Spannende Vorträge und viele neue Ideen bei der Jubiläumsveranstaltung des Branchentreffens
75. Tagung für Müllerei-Technologie mit Erntegespräch der AGF
Spannende Vorträge und viele neue Ideen bei der Jubiläumsveranstaltung des Branchentreffens
75. Tagung für Müllerei-Technologie mit Erntegespräch der AGF
Spannende Vorträge und viele neue Ideen bei der Jubiläumsveranstaltung des Branchentreffens
75. Tagung für Müllerei-Technologie mit Erntegespräch der AGF
Spannende Vorträge und viele neue Ideen bei der Jubiläumsveranstaltung des Branchentreffens
75. Tagung für Müllerei-Technologie mit Erntegespräch der AGF
Eine ausgebuchte Ausstellungshalle, spannende Vorträge, ausreichend Raum zum Netzwerken und viele neue Ideen. Das gab es bei der Jubiläumsveranstaltung des Branchentreffens auf dem Detmolder Schützenberg.
Beim Erntegespräch am Vormittag hörten die rund 160 Teilnehmer zunächst Altbewährtes: Alexandra Hüsken berichtete über die ersten Ergebnisse der Ernte- und Qualitätsermittlung, Dirk Rentel stellte die neuen Weizen- und Roggensorten vor, Christine Schwake-Anduschus und Dorothea Link gaben einen Überblick über die diesjährige Kontaminantensituation und Jana Fritsch von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) Sachsen-Anhalt erläuterte erste regionale Erfahrungen mit der Getreideernte.
Insgesamt kann von einer heterogenen Ernte 2024 gesprochen werden, die die Mühlen vor Herausforderungen stellt. Die diesjährige Winterweichweizen-Ernte weist im Durchschnitt aller bisher untersuchten Proben aus dem Bundesgebiet einen gegenüber dem Vorjahr schwächer ausgefallen Rohproteingehalt von 11,4% auf (Vorjahr: 11,9%). Auch der Sedimentationswert liegt mit 36 ml unter dem Niveau des Vorjahreswertes von 38 ml. Die Feuchtklebermenge (23,0%) liegt um 1,8% über dem Ergebnis des vergangenen Jahres (Vorjahr 21,2%). Da insgesamt die Klebergüte als gut dehnbar und elastisch einzustufen ist, ist auch in 2024 ein gutes Backergebnis zu erwarten. Bezüglich des Kriteriums Fallzahl ist die diesjährige Weizenernte im Vergleich zum durch die lange Ernteunterbrechung geprägtem Vorjahr unproblematisch, sie liegt im Mittel bei 356 s. Bislang wurde deutlich weniger Auswuchs als im Vorjahr festgestellt. Das Hektolitergewicht hingegen zeigt sich in diesem Jahr unterdurchschnittlich (75,5 kg/hl) und der Schmachtkornanteil liegt in etwa auf dem Niveau des Vorjahres.
Die diesjährige Roggen-Ernte stellt sich in diesem Jahr, aufgrund des schnellen und trockenen Ernteverlaufs, deutlich enzymärmer dar. Die bislang untersuchten Roggenpartien liegen in einem hohen Fallzahlbereich von 277 s. Analog dazu weist auch die Stärkebeschaffenheit erhöhte Verkleisterungstemperaturen und Amylogrammmaxima (72,1 °C; 1 181 AE) auf. Das bedeutet, das in diesem Jahr mehr als 99% der geernteten Partien die Mindestanforderungen für „Brotroggen“ erfüllen. Abmischroggen für roggenbäckerisch taugliche Mehle und Schrote steht hingegen nur in sehr geringen Mengen zur Verfügung. Das Vorkommen von Mutterkornsklerotien (0,09 Gew. %) ist gegenüber dem Vorjahr erhöht, bislang zeigen 37% der Proben in diesem Jahr einen erhöhten Anteil an Besatz (> 0,05 Gew. %) mit Mutterkornsklerotien.
