Das französische Unternehmen LSDH Group produziert seit 1909 Getränke und seit diesem Jahr auch welche aus Soja.
2023
8/19/2023
Neue Anlage für Sojaverarbeitung in Frankreich
Die LSDH-Group startete als kleine regionale Molkerei. Nach und nach expandierte die Firma und lieferte bereits 1955 ihre Milch in Zügen nach Paris. Stetig wuchs das Unternehmen und ist trotz Wachstum, Kooperationen und Zusammenschlüssen immer noch im Familienbesitz. Mit 2 000 Mitarbeitern und einem Umsatz von über 900 Mio. Euro ist es heute einer der großen Player und Marktführer auf dem französischen Markt für Gemüsesäfte.
Die LSDH-Group hat sieben Produktionseinheiten, die 1700 Rohstoffe verarbeiten, davon 45 pflanzliche. Die Produktpalette ist in Europa einzigartig: Milch, Cremes, pflanzliche Getränke aus u.a. Soja, Mandeln und Reis. Dazu spezifische Lebensmittel wie Kochhilfen, Desserts, Säuglingsprodukte, Diätetika, proteinreiche Produkte und viele mehr. Suppen, Fruchtsäfte, Smoothies, stille Getränke, einschließlich Infused Drinks runden das Sortiment ab zusammen mit Konzentraten und funktionellen Getränken.
In der neuen Sojafabrik kommt Technologie für Hülsenfrüchte von Bühler zum Einsatz; das Unternehmen hat den Trockenverarbeitungsteil der Anlage geliefert.
Das Familienunternehmen möchte landwirtschaftliche Sektoren so nah wie möglich an seinen Produktionsstätten am historischen Stammsitz entwickeln. Es unterstützt zu diesem Zweck französische Produzenten und insbesondere die der Region bei Anbau und Produktion. Um die regionalen Wertschöpfungsketten noch besser zu nutzen, hat LSDH das Atelier Inové gegründet. Es soll zu einem Zentrum für Forschung und Gewinnung von pflanzlichen Getränken werden.
Auf einer Fläche von 9000 Quadratmetern hat Atelier Inové im Januar 2023 mit einem Team von derzeit 14 Personen die Produktion aufgenommen.
Ein Schritt dahin ist die neue Extraktionsanlage für Sojabohnen. Auf einer Fläche von 9 000 Quadratmetern produziert Atelier Inové seit Januar 2023 mit einem Team von 14 Mitarbeitern und einer Produktionskapazität von 100 Mio. Litern pro Jahr Sojagetränke Weitere Linien für Zutaten wie Quinoa, Dinkel, Buchweizen, Gerste und Sonnenblumen sind geplant.
In der neuen Sojafabrik stammt die Lagerungs- und -Verarbeitungstechnologie von Bühler. Die Experten aus Uzwil haben den Trockenverarbeitungsteil geliefert und in Betrieb genommen. Die Reinigungs- und Schälanlage hat eine Produktionskapazität von drei Tonnen pro Stunde. In die Silos passen 240 t Soja.
M+M sprach mit Frederic Bobineau, Sales Manager bei Bühler über die Sojaanlage in Frankreich.
M+M: Wie bekam Bühler den Auftrag des französischen Unternehmens?
Frederic Bobineau: Die LSDH-Gruppe suchte einen Partner, der sich in der Branche auskennt, einen starken Hintergrund in der Sojaschälung und Erfahrung in der Verarbeitung von Sojabohnen zu pflanzlichen Getränken hat. Bühler hat für solche Anwendungen bereits Linien und Anlagen und langjährige Erfahrung und solides Fachwissen in der Verarbeitung von Hülsenfrüchten. Das alles zusammen war sicher ausschlaggebend, dass wir den Auftrag bekommen haben. Wir haben uns gefreut, mit LSDH auf diese Innovationsreise zu gehen.
M+M: Was genau haben Sie zu der neuen Anlage für Soja für den Herstellungsprozess beigesteuert?
Frederic Bobineau: Für die Industrieanlage lieferten wir den kompletten Reinigungsbereich, mit dem MTRB-Abscheider, dem MTSC-Entsteiner, dem optischen Sortierer SORTEX A, dem OTW-Wirbelschichtwärmetauscher, dem MHSA-Enthülser, dem MOZJ-Dämpfer, mehreren Aspirationskanälen und allen Prozesshilfsmitteln wie mechanischen Förderern und pneumatischen Leitungen. Die installierte Anlage ist speziell für die Verarbeitung von Soja ausgelegt, aber es können auch zusätzliche Verarbeitungslinien für andere Rohstoffe wie Hafermehl und Haferflocken installiert werden – die Technologie dafür haben wir und das deckt sich mit den Plänen von LSDH.
M+M: Heißt das, die Anlage kann entsprechend der Marktlage flexibel und schnell auf verschiedene Rohstoffe umschalten? Oder wird die bestehende Anlage mit weiterer Technik ergänzt und es entstehen unterschiedliche Extraktionslinien je nach Eingangsprodukt und natürlich dann mit zusätzlichem Platzbedarf?
Frederic Bobineau: Das Verfahren wurde speziell für Soja entwickelt, aber wir können es leicht mit zusätzlichen Maschinen anpassen, um andere Rohstoffe wie Erbsen oder Kichererbsen zu verarbeiten. Die wichtigste Anpassung wird die Implementierung einer Entkernungsmaschine sein. Was den Platz angeht, so haben wir dies bereits in den ersten Entwurfsphasen berücksichtigt.
M+M: Das Atelier Inové ist Teil des kürzlich eröffneten Innovationsnetzwerks der LDSH-Group. Wozu dient es?
Frederic Bobineau: Das Unternehmen hat 32 Mio. Euro in die neue Anlage investiert. Dahinter steht das Unternehmensziel, ein wichtiger Akteur auf dem Markt für pflanzliche Getränkezutaten zu werden. Laut einer aktuellen Analyse von Persistence Market Research wird der globale Markt für Sojagetränke (Milch) bis 2031 mit einer jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 9,1% auf einen Umsatz von 11,8 Mrd. US$ ansteigen. Pflanzliche Getränke wie Soja-, Hafer- und Mandelgetränke sind laut der Studie auch bei Gastronomen beliebt, da pflanzliche Milch in Restaurants und Cafés immer beliebter wird. Um die steigende Nachfrage zu befriedigen, setzt LSDH auf die Zusammenarbeit mit lokalen Landwirten. Die Gruppe möchte ihren ökologischen Fußabdruck so weit wie möglich reduzieren und so die gesamte Wertschöpfungskette vom Feld bis zum fertigen Produkt positiv beeinflussen. Dazu ist es notwendig die Region, oder die Gemeinden zu unterstützen.
M+M: Welche regionalen Effekte sehen Sie? Gibt es neue Arbeitsplätze, spart man Transportkosten?
Frederic Bobineau: Bei dieser Sojafabrik handelte es sich um ein Projekt auf der grünen Wiese, einen komplett neuen Komplex mit 10-15 neuen Arbeitsplätzen. Der strategische Ansatz des Kunden bestand auch darin, einen möglichst geringen CO2-Fussabdruck zu entwickeln. Die Sojakulturen befinden sich in der Nähe der Anlage.
M+M: Sie sagten vorhin, sie haben für solche Anwendungen bereits Linien und Anlagen und langjährige Erfahrung. Seit wann bauen Sie Anlagen auch für pflanzliche Getränkehersteller auf und wo überall stehen diese Anlagen? Gibt es regionale Besonderheiten?
Frederic Bobineau: In Frankreich hat Bühler in der Vergangenheit zwei weitere Sojawerke gebaut. Eines im Osten Frankreichs im Elsass, es wurde im Jahr 2000 installiert. Und eines im Südwesten Frankreichs, in der Region Okzitanien, das 1980 errichtet wurde. In beiden Fällen wird der Rohstoff in der Nähe produziert, im Umkreis von 150-200 km. Zum besseren Verständnis: Bühler ist nur in den Trockenprozess involviert, wir liefern keine Ausrüstung für den Nassprozess, bei dem die Flüssigkeit produziert wird; diese wird von anderen Unternehmen geliefert.
M+M: Sehen Sie einen Trend für die D-A-CH Region? Gibt es konkrete Zahlen? Planen Sie den Geschäftsbereich pflanzenbasierte Getränke weiter auszubauen?
Frederic Bobineau: Die Milcherzeugung auf der Grundlage von Eiweißprodukten wie Hafer, Soja, Mandeln, Reis usw. nimmt zwar zu, bleibt aber im Vergleich zur ursprünglichen Kuhmilch ein kleiner Markt.
M+M: Vielen Dank für das Gespräch.
Atelier Inovéist eine Kooperation der LSDH-Group und der Investmentgesellschaft Sofiprotéol,einer Finanzierungstochter der Avril-Gruppe.
Die Investmentgesellschaft Sofiprotéol unterstützt seit 40 Jahren Firmen aus demAgrar- und Lebensmittelsektor. Ihr Ziel ist es lokale Lieferketten fürlandwirtschaftliche Rohstoffe zu unterstützen. Sie bietet Finanzierungslösungenan und investiert ausschließlich als Minderheitsinvestor in aussichtsreichenachhaltige Produktionen.
Avril wurde 1983 aufInitiative des Agrarsektors gegründet und ist ein wichtiger Industrie- undFinanzakteur im Pflanzenöl- und Proteinsektor. Avril besteht aus einem Industrieunternehmenfür Pflanzenverarbeitung und einem Investmentunternehmen. Die
Im April 2023 wurde die neue Antersdorfer Mühle in Simbach am Inn in Niederbayern feierlich eingeweiht.
2023
8/17/2023
Antersdorfer Mühle 2.0
Der Ururgroßvater von Johann Priemeier legte 1884 den Grundstein für die Mühle in Antersdorf, einem Gemeindeteil von Simbach am Inn. Umgeben von Bauern sicherte die Getreidemühle über Generationen das Einkommen der Familie. Johann Priemeier erlernte wie sein Vater den Beruf des Müllers. Er war Neuem gegenüber aufgeschlossen und überlegte früh, wie er die Mühle für die Zukunft aufstellen kann. Vor allem die jungen Leute, die in den 70er-Jahren aus München in die Gemeinde zogen und Ideen zum ökologischen Landbau mitbrachten, weckten seine Neugier.
Johann Priemeier hat seine Biomühle lange geplant und für die Zukunft gut aufgestellt. Fotos: Patrick Buhl
„Damals gab es in der Landwirtschaft drei Probleme“, erinnert sich Johann Priemeier: „Die Bauern produzierten viel, bekamen dafür zu wenig Geld und damit sie noch mehr produzieren konnten, düngten sie mit Chemie.“ Dagegen produzieren die Biobetriebe weniger, die Biobauern bekommen mehr und die Konsumenten ernähren sich gesünder. Irgendwann fuhr ein bärtiger Mann in einem VW-Bus vor und bat den jungen Müller drei Säcke Hafer zu Flocken zu vermahlen.
Die ersten Haferflocken waren noch voller Spelzen. Johann Priemeier probierte weiter und verfeinerte seine Prozesse. Überall gaben zu der Zeit Mühlen auf. Neue Geschäftsmodelle mussten her. Nach und nach kamen immer mehr Kleinanbauer mit ihrem Öko-Getreide zur Antersdorfer Mühle. Johann Priemeier nahm die Herausforderung an und stellte seine Mühle komplett auf Bioprodukte um.
Heute arbeitet der Unternehmer erfolgreich mit rund 250 Biobauern der Region und dem Verband Biokreis – den er mitgegründet hat - zusammen. Seine Mühle fördert das Konzept von Regionalität und nimmt Rücksicht auf die Fruchtfolge, die der Landwirt bestimmt. Einige Biobauern haben sich dem Erhalt alter Sorten verschrieben, deshalb hat die Mühle ein Ursprungssortiment im Angebot. Unter der Marke „Antersdorfer Mühle“ werden nicht nur Getreide und Mehle angeboten, sondern auch Müslis, Fertiggerichte und Riegel.
Schutzengel bei Jahrtausendflut
Das Unglück der alten Biomühle begann an einem wolkenverhangenen Mittwoch Anfang Juni 2016. Über dem Tal lag ein Tiefdruckgebiet, umzingelt von Hochdruckgebieten. Eine seltene und extreme Wetterlage. Die Regenwolken standen still und entluden stundenlang ihre Fracht. Irgendwann stieg Johann Priemeier voller Sorge ins Auto und fuhr zur Mühle. Da war das Wasser des Bachs bereits angestiegen und der untere Stock der Mühle überschwemmt. Er wendete und wollte zurück. In dem Moment spülte eine ungeheure Wasserwelle die Brücke weg. Sein Auto wurde mitgerissen und Johann Priemeier rettete sich in letzter Sekunde aus dem Seitenfenster.
Anwohner fotografierten, wie Johann Priemeiers Auto im Hochwasser versinkt. Foto: Unbekannt.
Die Jahrtausendflut hat Simbach und den Landkreis Rottal-Inn verändert. Normalerweise hatte der Mühlbach eine Höhe von 30cm. 2016 stieg das Wasser auf 540cm an. Nach dem Starkregen wälzte sich eine fast fünf Meter hohe Flutwelle mit vernichtender Kraft durch die Stadt. Sieben Menschen starben bei der Katastrophe.
Das Hochwasser zerstörte die Mühle. Elektrik, Rohre und Maschinen waren größtenteils nicht mehr zu reparieren. Die Lager- und Abpackräume am zweiten Standort im Ort wurden verschont. So konnte Familie Priemeier wenigstens die Bäcker beliefern und ihre Markenprodukte vertreiben. Ohne Versicherung war sie auf Unterstützung angewiesen. Die Nachbarschaftshilfe funktionierte, viele Müller halfen bei der Produktion und die meisten Kunden hielten die Treue. Der Großhändler Ökoring richtete ein Spendenkonto ein und auch der Verband Biokreis griff der Familie unter die Arme.
Masterplan für den Neustart
Es folgten schwere Jahre. Am alten Standort durften die Priemeiers nicht neu bauen und oft dachte Johann Priemeier ans Aufgeben. Aber der Wunsch, die Mühle wieder aufzubauen, war stärker. Am neuen Standort im Gewerbegebiet Waltersdorf gab es im Mai 2020 den ersten Spatenstich. Mit dabei Seniorchef Hans Priemeier. 14 000 Quadratmeter groß ist das Grundstück, 4 200 Quadratmeter Grundfläche nimmt das Mühlengebäude ein. Bis die Mühle im Januar 2023 in Betrieb ging, dauerte es über zwei Jahre. Kosten: ein zweistelliger Millionenbetrag. Der Masterplan lag in den Händen von Markus Nussbaumer. Mit seinem Unternehmen Numitec aus Kirchberg übernahm er die Projektevaluierung und koordinierte die beteiligten Firmen u.a. Bühler, Kastenmüller, Pfeuffer, Swisca, Sallhofer und BHS Control Systems.
Die neue Biomühle ist weithin sichtbar. Ihr Siloturm ist fast 40 Meter hoch. Allein die Hafermühle kann pro Tag 100t zu Flocken vermahlen. Geschäftsführer ist in der 5. Generation Johannes Priemeier. Der Wirtschafts- und Agraringenieur Sebastian Huber ist als CEO für Einkauf und Vertrieb zuständig. Rund 25 Mitarbeiter sind im Zweischichtbetrieb beschäftigt.
Annahme und Steuerung
Schon bei der Annahme des Getreides begegnen dem Besucher bekannte Herstellernamen. Mit dem Rakoraf der Firma Pfeuffer wird der angelieferte Hafer beidseitig beprobt. Nur beste Ware kommt über den Aspirateur in die Mühle. Wohin mit der Ladung, dass prüfen die Müller an der Steuerungsanlage. Die hat die Firma BHS Control Systems aus Sonthofen installiert. Die Software ist einfach zugänglich, auch für neue Mitarbeiter. „Unsere neue Mühle ist ein Ausnahmebeispiel für biologische Getreidelagerung und zukunftsweisende Vermahltechnik", erklärt Johann Priemeier, „Dank der technischen Ausstattung können wir gewährleisten, dass unsere Produkte die Mühle einwandfrei verlassen."
Johann Priemeier in der Steuerungszentrale der Biomühle.
Das Steuerungssystem ist auf den Kundenwunsch zugeschnitten und über mobile Endgeräte abrufbar. Mitarbeitende sind so jederzeit informiert und können bei Störungen eingreifen. In der Steuerungszentrale sind auf zwei Bildschirmen alle Prozesse anschaulich dargestellt. Die einzelnen Getreidesorten sind farblich gekennzeichnet. Säulen zeigen, wie hoch die Lagerzellen gefüllt sind und welche Temperaturen dort herrschen. Zeigt der Alarm, dass eine Temperaturgrenze überschritten ist, kann mit Kühlaggregaten die Zelle gekühlt werden, damit sich keine Schädlinge bilden. „Wir lösen die Lagerung technisch und nicht chemisch“, erklärt Johann Priemeier das Prinzip. „Die Technik ist in der neuen Biomühle verbessert, der Mechanismus ist derselbe.“ 72 Silozellen gibt es mit einer Lagerkapazität von 8 500t. Der Markenname Swisca fällt an den vielen Mengenreglern ins Auge.
Eine Differential-Dosierwaage von Swisca.
Besonders ist, dass das Getreide aus den Silos nicht nur abgelassen, sondern auch wieder zurückgefüllt werden kann.
Reinigung Schälung Flockierung
Die Bio-Mühle hat den Fokus auf ein flexibles Verarbeitungssystem, mit der Möglichkeit regional angebaute Dinkel- und Hafersorten zu verarbeiten. Die Schällinie wurde mit dem Schäler MHSA ausgeführt, einmal als Hauptschäler und einmal als Rücklaufschäler. Im Anschluss erfolgt die Schalenseparation mit anschließender Sortierung über einen Tischausleser BSOA und eine mehrstufige Sortierung über die Sortex A.
„Unser Ziel waren einwandfrei, sauber sortierte Kerne mit dem geringstmöglichen Schalenanteil“, erklärt Andreas Müller, Area Sales Manager von Bühler das Konzept. Die geschälten Kerne werden in Rundsilos zwischengelagert und entweder auf die Grützierung und als Kleinblattflocken oder direkt als Großblattflocken flockiert. Das Flockierwalzwerk verfügt über eine automatische Mahlspaltverstellung mit integrierter Walzentemperaturregulierung, welche über die Maschinensteuerung vollautomatisch geregelt wird. Dort werden alle Flockierwalzwerkparameter in Rezepten hinterlegt und abgerufen, um eine immer gleichmäßige Flockenqualität zu erreichen.
Des Weiteren wurde eine zweistufen Schleiferei mittels DRHG integriert. Die Graupen bzw. geschliffenen Produkte können direkt den Fertigproduktezellen zugeführt werden. Neben Dinkel und Hafer lassen sich auch weitere Produkte wie zum Beispiel Weizen, Roggen und Gerste verarbeiten. Produktüberhebungen wurden größtenteils mit Druckpneumatik ausgeführt, um einen restfreien und schonenden Produkttransport zu gewährleisten. Wo sinnvoll, wurde auf rostfreies Material geachtet. Die notwendige Aspirationsluft wird bei den Prozesslinien mit dem Niederdruckfilter MVRT aspiriert und gefiltert, der gegenüber konventionellen Filtersystemen mit Niederdruck-Spülluft die Filterschläuche reinigen. Dies reduziert den Druckluftverbrauch und die Energiekosten.
Saatenreinigung
Die Antersdorfer Mühle verfügt zusätzlich über eine räumlich getrennte Saatenreinigung. Damit können die im Trend liegenden Saaten und Hülsenfrüchte zum Verzehr vorbereitet und höchste Ansprüche an die Produktreinheit garantiert werden. Vom Siebreiniger LAGA, einem Ultratrieur LADB und einem Steinausleser MTSD lassen sich die Produkte auf zwei speziell konfigurierte Sortex A ColorVision sortieren. Andreas Müller ist zufrieden mit dem Konzept der Hafermühle: „Alle Schnittstellen waren gut vorbereitet und miteinander abgestimmt, so dass alle Parameter erfüllt waren, um die Produktion nach Vorgabe des Zeitplans in Betrieb zu nehmen.“
Die Hafermühle ist mit Bühler Technologie ausgestattet, u.a. mit dem Sotex.
Individuelle Diagrammgestaltung
„Eine große Produktvielfalt bei hoher Qualitätsanforderung“, so beschreibt Andreas Kastenmüller die Herausforderung bei der Planung der Vermahlungssysteme. „Weizen, Durum, Roggen und Dinkel sollen auf einem System vermahlen werden.“ Die Spezialisten aus Martinsried haben dafür die passende Lösung mit ihrer Walzenstuhl-Steuerung Vario-S. Unter Projektleiter Franz Schmid war das Team von Kastenmüller von Anfang an bei der Gestaltung des Gebäudes eingebunden und plante in 3-D das Zusammenspiel von individuell angepasstem Vermahlungsdiagramm und Anlagenkonzeption.
Die Produktion heller und dunkler Mehle sowie Vollkornmehle ist beim Vario-S System Johann Priemeier in der Steuerungszentrale der Biomühle.Johann Priemeier in der Steuerungszentrale der Biomühle.durch die stufenlose Einstellung der Voreilung und Umfangsgeschwindigkeit jeder einzelnen Mahlwalze möglich. Der Produktwechsel ist dank der flexiblen Steuerung mit integrierter Rezeptverwaltung schnell und problemlos. Wird die Rezeptur geändert, stellen sich auch die Klappkästen im Laufrohrbau automatisch um.
Schneller Produktwechsel beim Walzenstuhl Saphir dank Vario-S.
Neben dem Vermahlungssystem gibt es eine kleine Spezialvermahlung für Hafer, Mais, Hirse, Reis, Kichererbsen und Buchweizen mit einer Leistung von 1,5 t/h. Die exakte Absiebung erfolgt hierbei durch Vibroschleudern. Die richtige Materialwahl in den Maschinen ist aufgrund der strengen gesetzlichen Vorgaben bei einer Biomühle entscheidend. Für produktberührende Teile verwendet Kastenmüller deshalb hochwertige und zertifizierte Materialien. Entsprechen werden bei der Auslegung der Reinigung und dem Mehlsilo keine Kompromisse eingegangen und beispielsweise die Abstehzellen und Vorlagezellen aus Edelstahl geliefert.
Team Kastenmüller: (v.l.n.r.) Andreas Kastenmüller, Projektleiter Franz Schmid und Maro Bauer vor einigen Prozess – und Abstehzellen vor dem Einheben.
Großen Wert legten die Spezialisten von Kastenmüller auf ein hochpräzises und energieeffizientes System: „Dank der Gebäudehöhe konnten wir im Laufrohrbau auf eine Mehlsammelschnecke verzichten. Die direkte Rohrführung der Mehle auf die Ausbeutewaagen ist hygienisch und spart Energie“. Auch schnelllaufende Mahlhilfsmaschinen fielen weg und die Kontrollsichtung ist mit einem Abteil im Plansichter enthalten. „Es war eine große Freude bei der Umsetzung dieses anspruchsvollen Projektes maßgeblich beteiligt gewesen zu sein“, zieht Andreas Kastenmüller sein Fazit.
Die Mühle im Bau. Foto: Antersdorfer Mühle
Die Baustelle aus der Luft fotografiert. Foto: Antersdorfer Mühle
Wärmeversorgung und Hygiene
Die Mittel zur Schädlingsbekämpfung sind beim Biobetrieb begrenzt, deshalb haben Vater und Sohn Priemeier eine Wärmeentwesungsanlage einbauen lassen. Die heizt zweimal im Jahr die gesamte Mühle 24 Stunden lang auf mindestens 50 Grad Celsius auf. Nach der Behandlung ist die Mühle mehr oder weniger steril.
Die Rohre in der Mühle lieferten die Spezialisten von Sallhofer.
Die Energieversorgung ist für die Biomühle ein großes Thema und auf dem Dach steht die fast schon obligatorische Fotovoltaik. Die Müllerfamilie arbeitet mit Bio-Gas-Erzeugern zusammen. Die Firma Politechnik aus Österreich hat den Auftrag, eine Feuerungsanlage für biogene Brennstoffe einzubauen. Aus der Verbrennung der Spelzen soll der Dampf zur Wärmeversorgung kommen, so die Idee. Langfristig soll der Stromverbrauch autark und emissionsarm werden. Bis dahin sind einige Hürden zu überwinden. Allein das Bundesimmissionenschutzverfahren kostet 100 000€ und dauert zwei Jahre.
A wie Andersmacher
Der Einbruch des Biomarktes im letzten Jahr hat dem Unternehmen einen Schlag versetzt. Die Umsätze sind um 15% zurückgegangen. Eine Biomühle erfolgreich in die Zukunft zu führen, war und ist kein einfacher Prozess. Geholfen hat Johann Priemeier bei vielen Entscheidungen seine Erfahrungen aus dem Einzelhandel. Er legt Wert auf recyclingfähige Verpackungen und ein Label. Werbung und Social Media sind selbstverständlich.
Aktuell setzt der Bio-Pionier auf zwei Markenbotschafter: Alexandra Burghardt aus Töging am Inn ist eine der schnellsten Frauen Europas und schrieb Sportgeschichte, als sie bei den olympischen Spielen drei Medaillen in zwei verschiedenen Sportarten gewann. Sie ist unweit der Mühle aufgewachsen. Sternekoch Anton Schmaus ist ebenfalls heimatverbunden. Der Ernährungsexperte und Kochbuchautor ist seit 2017 Chefkoch der deutschen Fußballnationalmannschaft. „Ich achte sehr darauf, woher die Produkte, mit denen ich arbeite, kommen und wo sie hergestellt werden“, betont er. „Die Produkte der Antersdorfer Mühle vereinen traditionelles Handwerk mit hochwertigen Rohstoffen und sind daher meine erste Wahl in meinen Restaurants oder bei der Nationalmannschaft.“
Anton Schmaus und Alexandra Burghardt stehen für gesunde Ernährung mit regionalen Produkten und vertreten das Motto von Johann Priemeiers Biomühle „wissen, was gut ist“ nach außen. Foto: Antersdorfer Mühle.
Die Firma Phyox hat seine erste Produktionsanlage für Mikroalgen Ende 2021 in Betrieb genommen.
2023
8/17/2023
Endress+Hauser steigt bei Phyox in Algenanlagenbau ein
Bernd Herrmann ist CEO von Phyox und bekommt momentan viele Anfragen. Aber die Automobilkonzerne oder Industriebetriebe sind weniger an seinen Algen selbst interessiert, sondern an deren Kohlenstoffdioxid-Verbrauch. Algen wandeln bis zu dreimal mehr CO2 um als andere Pflanzen. Seine Technologie bietet die Chance nicht nur CO2 zu kompensieren, sondern es in der Atmosphäre zu verringern.
Bernd Herrmann hat bereits Pläne zur Erweiterung seiner Algenproduktion fertig.
Ein Kilogramm Algen kann rund zwei Kilogramm CO2 aufnehmen.
Ein bedeutender Anteil des von der Weltbevölkerung zum Atmen benötigten Sauerstoffs wird durch die Photosynthese von Algen generiert. Algen sind nicht nur in Gewässern, sondern auch an der Erdoberfläche die primären Produzenten von Sauerstoff und bilden die Grundlage für die Nahrungskette. Dabei entziehen sie der Atmosphäre Kohlendioxid und binden es in organischer Materie.
Algen vermehren sich schneller als jede höhere Pflanzenart. Ihr Wachstum ist ausschließlich von Sonnenlicht, Wasser, Kohlendioxid und einigen anorganischen Nährstoffen abhängig. Die Bedeutung von Algen sollte nicht unterschätzt werden, da Verfahren, die mehr Kohlendioxid verbrauchen, als sie freisetzen, vom Weltklimarat als wesentliche Option zur Bekämpfung des Klimawandels eingestuft werden.
Jedes zweite bis dritte Sauerstoffmolekül, das wir zum Atmen brauchen, entstammt der Photosynthese von Algen
Die Grünalge Chlorella (Chlorella vulgaris), die als einzellige Wasserpflanze klassifiziert wird, zeigt eine außerordentlich effiziente Verwertung von Nährstoffen während ihres Wachstums. Die Konzentration ihrer Inhaltsstoffe variiert stark, abhängig von der Verfügbarkeit entsprechender Nährstoffe im umgebenden Medium. Unter kontrollierten Bedingungen lassen sich hochwertige Algen erzeugen, die individuellen Anforderungen gerecht werden, indem sie hohe Mengen an Vitaminen, oder Mikronährstoffen sowie Aminosäuren und ungesättigten Fettsäuren enthalten. Zusätzlich besitzen Chlorella-Algen antibiotische Eigenschaften und weisen einen signifikanten Proteingehalt auf.
Die Algenproduktionsanlage in Kroatien. Zwischen den Plattenwänden der Photobioreaktoren befindet sich die LED-Beleuchtung. Jedes Modul hat eine Luft-/CO2-Zufuhr.
In den 1970er Jahren bemühten sich Forscher weltweit, um die Verwendung von Algenbiomasse als Nahrungsquelle für den Menschen zu erschließen. Zuverlässige Daten über Algenkulturen im industriellen und halbindustriellen Maßstab liegen deshalb vor.
Vor einigen Jahren befasste sich Bernd Hermann mit Algen. Er suchte Futter für seine Garnelenfarm. Daheim am Tisch hantierte er mit Reagenzgläsern und züchtete seine ersten Algen. Was als Versuch begann, wurde zur Leidenschaft. Früh erkennt er das Potenzial dieser photoautotrophen Einzeller als Lebens-, Nahrungsergänzungs- und Futtermittel. Jetzt sind Mikroalgen sein Hauptberuf.
Als Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der von deutschen und kroatischen Investoren gegründeten Aktiengesellschaft Phyox sammelt er neue Erkenntnisse und erlebt manche Überraschung. „Meine Algen sind durch die Zucht jetzt größer als vorher. Das hatte ich nicht erwartet“, erzählt er. Der Unternehmer gibt gerne Einblicke in seine Arbeit und öffnet beispielsweise am World Laboratory Day auf TikTok und Instagram die Türen seines Labors per Video. Darin kann man unter dem Mikroskop die Mikroalgen bewundern – und ja, sie sind tatsächlich grün.
Der magnetisch-induktive Durchflusssensor Promag 10Düberwacht die Fließgeschwindigkeit der im Kreislauf fließenden Algensuspension. Algen stellen hohe Anforderungen an Nährstoffversorgung und gleichbleibende Temperaturen - Messtechnik ist existenziell für ihr Wachstum.
Bei der Entwicklung der ersten Pilotanlagen mit einer Investitionssumme von 6,6 Mio. Euro fand er in Endress+Hauser einen zuverlässigen Partner. Neben dem messtechnischen Know-how von Endress+Hauser war das Engineering zur Steuerung der Anlage wichtig und der Support im kroatischen Novska, wo die Pilotanlage aufgebaut ist.
Der Messumformer Liquiline CM444 sammelt die Messwerte für pH, Leitfähigkeit und Trübung ein.
Mühle + Mischfutter sprach über die Algenproduktion mit Tim Schrodt, Industriemanager Lebensmittel bei Endress+Hauser.
Tim Schrodt ist Regional Industry Manager Europe F&B bei Endress+Hauser, vorher war er dort 15 Jahre lang Branchenmanager Lebensmittel für die D-A-CH Region. Der Diplom-Lebensmittel-Ingenieur ist zudem Mitglied des DLG-Fachausschuss Lebensmittel und Mitglied des EHEDG-Advisory Board.
M+M: In Asien werden Algen seit langem bei Sonnenlicht in offenen Gewässern gezüchtet. Was ist das Besondere an der Anlage, die Sie mit gebaut haben?
Tim Schrodt: Die patentierte Technologie der Firma Phyox setzt bei der Lichtquelle auf LED-Technik statt Sonnenlicht und kann damit das Wachstum der Algen besser steuern und durch Pulsung stimulieren. Dabei ist die Beleuchtung seitlich zwischen den Plattenwänden angebracht, die Frequenz der Pulsung wird an den jeweilig zu produzierenden Algenstamm angepasst. In den Platten-Photobioreaktoren schlängelt sich die Strömung im Auf und Ab mäanderförmig durch die Anlage.
Zum Schluss fließt die Algensuspension in einen offenen Auslaufbehälter und wird von dort im Kreislauf wieder zum Anfang der Anlage gepumpt. Damit ist die Produktion rund um die Uhr für 365 Tage im Jahr möglich – unabhängig von den jahreszeitlichen Schwankungen und dem Tag-Nacht-Rhythmus, denen das Sonnenlicht als Energiequelle unterworfen ist. Zudem ist im Vergleich zu geschlossenen Röhrensystemen der Reinigungsaufwand deutlich geringer.
Messtechnik von Endress+Hauser.
M+M: Wie hoch ist die Leistung der Anlage? Wie viele Algen können dort produziert werden?
Tim Schrodt: Die Anlage in Kroatien besteht aus elf unabhängigen Produktionslinien mit einer Kapazität von 20 – 30 t Trocken-Biomasse im Jahr. Als bevorzugte Algenart wird Chlorella hergestellt. Neben der Beleuchtung muss die Dosierung von Phosphor, Nitrat, Spurenelementen und CO2 präzise geregelt werden. Da die Wasserqualität definiert und permanent überwacht wird, liefert der Prozess nach Ernte und Trocknung ein hochreines Endprodukt. Die gesamte Anlage befindet sich in einer extra dafür gebauten Fabrikationshalle.
Im Vergleich zur Produktion in Asien, die in offenen Becken im Freien erfolgt und vorhandenes Oberflächenwasser nutzt, kann Phyox durch die permanent konstanten und überwachten Produktionsbedingungen eine gleichbleibend hohe Produktqualität erzielen, die frei von schädlichen Umweltstoffen und Schwermetallen ist. Immer mehr Abnehmer aus der weiterverarbeitenden Kosmetik-, Lebens- und Futtermittelindustrie schätzen diese verlässlichen Produkteigenschaften.
Auslaufbehälter mit Eintaucharmaturen für pH-,Leitfähigkeits- und Trübungsmessung.
M+M: Wo überall kommt ihre Messtechnik zur Anwendung?
Tim Schrodt: Um den Wachstumsprozess sicher zu steuern, muss die Konzentration des CO2 überwacht werden. Dieses erfolgt indirekt über die Messung des pH-Werts mit dem pH-Sensor CPS71E. Dank der digitalen Memosens 2.0-Technologie bietet dieser Sensor eine erweiterte Speicherung von Kalibrier- und Prozessdaten und damit die perfekte Basis für eine vorausschauende Wartung. Die Vorkalibrierung im Labor und der schnelle Sensortausch vor Ort maximieren die Prozessbetriebszeit.
Die Zellkonzentration überwacht der Trübungssensor Turbimax CUS52D. Ferner wird als dritter Schlüsselparameter die Leitfähigkeit mittels Memosens CLS82D gemessen. Alle drei Sensoren sind über Eintaucharmaturen im Auslaufbecken installiert und mit dem Mehrkanal-Messumformer Liquiline CM444 verbunden. Die Fließgeschwindigkeit, mit der sich die Algensuspension durch die Anlage bewegt, erfasst der magnetisch-induktive Durchflusssensor Promag 10D.
Jeder Linie wird einmal täglich etwa ein Drittel des Gesamtvolumens zur Ernte entnommen und einem Separator zugeführt. Der Füllstand der Anlage wird über zwei Grenzstandschalter Liquiphant FTL31 geregelt und entsprechend Frischwasser aus einer Osmoseanlage nachgeführt. Im Anschluss erfolgt die Düngerdosierung.
M+M: Das hört sich kompliziert an. Braucht es dazu rund um die Uhr qualifiziertes Fachpersonal vor Ort?
Tim Schrodt: Die beiden Schritte erfolgen vollautomatisiert. Die Ventile zur Luftversorgung und zur Ernte der Anlage werden durch den Bediener gesteuert. Im Lieferumfang der Automatisierungstechnik war daher ein Schaltschrank enthalten, der das Bedienpanel, die Steuerungstechnik und ein DSL-Modem für den Remote-Zugriff beherbergt. So ist eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Prozesses auch von einem anderen Ort aus möglich.
M+M: 30 t Biomasse pro Jahr ist nicht viel. Bleibt es bei dem Output oder ist mehr geplant?
Tim Schrodt: Weil man mit der Produktionsleistung und der reibungslosen Funktion der Anlage zur Mikroalgen-Produktion sehr zufrieden ist, werden aktuell Planungen zur Anlagenerweiterung durchgeführt. Auch laufen viele Versuche, die Energieeffizienz zu verbessern, beispielsweise durch den Einsatz von Photovoltaik inkl. Stromspeicherung zur Deckung des Strombedarfs der Anlage. Ebenso wird der energieintensive Erntevorgang weiter optimiert.
Es vollzieht sich eine Zeitenwende in der Schädlingsbekämpfung in Mühlen- und Futtermittelbetrieben.
2023
8/17/2023
Schädlingsbekämpfung im Wandel der Zeit
Im Rahmen der zeitgemäßen Schädlingsbekämpfung geht es heutzutage primär um Fragen: Wie verhindert man Schädlinge, wie erkennt man sie frühzeitig und wie macht man ihnen das Überleben in Lebens- und Futtermittelbetrieben schwer? Während man früher oft gewartet hat, bis ein Schädlingsbefall vorlag, setzt man heute mit prophylaktischen Maßnahmen ohne sichtbaren Befall bereits im Vorfeld an. Und es sind für diese Zwecke mittlerweile sehr zuverlässig wirkende sowie ausgereifte Mittel und Verfahren am Markt.
Ein Problem in diesem Zusammenhang ist aber: Werden diese Mittel und Verfahren vom Schädlingsbekämpfer falsch eingesetzt, wirken sie nicht oder schlimmstenfalls begünstigen sie Schädlinge sogar. Ein weiteres Problem ist, dass die Verantwortlichen in den Mühlen- und Futtermittelbetrieben häufig viel zu wenig um diese Mittel und Verfahren zur Prophylaxe wissen. Darüber hinaus erkennen sie auch nicht den korrekten oder falschen Einsatz der Verfahren und damit Fehler, Mängel und Versäumnisse des Schädlingsbekämpfers in der Prophylaxe. Folge davon ist erstens: Schädlinge können sich trotz ergriffener prophylaktischer Maßnahmen im eigenen Betrieb etablieren. Folge davon ist zweitens: Es wird Geld verbrannt, denn die Kosten, die für die Umsetzung prophylaktischer Maßnahmen anfallen, stehen oft nur in einem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Teilweise existiert für diese Kosten nicht ein einziger Nutzen, wenn nämlich die Schädlingsprophylaxe völlig falsch und lückenhaft ist.
Was fordert der Gesetzgeber?
Bei der Gesetzgebung ist in diesem Zusammenhang die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ein zentrales Element. In Artikel 5 heißt es dort wörtlich: „Die Lebensmittelunternehmer haben ein oder mehrere ständige Verfahren einzurichten, durchzuführen und aufrechtzuerhalten, um Gefahren zu ermitteln, die vermieden, ausgeschaltet oder auf ein akzeptables Maß reduziert werden müssen.“ Dies ist eine explizit klare Vorgabe des Gesetzgebers zur Schädlingsprophylaxe, denn Schädlinge – egal, ob und welcher Art – stellen für jeden Lebens- und Futtermittelbetrieb unabhängig von Ausrichtung und Größe eine immense Gefahr dar.
Weitere konkrete Hinweise zur Schädlingsprophylaxe findet man in den Anhängen zu dieser Verordnung. Im Anhang I, der sich auf die Primärproduktion bezieht, heißt es: „Lebensmittelunternehmer müssen angemessene Maßnahmen treffen, um eine Kontamination durch Tiere und Schädlinge so weit wie möglich vorzubeugen oder zu verhindern.“ Diese Vorgabe gilt im Prinzip in diesem Wortlaut auch für die Herstellung und Weiterverarbeitung von Lebensmitteln, denn in Anhang II (Hygienevorschriften für alle Lebensmittelunternehmer), Kapitel I, heißt es: „Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, müssen so angelegt, konzipiert, gebaut, gelegen und bemessen sein, dass gute Lebensmittelhygiene, einschließlich Schutz gegen Kontamination und insbesondere Schädlingsbekämpfung, gewährleistet ist.“
Eine weitere Vorgabe zur Prophylaxe findet man im Anhang II, Kapitel II. Hier werden unter Ziffer 1 d) Insektenschutzgitter an Fenstern gefordert. Und selbst für mobile Lebensmittelbetriebsstätten und Verkaufsautomaten fordert diese Verordnung in Anhang II, Kapitel III Schädlingsprophylaxe. Auch beim Thema Lebensmittelabfälle findet man im Anhang II, Kapitel VI, Ziffer 3 einen Hinweis zur Schädlingsprophylaxe, denn Abfallsammelräume müssen so konzipiert und geführt werden, dass sie frei von Tieren und Schädlingen gehalten werden können. Und schließlich gibt es im Anhang II, Kapitel IX, in Ziffer 3 die allumfassende Vorgabe, dass Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebes vor Kontaminationen zu schützen sind, was nichts anderes besagt, dass Schädlingsprophylaxe ein fester, unabdingbarer Bestandteil guter Lebens- und Futtermittelhygiene ist.
Was fordern die Lebensmittelstandards?
Natürlich haben sich alle Lebensmittelstandards, deren primär erklärtes Ziel die Lebensmittelsicherheit ist, auch der Thematik Schädlingsprophylaxe angenommen. Stellvertretend für alle anderen Standards soll dieses hier beim IFS und BRC aufgezeigt werden. Im IFS wird die Thematik im Kapitel 4.13 abgehandelt, wo schon mit der Kapitelbezeichnung „Schädlingsüberwachung und Schädlingsbekämpfung“ ein Hinweis auf Schädlingsprophylaxe gegeben wird, denn Überwachung steht hier im Sinne von Prophylaxe. Gleich der erste Satz in 4.13.1 fordert, dass das System zur Schädlingsbekämpfung im Lebensmittelbetrieb die rechtlichen Bestimmungen der jeweiligen Nation erfüllt, womit in Deutschland wieder die LMHV zitiert werden muss, die ja explizit Schädlingsprophylaxe fordert. Etwas anders sieht dieses zunächst beim BRC aus, denn das diesbezügliche Kapitel 4.14 ist mit dem Titel „Schädlingsbekämpfung“ überschrieben, von Prophylaxe ist hier also zunächst bei oberflächlicher Betrachtung nicht die Rede. Aber gleich im ersten Satz, noch bevor es mit den Detailanforderungen losgeht, bringt es der BRC im Gegensatz zum IFS voll auf den Punkt. Es wird hier ein Programm gefordert, a) um das Risiko eines Schädlingsbefalles zu minimieren und b) um bei auftretenden Problemen mit Schädlingen schnell reagieren zu können. Eine Definition der Schädlingsprophylaxe aus dem Bilderbuch.
Zeitgemäße Schädlingsprophylaxe
Welche Forderungen sind nun zu erfüllen und wer ist wofür zuständig? Die Maßnahmen zur Schädlingsprophylaxe beruhen in jedem Mühlen- und Futtermittelbetrieb unabhängig von Größe und Branche im Prinzip auf drei Säulen:
– Säule 1: Man will Schädlinge frühzeitig erkennen.
– Säule 2: Man will den Zulauf/Zuflug von Schädlingen verhindern.
– Säule 3: Man will die Entwicklungsmöglichkeiten von Schädlingen im Betrieb selbst eliminieren bzw. minimieren.
Definiert man nun passend zu diesen Aktivitäten die Zuständigkeiten, muss man sagen, dass im Prinzip alle drei Maßnahmen eigentlich von Schädlingsbekämpfungs- und den Mühlen- bzw. Futtermittelbetrieben gemeinsam zu erledigen sind. Wobei das frühzeitige Erkennen von Schädlingen sicher ein primäres Aufgabegebiet des Schädlingsbekämpfers ist. Allerdings sollten sich die Verantwortlichen in den Mühlen- und Futtermittelbetrieben hier nicht völlig aus der Verantwortung hinausstehlen. Die Verhinderung von Zulauf und Zuflug obliegt definitiv beiden und die Eliminierung und Minimierung der Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb selbst sollte als primäre Aufgabe des Lebens- und Futtermittelbetriebes gesehen werden. Mit technischen Lösungen lässt sich in dieser Hinsicht eine Menge realisieren.
Um diese prophylaktischen Maßnahmen betriebsspezifisch, fach- und sachgerecht umsetzen zu können, müssen mindestens vier Fragen von allen Beteiligten schlüssig beantwortet werden.
– Erstens: Welche Schädlinge können dem jeweiligen Betrieb zur Gefahr werden?
– Zweitens: Wie und wo gelangen Schädlinge in diesen Betrieb?
– Drittens: Wie breiten sich Schädlinge innerhalb des Betriebes aus?
– Und viertens: Was im Lebensmittelbetrieb begünstigt Schädlinge und beeinträchtigt oft auch die Prophylaxe?
Schlüssige Antworten auf solche Fragen liefert in der Regel immer eine auch vom IFS in 4.13.1 und BRC 2.7.2 geforderte Gefahrenanalyse.
Schädlingsprophylaxe per eMitter-Funktechnik
Schon seit Längerem hat man in der professionellen Schädlingsbekämpfung erfolgreiche Schadnagerprophylaxe sowohl gegen Ratten im Außenbereich als auch gegen Mäuse im Innenbereich durchgeführt. Man benötigte aber, um gleichzeitig auch einen ersten Schritt hin zur sofortigen Bekämpfung getan zu haben, in der Vergangenheit immer toxische Köder oder NonTox-Köder, um anhand der Fraßspuren einen Befallsnachweis führen zu können. Der Einsatz und die Anwendung toxischer Köder ist aber über den Gesetzgeber seit 2013 immer mehr reglementiert worden und somit gemäß den aktuellen Anwendungsvorschriften eigentlich nicht wirklich willkommen.
Seit jüngster Vergangenheit können sehr erfolgreich auch Schlagfallen in Verbindung mit einem Funksystem zur Prophylaxe von Ratten und Mäusen eingesetzt werden. Was sich im ersten Moment zwar eher geschichtsträchtig anhört, ist bei genauer Betrachtung ein modernes und zeitgemäßes Verfahren, da es bei den Schlagfallen allein nicht bleibt. Weitere Komponenten, wie spezielle Köderboxen für Schlagfallen, aromatisierte Nara Kunststoffköder, ein Funksystem sowie das Nara-Monitoring-Spray kommen hinzu.
Extra für Schlagfalle, Funkmodul und aromatisierten Kunststoffköder konzipierte Mäuseköderbox.
In den speziell für dieses Verfahren entwickelten Kunststoffköderboxen müssen zunächst die Schlagfallen installiert werden. Dies hat den gravierenden Vorteil, dass die Mäuse und Ratten dem Schlagbügel durch blitzschnelle Reaktionen nicht mehr entkommen können. Entweder man bestückt dann die Schlagfalle selbst oder die Köderbox mit einem aromatisierten Kunststoffköder. Bei den Aromen stehen Vanille, Fisch, Fleisch, Mango oder Schoko-Nuss zur Auswahl, sodass man den Schadnagern als Alternative zu den selbst genutzten Rohstoffen und/oder Fertigwaren immer eine weitere attraktive Nahrungskomponente vorgaukeln kann. Dies verleiht sowohl bei Mäusen als auch bei Ratten den Schlagfallen über drei Monate hinweg eine hohe Attraktivität.
Ein Funkmodul, das ebenfalls in der speziellen Köderbox installiert wird, sowie ein dazu passendes Funksystem machen regelmäßige bzw. tägliche Kontrollen der Fallen völlig überflüssig. Denn sobald eine Schlagfalle ausgelöst hat, bekommt man eine Meldung auf den PC oder auf das Handy bzw. es ertönt ein nicht zu überhörender Piepton.
as Nara-Monitoringspray mit den Aromen Fleisch oder Schoko-Nuss eliminiert den für Mäuse und Ratten negativen Plastikgeruch neuer Fallen und Köderboxen.
Was selbst in Fachkreisen vielfach nicht bekannt ist, ist die Tatsache, dass neue Köderboxen und Schlagfallen aus Plastik zunächst einen für Mäuse und Ratten negativen sowie abstoßenden Plastikgeruch aufweisen. Folge davon ist, dass Schlagfallen und/oder Köderboxen von den Schadnagern zunächst gemieden werden, was die Prophylaxe massiv beeinträchtigen kann. Abhilfe schafft hier ein neuartiges Monitoring-Spray mit verschiedenen Aromen, das a) den negativen Plastikgeruch eliminiert und b) den Schlagfallen sowie Köderboxen zusätzlich eine hohe Attraktivität verleiht. Dieses Spray kann auch dazu genutzt werden, um einen Weg zu dem jeweiligen Monitoringsystem zu legen. Die Schadnager werden also dahin gelenkt, wo man sie haben will.
Mitentscheidend für den Erfolg eines solchen Verfahrens ist die richtige Positionierung der Schlagfallen in dem betreffenden Betrieb. Liegen die Monitoringsysteme nämlich außerhalb der Reviere der Schadnager, wird ein rascher und nachhaltiger Erfolg auf sich warten lassen. Man muss bzw. sollte als Schädlingsbekämpfer also wissen, wo die Reviere und Laufwege der Schadnager sind, nur so lassen sich die zur Prophylaxe eingesetzten Systeme zielgenau einsetzen. Kot-, Urin- und Laufspuren sind dabei zwar ein probates Hilfsmittel, aber nicht immer ein zuverlässiges und sicheres Indiz für ein Revier. Ein Hilfsmittel für solche verzwackten Situationen sind digitale Nachtsichtkameras mit Bewegungssensoren. Sie liefern Bilder in Farbe am Tag und schwarz/weiß in der Nacht und zeigen, wo die Bewegungsabläufe von Schadnagern stattfinden. Ein weiteres Hilfsmittel ist ein neu auf den Markt gekommener Monitoring-Schaum. Der Schaum wird auf die vermeintlichen Laufwege und in die vermeintlichen Reviere gesprüht. Wenn Nager in den Schaum treten, verraten sie über ihre Fußabdrücke, dass sie sich in diesen Arealen bewegen. Mit Größe und Art der Fußabdrücke lässt sich auch, ohne jemals zuvor einen Schadnager gesehen zu haben, erkennen, ob es Mäuse oder Ratten sind. Einzeln eingesetzt, aber auch Nachtsichtkameras und Monitoring-Schaum in Kombination, wird die zielgenaue Schadnagerprophylaxe so um ein Vielfaches verbessert.
Nicht toxischer Monitoring-Schaum ist optimal zur sicheren Feststellung der Reviere von Ratten und Mäusen, um gezielte Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
EMitter-Kamera- und Funktechnik
Die Schädlingsprophylaxe sowohl gegen Schadinsekten als auch gegen Schadnager ist schon seit Längerem erfolgreich möglich. Man benötigte aber, um einen sicheren Befallsnachweis führen zu können, regelmäßige Kontrollen der einzelnen Monitoringsysteme. Je nach Inspektionsintervall war dieses immer mit einem erheblichen Zeitverlust verbunden. Man war also punktgenau nur an dem jeweiligen Servicetermin des Schädlingsbekämpfers informiert, in den zwischen den Serviceterminen liegenden Zeiträumen aber nicht. Dieses hat sich jetzt mittels der Kombination von Kamera- und Funktechnik verändert und erheblich verbessert.
Die einzelnen Monitoringsysteme werden dazu mit einer Kamera bestückt, die auf das Innenteil des jeweiligen Monitoringsystems gerichtet ist. In regelmäßigen Zeitabständen werden die Systeme innen fotografiert. Sodann vergleicht das digitale System den Zustand des Monitoringsystems mit dem vorherigen Bild. Hat sich eine Veränderung zu dem vorherigen Bild ergeben, wenn beispielsweise der Köder jetzt von Schadnagern angefressen ist oder jetzt Motten und/oder Schaben in der Falle sind, werden die Verantwortlichen per Funk informiert. Während man früher also über den Befallsstatus nur an dem jeweiligen Servicetermin des Schädlingsbekämpfers definitiv informiert war, wird man mit dem Permanent-Monitoring täglich über die augenblickliche Befallssituation informiert. Abgesehen von dem Vorteil der aktuell täglichen Information hat man darüber hinaus noch den immensen Vorteil, dass man sofort nach Eintritt einer Befallssituation Gegenmaßnahmen ergreifen kann, sodass sich ein Befall in der Regel niemals massiv etablieren kann.
Schabenklebefalle mit digitaler Kameratechnik ermöglicht Permanent-Monitoring.
Ist der Schädlingsbekämpfer jetzt überflüssig?
Nein, auf keinen Fall. Der Schädlingsbekämpfer ist nach wie vor absolut notwendig und ein wichtiger Partner für die Lebens- und Futtermittelbranche. Zwar entfallen bedingt durch das Permanent-Monitoring die regelmäßigen Kontrollen der einzelnen Monitoringsysteme, aber alle Systeme müssen ja zunächst erst einmal korrekt, sach- und fachgerecht installiert werden. Denn ohne eine korrekte Installation dieser Systeme nutzen auch die ganzen Automatismen nichts. Und die verantwortlichen Mitarbeiter in den Lebens- und Futtermittelbetrieben werden sicherlich nicht in der Lage sein, die im Betrieb notwendigen Monitoringsysteme fachlich korrekt zu installieren.
Hinzu kommt, dass es nur allein mit der Installation nicht getan ist. Die einzelnen Monitoringsysteme müssen gewartet und gepflegt werden. Pheromone, Lockstoffe, Köder und Klebefolien, um nur einige zu nennen, müssen z. B. in bestimmten Intervallen erneuert werden. Und auch die Funksysteme sowie Kameratechnik bedürfen der regelmäßigen Wartung, was über den Schädlingsbekämpfer abgewickelt werden muss.
Ferner weiß man, dass sich auch mit einem noch so durchdachten und perfekten Prophylaxesystem Schädlinge niemals gänzlich verhindern lassen. Beim Auftreten von Schädlingen kommt auch wiederum der Schädlingsbekämpfer zum Einsatz. Ferner fordern Gesetzgebung und Standards eine Dokumentation, die zum Aufgabebereich des Schädlingsbekämpfers gehört. Vor diesem Hintergrund ist der Schädlingsbekämpfer trotz aller jetzt möglichen automatischen Abläufe ein zwingend notwendiges Element beim Thema Schädlinge, Prophylaxe und Bekämpfung in Mühlen- und Futtermittelbetrieben.
Fazit
Nun darf man nicht der irrigen Meinung verfallen, dass mit den beschriebenen Automatismen die Quadratur des Kreises gelungen sei. Denn Fehler, Mängel und Versäumnisse in der Schädlingsprophylaxe, verursacht durch einen unprofessionellen Schädlingsbekämpfer, können auch nicht durch ein Funkmodul und/oder eine Kameratechnik kompensiert werden. Ist eine Insektenfalle falsch installiert und/oder ein Nagermonitoring falsch positioniert, können trotz aller Technik Schädlinge in den Betrieb gelangen und sich dort unbemerkt etablieren.
Aber auch Fehlverhalten der Mühlen- und Futtermittelbetriebe selbst, wie mangelnde Hygiene, schlechte Reinigung, bauliche Mängel oder schlechtes Abfallmanagement, haben zur Folge, dass die ohnehin in allen derartigen Betrieben guten Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten für Schädlinge nochmals optimiert werden. Dies wird durch zeitgemäße Prophylaxe-Systeme nicht kompensiert.
Und es darf ferner nicht außer Acht gelassen werden, dass die Automatismen via Funkmodul und/oder Kameratechnik ein fachlich korrektes Prophylaxesystem voraussetzen. Vor diesem Hintergrund sollte man a) die im Mühlen- und Futtermittelbetrieb vom Schädlingsbekämpfer umgesetzten Maßnahmen und b) das eigene Verhalten in regelmäßigen Abständen von einem neutralen und unabhängigen Sachverständigen überprüfen lassen. Denn was und wem nutzt der ganze Kostenaufwand, wenn Fehler, Mängel und Versäumnisse vorliegen und das installierte Prophylaxesystem seine eigentliche Wirkung nicht entfalten kann bzw. untergraben wird?
Durch neue Gesetzgebung und Standards von Handel und Verbänden gelten höhere Anforderungen an die Getreidereinigung.
2023
8/17/2023
Getreidereinigung in der SchapfenMühle
Mit über 200 Mitarbeitern an vier Standorten verarbeitet die SchapfenMühle über 100 000 t Getreide im Jahr. Die 90 Silozellen ermöglichen eine Gesamtlagerkapazität für über 30 000 t Getreide. Das Familienunternehmen aus Ulm besitzt außerdem das zweithöchste Getreidesilo der Welt. Täglich werden mehrere hundert Tonnen Getreide verarbeitet.
Qualitätskontrolle in der Schapfenmühle
Im Mittelpunkt steht bei der Mühle das Getreidekorn und damit sein langer Weg von der Anlieferung über die Lagerung bis hin zur Verarbeitung. Auf dieser Reise spielt die Getreidereinigung eine große Rolle. Denn die Anforderungen durch den Gesetzgeber an die Keimbelastung und Reduzierung von Umweltgiften, aber auch die Sekundärstandards von Handel und Verbänden, sind hoch und durch neue Vorgaben in der jüngsten Zeit für die Belastung des zur Vermahlung kommenden Getreides nochmal deutlich verschärft worden. „Die gesetzlichen Anforderungen an die Korngesundheit sind höher als noch vor Jahren und stellen Mühlen wie uns vor anspruchsvolle Herausforderungen hinsichtlich der Getreidereinigung“, erklärt Ralph Seibold, Geschäftsführer des Familienunternehmens SchapfenMühle.
Innovative Technologien
Die SchapfenMühle setzt auf innovative Mühlentechnologien, um höchste Anforderungen an Produktqualität und Lebensmittelsicherheit zu erfüllen. So auch bei der Getreidereinigung. Neueste Sortier- und Siebtechnologien verhindern Fremdkörper, spezielle Scheuermaschinen sorgen für sauberes Getreide. Moderne Farbausleser mit neuester bichromatischer Kameratechnologie scannen jedes Getreidekorn und erkennen kleinste Abweichungen zum Standardkorn. Dadurch können Farbdefekte wie z.B. Mutterkorn und fusarienbefallene Körner sowie allergene und anorganische Stoffe ausgelesen und die Belastung mit Fusarium reduziert werden. Erst nach zahlreichen Reinigungsschritten ist das Getreide für die Vermahlung bereit.
Sortier- und Siebtechnik verhindern Fremdkörper
Von der Anlieferung zum gereinigten Korn
Das von zumeist Vertragslandwirten angelieferte Getreide läuft bei der SchapfenMühle zunächst über eine Siebmaschine, in der über unterschiedlich große Lochungen der Siebe größere und kleinere Fraktionen abgetrennt und durch einen starken Luftstrom abgesaugt werden. Im nächsten Verarbeitungsschritt, der sogenannten Schwarzreinigung, werden alle Teile, bei denen es sich nicht um einwandfreies Grundgetreide handelt, aussortiert. Dies wird durch spezielle Siebe bewerkstelligt, wo alle Teile, die nicht die gleiche Größe wie die Getreidekörner haben, ausgemustert werden. Ein Steigsichter sorgt durch einen Luftstrom im nächsten Schritt dafür, dass leichtere Teile abgetrennt werden, bevor im nachfolgenden Steinauslöser durch eine schräg stehende, vibrierende Siebplatte kleine Steine, mögliche Glas- oder Metallstücke über das spezifische Gewicht ausrangiert werden. Dies geht so vonstatten, dass Luft von unten angesaugt und dabei das Getreide wie auf einem Luftkissen ausgetragen wird. Die schwereren und nicht erwünschten Bestandteile werden über die Schräge aussortiert. Weiter geht es zum Trieur. Dort werden Hafer oder Unkrautsamen aus der Gesamtmenge ausgelesen, da sie durch ihre längliche oder kürzere Form im Mantel des Trieurs hängen bleiben. Anschließend sorgt ein Magnet für das Entfernen von eventuell noch verbliebenem Metall.
Scheuermaschine und Trieur
Farbausleser sortiert allergene Körner aus
Ein moderner Farbausleser, der bereits ganz leichte Abweichungen zum Standardkorn erkennen kann, sorgt dafür, dass Mutterkornbestandteile, Fusarien und andere befallene Körner aussortiert werden. Er kann sogar ganz leichte Farbunterschiede identifizieren und daher können auch allergene Körner wie Senfsamen entfernt werden.
Erforderlicher Feuchtigkeitsgrad für die Vermahlung
Sind in den Vorstufen alle Fremdkörper und nicht gewollte Körner entfernt worden, geht es zur Weißreinigung, die mit der Befeuchtung des Getreides startet, indem das vernebelte Wasser auf das Getreide aufgetragen wird. „Wir brauchen zur Vermahlung eine bestimmte und möglichst gleichmäßige Feuchtigkeit. Die Schale wird dadurch zäher und splittert dann weniger, mit dem Ergebnis, dass keine unerwünschten Stippen ins Mehl gelangen. Und so lässt sich auch der Mehlkörper leichter zerkleinern und unsere Mühle läuft gleichmäßig“, erklärt Ralph Seibold. Das angefeuchtete Korn muss acht bis zehn Stunden abstehen, bevor der nächste Schritt über eine Scheuermaschine angegangen werden kann. Dort wird die äußerste Schalenschicht mittels Reibung an einem Rotor und Siebmantel entfernt. Das Scheuern reduziert die ungewünschte Stippenbildung und die Umweltgifte, die auf der Holzschale sitzen, werden sicher entfernt. Abschließend sorgt ein weiterer Steigsichter für die Reduktion der letzten vielleicht noch verbliebenen ungewollten Teile. Dann ist das Getreide für die Weiterverarbeitung auf dem Walzstuhl zu qualitativ hochwertigem Mehl bereit.
Die SchapfenMühle Wertekette garantiert lückenlose Qualität von der Auswahl des Saatguts über die Ernte und die Verarbeitung des Korns bis zur Auslieferung an den Kunden. Kontinuierliche Investitionen in neue Technologien und Pioniergeist sind die Erfolgsgaranten des Unternehmens.
Die SchapfenMühle
Die SchapfenMühle ist Ulms ältestes noch produzierendes Unternehmen und beschäftigt an ihren vier Standorten über 200 Mitarbeiter. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1452. Kundennähe, Zuverlässigkeit und Qualitätsbewusstsein sind Werte, die das Familienunternehmen seit den Anfängen auszeichnen. Die SchapfenMühle ist durch die breit aufgestellte Mühlentechnologie und zumeist regionale Lieferketten ein zuverlässiger und sicherer Partner, sowohl für Landwirte als auch für Kunden. Als Getreidespezialist bietet die SchapfenMühle eine vielseitige Produktpalette an Mehlen, Getreideflocken, Mühlenmischungen, Saaten sowie Kernen und vielem mehr. Das Unternehmen ist unter anderem bekannt für seine innovativen Produkte aus besonderen Getreidearten wie Dinkel und Emmer. Im Laufe der Zeit hat sich die SchapfenMühle zu einem weltweit agierenden Unternehmen entwickelt.
Schädlingsbekämpfung wird immer komplizierter. Resistenzen und strengere Vorschriften fordern bessere Verfahren.
2023
8/17/2023
Warm-Up für Käfer & Co.
Wir verlassen das laute München Richtung Norden. Am Flughafen vorbei erreichen wir nach einer halben Stunde die Abfahrt Fahlenbach und sind in einer anderen Welt. Die Hallertau, sagt man, sei ein Paradies im Herzen Bayerns. An Hopfenstauden vorbei fahren wir durch bezaubernde Dörfer, die aussehen wie frisch geputzt. Dank Arbeitgebern wie Audi, BMW oder Airbus scheinen die Menschen hier ihr Auskommen zu haben und einen nicht geringen Teil davon in Haus und Garten zu stecken.
Die Kunstmühle der Familie Hofmeir in Fahlenbach bezieht ihre Energie auch aus Sonne und Wasserkraft.
Mitten in Fahlenbach steht die Kunstmühle Hofmeir. Der große Hof ist aufgeräumt und gefegt. Die Tür zum Mühlenladen steht offen. Martin Hofmeir ist Müller in der vierten Generation am Standort und begrüßt uns. In Braunschweig an der Müllerschule studierte er sein Handwerk und viele seiner Freunde stammen noch aus dieser Zeit. Nicht nur in der Branche, auch in der Hallertau ist er fest verwurzelt und wohnt mit seiner Familie unweit der Mühle.
Tradition und Technik
Die Mühle ist ein Familienunternehmen und vermahlt seit dem Jahr 1923 Getreide in Fahlenbach, welches von Landwirten aus der Region stammt. Auf die enge Zusammenarbeit mit Landwirten, Bäckereien und Kunden legt die Familie großen Wert. Kurze Lieferwege schonen die Umwelt und es entstehen langjährige Beziehungen. Das traditionsbewusste Unternehmen agiert nachhaltig und über 80 % des Stroms kommen aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne und Wasserkraft.
Der Mühlenbetrieb ist heute nicht das Thema, auch wenn er die Wiege und der Ursprung für alles weitere ist. Martin Hofmeir zeigt uns in einer Halle neben der Mühle zahlreiche orangerot lackierte Wärmeentwesungsöfen. Auch vier Siloöfen sind dabei. Zusammen mit seinem Vater Hans Hofmeir, ebenfalls gelernter Müllermeister und Braunschweig-Absolvent, betreibt er das Unternehmen Thermonox.
Martin und Hans Hofmeir mit ihren Thermonoxöfen.
„Als Verfahrenstechniker kenne ich die Maschinen unserer Kunden und weiß, wo sich Schädlinge einnisten.“ Martin Hofmeir
Lange suchte Hans Hofmeir nach einer sicheren Methode, Schädlinge ohne Chemikalien zu bekämpfen. Er möchte keine kurzfristige Quote, sondern nachhaltige Erfolge erzielen, weil es ihm auch immer um das Resultat in der eigenen Mühle geht. Erst die Wärmeentwesung überzeugte ihn und in Abstimmung mit der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten und einem führenden Versicherungsunternehmen entwickelte er das Thermonox-Verfahren mit Elektroöfen.
Wärmeschutzplan der Profis
Nach der Firmengründung 1997 konzentrierten sich die beiden Hofmeirs auf den deutschen Markt. Sie möchten nicht nur Öfen verkaufen, sondern in anderen Ländern kompetente Partnerschaften aufbauen, die die Technik von Thermonox verantwortungsvoll und nachhaltig anwenden. Nach und nach fanden sie dafür Franchisenehmer. Die meisten sind ebenfalls Müller oder Verfahrenstechniker. Einige kennen die beiden Firmenbesitzer seit der Müllerschule. Vor allem in Frankreich, Spanien und Italien, aber auch in Übersee wie in Japan, Australien und Mexiko sind sie tätig.
Die Öfen verschickt Thermonox per LKW. Mittelgroße Mühlen brauchen rund 15 Öfen für einen Vorgang, große teilweise um die 100 Öfen.
Das patentgeschützte Thermonox-Verfahren basiert auf der Inaktivierung lebender Zellen durch thermische Denaturierung. Schädlinge wie Motten, Reismehlkäfer, aber auch Holzbohrkäfer oder Bettwanzen werden abgetötet, indem ein Raum oder Gebäude erwärmt wird. Die Wärmeentwesung beseitigt darüber hinaus alle Stadien ihres Lebenszyklus, wie Eier oder Larven.
Ein Thermonox-Ofen bei der Arbeit. Mehrere Stunden wärmt er die Umgebung und Maschinen auf.
Die Thermonox-Behandlung wird in Getreidemühlen angewendet und in der Lebensmittelverarbeitung, in Bäckereien, in der Schokoladen- und der Tabakindustrie. Ebenfalls im Programm sind u.a. auch allgemeine Hygieneanwendungen gegen Schimmel, Keime und weitere Mikroorganismen oder Holzpalettenbehandlungen (IPPC-Standard (ISPM15)).
Thermische Schädlingsbekämpfung
- Die Temperatur muss für eine bestimmte Zeit mindestens bei 50 bis 60 °C gehalten werden.
- Luftzirkulation und Konvektion: Die Umgebungsluft wird durch die Umwälzung mit leistungsstarken Wärmeöfen erwärmt. Kältebrücken werden vermieden. Die Zirkulation der Luft stellt sicher, dass das gesamte Gebäude auf homogene Weise erhitzt wird.
- Strikte Kontrolle des Zieltemperaturbereichs: Die Wärmezufuhr wird durch Thermostate geregelt, die indirekt mit den Heizeinheiten verbunden sind. Mithilfe einer präzisen Wärmeregulierung können hochsensible Elektronik und Instrumente geschützt werden.
- Die Gebäude müssen geschlossen sein, da das Verfahren auf der Erwärmung der Umgebungsluft basiert.
Materialschlacht gegen Schädlinge
Einfach ist das Geschäft mit der Wärme nicht. Die Entwesungs-Maschinen müssen die selbstproduzierten, extremen Temperaturen aushalten und es darf zu keiner Überhitzung kommen. Das heißt, die Wärmeentwesung operiert in einem engen Bereich, für den Spezialwissen und -technik notwendig sind. Die Wärmeentwesungsöfen von Thermonox sind für staubexplosionsgefährdete Räume geeignet und die Maximaltemperatur ist durch eine spezielle Konstruktion und zweifacher Sicherheit begrenzt. Dadurch ist es möglich, selbst moderne Schaltanlagen und hochempfindliche Elektronik zu entwesen.
„Nach jedem Einsatz werden unsere Geräte auf Funktion und Sicherheit überprüft.“ Martin Hofmeir
Vor einem Auftrag führt Thermonox eine Bestandsaufnahme beim Kunden per Fragebogen durch. Abgefragt werden u.a. Angaben zu wesentlichen Gebäudemerkmalen. Vater und Sohn kennen über 500 Mühlen in 48 Ländern. Dank dieses Erfahrungsschatzes sind die Daten schnell eingeordnet, ausgewertet und ein Angebot erstellt. Techniker erledigen den Aufbau und die Überwachung vor Ort.
Hans Hofmeir weiß genau, wo er seine Wärmeöfen platzieren muss, um beispielsweise Nischen optimal zu erreichen. Er berät zudem Neukunden, damit die Schädlingsbefall noch besser vermeiden und die nächste Wärmeentwesung selbst durchführen können. Für die Hofmeirs ist die Zufriedenheit ihrer Kunden das beste Marketing. Schnelles Wachstum streben sie nicht an. Ihr Thermonox-Verfahren lässt sich nicht einfach skalieren. Jedes Angebot ist individuell zugeschnitten und der Service ist beratungs- und zeitintensiv.
Martin Hofmeir macht sich aktuell größere Sorgen. Billiganbieter, drängen in den Markt. Einige Mühlen haben unseriöse Angebote erhalten. Was, wenn ein Brandschaden durch ein nicht zertifiziertes Gerät entsteht? Er befürchtet Auswirkungen auf die gesamte Mühlenbranche und das sind seine Kollegen und viele Freunde. Die Billiganbieter ziehen dann einfach weiter, in ein anderes Land, auf einen anderen Kontinent – die Hofmeirs bleiben erreichbar in ihrer Heimat Fahlenbach.
Interview mit Martin Hofmeir
Martin Hofmeir hat das Unternehmen Thermonox mit seinem Vater aufgebaut.
M+M: Was genau zeichnet ihre Elektroöfen aus?
Martin Hofmeir: Unsere Wärmeöfen sind ausschließlich in Deutschland gebaut und gewartet. Sie sind ATEX-Zertifiziert nach EU-Richtlinie 2014/34/EU. Das heißt, wir können unsere Öfen in staubexplosionsgefährdeten Betriebsstätten einsetzen. Zudem erfüllen sie die Klassifikation Ex II 3 D und sind geprüft und zugelassen für den Einsatz im Dauerbetrieb in Zone 22, also dem Produktionsgebäude. Für Silozellen mit der gefährlicheren Zone 21 sind unsere Siloöfen zertifiziert. Wir raten immer: Lasse niemanden in deine Mühle, der da nicht hingehört. Was, wenn eine Fremdfirma oder ein Monteur einen Schaden verursacht und das dann noch mit Geräten, die für Mühlen nicht geeignet sind?
M+M: Springt in einem solchen Fall nicht eine Versicherung ein?
Martin Hofmeir: Hier muss man unterscheiden: Einmal gibt es die Versicherung der Fremdfirma – so hoffe ich - und auf der anderen Seite die mühleneigene Brand- und Feuerversicherung. Beide Versicherungen werden erst mal den Vorgang prüfen, um den Verursacher zu finden. Selbst wenn die verursachende Fremdfirma nicht den Schaden grob verschuldet hat, stellt sich die Frage, ob deren Deckung hoch genug ist. Sonst bliebe der Müller auf seinem Schaden sitzen.
Unabhängig davon steigen für Mühlenbetreiber die hauseigenen Brand- und Feuerversicherungsprämien deutlich und das fast jährlich. Bereits wenige, aber leider regelmäßig betriebsbedingte Brandschäden (im Schnitt 0,5-1 pro Jahr in Deutschland) beeinflussen unsere übersichtliche Branche wesentlich. Mühlensysteme sind sehr kostenintensiv und benötigt eine entsprechend hohe Deckungssumme. Daher kommen auch unsere Bedenken. Wettbewerber sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir befürchten, dass irgendwann die Mühlenbranche nicht mehr versicherbar sein könnte.
M+M: Welche Versicherung sollte eine Firma haben, die Wärmeentwesung anbietet?
Martin Hofmeir: Thermonox ist geprüft durch einen großen deutschen Sachversicherer und als nicht gefahrenerhöhend und somit als nicht prämienerhöhend eingestuft. Das ist die Basis, dass sie überhaupt für Gebäude und Anlagen der Kunden, die meist Millionen wert sind, versicherbar sind. Jedes Jahr zahlen wir trotzdem eine hohe Prämie an unsere Betriebsversicherung. Wir können jedem Kunden unsere Versicherungsbestätigung vorlegen.
M+M: Das hört sich in der Tat dramatisch an. Brände in Mühlen sind nicht selten. Brand- und Explosionsschutz sind ein zentrales Thema, nicht nur in der Ausbildung zum Müller. Da sollte doch jeder auf die Einhaltung der Vorschriften achten, oder?
Martin Hofmeir: Staubexplosionsgefahr, Brandgefahr oder allgemein ATEX ist für viele ein lästiges Thema. Aus Fachgesprächen wissen wir, dass einige Branchenakteure vor allem ATEX als völlig überbewertet ansehen. Schädlingsbekämpfung durch Wärme sei nicht gefährlich, denken sie, weil der Betrieb ruht. Zu extremen Situationen gehören aber gut durchdachte Prozesse und geeignete Wärmeerzeuger. Das große Drama ist sonst vorprogrammiert.
M+M: Muss man zum Entwesen die Mühle abschalten?
Martin Hofmeir: Wärmeentwesung heißt immer abschalten und alles produktleer machen. Das wollen manche Mühlenbetreiber nicht so gerne, weil es viel Planung erfordert. Die Wärmeentwesung hat in der Praxis gegenüber herkömmlichen Begasungen ihre Überlegenheit bewiesen. Das Jahr 2022 hat deutlich gezeigt, dass längere Wärmeperioden oder ein ausbleibender Winter den Mühlen bei der Schädlingsbekämpfung mehr abverlangt. Insekten vermehrten sich schneller.
M+M: Es gibt immer mal wieder Rückrufe in der Lebensmittelbranche. So hatte Kontrolleure im Juni in einem Betrieb erhebliche Problem mit Mäusen, Motten, Mehl-, Reismehlkäfern und Spinnen. Hätte eine rechtzeitige Wärmeentwesung dem ein oder anderem Betrieb geholfen?
Martin Hofmeir: Das ist aus der Ferne immer schwer zu beurteilen. Die Wärmeentwesung ist ein wesentlicher Baustein. Letztendlich ist Hygiene die Summe, was der Betrieb 365 Tage im Jahr lebt. Wir erlauben uns vor Ort, neben der Entwesungstätigkeit auch zu beraten und Empfehlungen für Verbesserungen offen anzusprechen, um diese Nachhaltigkeit gezielt zu fördern. Allgemein die steigende Zahl von Kundenreklamationen bei Herstellern und dem Einzelhandel spiegeln die Erfahrung wider, die unsere Kunden in warmen Ländern bereits seit einiger Zeit machen. Letztendlich benötigt man nicht nur bei steigenden Temperaturen einen zuverlässigen Wärmeentwesungs-Partner, der den Schädlingsdruck effektiv minimiert.
ATEX
ATEX-Leitlinien der Europäischen Union.
ATmosphère EXplosive, kurz ATEX, bezeichnet eine Direktive der EU. Sie umfasst Richtlinien auf dem Gebiet des Explosionsschutzes: die ATEX-Produktrichtlinie 2014/34/EU und die ATEX-Betriebsrichtlinie 1999/92/EG. Die ATEX-Leitlinien werden von der Generaldirektion Unternehmen und Industrie der EU-Kommission mit den Mitgliedstaaten, der europäischen Industrie, europäischen Normungsgremien (CEN, CENELEC) und sogenannten benannten Stellen (in Deutschland z.B.: BAM, PTB oder verschiedene TÜV) ausgearbeitet.
Eine explosionsgefährdete Atmosphäre liegt vor, wenn ein Gemisch aus Luftgasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben sich so verbindet, dass es sich unter bestimmten Bedingungen entzünden kann. Ausrüstungen und Schutzsysteme, für den Ex- Bereich (ATEX), decken auch Geräte für Mühlen ab.
Seit Anfang 2003 dürfen in der EU nur Geräte, Schutzsysteme und Komponenten in explosionsgefährdeten Umgebungen einsetzen werden, die der ATEX-Richtlinie entsprechen. Als „Gerät“ wird jegliche Form von Maschine, Betriebsmittel oder Vorrichtung verstanden, die vereinzelt oder im Zusammenspiel Energie erzeugen und derart formen kann, dass dabei eine mögliche Entzündungsgefahr besteht.
Die VGMS warnt im Leitfaden Explosionsschutz in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft von 2020: „In explosionsgefährdeten Bereichen (Zonen) dürfen nur Geräte, Komponenten und Schutzsysteme gemäß der Richtlinie 2014/34/EU vom Februar 2014 (früher: ATEX-Richtlinie 94/9/EG) eingesetzt werden (ausgenommen Arbeitsmittel, die keine Zündquelle besitzen (…).
Monika Drax betreibt die Drax-Mühle und bewirbt ihre Produkte erfolgreich über Social Media. Ein Vorbild für andere?
2023
8/14/2023
Digitales Marketing im historischen Juwel
Die Müllermeisterin ist Unternehmerin mit Weitblick. Sie erkennt früh, dass digitales Marketing unverzichtbar ist und bringt ihr Geschäft auf Social Media voran. Zuerst mit ihrer Homepage und Facebook und seit April 2021 auf ihrem Instagram-Account. Dort folgen der @draxmuehle mittlerweile 2 800 Menschen. Auf diesem Erfolg ausruhen kann sich Monika Drax nicht, das digitale Geschäftsleben ist oft anstrengender als das reale.
Die digitale Plattform Instagram ist voller Shops und Influencer aller Art. Mit sich rasant weiterentwickelnder Technik – seit diesem Jahr KI-unterstützt – stellen sie ihre Kreativität und ihr Talent zur Schau. Durch Filter und Bearbeitungstools werden Bilder perfektioniert. Diese ästhetischen Inszenierungen schaffen eigene Welten, in die Nutzer stundenlang eintauchen. Der Wunsch nach sozialer Akzeptanz und das Gefühl, Teil einer relevanten Gemeinschaft zu sein, sind die Triebfedern sich digital zu vernetzen.
Monika Drax legt viel Wert auf die Qualität ihrer Mehle.
Instagram war 2022 die viertgrößte digitale soziale Plattform. Sie verbindet weltweit 1,48 Mrd. Nutzer. Die Anbieter stehen im harten Wettbewerb zueinander und kämpfen um Aufmerksamkeit. Monika Drax spielt mit in diesem Universum, wo das Streben nach "Likes" und "Followern" nicht selten zur Lebensphilosophie wird.
Die Zielgruppe der Drax-Mühle auf Instagram ist klar definiert. Es sind die Kunden des Mühlenladens und des Onlineshops. Die richtige Strategie zu finden, ist schwerer. Das Budget ist genauso limitiert wie die Zeit der Müllermeisterin. In den 27 Monaten, die sie auf Instagram ist, hat sie über 122 Beiträge gepostet. Dazu viele Stories erstellt und auf Kommentare geantwortet.
Monika Drax mit ihrem Team für Produktion und Vertrieb
Der Instagram-Account der Drax-Mühle nimmt Follower mit auf eine Reise durch die Welt des Mahlens, erklärt den Produktionsprozess und die unterschiedlichen Getreidesorten. Stellt die Bio-Mehle und den Mühlenshop vor sowie die Landwirte, die das Getreide liefern. Es gibt Fotos vom Mühlrad aus Edelstahl, das seit 2006 die Turbine ersetzt und rund 3% der Energie für die Mühle liefert. Er zeigt die Walzenstühle der Firma Kastenmüller und liefert eine Beschreibung des Carat-Plansichters. Lust auf einen Besuch der Drax-Mühle machen auch die Fotos und Informationen zur historischen Getreideausstellung, die ein Teil der Mühlenführung ist.
In der Getreideausstellung können Besucher historische Mahlsteine und alte Urgetreidesorten erleben.
Besondere Ereignisse, wie der Besuch eines Fernsehteams des Bayerischen Rundfunks finden sich dort und Gewinnspiele. Seit einiger Zeit postet Monika Drax vermehrt Rezepte mit Produkten ihrer Mühle. Aber besonders gut kommen Posts an, auf denen die Müllerin selbst zu sehen ist.
Es lohnt sich, bei den Gewinnspielen auf Instagram dabei zu sein.
Brot-Influencer Lutz Geißler backt gerne mit den Mehlen aus Rechtmehring. Er hat eine Affinität zur Backkunst und ein gemeinsames Backbuch, das „Brotbackbuch Nr. 3“ mit Monika Drax geschrieben. Mehr Spirit in die digitalen Aktivitäten bringt auch die Rezeptredakteurin Irmi Rumberger, die Stories mit Videos von Backwaren teilt. Kunden, die den Instagram-Account abonnieren, haben so einen Mehrwert und erfahren viel über die Qualität der Mehle und deren Verwendung. Stetig baut sich Monika Drax so eine aktive und engagierte Community auf.
Kunden haben die Qual der Wahl zwischen 30 Qualitätsmehlen.
Zufrieden ist sie immer noch nicht. Sie stellt an sich ebenso hohe Anforderungen wie an ihre Produkte. Für die Vermarktung über Instagram möchte sie Finesse und die richtige Mischung aus Persönlichkeit und Produktpräsentation finden. Das ist ein ständiges Abwägen.
Mühle voller Geschichten
Die Wurzeln der Drax-Mühle lassen sich bis ins Jahr 1534 zurückverfolgen, als sie erstmals urkundlich erwähnt wird. Sie startet als kleine Getreidemühle und wächst im Laufe der Zeit zu einem Zentrum für die Versorgung der Region mit Getreideprodukten. Während der Industrialisierung wird die Mühle modernisiert. Im Jahr 1912 übernimmt Familie Drax die Geschäfte und Müllermeister Karl Drax modernisiert weiter. Das Familienunternehmen wird von Generation zu Generation weitergegeben.
Ein Schwerpunkt der Geschäftsstrategie der Drax-Mühle liegt heute auf der Nachhaltigkeit. Die Mühle arbeitet eng mit rund 50 regionalen Landwirten zusammen, um bestes Getreide zu beziehen, das umweltfreundlich angebaut wird. Sie setzt energieeffiziente Technologien ein und minimiert Abfall. Der Erhalt alter Getreidesorten ist ebenfalls ein Ziel des Mühlenteams. Im Mühlenladen finden sich viele Produkte aus Urkorn. Monika Drax, die die Mühle in der vierten Generation führt, engagiert sich für den Erhalt des kulturellen Erbes der Mühle und öffnet regelmäßig ihre Türen für Besucher, die die Geschichte und die Produkte der Mühle hautnah erleben möchten.
Der Mühlenladen der Drax-Mühle ist über 100 m2 groß.
Mit ihrer langen Geschichte, den Produkten und der visionären Führung ist die Drax-Mühle ein Symbol für die Wertschätzung von Handwerkskunst und nachhaltiger Produktion. Das Juwel in Rechtmehring ist ein schönes Beispiel für den Erfolg einer traditionellen Mühle im modernen Zeitalter. Und am Ende des Tages ist Monika Drax nicht nur eine von vielen Influencerinnen im Instagram-Universum, denn sie hat etwas, das viele nicht haben: Eine echte Geschichte. Wer weiß, vielleicht ist das der Schlüssel zu den Herzen der Follower? Denn was wirklich zählt, sind die Geschichten, die wir teilen, und die Menschen, die wir inspirieren. Bis dahin: Keep scrolling.
Monika Drax ist stolz auf das neue Wasserrad aus Edelstahl, das die alte Turbine ersetzt.
Mühle + Mischfutter sprach mit Monika Drax über digitales Marketing.
M+M: Ihr Instagram-Account ist sehr ansprechend. Haben Sie eine Strategie für ihr digitales Marketing, die Sie anderen Mühlen empfehlen können?
Monika Drax: Ich weiß nicht, ob es die richtige Strategie überhaupt gibt. Das digitale Geschäft entwickelt sich ständig weiter. Es unterliegt Modeerscheinungen und folgt Trends. Was heute „in“ ist, ist morgen vielleicht schon veraltet. Ich beobachte, dass das Instagram-Publikum insgesamt immer anspruchsvoller wird und ästhetisch ansprechende Inhalte erwartet. Das ist für mich eine echte Herausforderung. Kürzlich war ich bei einem Kunden, eine größere Bäckerei. Dort beobachtete ich ein professionelles Foto- und Filmshooting für Instagram. Es war für mehrere Tage angesetzt mit einer Top-Ausstattung. Da kann man als kleiner Betrieb schlecht mithalten.
M+M: Aber müssen Mühlenprodukte mit Hochglanzfotos präsentiert werden? Das Besondere ist doch das Mühlenhandwerk und die Regionalität – kann man dies nicht ganz normal präsentieren?
Monika Drax: Dieser Trend hin zum Natürlichen ist sicher für mich von großem Vorteil. Aber bei Instagram bin ich ständig gefordert und muss mir etwas einfallen lassen. Die Beiträge und Fotos können hochwertig sein oder bewusst einfach – aber sie müssen Aufmerksamkeit erzielen. Und das Woche für Woche. Gleichzeitig möchte ich authentisch bleiben und den Bezug zur traditionellen Handwerkskunst nicht verlieren. Denn das ist mein Alleinstellungsmerkmal. Letztens habe ich mich über ein Ehepaar sehr gefreut. Beide besuchten unseren Mühlenladen und waren sehr begeistert, dass es im Laden und an der Mühle genauso aussieht wie auf den Fotos. Viele Fotos bei Instagram sind so bearbeitet, dass sie mit der Realität nur noch wenig zu tun haben.
M+M: Holen Sie sich Unterstützung oder arbeiten Sie mit anderen zusammen?
Monika Drax: Da ich den direkten Kontakt zum Kunden möchte, ist Authentizität sehr wichtig. Noch bis zum Ende letzten Jahres hatten wir eine Agentur beauftragt. Aber wir merkten, dass es für Betriebsfremde schwer ist, in unseren Alltag einzutauchen. Somit haben wir das Zepter wieder selbst in die Hand genommen. Wir merkten zum Beispiel, dass unsere Rezepte, die auf unsere Mehle abgestimmt sind, gut ankommen. Deshalb auch die Zusammenarbeit mit Food-Journalisten oder Influencern. Da es bei Rezepten eine enorme Erwartungshaltung an perfekte Fotos gibt haben wir das technische Equipment aufgestockt.
M+M: Bisher haben Sie sich sehr erfolgreich durch die digitale Landschaft navigiert. Kaum eine Mühle hat mehr Follower als Sie. Sind Sie mit diesem Erfolg zufrieden?
Monika Drax: Ich freue mich sehr über Resonanz von Kunden. Instagram bietet die Möglichkeit, Kundenbeziehungen aufzubauen. An den Pfingstfeiertagen war ich auf einem Handwerkermarkt. Morgens hatten wir ein Rezept für neue feine Porridgeflocken aus Hafer gepostet. Auf dem Markt sprach mich eine Besucherin und Kundin an und schwärmte von dem Rezept. Sie hatte den Porridge gleich zum Frühstück nachgekocht. Solche Erlebnisse habe ich öfter und sie zeigen, wie schnell und direkt ich Kunden über Instagram erreiche und wie aufmerksam unsere Posts verfolgt werden.
M+M: Positives Feedback motiviert sicher, aber können Sie den Nutzen für Ihr Geschäft quantifizieren?
Monika Drax: Für mich ist es weniger die Quantität, die zählt. Junge Menschen nutzen Suchmaschinen wie Instagram und YouTube eher als Google, um sich über Produkte und Dienstleistungen zu informieren. Künftig dürften deshalb Plattformen wie Instagram noch wichtiger für unser Geschäft werden. Heute wird von einer modernen Mühle erwartet, mit dabei zu sein. Es ist fast schon Pflicht. Ich sehe zwar die vielen Abrufzahlen, aber ich kann nicht messen, wie viele wirklich bei uns anschließend bestellen oder im Mühlenladen zum Einkaufen kommen. Direkte Aktionen kann ich besser einschätzen. Vor kurzem hatten wir eine Woche portofreien Versand. Innerhalb von zwei Tagen gingen so viele Bestellungen ein, wie sonst in einer Woche.
Mehr greifbares Feedback erreiche ich mit unserer Mühlenpost. Das gedruckte Heft bringen wir nur einmal jährlich heraus und legen es den Bestellungen bei. Viele Kunden rufen an oder schreiben uns eine E-Mail und möchten nicht nur die dort beworbenen Produkte kaufen, sondern das Heft abonnieren. Ich stütze mich also nicht allein auf digitales Marketing.
M+M: Haben Sie einen Rat für andere Mühlen?
Monika Drax: Social Media ist kein Glücksspiel, mit viel Feingespür für seinen Geschäftsbereich ist es möglich in kurzer Zeit Produkte erfolgreich am Markt zu platzieren. Der Weg dazwischen kann oft „steinig“ sein, vor allem wenn die Algorithmen gegen einen sind. Man sollte auf jeden Fall vorher überlegen, wen man erreichen möchte und wie. Wer nicht so viel Zeit hat, kann einmal im Monat einen guten Post teilen und sich so nach und nach einen Account aufbauen. Und wer schon bei Facebook ist, kann über die Business Suite im Content Bereich auch Instagram nutzen und betreuen. Das ist nicht ideal wegen der unterschiedlichen Zielgruppen jeweils, aber besser als nichts.
M+M: Eine der größten Herausforderungen für Influencer besteht darin, die Balance zwischen Produktpräsentation und persönlicher Authentizität zu finden. Viele Follower suchen eine persönliche Verbindung. Wie gehen Sie damit um?
Monika Drax: Ich überlege viel, wie ich persönlichen Werte und meine Leidenschaft als Unternehmerin mit dem Produkt in Einklang bringen kann. Ich versuche meine persönliche Geschichte, meine Hingabe an Qualität und Nachhaltigkeit sowie die Liebe zur Müllerei in die Erzählungen mit einzubringen. Die Posts, in denen ich im Vordergrund stehe, haben oft die meisten Likes. Aber so ganz wohl fühle ich mich damit nicht, denn ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt. Mir persönlich würde es besser gefallen, wenn meine Mehle die gesamte Bühne für sich beanspruchen könnten. Aber wie soll Mehl eine Beziehung aufbauen?
Ich versuche meine Persönlichkeit hinter dem Produkt sichtbar zu machen. Die Kunst ist die richtige Balance. Ich achte sehr darauf, dass meine persönliche Präsenz nicht den Fokus von meinen Produkten ablenkt. Das Hauptziel bleibt die Vermarktung und der Verkauf unserer Produkte.
M+M: Wie sieht das konkret aus?
Monika Drax: "Bleib echt", predigen die alten Weisen von Instagram. Ich versuche mich als Müllerin und als Geschäftsfrau zu zeigen und gebe Einblicke in meinen Alltag am Arbeitsplatz. Ich zeige, dass das Getreide, meine Mehle und die Verbindung zu Zulieferern und Kunden für mich mehr als nur Produkte und Geschäftsbeziehungen sind. Sie sind meine Leidenschaft und dahinter steckt eine Mission.
Als eine Botschafterin der Müllerei sind meine Mehle nicht nur Produkte, sondern Teil einer größeren Geschichte. Es geht um regionale Wertschöpfung, um Nachhaltigkeit und damit letztlich um unsere Gesundheit und Umwelt. Handwerk, welches uns über Jahrhunderte ernährt hat, und alte Getreidesorten sollen nicht verloren gehen. Diese Ziele sind es wert, gelebt und geteilt zu werden. Und all das zusammen ist es, was echte Verbindungen zum Kunden schafft und loyale Follower bindet.
Salt Lake City birgt einen besonderen Schatz aus vergangenen Tagen - die Lehi Roller Mills. Gebaut 1906.
2023
8/10/2023
Ohne Lehi Mehl kein Kentucky Fried Chicken
Seit 1995 ist die Lehi Mühle in den USA registriert als „Nationaler Historischer Platz“. Zu Recht, denn die Mühle hat eine lange und ereignisreiche Geschichte. Die Mühle mahlte das Mehl für das erste Kentucky Fried Chicken Restaurant (Harman’s) in Salt Lake City und beliefert bis heute das weltweit bekannte Franciseunternehmen.
Das erste Harman´s Kentucky Fried Chicken Restaurant der Welt steht in Salt Lake City in Utah.
Darüber hinaus ist die Mühle ein beliebter Drehort für die Filmindustrie. Der bekannteste Film, der hier gedreht wurde, ist “Footlose” mit Kevin Bacon. Noch heute kommen Fans des Films aus der ganzen Welt, um die Mühle zu besichtigen. Für die Mühlenbetreiber ist dieser Film auch deshalb wichtig, weil er symbolisch für ihr Bestreben steht, die Gemeinde und die Gemeinschaft rund um den Ort Lehi zu unterstützen.
Der Ursprung der Lehi Roller Mills reicht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück. Im Jahr 1870 erbauten die Brüder George und Robert Robinson eine einfache Getreidemühle an den Ufern des Jordan River in der Nähe des Ortes Lehi im Bundesstaat Utah. Sie übernahmen dann die im Jahr 1906 von lokalen Farmern errichtete Lehi Mühle. Die Mühle nutzte ursprünglich die traditionelle Steinmahltechnik, die in dieser Zeit üblich war. Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Mühle mehrmals renoviert und modernisiert, um mit den Fortschritten in der Getreidevermahlung Schritt zu halten.
Die Eigentümer investierten kontinuierlich in die Erhaltung und Restaurierung des historischen Gebäudes, um seinen Charme und seine Bedeutung zu bewahren. Dank ihrer Walzenstühle wurde die Lehi Roller Mills berühmt für ihr hochwertiges Mehl. Rund 13 000 t Getreide vermahlt die Mühle heute pro Jahr. Das Getreide kommt vor allem von regionalen Farmen aus dem Cedar Valley.
Die Lehi Mühle gehört heute zum Stadtgebiet von Salt Lake City am Fuße der Wasatchgebirgskette.
Bis 2020 wurde die Lehi Roller Mills in der vierten Generation der Familie Robinson betrieben. Sherm Robinson übergab dann die Mühle an Investoren, die den Erhalt und die Ideale der Mühle weiter sichern. So kann das Erbe und die Traditionen für kommende Generationen bewahrt werden. Die Mühle beherbergt weiterhin funktionstüchtige Walzenstühle.
Heute stehen Walzenstühle von Bühler in der Lehi Roller Mills
Die Mühle betreibt heute einen beliebten Shop und verkauft ihre Mehle auch in kleineren Verpackungen an Privatkunden.
Privatkunden können Mehle oder Backmischungen im Mühlenshop kaufen.
Der Shop ist wie ein kleines Museum und beherbergt viele historische Dokumente und Zeugnisse aus der Geschichte der Mühle und ihrer Betreiber.
Die Mühle erinnert daran, wie die Technologie die Lebensmittelproduktion revolutioniert hat und wie bedeutend diese Veränderungen für die Stadt und die Gesellschaft waren.
Die Mühle Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts
Besucher können sich in der Mühle auf eine Zeitreise begeben und das Knirschen der Walzen, das Summen der Maschinen und den nostalgischen Geruch von frisch gemahlenem Mehl erleben – ein unvergessliches Erlebnis, das die Lehi Roller Mills in Salt Lake City zu einem bedeutenden Ort macht.
Neue Enzym-Range bietet größte Variabilität an Enzymlösungen für komplexe Anforderungen in der Mehlstandardisierung.
2023
7/13/2023
MC Mühlenchemie präsentiert Omnizym Sugar Replacer
Enzyme zählen heute zu den wichtigsten Werkzeugen des Müllers. Sie sind unverzichtbar, um eine gleichbleibende Qualität des Mehls zu erhalten. Anlässlich seines Jubiläums launcht MC Mühlenchemie jetzt die neue Marke „Omnizym“. Unter dem Dach der Produktserie bietet der Mehloptimierer aus einer Hand die größtmögliche Vielfalt an Enzymlösungen, die gegenwärtig verfügbar sind. Sie ist eine Erweiterung der bekannten MC-Marken wie Alphamalt, Powerzym und Mulgazym. Die erste Omnizym-Anwendung ist ein Sugar Replacer, der es ermöglicht, den Zuckergehalt in hefegelockerten Backwaren in der Bäckereirezeptur zu reduzieren.
Die Herausforderungen der Müllerei an die Herstellung von standar-disiertem hochwertigem Mehl lassen sich nicht mehr mit singulären Ansätzen bewältigen. Aufgrund regionaler Unterschiede – insbesondere in Bezug auf die verfügbaren Rohstoffqualitäten – gleicht heute keine Anforderung einer zweiten, vielmehr sind sie „omnikomplex“. Für Lösungen sind daher ebensolche komplexen Zusammensetzungen und Verbindungen von Enzymen notwendig. Die Antwort von MC lautet Omnizym und liegt in der Kombinationsmöglichkeit aller verfügbaren Enzymlösungen. Dafür hält Omnizym standardisierte Lösungen bereit, die mit eigens entwickelten und gesourcten Enzymen kombiniert werden können. Hinter der neuen Produktserie steht das 100-jährige Know-how der Mehloptimierer aus Ahrensburg. Grundgedanke ist es, für jede individuelle Anforderung in der Mehlstandardisierung eine maßgeschneiderte Antwort zu liefern.
Anwendung: Zuckeraustausch
Als erste Innovation der Omnizym-Reihe präsentiert das Forschungs- und Entwicklungsteam von MC einen Sugar Replacer, mit dem sich der Einsatz von Zucker bei der Herstellung von Backwaren teilweise oder vollständig austauschen lässt, ohne die Qualität des Endproduktes negativ zu beeinflussen. Die neue Enzymlösung wurde speziell vor dem Hintergrund steigender Rohstoff- und Produktionskosten entwickelt.
Die backtechnologischen und sensorischen Eigenschaften von Backwaren hängen stark von der Funktion des Zuckers ab. Daher war es wichtig, sicherzustellen, dass diese Parameter nicht beeinträchtigt werden, wenn Zucker reduziert wird. Der Omnizym Sugar Replacer enthält zwei Produktvarianten. Bei dem rein enzymbasierten Produkt wandeln Enzyme die Stärke in Glukoseeinheiten um und unterstützen damit die Fermentation, Farb- und Geschmacksbildung. Zusätzlich sorgen sie während des gesamten Gärprozesses für die Produktion von Maltose und damit für eine schnellere Gärung und verbesserte, gleichmäßige Krustenfarbe. Dieses basiert auf der enzymatischen Hydrolyse von langkettigen Polysacchariden, wodurch mehr Ausgangsstoffe für die Maillard-Reaktion gebildet werden.
Die zweite Variante des Omnizym Sugar Replacer basiert auf demselben Enzymcompound, ergänzt um eine geschmacksgebende Komponente. Dadurch wird nicht nur die gleiche Backperformance erreicht, sondern auch ein identisches Süßungsprofil der Gebäcke im Vergleich zu Backwaren mit vollem Zuckeranteil.
Flexible Anwendung in der Mühle
Die Omnizym Sugar Replacer können direkt in der Mühle zugegeben werden, ohne die Standardbehandlung zu verändern, was den Herstellern eine flexible Anwendung ermöglicht. Die optimale Dosierung für die angestrebte Zuckerreduktion lässt sich in Backversuchen unter lokalen Anforderungen ermitteln. Dabei können Mühlen auf das MC-Know-how im Stern-Technology Center ‚Futuremaker‘ in Ahrensburg oder in den weltweiten MC-Laboren zurückgreifen.
MC Mühlenchemie präsentiert Gewinner des Flour Innovation Award. Preisträger kommen u.a. aus Südafrika und Äthiopien.
2023
7/5/2023
Die Gewinner des ersten Flour Innovation Award
MC Mühlenchemie hat heute bei einer digitalen Preisverleihung die Preisträger des Flour Innovation Award 2023 bekanntgegeben. Der Preis, der innovative Lösungen für den nachhaltigen Umgang mit Weizen und lokalen landwirtschaftlichen Rohstoffen auszeichnet, wurde anlässlich des 100-jährigen Jubiläums von MC Mühlenchemie erstmals ausgeschrieben. Gesucht wurden Composite Flour Innovationen. Die Gewinner kommen aus Südafrika, Äthiopien und Pakistan.
Mit dem Preis werden wissenschaftliche Arbeiten ausgezeichnet, die sich mit der Herstellung und Verarbeitung von Nichtweizenmehlen sowie deren Mischungen mit Weizenmehl, insbesondere unter Verwendung lokaler Rohstoffe, befassen. Ziel ist es, die Erforschung von Alternativen zu Weizenmehl voranzutreiben, um eine größere Unabhängigkeit von Weizen und den Weltmärkten zu erreichen.
Globale Relevanz und Vielfalt
23 Forschungsarbeiten aus neun Ländern und vier Kontinenten wurden für den Innovationspreis 2023 "Composite Flour" eingereicht. Eine internationale Expertenjury bewertete die wissenschaftlichen Studien und abgeschlossenen Praxisprojekte aus den Jahren 2019 bis 2022 und wählte drei Preisträger aus.
„Die beeindruckende Vielfalt der Einreichungen zeigt die weltweite Bedeutung und Relevanz des Themas Composite Flour. Die Beiträge spiegeln die Entwicklungen und Innovationen in diesem Bereich wider und helfen, unser Verständnis für den Einsatz und die Verarbeitung von Verbundmehlen zu vertiefen“, so Dr. Lutz Popper, Ideengeber des Innovationspreises.
Der erste Innovation Award wird per Videoschalte übergeben an den Preisträger.
Das Preisgeld von insgesamt 10.000 Euro wurde unter den drei Erstplatzierten aufgeteilt. Der erste Preis und damit 5.000 Euro gin-gen an Yusuf Kewuyemi, Doktorand an der Universität Johannesburg, für seine Entwicklung von 3D-gedruckten Keksen aus verarbeitetem Vollkornmehl von Erbsenbohnen und Quinoa, die in Afrika angebaut werden. Diese Pflanzen haben einen hohen Nährwert und können dazu beitragen, das Risiko nichtübertragbarer Krankheiten zu verringern. Um den Nährstoffgehalt zu erhöhen und die Bioverfügbarkeit zu verbessern, setzt Kewuyemi auf innovative Techniken wie Fermentierung und Keimung. Das Endprodukt ist ein funktioneller, nährstoffdichter Snack in Form eines 3D-gedruckten Kekses. Diese Forschung zeigt, wie traditionelle Pflanzen durch innovative Verarbeitungstechniken in gesundheitsfördernde Lebensmittel transformiert werden können.
Den zweiten Preis in Höhe von 3.000 Euro erhielt Abdulhakim Idris von der Jimma University in Jimma, Oromia Region, Äthiopien. In seiner Studie "Optimierung der Prozessvariablen für die Herstellung von Haferverbundkeksen" ging er der Frage nach, wie die optimale Mischung von Weizen- und Hafermehl für die Herstellung von Keksen aussieht. Verschiedene Parameter wie Mischungsverhältnis, Backzeit und Backtemperatur wurden analysiert, um ihren Einfluss auf Eigenschaften wie Gewicht, Dicke, Ausbreitungsverhältnis und Textur der Kekse zu ermitteln.
Einblick in die prämierten Forschungsprojekte
Die Ergebnisse zeigten, dass ein Mischungsverhältnis von 15% Hafer zu 85% Weizen, eine Temperatur von 300°C und eine Backzeit von 3:30 Minuten die optimalen Verarbeitungsbedingungen für die Herstellung von Hafer-Weizen-Keksen darstellen, ohne dass sensorische Unterschiede zu reinen Weizenkeksen auftreten. Damit wur-de die Grundlage für die weitere Kommerzialisierung von Hafer-Mischkeksen, die Entwicklung von Verwendungsmöglichkeiten für andere Haferprodukte und die Förderung von Hafer als wenig genutzte Getreideart zum Ausgleich des jährlichen Getreidedefizits geschaffen.
Der dritte Platz und ein Preisgeld in Höhe von 2.000 Euro gingen an Saqib Arif von der Universität Karachi in Pakistan. Seine Studie untersuchte das Potenzial von Composite Flour aus Mischungen untergenutzter Getreidearten vor dem Hintergrund weltweit steigender Weizenpreise und zunehmender Nachhaltigkeitsbedenken. Die Er-gebnisse zeigen, dass Verbundmehle ein verbessertes Nährwertprofil aufweisen, reich an Ballaststoffen und bioaktiven Verbindungen sind und somit eine vielversprechende Möglichkeit darstellen, die Abhängigkeit von Weizen zu verringern, auch wenn einige Herausforderungen hinsichtlich der Verarbeitbarkeit und der sensorischen Eigenschaften zu bewältigen sind.
"Die eingereichten Forschungsprojekte demonstrieren, dass Composite Flour ein enormes Potenzial hat, die Zukunft unserer Nahrungsmittelproduktion nachhaltig zu gestalten. Sie zeigen, dass wir mit intelligenten und innovativen Verfahren unsere Abhängigkeit vom Weizen verringern können, ohne auf Geschmack und Qualität ver-zichten zu müssen. Der Blick in die Zukunft verspricht viele spannende Entwicklungen und wir freuen uns darauf, diesen Fortschritt weiter zu fördern und zu unterstützen“, sagte Dr. Lutz Popper, Vorsitzender der Jury des Composite Flour Science Award, bei der Vorstellung der Projekte.
Fachwissen und Branchenkompetenz – Expertenjury des Flour Innovation Award
In der Jury wurde der renommierte Spezialist für die Anwendung von Enzymen in der Lebensmittelverarbeitung und wissenschaftliche Leiter der MC Mühlenchemie von hochkarätigen Experten der Lebensmitteltechnologie und -verarbeitung unterstützt, die ihre wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungen in den Bewertungspro-zess einbrachten: Ihm zur Seite standen Jeffrey A. Gwirtz, ein erfahrener Mühleningenieur und derzeitiger CEO von JAG Services Inc. Und Michael Gusko, Global Director Innovation bei der GoodMills Group, der sich seit vielen Jahren erfolgreich der Entwicklung funktioneller Inhaltsstoffe widmet und die Innovationsprozesse bei Europas größtem Mühlenkonzern leitet.
Rosana Sica, technische Direktorin von Atime S.A. in Argentinien, bereicherte die Jury als anerkannte Expertin auf dem Gebiet der Verwendung von Enzymen zur Verbesserung der Qualität von Weizenmehl. Sridhar Bhavani vom International Maize and Wheat Improvement Center (CIMMYT) brachte mehr als eineinhalb Jahrzehn-te Erfahrung in der Weizenforschung ein. Abgerundet wurde der Kreis durch Professor Olugbenga Ben Ogunmoyela, Präsident der NGO Consumer Advocacy for Food Safety and Nutrition Initiative (CAFSANI) sowie CEO von Glytabs Consulting Limited. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmitteltechnologie und Ernährung.
Nach einem Treffen vor 5 Jahren in Plauen und Dresden zog es uns wieder zurück in bekannte Gefilde, ins Appenzell! Nach der Anreise begann alles mit einer urigen Bierprobe in der Brauquöll, im Besucherzentrum der Brauerei Locher in Appenzell. Neue Bierkompositionen mit überraschenden Geschmacksnoten wurden uns präsentiert. In guter Stimmung bezogen wir unser Quartier im Hotel Neuhof Appenzell Gäste- und Schokohaus. Ein großartiges Abendessen im Hotel Freudenberg vor überwältigender Kulisse der Appenzeller Landschaft war ein erster Höhepunkt.
Nach ausgiebigem Frühstück in unserem Quartier ging es zügig zur Metzgerei Fässler, um die Herstellung einer „Siedwurst“, einem Höhepunkt aus der traditionellen einheimischen Küche, mitzuerleben. Die Führung durch den Betrieb enthielt auch interaktive Elemente, bei denen die Teilnehmer ihr handwerkliches Geschick unter Beweis stellen konnten. Die „selbst“ hergestellten Siedwürste konnten wir beim anschließenden Mittagessen in fröhlicher Runde genießen.
Gestärkt machten wir uns auf den Weg zur Bäckerei- Confiserie Böhli Beck in Appenzell. Hier lernten wir eine weitere Spezialität, den „Appenzeller Biber“ kennen. Nicht nur die Herleitung des Namens war Teil des Workshops, sondern auch deren Herstellung mit besten Zutaten und einer geheimen Gewürzmischung. Eine lebkuchenähnliche Leckerei mit verschiedenen Bildmotiven konnte jeder Teilnehmer selbst gestalten und nach dem Backprozess als Erinnerung mit nach Hause nehmen. Die Appenzeller Biber können ganzjährig als besondere Spezialität gekauft werden.
Besuch bei Swisca in Flawil
Der Höhepunkt des Tages stellte der Empfang bei der Swisca Swiss premium Milling Technology in Flawil dar, einem Startup - Unternehmen. Erst 2019 gegründet, mit einem beeindruckenden Wachstum in wenigen Jahren. Die Innovationskraft dieser Firma in Sachen Waagenbau versetzte uns ins Staunen. Modulare Wiegesysteme mit höchster Präzision einer großen Produktbreite und – tiefe bei gleichzeitig steigenden Anforderungen bei der Lenkung von Warenflüssen und der Rückverfolgbarkeit, sind das Ergebnis höchster maschinenbautechnischer Kompetenz und Motivation. Beeindruckt hat auch das Handling und das Design dieser Premiumprodukte. Die Besichtigung und das Kennenlernen dieser Firma war ein außergewöhnlicher Moment, auch für die nicht mehr in der Müllerei aktiv tätigen Kollegen. Die Zukunftspläne der Firma Swisca lassen noch viele Überraschungen erwarten. Flawil, ein Standort einer inzwischen weltweit agierenden Hightecfirma in Sachen Waagenbau. Es ist verständlich, dass die Gespräche am Abend auch von diesen unvergesslichen Eindrücken bestimmt waren.
Nach dem Frühstück traten wir, schweren Herzens, die Heimreise an, nicht ohne die Absprache, sich in drei Jahren wieder zu treffen. Herzlichen Dank an Jürg Häfeli und Urs Flunser für die professionelle Organisation des Treffens.
Es hat gut getan, sich mal wieder zu sehen, in Vergangenem zu schwelgen und auf alten Fotos sich wieder zu erkennen, um festzustellen, dass 45 Jahre doch nicht ganz spurlos an uns vorüber gegangen sind. Aber das Thema, die Leidenschaft für unseren geliebten Beruf, hat wieder neue Nahrung bekommen!
Endress+Hauser lud im Juni 2023 zum ersten Global Forum ein. Über 1200 Teilnehmer kamen.
2023
6/30/2023
Das erste Global Forum von Endress+Hauser
Endress+Hauser bietet Prozesslösungen für Durchfluss, Füllstand, Druck, Analytik, Temperatur, Aufzeichnung und digitale Kommunikation an. Prozesse sollen im Hinblick auf wirtschaftliche Effizienz, Sicherheit und Umweltauswirkungen optimiert werden. Das Unternehmen bedient viele Branchen, darunter Chemie, Lebensmittel & Getränke, Energie & Strom, Bergbau, Mineralien & Metalle, Öl & Gas und Wasser & Abwasser.
Eröffnung des Global Forums
Gegründet 1953 ist das Familienunternehmen mit einem Nettoumsatz von knapp 3,3 Milliarden Euro, mit mehr als 15.800 Mitarbeitern weltweit und tausenden Patenten der Puls der Messtechnik weltweit. Das Global Forum mit dem Motto „Insights for sustainable decisions“ ist Teil der Bemühungen von Endress+Hauser die Zukunft der Prozessindustrie mitzugestalten. CEO Matthias Altendorf betonte in seiner Eröffnungsrede die Wichtigkeit der Dekarbonisierung, Energiewende und Steigerung der Ressourcen- und Energieeffizienz.
Zu Beginn des Forums hielt Mike Berners-Lee, Autor von „Es gibt keinen Planet B“, ein Impulsreferat zur Nachhaltigkeit. Am zweiten Tag teilte Dr. Bertrand Piccard, bekannt für seine Weltumrundung mit einem Solarflugzeug, seine Gedanken zum Ressourcenverbrauch. Die Themen in den einzelnen Sessions reichten von Lab und Process über Supply Chain Excellence, über digitale Zwillinge, Blockchain bis hin zur Sicherheit in der Cloud.
Die Praxis anfassen und erleben konnten Besucher auf einer beeindruckenden Ausstellung in den Messehallen
Endress+Hauser Flow Product Center
Das Kompetenzzentrum für Durchflussmesstechnik und digitale Lösungen öffnete am dritten Tag seine Türen in Reinach. Der Anbieter von Durchflussmessgeräten für Flüssigkeiten, Gas und Dampf hat mehr als 45 Jahre Erfahrung und rund 2340 Mitarbeitern an sieben Standorten weltweit. Die Produktpalette reicht von der kommunikationsfähigen Einzelmessstelle bis hin zur Komplettlösung für höhere Steuerungssysteme und deckt viele Messprinzipien ab.
Endress+Hauser Wetzer
Eine Blaskapelle der Mitarbeiter von Endress+Hauser Wetzer GmbH begrüßte am vierten Tag interessierte Teilnehmer in Nesselwang. Während des Rundgangs durch die Produktionsstätte wurde schnell klar, warum das Werk führend in der Temperaturmesstechnik ist. Die modernen Anlagen und die Fertigungstechnologien zeugen von herausragender Ingenieurskunst. Ein akkreditiertes Kalibrierlabor garantiert die Qualität der Produkte. Die Firma beschäftigt weltweit etwa 744 Mitarbeiter und unterhält lokale Abteilungen in Pessano (Italien), Greenwood (USA), Suzhou (China) und Aurangabad (Indien).
Nachwuchsförderung
Am Donnerstag trafen sich Auszubildende, Studierende und Praktikanten von Endress+Hauser zum „Networking Young Generation 2023“ im Messezentrum. Die 500 jungen Menschen sprachen über ihre Erwartungen u. a. mit Mitgliedern der Familie Endress.
Ein Teil der Energie, die die Farina Mühle verbraucht, kann mit der Wärme aus Staubverbrennung ersetzt werden.
2023
6/13/2023
Mit der Kraft der Sonne und des Getreidestaubs
In seinem Büro erzählt uns Andreas Seidl, weshalb er eine Anlage zur Staubverbrennung in der Farina Mühle einbaute. Schnell hat der Produktionsleiter alle Baupläne parat. Mit einer Leistung von 180kW ging die Anlage 2019 an den Start. Eine alte Ölheizung musste damals ersetzt werden. Rund 400t im Jahr verbrennt sie an Staub aus der Produktion und erzeugt damit die Raum- und Trocknungswärme der Mühle. Früher musste die Mühle für die Entsorgung des Getreidestaubs bezahlen, heute spart sie damit Geld.
Andreas Seidl zwischen den Walzenstühlen der Farina Mühle
Mit der Kraft des Staubes ersetzt der Mühlenbetrieb jedes Jahr rund 90.000l Heizöl. Das Investment von insgesamt 460 000 Euro – davon 160 000 Euro aus der kommunalen Umweltförderung - hat sich bereits nach zweieinhalb Jahren ausgezahlt: „Die Anlage war von der Amortisationsdauer her, die bisher beste Investition meines Geschäftslebens,“ erzählt Andreas Seidl zufrieden. Der Weg dahin war knifflig, gibt er zu: „Wer eine fertige Anlage geliefert haben möchte, die vom ersten Tag an rund läuft, wird eventuell enttäuscht.“ Von Vorteil sei es, wenn man selbst die Wartung übernimmt und eingreifen kann. Empfehlen würde er die Komplettlösung auf jeden Fall.
Die Auszubildenden können viel von Andreas Seidl lernen
Pilotprojekt mit Anlaufproblem
Den Ökotherm Heizofen hat die deutschen Firma A.P.Bioenergietechnik GmbH geliefert. Der Heizungsbauer aus Hirschau hat über 30 Jahre Erfahrung mit der Verbrennung halmgutartiger Biomasse. „Brennstoffe aus Mühlenresten technisch sauber thermisch zu verwerten ist nicht einfach,“ erklärt Philipp Schneider. Er ist technischer Projektleiter und verantwortlich für die Lösung der Farina Mühle. In Deutschland gibt es kaum Firmen, die geeignete Heizanlagen für Getreideabgang aus dem Mühlenprozess vertreiben. Kleinere Öfen bis 100kW bietet aktuell nur A.P.Bioenergietechnik an, da keine andere Firma die Zulassung für das Verbrennen halmgutartiger Brennstoffe hat.
Der Brennstoff der Farina Mühle besteht vor allem aus mehligem Getreideausputz und zu einem geringen Teil aus Getreideresten wie Spelzen, Bruchkorn und Stroh. Das Fasermaterial ist wichtig, denn reinen Staub kann der Ofen nicht verbrennen. Es ist kein genormter Brennstoff und die Zusammensetzungen des Brennstoffs variiert, was Auswirkungen auf Brennwert und Aschegehalt hat. Öfen für halmgutartige Brennstoffe sind immer noch Nischenprodukte. Aber sie lohnen sich, betont Philipp Schneider: „Die Biomasse-Heizanlagen sind sicher aufwendig und wartungsintensiv, aber rechnen sich über die Zeit.“
Kluges Energiekonzept
Andreas Seidl führt uns in ein kleineres Gebäude neben dem Silogebäude. Dort hat ein örtlicher Installationsbetrieb die Heizanlage aufgebaut. Am großen Brennstoff-Silo können wir durch ein Sichtfenster den staubigen Brennstoff sehen. Staub und Verbrennung im Mühlenbetrieb –uns wird etwas mulmig. Der Brandschutz prüft die Anlage regelmäßig, beruhigt uns Andreas Seidl. Auch A.P.Bioenergietechnik ging beim Explosionsschutz keine Kompromisse ein und die Mitarbeiter arbeiteten sich für das Projekt in die österreichischen Brandschutz-Verordnungen ein. Der Hersteller steht in der Pflicht alle Vorschriften einzuhalten und hat deshalb Risikoanalysen auch für Extremfälle erstellt. Vor allem bei einem Stromausfall muss die Anlage sicher sein. „Dank mechanischer Maßnahmen wie Brandschutz-Klappen und einer mechanischen Wasserlöschung haben wir das Ziel erreicht“, so Philipp Schneider. Das Ingenieurbüro Gromex von Dipl.-Ing. Robert Maderböck hatte die Endabnahme und überprüft weiterhin jedes Jahr den Brand- und Explosionsschutz.
Die Ökotherm Compact Biomasse-Heizanlage in der Farina Mühle ist vom Typ C2 mit einer Leistung von 180kW. Im Inneren des rot lackierten Metallkasten sind sowohl Brennmulde als auch Wärmetauscher kombiniert. Die Biomasseanlagen von 50 bis 950kW Leistung sind von der Konstruktion ähnlich, unterscheiden sich aber in den Größenverhältnissen und in baulichen Details. Bei dieser Art der Energieerzeugung ist es wichtig, eine gleichmäßig hohe Auslastung des Ofens zu erreichen. Deshalb muss jede Anlage individuell für den Anwender und seinen Bedarf ausgelegt werden. Sie soll gut ausgelastet und möglichst lange mit einer hohen Leistung laufen. Dann hat sie geringe Emissionswerte und erreicht die Umweltziele. Vom Verbrennungsprozess bleibt Asche übrig, die gesammelt und als Dünger genutzt werden kann.
Ein hydraulischer Schieber sorgt für regelmäßige Bewegung im Glutbett und eine automatische Entaschung. Indem seitlich Luft eingeblasen wird, kann im Brennkessel eine hohe Temperatur erreicht werden. „Eines der Anfangsprobleme in Raaba war eine zu geringe Kühlung. Durch die hohen Temperaturen verformten sich die 12 mm dicken Stahlplatten“, erinnert sich Andreas Seidl. Er hat ein Faible für alles Technische und löste mit Hilfe des Betriebsschlossers einige der Probleme der Anlage kurzerhand selbst.
Funktionsweise der Verbrennung von mehligem Getreideausputz und -resten
Dank der fast rückstandslosen Verbrennung des Getreideausputz sowie der nachgeschalteten Staubabscheidung durch einen Gewebe-Filter ist die Anlage im Feinstaubgrenzgebiet von Graz mit seinen hohen Auflagen nach den Anfangsschwierigkeiten jetzt gut aufgestellt. Seit zwei Jahren arbeitet sie reibungslos. Bald wird Andreas Seibl die Produktion der Farina Mühle mit konventioneller Roggenverarbeitung erweitern. Dann möchte er einen zweiten Ofen bestellen. „Durch die verbesserte Kühlung entsteht jetzt weniger Schlacke bei gleichzeitig niedrigeren Emissionen,“ so Philipp Schneider. In Hirschau testet er mit seinen Kollegen ständig neue Brennstoffe. Die thermische Verwertung von Reststoffen ist im Trend, aber rechtlich in Deutschland streng geregelt. Aktuell prüfen die Techniker die Verwertung von Laub.
Andreas Seidl prüft jeden Tag die Muster der gesamten Passage
Sonniges Ausnahmetalent
Schon immer hat sich der gelernte Müller dafür interessiert, Energie einzusparen und kostengünstige Energieträger einzusetzen. Für sein Engagement wurde Andreas Seidl sogar vom Ministerium ausgezeichnet. „Bio-Reste werden ökologisch verwertet und wärmen Haushalte in der Landeshauptstadt“, freut sich der örtliche Energielieferant Energie Steiermark.
Auch das Lager ist aufgeräumt und sauber
Einsparung von 250 Tonnen CO2 im Jahr seien mit der Farina-Mühle als Fernwärme-Lieferant möglich. Die Energie Steiermark übernimmt die überschüssige Öko-Wärme der Mühle ins Netz und kann so zusätzlich rund 100 Single-Haushalte mit „grüner“ Fernwärme versorgen. „Wir hatten das Glück, dass hier die Fernwärme am Standort vorbeiführte und wir lediglich fünf Meter Leitung und einen Wärmetauscher brauchten“, erzählt Andreas Seidl.
Der rote Ofen von der Firma Öko-Therm
Draußen geht die Mühlenbesichtigung weiter über den Hof und zur Annahme. Hier in der Farina Mühle läuft alles rund. Firma Kastenmüller Systems Austria (KSA) aus Pöllau hat die Annahme mit einem Pfeuffer Rakoraf gebaut. Im Minutentakt fahren LKW mit Rohstoffen an uns vorbei und auf dem Hof werden die gelben firmeneigenen Transporter mit dem Schriftzug „Kraft der Sonne“ mit Ware befüllt. Passend schickt uns die Sonne ihre wärmenden Strahlen vom Himmel.
Ein Kessel Getreidestaub ist eine Herausforderung für den Explosionsschutz
Als erste Mühle Österreichs verkleidete die Farina Mühle 400 qm der Außenwand mit einer Photovoltaik-Anlage. Damals die größte Fassaden-Anlage Österreichs. Die Sonnenkraft nutzt die Mühle aber nicht selbst, sondern speist den Solarstrom ins Netz ein. Rechnerisch decken der Solarstrom und die thermische Verwertung 7% des Energiebedarfes der Mühle.
Keine Bildschirm-Müller
Vom Hof steigen wir vier Etagen hoch in die Mühle. Fotografieren dürfen wir überall. In der Mühle laufen reihenweise Walzenstühle, mehrere Ausleser der Marke Sortex von Bühler kümmern sich um die Reinheit der Rohstoffe und im Labor wird die Qualität mit Geräten von Brabender und PerkinElmer geprüft. Die Wartung der Laborgeräte und das Eichen übernimmt die Firma KSA aus Österreich.
Der Sonnenlkw
Andreas Seidl ist seit 34 Jahren Müller und macht den Job, seit er 19 Jahre alt war. In Wels besuchte er die Meisterschule für Müller und trotz der modernen Technik, die er heute einsetzt, hält er es mit der alten Schule. „Dem Nachwuchs geht das Gefühl für das Produkt verloren, wenn sie nicht mehr am Produkt arbeiten“, so sein Eindruck. Für ihn ist es wichtig, dass seine Auszubildenden und Mitarbeiter Mehl und Gries fühlen. Deshalb sind Proben ausgelegt. „Das Produkt muss man spüren“, erklärt Andreas Seidl. „Es gibt immer mehr Bildschirm-Müller“. Jeden Tag prüft er deshalb mit seinen Azubis die Muster der gesamten Passagen. „Das lernen sie in der Schule nicht mehr und gerade bei den immer spezieller werdenden Produktanforderungen ist das Gefühl für Aroma oder Textur sehr wichtig.“
Für die Zukunft planen
Als Andreas Seidl seine Arbeit am Standort Raaba begann, gehörte die Mühle noch nicht Goodmills, einem Tochterunternehmen der Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG. Heute ist er Produktionsleiter für die drei österreichischen Mühlen des größten Mühlenkonzerns Europas. Die Farina-Mühle zählt zu den bedeutendsten Mühlen Österreichs. Der Betrieb beschäftigt 45 Mitarbeiter die jährlich rund 90.000 Tonnen Getreide zu Haushaltsmehlen, Spezialmehlmischungen, Hartweizengrießen sowie Bäcker- und Industriemehlen verarbeiten. 15 Millionen einzelne Pakete verlassen jährlich das Werk. In der Steiermark und in Kärnten ist Farina die Nummer eins im Paketmehlbereich.
Die Kraft der Sonne gibt das Korn und die Energie zum Mahlen
Neben der gewerberechtlichen Verantwortung für den Standort Farina, ist Andreas Seidl für alle Standorte der GMÖ für die Produktion und Technik zuständig. Immer wieder muss er seine Erzählungen unterbrechen. Das Telefon klingelt, sein Rat ist gefragt. „Das war jetzt aber privat“, erklärt er lachend. Bei all den Projekten und Mühlen, die er betreut, bleibt dafür noch Zeit? Entspannung findet er als Kapellmeister der örtlichen Blaskapelle und er zeigt uns ein Foto seiner vier Oldtimer. In seiner Freizeit schraubt er an den prächtigen Fahrzeugen rum oder fährt sie aus. Zur Ruhe wird der Müller jedenfalls so bald nicht kommen, dazu gibt es zu viel zum Tüfteln – privat und dienstlich.
Das hundertjährige Firmenjubiläum eröffnete im MehlWelten Museum in Wittenburg Firmengründer Volkmar Wywiol.
2023
5/7/2023
100 Jahre Mühlenchemie
Dieses Jahr feiert die stärkste Marke der Stern-Wywiol Gruppe ihr 100-jähriges Jubiläum. Am 20. März 2023 kamen Geschäftsleitung, Führungskräfte, Kunden und Freunde im MehlWelten Museum in Wittenburg zusammen. Der Termin war gleichzeitig der Weltmehltag und der Startschuss für ein neues Corporate Design. Geschäftsführer Dr. Matthias Moser, Global Head of Business Unit Peter Steiner und allen voran Volkmar Wywiol boten den geladenen Gästen ein Gesamtkunstwerk zum Auftakt in das Jubiläumsjahr.
Vor der Demeter Volkmar Wywiol, Dr. Matthias Moser, Rainer Miserre und Peter Steiner (v.l.n.r.) Künstlerin Kathinka Willinek hat die Demeter aus 10.483 Knoten vor Ort im Museum handgefertigt.
„Anfang 1990 wollte ich ein zweites Geschäftsfeld aufbauen, um das Potenzial von Enzymen zu nutzen.“, so Volkmar Wywiol zur Erfolgsgeschichte seines Unternehmens. „Der Rückblick ist trügerisch – das Leben besteht aus Zufällen und aus Problemen“, stellte der Unternehmer fest. Denn so einfach war es nicht, die Idee umzusetzen. Um die Zutaten zu mischen, beauftragte er Lohnunternehmen. Das war eine „Katastrophe“. Eine Alternative musste her. Zufällig stand Mühlenchemie zum Verkauf – eigentlich zu schön, um wahr zu sein.
Global Head of Business Unit Peter Steiner, Volkmar Wywiol und Geschäftsführer Dr.Matthias Moser präsentierten das neue Logo mit modernem Leitbild.
Nach der Übernahme kamen die Probleme. Das Traditionsunternehmen hatte zu dem Zeitpunkt sieben Mitarbeiter und der Verkaufsleiter wollte kündigen. Als dann noch die Finanzierung auf der Kippe stand und die Bank ausstieg, sah es kurzfristig nach einem kolossalen Reinfall aus. Aber dank pfiffiger Ideen und treuer Wegbegleiter wurde alles doch noch gut. Was aus den Anfangsproblemen entstanden ist, fasste Volkmar Wywiol so zusammen: „Mühlenchemie ist heute ein Weltmarktführer und der Leuchtturm der Stern-Wywiol Gruppe“.
Verbindungsglied der Mühlenindustrie
Mühlenchemie positioniert sich für die Zukunft als Bindeglied der weltweiten Mühlenindustrie. Das neue Corporate Design will „die Müller weltweit inspirieren beste Mehle zu produzieren“. Evolution statt Revolution ist die Devise. Entsprechend wurde das Logo modernisiert und betont noch mehr „MC“ als Kurzform für Mühlenchemie. Die Herkunft bleibt durch die Kombination der Corporate Farben und der Raute als Visualisierung des Rohstoffs Weizen sichtbar. Peter Steiner, Global Head of Business Unit der Mühlenchemie, ergänzte: „Jährlich behandeln wir mit unseren Lösungen mehr als 150 Millionen Tonnen Weizen. Unser Herz schlägt in Ahrensburg, im Stern-Technology Center „Futuremaker“. Dieses Selbstverständnis bringen wir mit unserem Claim „Understanding Flour“ zum Ausdruck.“
Mehr als 3.600 Mehlsäcke aus 140 Ländern sind im Museum zu besichtigen
In der Bildsprache sind Kunden und MC-Experten gleichermaßen wichtig und sprechen eine Sprache. MC steht im direkten Austausch mit rund 2.000 Mühlen in mehr als 150 Ländern. Diese werden von über 150 Forschern und Entwicklern in 12 Stern-Technology Centern betreut, unter anderem in Mexiko, Indien, China, Kenia, Nigeria und der Türkei. Ihr Wissen wird im zentralen Stern-Technology Center „Futuremaker“ in Deutschland gebündelt und für die individuellen Anforderungen der weltweiten Mühlenindustrie umgesetzt.
Volkmar Wywiol vor dem eingerahmten ersten Mehlsack seiner Sammlung, den er am Strand von Dubai fand.
Zum Abschluss der Veranstaltung wurden im MehlWelten Museum neue Räume eingeweiht. „Das Museum ist eine Hommage an das Mehl“ und „Ein Mehlmuseum aus dem Nichts aufzubauen bedeutet viel Arbeit und Engagement“, betonte Volkmar Wywiol bei der Besichtigung. Begonnen hatte es im Urlaub, und wie kann es anders sein, mit einem zufällig gefundenen Mehlsack aus Dubai.
Ein Besuch im MehlWelten Museum in Wittenburg lohnt sich nicht nur für alle Müllerinnen, Müller und Mehl-Anhänger
Daraus wurde eine Sammlerleidenschaft mit Tausenden Mehlsäcken aus aller Welt, die über Ihre Aufdrucke weltweite Mehlgeschichten erzählen. Zusammen mit „Ötzis Einkorn“ und einem aus 10.483 handgeknüpften Knoten gefertigtem Bildnis der Demeter - ein Pflichtbesuch in Wittenburg ist für alle Müllerinnen, Müller und Mehl-Anhänger unausweichlich.
Museum zeigt die Auswirkungen der industriellen Revolution auf die Mehlherstellung. Neuer Hightech-Schauraum.
2023
5/4/2023
MehlWelten Museum schlägt neues Kapitel auf: „Mehl ist Kunst“
Das MehlWelten Museum in Wittenburg beleuchtet eine weitere Etappe der Menschheitsgeschichte und eröffnet einen neuen Raum, der der Industriellen Revolution gewidmet ist. Eine Epoche, die die Weltbevölkerung anwachsen ließ und neue technische Lösungen schuf, um gleichzeitig ihre Versorgung zu sichern.
Der neue Raum für alle Interessierten an der Müllereitechnik mit Modellen des Sortierers, Walzenstuhls und vorne im Bild des Plansichters.
Das Thema der modernen industriellen Müllerei wurde vom Kurator des Museums, Dr. Oliver Seifert, in Zusammenarbeit mit der Bühler AG, einem weltweit führenden Schweizer Technologiekonzern in der Getreideverarbeitung, und der Mühlenchemie GmbH & Co KG konzipiert und dargestellt. Die Funktionsmodelle eines optischen Auslesers, eines Walzenstuhls und eines Plansichters, sowie eine audiovisuelle Installation vermitteln interessierten Menschen die einzelnen Schritte der industriellen Herstellung des weltumspannenden Grundnahrungsmittels Mehl.
Der neue Mühlenraum wird von den Sponsoren undInitiatoren offiziell eröffnet. Vlnr: Flavio Diaz - Präsident Europa Bühler AG;Dr. Matthias Moser – Geschäftsführer.
Das Ausstellungskonzept „Mehl.Macht.Leben“ des MehlWelten Museums beschäftigt sich mit der Bedeutung des Grundnahrungsmittels Mehl für die Geschichte der Menschheit. Diese Geschichte umfasst den Zeitraum von der Kultivierung des Getreides vor 10.000 Jahren – der Moment der Sesshaftwerdung des Menschen in der sogenannten Neolithischen Revolution – bis heute. Das neue Kapitel befasst sich mit der anderen großen Revolution in der Menschheitsgeschichte: der Industriellen Revolution, die sich vor allem im 19. Jahrhundert ereignet hat. Sie hat die Welt noch radikaler verändert als die neolithische Revolution vor 10.000 Jahren. Bemerkenswert daran ist, dass beide Revolutionen eng mit der Getreideverarbeitung verbunden sind.
Dr. Matthias Moser, Volkmar Wywiol und Peter Steiner begutachten den optischen Sortierer im neuen Mühlenraum des MehlWelten Museums.
Vor der Industriellen Revolution gab es in Deutschland über 60.000 Mühlen. Heute sind es noch etwa 200, bei einer Bevölkerung, die sich vervierfacht hat. Die weltweite Entwicklung ist ähnlich. Welche technischen Errungenschaften und Gerätschaften zu dieser Entwicklung hin zur modernen Industriemühle geführt haben, wird in dem neuen Schauraum erlebbar. Drei Exponate stehen im Mittelpunkt und führen durch den Prozess der Mehlherstellung. Ein Optischer Ausleser, ein Walzenstuhl und ein Plansichter veranschaulichen die maschinellen Vorgänge des Reinigens, Mahlens und Siebens. Die Modelle wurden in den letzten drei Jahren von 37 Auszubildenden des Schweizer Traditionsunternehmens Bühler in Uzwil entwickelt und gebaut. Sie ermöglichen einen detaillierten Einblick in die Funktionsweise einer modernen Mühle. Dazu werden alle vollautomatischen Arbeitsschritte in einer modernen Industriemühle schematisch dargestellt.
Im Museum kann man die Funktion des Plansichters anschaulich erlernen.
„Was der Raum vermitteln will, sind neben den verfahrenstechnischen Abläufen, die die moderne Mehlherstellung ausmachen, die Kraft und die Dimensionen, die das Revolutionäre und das Bahnbrechende der industriellen Produktion in sich tragen. Wer heute eine moderne Mühle besichtigt, kann sich angesichts der stählernen Ma-schinen, der abgeschotteten Reinräume und der Hochtechnologie kaum mehr vorstellen, welche Mengen und Massen sekündlich verarbeitet werden, um ein qualitativ hochwertiges und konstantes Produkt wie Mehl zu erhalten“ so Volkmar Wywiol, Gründer des MehlWelten Museums.
Neuer Mühlenraum im MehlWelten Museum in Wittenburg– in der Bildmitte das Modell des optischen Sortierers.
Um diese Energien spürbar zu machen, griffen die Ausstellungsmacher zu künstlerischen Mitteln. Der Brückenschlag lag auf der Hand: Im 17. Jahrhundert nannte man den Mühlenbau wegen seiner technischen Anforderungen „Mühlenkunst“. Eine Rasterwand aus 80 beweglichen Tafeln, die sich langsam um sich selbst drehen - fast wie einst die Flügel der Windmühlen - verwandelt sich in eine geheimnisvolle Maschine. Kristalline Körper tauchen auf, erst wenige, dann immer mehr, und die Maschine beginnt, einzelne dieser Körper aus dem Raster zu werfen.
Der optische Sortierer als Modell - Die Sortierer in der Getreidemühle sind um einiges größer.
Das Sortieren, dann das Zerkleinern, dann die tanzende Bewegung der Partikel auf den Sieben des Plansichters - in verwandelter Form nimmt die Rasterwand die Prozesse auf, die anhand der Modelle erklärt werden, und gibt sie mit extrem reduzierten Mitteln visuell und akustisch wieder. Dieser scheinbar irrationale Wechsel des Aggregatzustandes von kristallin zu flüssig steht für die Verwandlung des unverdaubaren Getreidekorns in der Mühle in das rein weiße Produkt, das wir Mehl nennen. Eine Verwandlung, die trotz aller Wissenschaft bis heute etwas Magisches bewahrt hat.
Der Plansichter ist als kleines Modell zu bewundern.
Der neue Mühlenraum ist ab sofort im Rahmen eines Museumsbesuches jeden 2. Samstag und immer sonntags von 12 bis 17 Uhr in Wittenburg zu besichtigen. Ein Audioguide erläutert alle Stationen und Ausstellungsexponate. Das MehlWelten Museum ist eine Initiative der Mühlenchemie.
Das Solan Kraftfutterwerk baute mit Dinnissen eine neue Produktionslinie.
2023
4/20/2023
Dinnissen baut neue Mischanlage für Solan Kraftfutterwerk
Harald Schmalwieser, Geschäftsführer des Solan-Kraftfutterwerks in Bachmanning, Österreich ist von der Zusammenarbeit mit Dinnissen Process Technology überzeugt: "Wir haben unsere Produktionskapazität vervierfacht, von drei auf 12 Tonnen pro Stunde.“ Die effektive und präzise Flüssigkeitsdosierung war für den Unternehmer ausschlaggebend dafür, einen Mischer von Dinnissen einzusetzen. Dank der neuen Mischanlage sank die Transportzeit pro Charge von 20 auf 2,5 Minuten.
Gemeinsam mit seinem Engineering Planer Günther Tschurnig entwickelte er einen "Masterplan" für eine Modernisierung des Werkes. In diesem Zusammenhang wollte Harald Schmalwieser unter anderem die Mineralfutter- und Premixanlage verbessern. Dabei sollten vor allem während des Mischvorgangs Flüssigkeiten hinzuzufügen sein. In der alten Anlage musste dafür ein separates System für die Homogenisierung des Produkts eingesetzt werden. Das war zeitaufwendig und ineffizient. Außerdem sollte die neue Anlage die Möglichkeit zur schnellen und vollständigen Entleerung bieten, kombiniert mit kurzen Mischzeiten und variablen Füllmengen.
Game changer
"Die Suche nach einem Fertigungspartner, der unsere Anforderungen erfüllen konnte, war ein schwieriger Prozess. Wir haben drei Systeme von verschiedenen Unternehmen verglichen“, so der Firmenchef. Dinnissen hob sich von den anderen Unternehmen ab. Sie boten die beste Lösung an und gingen zudem aktiv auf die Bedürfnisse und Anforderungen von Solan ein. Erste Versuchsmischungen mit den verschiedenen Produkten im Technikum von Dinnissen verliefen positiv. Zudem hatte Dinnissen mit dem Pegasus-Mischer eine Lösung, die 600 bis 1.500 Kilogramm pro Charge mischt. Das komplexe System der direkten Flüssigkeitszugabe ermöglichte es, sieben verschiedene Flüssigkeiten vollautomatisch in den Mischprozess einzubringen. Dieses Flüssigkeitszugabesystem war für Solan ein „game changer". Solans Erwartungen an die neue Anlage wurden mehr als erfüllt.
Der Pegasus-Mischer von Dinnissen.
Schonend und sicher
Der Mischer arbeitet sehr schonend. Das ist im Prozess wichtig, damit die verschiedenen Zutaten während des Mischvorgangs intakt bleiben. Der Mischer ist mit vier Türen ausgestattet und kann so relativ gut gereinigt werden. Das hilft, Hygieneanforderungen zu erfüllen. Eine schnelle und einfache Reinigung ist sehr wichtig bei häufigen Produktwechseln. Da Solan verschiedene kleine Chargen mit unterschiedlichen Zutaten für verschiedene Kunden produziert, ist dies von großem Vorteil. Mit neuen Dosiersilos und einer zusätzlichen Chargenwaage, kombiniert mit sehr effektiven Aspirationsanlagen wird die Freisetzung von gesundheitsschädlichen Elementen verhindert und die Sicherheit für die Mitarbeiter verbessert.
Der eingebaute Pegasus-Mischer von Dinnissen bei Solan.
Problem Reinigungszeit
Beide Unternehmen arbeiten immer noch kontinuierlich zusammen, um die Systeme weiter zu optimieren. Wird in der Mischanlage Melasse in den Mischprozess eingebracht, führt dies zu hartnäckigen Verunreinigungen. Die einzige Möglichkeit, diese Verunreinigungen zu entfernen, ist die Trockeneisreinigung. Diese Reinigung ist zeitaufwendig, teuer und energieintensiv. Bei Solan wird jede Woche die Anlage gereinigt. Verständlich, dass man den Prozess verkürzen möchte.
Melassiertes Mineralfutter ist ein schwieriges Produkt, das in sich reagiert und schwer zu reinigen ist. „Es gibt selbstverständlich Lösungen, um die Reinigungszeit zu verkürzen“, erklärt der bei Dinnissen zuständige Projektmanager Piet van Bommel „doch die müssen sich für ein Mischfutterwerk im finanziellen Rahmen bewegen. Die Lösungen, die wir für den Lebensmittelbereich haben, wären zu teuer.“ Aktuell arbeitet man aber an einer Verbesserung für Solan, die sich aber noch bewähren muss.
Unternehmer Harald Schmalwieser bestätigt, dass die Anlage bisher im Alltag „sehr zufriedenstellend“ arbeitet. Wenn, dann sei nur das Thema Reinigung problematisch. Aber „wir arbeiten noch daran. Unter anderem an alternative Komponenten zu Melasse“, erläutert er das weitere Vorgehen dazu. Er würde sich jedenfalls immer wieder für Dinnissen Process Technology als Partner entscheiden.