Grafik vom BVL zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen 2023
Fake-Fakten der Berliner Verbraucherschützer
Grafik vom BVL zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen 2023
Fake-Fakten der Berliner Verbraucherschützer
Grafik vom BVL zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen 2023
Fake-Fakten der Berliner Verbraucherschützer
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) veröffentlichte einen gemeinsamen Bericht mit dem Robert Koch-Institut (RKI) zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen im Jahr 2023. Dabei publizierte das BVL eine Grafik, die Verbraucher täuscht.
Anfang November 2024 machte das BVL den gemeinsamen Bericht über LinkedIn und andere Social-Media-Kanäle bekannt. Es meldete in der Grafik als „häufigste Verursacher“ von lebensmittelbedingten Ausbrüchen: Gemüse (22%) und Getreide/Reis (17%). Verbraucher, die diese Zahlen sehen, sollen wohl Getreide für gefährlich halten, da es laut der BVL-Grafik für fast ein Fünftel der Ausbrüche verantwortlich sein soll.
Wer sich die Zahlen genauer anschaut, sieht: Die Zahlen sind alles andere als plausibel. Die Prozentzahlen beziehen sich nicht auf die in der Grafik gemeldeten 190 Ausbrüche oder etwa die 2 248 Erkrankungen. Sie beziehen sich auf lediglich 18 Ausbrüche, für die das RKI eine Ursache nachweisen konnte. Dieser Hinweis fehlt im Begleittext der Grafik.
Nur drei Ausbrüche
Fakt ist: 2023 gab es 18 lebensmittelbedingte Ausbrüche, deren Ursache geklärt werden konnte. Davon fielen in die definierte Kategorie „Getreide/Reis/Samen/Hülsenfrüchte“ drei belegbare Ausbrüche. Zwei davon wurden durch gekochten Reis verursacht. Nur einer der Ausbrüche wurde durch
„ein Lebensmittel der Kategorie Backwaren“ hervorgerufen (Zitat BVL).
Aber was genau war das Lebensmittel der Kategorie Backwaren für ein Produkt? Wer auf die Homepage der gemeldeten lebensmittelbedingten Ausbrüche geht, findet dort neben Keksen auch Produkte, die vielleicht mal an einer Getreidemühle vorbeigefahren sind. Wir rufen das BVL am 5. November 2024 an und fragen nach. Das BVL bestätigt die 18 Ausbrüche und die daraus berechneten 17%, welches Produkt bei Backwaren der Auslöser war, muss man erst nachschauen. Noch am selben Tag um 15 Uhr meldet uns das BVL per E-Mail:
„Bei dem Ausbruch in der Kategorie "Backwaren" handelte sich um einen Ausbruch mit 30 Erkrankungsfällen, verursacht durch Norovirus Genotyp II. Als ursächliches Lebensmittel wurde Kuchen mit Obstbelag (Beeren) angegeben. Der Kuchen einer Bäckerei wurde auf einer firmeninternen Veranstaltung mit Catering verzehrt. Die Untersuchung des Kuchens ergab den Nachweis von Noroviren im Obstbelag (Eintrag unklar). Es gab keinen Nachweis des Erregers im Herstellerbetrieb, Stuhluntersuchungen von fünf Mitarbeitenden waren alle Norovirus-negativ (…)“.
Kein Ausbruch durch Getreide
Warum wird der Ausbruch durch Obst in die Kategorie „Backwaren“ gerechnet und warum verbreitet das Bundesamt über Getreide solche Falschinformationen? Die Redaktion von Mühle + Mischfutter kennt die Branche und viele Müllerinnen und Müller persönlich. Sie legen größte Sorgfalt auf Hygiene und Sicherheit. Es werden Tausende von Euros in hochmoderne Maschinen investiert, die nahezu jedes Mutterkorn aus dem angelieferten Getreide herausfiltern können. Aber das BVL macht Getreide für 17% der Krankheitsausbrüche verantwortlich. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat rund 800 Mitarbeiter und einen jährlichen Etat von über 64 Mio. Euro. Wie kommt es zu diesen irreführenden Grafiken auf Social Media?
Mühle + Mischfutter fragte am 7. November 2024 bei der Pressestelle des BVL nach und fordert freundlich die Löschung des Posts auf allen Social-Media-Kanälen. Die Pressestelle des BVL hat dies abgelehnt. Hier unsere Anfrage: „Könnten Sie uns bitte erläutern, weshalb Sie die Prozentangabe und nicht die absolute Zahl an Ausbrüchen (die ja viel kleiner ist: Zwei bei der Kategorie Getreide/Reis durch Reis) als Grundlage für die Grafik genommen haben? Da kein Ausbruch und kein Erkrankter in 2023 durch Getreide/Getreideprodukte entstanden ist, bitten wir um die Löschung der Grafik auf allen Ausspielplattformen. Bitte geben Sie uns eine Rückmeldung, ob Sie die Grafik löschen. Bitte geben Sie uns auch eine Erklärung, wenn sie die Grafik nicht löschen, weshalb Sie diese nicht löschen möchten (…)“.
Hier die Antwort des BVL im Wortlaut: „Zur Beantwortung Ihrer Fragen möchte ich Sie auf die ausführliche Beschreibung der Daten in dem mit der Meldung auf X verlinkten Bericht zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen im Jahr 2023 verweisen. Dieser ist auch auf der Homepage des BVL verfügbar: https://www.bvl.bund.de (…). Die Zahlen in der veröffentlichten Grafik beziehen sich auf die 18 Krankheitsausbrüche, welche mit hoher Evidenz aufgeklärt wurden. Von diesen 18 Ausbrüchen waren drei durch Lebensmittel aus der Kategorie "Getreideerzeugnisse/ Reis/ Samen/ Hülsenfrüchte" verursacht worden. Gerundet entspricht das 17 Prozent. Die Daten zu Krankheitsausbrüchen in Deutschland werden gemäß der Vorgaben der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA kategorisiert. Hierzu finden Sie auch Informationen in dem Bericht. Den Vorgaben der EFSA entsprechend hat die Meldung zu den die Krankheitsausbrüche verursachenden Lebensmitteln in den Kategorien zu erfolgen, wie sie in der Grafik dargestellt sind, in diesem Fall "Getreideerzeugnisse/ Reis/ Samen/H ülsenfrüchte" oder beispielsweise "Gemüse und Gemüseerzeugnisse (inkl. Säfte)". Die Grafik gibt somit korrekt ein Ergebnis aus dem Bericht wieder, weshalb auch kein Anlass besteht, sie zu löschen.“
In Deutschland wurden 2023 über 11,5 Mio. Tonnen Getreide gegessen und getrunken. Es gab keinen einzigen nachgewiesenen Krankheitsausbruch durch Getreide. Nachdem wir mehrfach das Amt auf die missverständliche Grafik hingewiesen haben, ergibt sich für uns der Schluss, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bewusst Getreide in Misskredit bringen und beim Verbraucher Ängste gegenüber Getreideprodukten schüren will.
Wer persönlich dem BVL entgegnen möchte, findet hier eine Grafik mit den Fakten: