht

Die früher als Schmalzgebäcke bezeichneten Backwerke haben eine lange Tradition haben, lässt sich anhand alter Backanweisungen bestätigen. Wurden diese zunächst noch vielfach unter dem vergleichsweise neutralen Sammelbegriff „ein pachens“ zusammengefasst, so differenzierten sich die Backwerke zunehmend in ihrer Bezeichnung sowie in ihrer Formenfülle: Sie erschienen langgezogen, rautenförmig oder gebogen. Sie konnten eine kugelförmige Ballenform haben oder platt gepresst sein wie eine Flunder, mit glatten oder gezackten Rändern versehen, gefüllt oder ungefüllt.

Fastnachts-Geschichte(n) zum Anbeißen

Bei flüssigem Teig verwendete die Hausfrau ein Formeisen, festen Teig dagegen formte sie mit der Hand. Angesichts solcher Vielfalt lässt sich hier sicherlich die volkskundliche Regel anwenden, die besagt, dass eine Erscheinung umso älter ist, je vielgestaltiger und formenreicher sie ist.  

Strauben waren lange ein besonderes Festtagsgebäck. Den teuren Zucker konnte sich nicht jeder leisten.

Fastnachtszeit für Schmalzgebäcke

All diesen schwimmend in Fett ausgebackenen Backwerken gemeinsam ist, dass sie zum Großteil saisonal an die Fastnacht gebunden sind. Daraus ergibt sich die Grundsatzfrage, warum es nun gerade Siedegebäcke sind, die das kulinarische Bild der närrischen Tage prägen. Dass es diese enge Verbindung zwischen Fettgebackenem und der Fastnacht gibt, ist jedenfalls unzweifelhaft. Das belegt beispielsweise die volkstümliche Redewendung: „Ihm geht's nicht um die Fasnacht, ihm geht's um die Küchle“ oder abergläubische Vorstellungen wie „Wer an Fasnacht keine Küchle backt, kann das Jahr über nicht froh werden“. In ähnlicher Weise auf das leibliche Wohl bedacht ist der im schwäbisch-alemannischen Raum bekannte Kinderreim: „Luschtig isch de Fasenacht, wenn mei Mueder Küchli bacht“ und weiter: „Wenn sie aber koane bacht, noh pfeif i’ auf de Fasenacht.“  

Strauben beim „Striebelebacken“

Dass es zur Fastnacht vor allem Schmalzgebackenes gab, hatte durchaus auch praktische Gründe. Die Fastnacht als Vorabend der Fastenzeit stand für den nahenden radikalen Einschnitt in die alltäglichen Speisegewohnheiten. Der Konsum von Fleisch war in der sechswöchigen Fastenzeit untersagt, aber auch der Genuss von Nahrungsmitteln aus der Großvieh- und Geflügelhaltung, beispielsweise Schmalz, Fett, Milch, Butter, Käse und Eier. Da Fettes zu essen früher gleichbedeutend war mit gut und üppig zu essen, empfahl sich der Verzehr von fettreichen Speisen ebenso wie von Schmalzgebäcken, zumal die entsprechenden Vorräte ja auch aufgebraucht werden mussten.  

Tage der schmalen Kost

Volkstümliche Redensarten wissen, dass die Fastnacht früher neben Ostern und Weihnachten die Zeit des reichlichsten Essens war. „Wenn nur Fasnacht in meiner Küche ist“, heißt es da, oder „an der Fasnacht soll man so oft essen, wie der Hund mit dem Schwanz wedelt“. Daraus folgt, dass Redewendungen wie „Viel essen und trinken an Fasnacht soll man, um ‚Fülle‘ zu erhalten“ eben durchaus wörtlich zu nehmen sind. Davon einmal abgesehen, schrieb der volkstümliche Glaube in früheren Jahrhunderten dem Fett − aber Küchlefett musste es sein – offenbar auch eine besondere Fruchtbarkeitswirkung zu. Wachstumsfördernd sollte es sein, ja sogar Heil- und Abwehrkräfte sollte es haben und so schmierte man noch bis ins 19. Jahrhundert ab und an auch Fuhrwagen und das Joch der Zugtiere damit ein. Selbst Hühner und Marder erhielten ihr Fett weg − Hühner, damit sie legten, Marder und Füchse, damit sie eben nicht erlegten! Jedenfalls weiß ein Nachschlagewerk des 19. Jahrhunderts zu Bräuchen in Schwaben zu berichten, dass man Füchsen ein Fastnachtsküchle im Gebüsch versteckte, um sie von den Hühnern abzulenken.  

In welcher Form und Größe auch immer: Zur Fastnacht wird vor allem im schwäbisch-alemannischen Raum „g’chüechlet“.
Dazu passt, dass der im Süden Deutschlands und in Österreich vielzitierte „schmotzige“ Donnerstag, der früher den eigentlichen Auftakt zum häuslichen Chüechlebacken bildete, seinen Namen danach erhalten hat. „Schmotzig“ bedeutet nämlich nichts anderes als „fettig“ oder „schmalzig“.

Zwischen Völlerei und Darben

Vor allem in der häufig milchreichen, aber getreidearmen Bergbauernwirtschaft waren Milch, Butter und Schmalz in der Regel reichlich verfügbar, und so wundert es nicht, dass diese in Form von in Schmalz ausgebackenen, eierhaltigen Fastnachtsküchlein verwertet worden sind. Nach und nach entstand ein großes, landschaftlich verschiedenes Repertoire an Fastnachtsgebäcken, die gerne in öffentlichen Gelagen gegessen oder verschenkt wurden.  

Bis ins späte Mittelalter billigte die Kirche solche Völlerei vor den Fasten- und Bußwochen. Als aber die öffentlichen Gelage überhandnahmen und die Sitten allzu derb wurden, begann so mancher Kirchenvertreter die Unmäßigkeiten mit sehr gemischten Gefühlen zu betrachten. Aber was half es, dass der wortgewaltige Augustinerprediger Abraham a Sancta Clara am Fastnachtssonntag des Jahres 1676 in der Kirche fast schon bühnentauglich donnerte: „Heut ist ein Festtag und ein Freßtag.“ Geahnt hatten das schon viele vor ihm! Knapp 80 Jahre zuvor war beispielsweise der Pfarrherr von Litzelstein, Heinrich Vogel, beim Gedanken an die Schmalzpfannen in heiligen Zorn geraten und hatte gegen das „Küchlein backen / Strauben /[...] und wie sie mehr heißen“ als ein „antichristlicher greul“ gewettert, das er gar als „Teuffels dreck“ anprangerte.  

Die Straubenherstellung („Striebelebacken“)

Fettgebackene Vielfalt

Die genannten „Küchlein“ und „Strauben“, wie überhaupt die im Laufe der Zeit entstandene breite Palette an Fettgebäcken, verdienen eine nähere Betrachtung. Da wären beispielsweise die ausgezogenen Küchle, auch „Spiegelkrapfen“, „Fensterküchle“, „Knieküchle“ oder einfach nur „Ausgezogene“ genannt, die uns Fastnacht bis heute in vielen Bäckereien und Konditoreien begegnen. Es sind flache, runde Hefeteigstücke, die früher von der Hausfrau mit der Hand übers bloße Knie gelegt und hauchdünn ausgezogen wurden. Beim Ausbacken bildete sich dadurch ein heller durchscheinender „Spiegel“ in der Mitte, der ringsherum von einem rund drei Centimeter hohen, braunen wulstigen Rand umgeben war. Das galt früher zu Recht als hohe Backkunst, die einer Hausfrau Ehre einbrachte. Damit die Hygiene nicht zu kurz kam, riet man in alten Kochbüchern schon einmal, sich zuvor eine weiße Schürze umzubinden oder ein reines Tuch übers Knie zu breiten.

In der Regel waren solche traditionsreichen Backwerke nicht nur als Fastnachtsgebäck beliebt. Vor allem in der Erntezeit und zu hohen Festtagen, wie etwa zur Kirchweih, wurden sie im ländlichen bayerischen Raum gerne auch als kraftspendende und sättigende Mahlzeit verzehrt.  

Die verfeinerte städtische Abart dagegen, die unsere Vorstellung der Fettgebäcke prägt, tauchte tatsächlich erst seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts verstärkt auf und unterschied sich beträchtlich von den rustikaleren Artgenossen. Nicht nur, dass solche Gebäcke wie beispielsweise der Wiener Faschingskrapfen beziehungsweise der Berliner aus feinstem Weizenmehl, Milch, Butter, Eidotter und Zucker hergestellt sowie mit Konfitüre gefüllt waren. Nein, es galt auch die Regel: Je kleiner, desto feiner! Zu diesen besonders zarten, kleinen Backwerken gehören auch die Rheinischen Mutzenmandeln aus süßem Mürbteig ohne Hefe, dafür mit reichlich Eiern und Zucker, Mandeln, Rum und Rosenwasser. Exklusive Zutaten, die seinerzeit auch ihren Preis hatten. Die mit Hilfe von zwei Teelöffeln mandelförmig ausgestochenen Gebäckstücke werden in siedendem Fett goldbraun ausgebacken. Anschließend werden sie in Puderzucker oder Streuzucker gewendet.    

Ähnlich exquisit sind die in Südbaden und im Schweizer Nachbarland mit Sauerrahm hergestellten, mürben „Scherben“. Der dünn ausgerollte Teig wird zu verschobenen Vierecken ausgewellt, mit einer Gabel „gestupft“ und dann schwimmend in heißem Fett ausgebacken. Vor dem Servieren wird das stark aufgeblähte Backwerk mit Zucker und Zimt bestreut.  

Als bodenständige Erwiderung auf solche feinen Schmalzgebäcke könnte man die haushälterische Nutzung des abtropfenden Küchlefettes verstehen. Von der alltäglichen Sparsamkeit früherer Generationen zeugt beispielsweise, was die bekannteste Köchin und Kochbuchautorin des Schwabenlandes, Friederike Luise Löffler (1744–1805), hinsichtlich der „Fasnachtsküchla“ notierte: „Dann leg sie einen Augenblick auf Brotschnitten zum Ablaufen.“ Die so getränkten Schwarzbrotscheiben wurden als Einlage für eine Suppe genutzt. Weniger haushälterisch hantierte dagegen Katharina Prato, die mit ihrem „Süddeutschen Kochbuch“ seit 1858 einen Besteller in immer neuen Auflagen gelandet hatte. Sie ließ ihre Schmalzgebäcke damals schon auf „Löschpapier“ abtropfen.

Strauben, Strieble oder Striewli

Nach weiteren Schmalzgebäcken mit kuriosen Namen und eigentümlicher Form muss man nicht lange suchen. Zu nennen wären beispielsweise die regional unterschiedlich als Strauben, Strieble oder Striewli bezeichneten mürben, brüchigen Faschingsgebäcke, die vor allem in Süddeutschland und im Alpenraum in der Fastnachts- und Fastenzeit beliebt waren. Zur Herstellung dieses bereits im Mittelalter bekannten Backwerks benötigte man eine Straubenpfanne (Schmalzpfanne) und einen Straubentrichter, durch den man die fertige Teigmasse mit kreisenden Bewegungen bandartig in das heiße Schmalz einlaufen ließ. So entstand ein Gebäck mit einem Gewirr von Teigschlaufen. Jenes „klein blechen Trechterlein, dadurch man strauben becht“ beschrieb man schon 1506 als ein unerlässliches Backutensil. Gelegentlich nahm und nimmt man zum Eingießen des Teigs in das Schmalz statt eines Straubentrichters aber auch eine Schnabelkanne, ein Sieb oder einen Spritzsack. Der Ursprung des Wortes liegt vermutlich im alemannischen „straub“ für „kraus, rauh“ oder in „straube“ für „Schraube, gewundene Linie“. Diese letzte Deutung dürfte in Anbetracht der Spiralform des Gebäcks wohl die passende sein.  

Ein wichtiges Datum für die Straubengeschichte ist das Jahr 1090. Damals fand sich für den süddeutschen Raum urkundlich der Hinweis auf „ein Nahrungsmittel, allgemein struua genannt“. Demzufolge wären die Strauben also über 900 Jahre alt, was als Alter für ein Gebäck wahrlich kein schlechter Rekord ist.  

Als Festtagsgebäck waren die Strauben besonders in Klöstern sehr geschätzt. Allerdings schlug seinerzeit der teure Rohrzucker hoch zu Buche, sodass sich die einfache Bevölkerung das Backwerk nicht leisten konnte. Immerhin kostete ein Pfund Zucker im 15. Jahrhundert etwa so viel wie drei Spanferkel. Die genannten Fastnachtsküchle wurden nicht nur selber verzehrt, sondern gerne auch verschenkt, etwa an die Geistlichkeit aus der Umgebung, an die Dienstleute eines Klosters, an die städtische Obrigkeit oder an die Narren selbst. Begehrt war das mürbe Backwerk aus Mehl, Eiern, Milch, Salz und Zucker über die Jahrhunderte hinweg auch als exklusives Festtagsgebäck, das auch in gehobenen weltlichen Kreisen zunehmend beliebter wurde. Das Gebäck schmeckte gut, war schnell herzustellen und erforderte keine besondere Vorratshaltung. So war es vor allem in Österreich und im Süden Deutschlands nicht nur als Fastnachtsgebäck beliebt, sondern auch als häusliches Kaffeegebäck. Vor allem im 19. Jahrhundert gibt es dazu reichlich Belege. So bezeichnete etwa der badische Heimatschriftsteller Heinrich Hansjakob (1837–1916) die Strauben als „das feinste Mehl- und Schmalzgebäck einer alemannischen Bauernküche“.  

Auf die Füllung kommt es an

Dass Schmalzgebäcke eine lange Tradition haben, lässt sich also hinlänglich belegen. Auch Füllungen gab es in der Krapfenküche bereits früh. Der redegewandte Bußprediger Berthold von Regensburg beispielsweise muss um 1250 gefüllte Krapfen gekannt haben, bezeichnete er sie doch in einer Predigt als Gegenbild zu einem maßvoll lebenden Menschen, der eben „ze allen ziten niht vol ist als ein krapfe“. Auch im ältesten bekannten deutschen Kochbuch, dem Würzburger „Buch von guter spise“ aus dem Jahre 1350, spricht man bereits von einem Gemenge aus gewürfelten und gewürzten Äpfeln, die in den Krapfen eingefüllt wurden.  

Im ausgehenden 16. Jahrhundert fehlte es ebenfalls nicht an Rezepten von „Krapfen oder gefüllten Oblaten“ mit Apfel- oder Marmeladenfüllungen nach Wahl, beispielsweise Kirsch-, Himbeer- oder Hagebuttenmarmelade. Diese wurden in die Mitte einer Backoblate gestrichen, mit einer zweiten Oblate bedeckt und in einen Ausbackteig aus Mehl, Weißwein und Ei getaucht. Zum Schluss wurden die Krapfen schwimmend in heißem Fett ausgebacken. Aber nicht nur Marmelade, auch Äpfel und Birnen, Spinat, Salbeiblätter oder gar Veilchen konnten als Füllmasse herangezogen werden.  

Die Wiener Faschingskrapfen

Einen Höhepunkt erlebte die Verfeinerung durch eine Marmeladenfüllung in der Zeit des Barock. Hierbei kommt nun verstärkt Wien ins Spiel. Bis dahin sollte man bei den traditionsreichen Schmalzgebäcken noch nicht gleich an die verfeinerten zarten Krapfen denken, sondern eher an einfache, bodenständige Schmalzgebäcke der bäuerlichen Küche, seien sie nun süß oder ungesüßt und zum Teil mit Kraut oder Fleisch gefüllt. Eine typische Alltags- und Festtagsspeise aus weniger feinem Mehl, Milch, Eiern und Hefe, die nahrhaft war und als ebenso kraftspendende wie sättigende Nahrung der Bergbauern galt. Der geflügelte Lehrspruch in Österreich hieß denn auch: „Sparen mußt beim Mehl, nicht beim Schmalz!“, da selbst stark fettige Speisen bei der harten körperlichen Arbeit durchaus noch verträglich waren. Aber auch runde, ballförmige Krapfen wurden bereits im Mittelalter in den Städten, vor allem im Wien, in öffentlichen Schmalzkochereien gewerbsmäßig hergestellt. Immerhin ernährte sich in Wien seit dem 15. Jahrhundert ein ganzer Berufsstand – die Krapfenbäcker – davon.  

Die Spätstufe der Krapfen, nämlich die verfeinerte städtische Abart des Wiener Faschingskrapfens tauchte erst seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts verstärkt auf und unterschied sich beträchtlich von den rustikaleren Artgenossen. Nicht nur, dass der Wiener Faschingskrapfen aus feinstem Weizenmehl, Milch, Butter, Eidotter und Zucker hergestellt sowie mit Konfitüre gefüllt war, nein, es galt auch hier die Regel: Je kleiner, desto feiner. Darüber hinaus war er exakt rund geformt. Und nicht zu vergessen der typische rundherum tadellose helle „Kragen“ oder, wie der Österreicher sagt, das „Ranftl“ (= Rand, Ring). „Die Krapfen müssen nämlich so leicht sein, daß sie nicht die Hälfte in das heiße Schmalz sinken, und hierdurch das weiße Ränftchen erhalten“, schrieb einst ein Meisterkoch und Kochbuchautor des frühen 19. Jahrhunderts, F. G. Zenker.

Beim Hofball, bei großen Festen, in den Salons und an den gehobenen Tafeln ließ man das Backwerk servieren und es fand begeisterte Aufnahme! Ab 1787 waren in der „Wiener Zeitung“ laufend und gleich seitenweise Annoncen für gefüllte oder ungefüllte Faschingskrapfen zu finden. Vielfach konnte man sogar die Art der Füllung wählen. Die bekannten Preisangaben belegen aber auch, dass das Gebäck nicht eben billig war. Musste man 1786 noch zwei Kreuzer für einen gefüllten Krapfen hinlegen, waren es drei Jahre später bereits drei bis vier Kreuzer und 1806 gar vier bis acht. Zum Vergleich: Für zehn bis zwölf Kreuzer, also rund ein Drittel mehr, bekam man um 1800 ein mehrgängiges Mittagessen.  

Dessen ungeachtet wurden die gefüllten Krapfen auf den Straßen Wiens überall zum Verkauf angeboten. Allein im Kongressjahr 1815 verzehrte man in Wien beinahe 10 Millionen Krapfen, die überall auf den Straßen zu kaufen waren. Diese gewaltig wirkende Zahl erscheint vorstellbarer, wenn man sich klarmacht, dass Wien – mit den zum Verwaltungsbereich gehörenden Vorstädten – damals rund 238 000 Einwohner zählt. Damit war sie nach London und Paris die drittgrößte Stadt Europas. Gemäß dieser Aufschlüsselung dürfte jeder Bürger in den rund drei „närrischen“ Monaten – der Fasching beginnt in Wien im Januar nach dem Dreikönigstag und endet genau wie bei uns am Aschermittwoch – etwa 42 Krapfen gegessen haben. Also jeden zweiten Tag einen!

So dürfte es auf die Frage nach dem Ursprung des Krapfens für einen Österreicher nur eine Antwort geben: eben Wien. Zumal es noch jene bekannte (Märchen-)Geschichte von der legendären Wiener Köchin Cäcilie Krapf gibt, die um 1615 erstmals den später nach ihr benannten Krapfen gebacken haben soll.

Pfannkuchen in Berlin

Zum Schluss bleibt noch die Frage offen: Wie ist das nun mit dem Krapfen in Berlin? Schließlich wird das mit Konfitüre gefüllte Backwerk in Deutschland allerorten mit dem Begriff „Berliner Pfannkuchen“, kurz „Berliner“ genannt, gleichgesetzt.  

Bereits vor rund 600 Jahren sollen in Berlin Schmalzgebäcke angeboten worden sein. Fahrende Händler aus Bayern oder Württemberg könnten die ersten gewesen sein, die einfache ungefüllte Krapfen zum Karneval in die Stadt gebracht haben. Einen unaufhaltsamen Siegeszug dürfte das Schmalzgebäck jedoch erst Ende des 17./Anfang des 18. Jahrhunderts erlebt haben. In dieser Zeit nämlich stiegen die Bevölkerungszahlen rasant an. Vom Ende des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1648 mit rund 7 500 Bewohnern wuchs die Einwohnerzahl bis zum Jahr 1709 auf 57 000 an. Rund 80 Jahre später, 1786, zählte Berlin bereits 147 000 Einwohner. Damit einher ging ein starker Zuzug von Gewerbetreibenden. Auch das Bäckereiwesen in Berlin blühte stark auf.  

Straßenbäckereien, in denen Siedegebäcke hergestellt wurden, waren besonders beliebt. Naturgemäß war das Sieden von Gebäck in großen Pfannen bei offenem Herdfeuer die schnellste und einfachste Art der Zubereitung. So „haute“ der Zuckerbäcker bei großem Andrang schnell und in großen Mengen runde, ballförmige Teigstücke in die Fettpfanne, die rasch gebacken waren. Man nannte diese „Kuchen aus der Pfanne“ sinnigerweise „Pfann-kuchen“, genauer gesagt „Berliner Pfannkuchen“, die vielfach schlichtweg als „Berliner“ bezeichnet wurden. Ob sie gefüllt waren, darüber ist leider nichts Genaues bekannt.

In den 1795 in Berlin notierten Rezepten von Friedérique Charlotte Fontane, der Großmutter Theodor Fontanes, sind ebenfalls entsprechende Rezepte für ungefüllte Pfannkuchen oder „Kreppels“ vermerkt. Auch im Ausland setzte sich das Gebäck durch; in der Schweiz beispielsweise wurde es 1795 unter den Namen „Berliner-Zuckerbrod“ oder „Berlinerbrod“ aufgeschrieben. Überhaupt müssen Berliner Pfannkuchen im späten 18., vor allem aber im 19. Jahrhundert zu den ganz vornehmen Gebäcken gezählt haben.  

Wie genau, wann genau und wodurch der gefüllte Berliner Pfannkuchen gerade in Berlin populär wurde, davon kündet offenbar kein genauer Bericht. Spätestens um 1880 boten die Straßen-Pfannkuchenbäcker und -bäckerinnen das Backwerk überall an. Dass die Preußen beim Wiener Kongress und den damit verbundenen verschwenderischen Banketten den gefüllten Wiener Krapfen kennengelernt und nach Berlin „exportiert“ haben könnten, muss aber reine Spekulation bleiben. Schließlich waren ungefüllte Pfannkuchengebäcke vor allem zu Silvester und Neujahr in Berlin ja schon lange bekannt, ebenso in Ost- und Westpreußen, wo man den gefüllten Berliner in den ländlichen Gebieten allerdings erst ab 1920 kennengelernt hat.

Fettgebäcke als Festtagsgerichte

Ohnehin sollte nicht vergessen werden, dass diese und andere Siedegebäcke nicht nur in süßer Form und ausschließlich zur Fastnacht gebacken wurden. So spielten auch die einfachen rustikalen Strauben aus Milch, Mehl und Eiern auf dem gedeckten Tisch einer bäuerlichen Familie bis in die 1930er Jahre vielerorts eine große Rolle. Der Freitag war früher der Tag, an dem es traditionell Schmalzgebackenes gab, und so waren Strauben als Freitagsgericht bis nach Österreich und Südtirol verbreitet. Aber auch in ganz besonderen Situationen wurden Strauben gegessen: In Neuhausen ob Eck zum Beispiel bekam eine Wöchnerin als stärkende Speise nach der Geburt früher „Straubeze mit Zwetschgenmus“.

Und zum guten Schluss sei im Zusammenhang mit den Strauben ein historischer Hinweis für Heiratswillige gegeben: Wurde früher im Schwarzwald beim Antrittsbesuch eines Verehrers das „Tischtuch aufgelegt und Straubeze“ von den Schwiegereltern in spe gereicht, so hatte die Brautwerbung gute Aussichten auf Erfolg. Tischte der Hausherr hingegen nur Backsteinkäs oder Schnaps auf, war es wohl an der Zeit, sich anderweitig umzuschauen.  

Berliner oder Kreppel - Schmalzgebäck in der Fastnacht
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