Mikroalgen – Superstoff des 21. Jahrhunderts
Endress+Hauser steigt bei Phyox in Algenanlagenbau ein
Mikroalgen – Superstoff des 21. Jahrhunderts
Endress+Hauser steigt bei Phyox in Algenanlagenbau ein
Mikroalgen – Superstoff des 21. Jahrhunderts
Endress+Hauser steigt bei Phyox in Algenanlagenbau ein
Mikroalgen – Superstoff des 21. Jahrhunderts
Endress+Hauser steigt bei Phyox in Algenanlagenbau ein
Die Firma Phyox hat seine erste Produktionsanlage für Mikroalgen Ende 2021 in Betrieb genommen. Weitere Anlagen sind in Planung. Endress+Hauser lieferte neben der Prozessinstrumentierung auch die Automatisierungstechnik mit Remote-Zugriff für die Anlage.
Bernd Herrmann ist CEO von Phyox und bekommt momentan viele Anfragen. Aber die Automobilkonzerne oder Industriebetriebe sind weniger an seinen Algen selbst interessiert, sondern an deren Kohlenstoffdioxid-Verbrauch. Algen wandeln bis zu dreimal mehr CO2 um als andere Pflanzen. Seine Technologie bietet die Chance nicht nur CO2 zu kompensieren, sondern es in der Atmosphäre zu verringern.
Ein Kilogramm Algen kann rund zwei Kilogramm CO2 aufnehmen.
Ein bedeutender Anteil des von der Weltbevölkerung zum Atmen benötigten Sauerstoffs wird durch die Photosynthese von Algen generiert. Algen sind nicht nur in Gewässern, sondern auch an der Erdoberfläche die primären Produzenten von Sauerstoff und bilden die Grundlage für die Nahrungskette. Dabei entziehen sie der Atmosphäre Kohlendioxid und binden es in organischer Materie.
Algen vermehren sich schneller als jede höhere Pflanzenart. Ihr Wachstum ist ausschließlich von Sonnenlicht, Wasser, Kohlendioxid und einigen anorganischen Nährstoffen abhängig. Die Bedeutung von Algen sollte nicht unterschätzt werden, da Verfahren, die mehr Kohlendioxid verbrauchen, als sie freisetzen, vom Weltklimarat als wesentliche Option zur Bekämpfung des Klimawandels eingestuft werden.
Jedes zweite bis dritte Sauerstoffmolekül, das wir zum Atmen brauchen, entstammt der Photosynthese von Algen
Die Grünalge Chlorella (Chlorella vulgaris), die als einzellige Wasserpflanze klassifiziert wird, zeigt eine außerordentlich effiziente Verwertung von Nährstoffen während ihres Wachstums. Die Konzentration ihrer Inhaltsstoffe variiert stark, abhängig von der Verfügbarkeit entsprechender Nährstoffe im umgebenden Medium. Unter kontrollierten Bedingungen lassen sich hochwertige Algen erzeugen, die individuellen Anforderungen gerecht werden, indem sie hohe Mengen an Vitaminen, oder Mikronährstoffen sowie Aminosäuren und ungesättigten Fettsäuren enthalten. Zusätzlich besitzen Chlorella-Algen antibiotische Eigenschaften und weisen einen signifikanten Proteingehalt auf.
In den 1970er Jahren bemühten sich Forscher weltweit, um die Verwendung von Algenbiomasse als Nahrungsquelle für den Menschen zu erschließen. Zuverlässige Daten über Algenkulturen im industriellen und halbindustriellen Maßstab liegen deshalb vor.
Vor einigen Jahren befasste sich Bernd Hermann mit Algen. Er suchte Futter für seine Garnelenfarm. Daheim am Tisch hantierte er mit Reagenzgläsern und züchtete seine ersten Algen. Was als Versuch begann, wurde zur Leidenschaft. Früh erkennt er das Potenzial dieser photoautotrophen Einzeller als Lebens-, Nahrungsergänzungs- und Futtermittel. Jetzt sind Mikroalgen sein Hauptberuf.
Als Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der von deutschen und kroatischen Investoren gegründeten Aktiengesellschaft Phyox sammelt er neue Erkenntnisse und erlebt manche Überraschung. „Meine Algen sind durch die Zucht jetzt größer als vorher. Das hatte ich nicht erwartet“, erzählt er. Der Unternehmer gibt gerne Einblicke in seine Arbeit und öffnet beispielsweise am World Laboratory Day auf TikTok und Instagram die Türen seines Labors per Video. Darin kann man unter dem Mikroskop die Mikroalgen bewundern – und ja, sie sind tatsächlich grün.
Bei der Entwicklung der ersten Pilotanlagen mit einer Investitionssumme von 6,6 Mio. Euro fand er in Endress+Hauser einen zuverlässigen Partner. Neben dem messtechnischen Know-how von Endress+Hauser war das Engineering zur Steuerung der Anlage wichtig und der Support im kroatischen Novska, wo die Pilotanlage aufgebaut ist.
Mühle + Mischfutter sprach über die Algenproduktion mit Tim Schrodt, Industriemanager Lebensmittel bei Endress+Hauser.
M+M: In Asien werden Algen seit langem bei Sonnenlicht in offenen Gewässern gezüchtet. Was ist das Besondere an der Anlage, die Sie mit gebaut haben?
Tim Schrodt: Die patentierte Technologie der Firma Phyox setzt bei der Lichtquelle auf LED-Technik statt Sonnenlicht und kann damit das Wachstum der Algen besser steuern und durch Pulsung stimulieren. Dabei ist die Beleuchtung seitlich zwischen den Plattenwänden angebracht, die Frequenz der Pulsung wird an den jeweilig zu produzierenden Algenstamm angepasst. In den Platten-Photobioreaktoren schlängelt sich die Strömung im Auf und Ab mäanderförmig durch die Anlage.
Zum Schluss fließt die Algensuspension in einen offenen Auslaufbehälter und wird von dort im Kreislauf wieder zum Anfang der Anlage gepumpt. Damit ist die Produktion rund um die Uhr für 365 Tage im Jahr möglich – unabhängig von den jahreszeitlichen Schwankungen und dem Tag-Nacht-Rhythmus, denen das Sonnenlicht als Energiequelle unterworfen ist. Zudem ist im Vergleich zu geschlossenen Röhrensystemen der Reinigungsaufwand deutlich geringer.
M+M: Wie hoch ist die Leistung der Anlage? Wie viele Algen können dort produziert werden?
Tim Schrodt: Die Anlage in Kroatien besteht aus elf unabhängigen Produktionslinien mit einer Kapazität von 20 – 30 t Trocken-Biomasse im Jahr. Als bevorzugte Algenart wird Chlorella hergestellt. Neben der Beleuchtung muss die Dosierung von Phosphor, Nitrat, Spurenelementen und CO2 präzise geregelt werden. Da die Wasserqualität definiert und permanent überwacht wird, liefert der Prozess nach Ernte und Trocknung ein hochreines Endprodukt. Die gesamte Anlage befindet sich in einer extra dafür gebauten Fabrikationshalle.
Im Vergleich zur Produktion in Asien, die in offenen Becken im Freien erfolgt und vorhandenes Oberflächenwasser nutzt, kann Phyox durch die permanent konstanten und überwachten Produktionsbedingungen eine gleichbleibend hohe Produktqualität erzielen, die frei von schädlichen Umweltstoffen und Schwermetallen ist. Immer mehr Abnehmer aus der weiterverarbeitenden Kosmetik-, Lebens- und Futtermittelindustrie schätzen diese verlässlichen Produkteigenschaften.
M+M: Wo überall kommt ihre Messtechnik zur Anwendung?
Tim Schrodt: Um den Wachstumsprozess sicher zu steuern, muss die Konzentration des CO2 überwacht werden. Dieses erfolgt indirekt über die Messung des pH-Werts mit dem pH-Sensor CPS71E. Dank der digitalen Memosens 2.0-Technologie bietet dieser Sensor eine erweiterte Speicherung von Kalibrier- und Prozessdaten und damit die perfekte Basis für eine vorausschauende Wartung. Die Vorkalibrierung im Labor und der schnelle Sensortausch vor Ort maximieren die Prozessbetriebszeit.
Die Zellkonzentration überwacht der Trübungssensor Turbimax CUS52D. Ferner wird als dritter Schlüsselparameter die Leitfähigkeit mittels Memosens CLS82D gemessen. Alle drei Sensoren sind über Eintaucharmaturen im Auslaufbecken installiert und mit dem Mehrkanal-Messumformer Liquiline CM444 verbunden. Die Fließgeschwindigkeit, mit der sich die Algensuspension durch die Anlage bewegt, erfasst der magnetisch-induktive Durchflusssensor Promag 10D.
Jeder Linie wird einmal täglich etwa ein Drittel des Gesamtvolumens zur Ernte entnommen und einem Separator zugeführt. Der Füllstand der Anlage wird über zwei Grenzstandschalter Liquiphant FTL31 geregelt und entsprechend Frischwasser aus einer Osmoseanlage nachgeführt. Im Anschluss erfolgt die Düngerdosierung.
M+M: Das hört sich kompliziert an. Braucht es dazu rund um die Uhr qualifiziertes Fachpersonal vor Ort?
Tim Schrodt: Die beiden Schritte erfolgen vollautomatisiert. Die Ventile zur Luftversorgung und zur Ernte der Anlage werden durch den Bediener gesteuert. Im Lieferumfang der Automatisierungstechnik war daher ein Schaltschrank enthalten, der das Bedienpanel, die Steuerungstechnik und ein DSL-Modem für den Remote-Zugriff beherbergt. So ist eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Prozesses auch von einem anderen Ort aus möglich.
M+M: 30 t Biomasse pro Jahr ist nicht viel. Bleibt es bei dem Output oder ist mehr geplant?
Tim Schrodt: Weil man mit der Produktionsleistung und der reibungslosen Funktion der Anlage zur Mikroalgen-Produktion sehr zufrieden ist, werden aktuell Planungen zur Anlagenerweiterung durchgeführt. Auch laufen viele Versuche, die Energieeffizienz zu verbessern, beispielsweise durch den Einsatz von Photovoltaik inkl. Stromspeicherung zur Deckung des Strombedarfs der Anlage. Ebenso wird der energieintensive Erntevorgang weiter optimiert.