Die feuchten Bedingungen zur Getreideblüte und anhaltende Feuchtigkeit während des Aufwuchses des Getreides führten zu einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine Infektion mit Feldpilzen. Die Mykotoxin-Gehalte liegen deshalb in diesem Jahr auf einem etwas höheren Niveau als in den Jahren zuvor. Insgesamt wurde in diesem Jahr eine gute Bandbreite von Brotgetreide-Qualitäten geerntet, die Beschaffung der entsprechenden Weizen- und Roggenpartien ist für die Mühlen jedoch anspruchsvoller geworden.
Konstantin Golombek war zufrieden und will weiteres Potenzial für die Müllereitagung heben: „Der Schützenberg hat sich von seiner besten Seite gezeigt. Einer meiner Wege nach vorne ist es, die Kernfunktion der AGF zu stärken, um die wissenschaftlichen Ergebnisse mit der Anwendung in den verschiedenen Wirtschaftszweigen zusammenzubringen."
Die Vorstellung der Qualität der „Mühlenmuster“ und „Handelsmehle“ ist seit langer Zeit eigentlich auch ein fester Bestandteil der Erntegespräche. Da man sich zu einer Überarbeitung des Einsende-Konzeptes zur Verbesserung der Repräsentativität der Daten entschlossen hat und daher keine Mühlemuster vorlagen, präsentierten Jens Begemann und Elisabeth Sciurba in diesem Jahr ein Gesamtbild der im Laufe der letzten 30 Jahre im Institut gewonnenen Daten. Diese können zur Erkennung von Trends, aber auch Jahres- und Sortenbetrachtungen genutzt werden.
Christof Engelke, geschäftsführender Gesellschafter Gebr. Engelke Große Mühle Hasede (re.), betonte: „Es hat mich sehr gefreut, hier viele Bekannte zu treffen. Die Vorträge fand ich interessant und so bin ich sehr zufrieden.“
Für Alexander Schnelle, Head of Region CIS bei Bühler Group (li.), ist es grundsätzlich von großer Wichtigkeit, in Detmold präsent zu sein.
„Der persönliche Austausch ist durch nichts zu ersetzen und es ist eine schöne Location hier, mit einer entspannten Atmosphäre. Für mich ist es eine gute Gelegenheit mit Kunden zusammenzukommen und sich mit Kollegen auszutauschen, weil hier Platz ist und der Raum, auch mal tiefer in die Thematiken einzutauchen. Wir würden uns natürlich wünschen, dass der ein oder andere aus der Müllereibranche hierhin den Weg findet“, so Alexander Schnelle.
Christian Schürmann von der Raiffeisen Ostwestfalen-Lippe AG beleuchtete schließlich aus dem Blickwinkel des Handels die aktuelle Situation auf den globalen Getreidemärkten zum Zeitpunkt Anfang September. Ein wesentlicher Einflussfaktor auf das internationale Marktgeschehen ist die zunehmende Intransparenz, einhergehend mit einer mangelhafteren Datenverfügbarkeit, besonders aus China und Russland. Auch Handelsstreitigkeiten und die Zunahme der politischen Einflüsse sind als wesentliche Einflussfaktoren nicht zu unterschätzen.
Auftragsverwaltung und Ausbildung
Die Müllerei-Tagung durfte am Nachmittag Andreas Müller von stem-in-foodsafety.de mit seinem sehr kurzweiligen Vortrag zum nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz eröffnen. Das Gesetz ist längst in Kraft und betrifft mehrere tausend Unternehmen in Deutschland, auch wenn es bereits vor Inkrafttreten mehr als 10 000 Seiten juristischer Kommentare zum Gesetz mit sich zum Teil ausschließenden Positionen gab. Andreas Müller erläuterte, dass die BAFA als durchsetzende Behörde nicht auf langwierige juristische Klärungen wartet, sondern unter Berufung auf die Deutungshoheit ab sofort umsetzt und mit zahlreichen Handreichungen und einen eigenen Internetbereich die Umsetzungspflichtigen unterstützt. Vieles kann dabei einfach, stringent und über weite Teile semi-automatisch erfolgen.
Silvan Trunz von der Bühler AG widmete sich in seinem Vortrag den Schnittstellen, die zahlreich in jedem Mühlenbetrieb vorkommen. Bühler bietet verschiedene Lösungen und Empfehlungen, die Unternehmen dabei unterstützen, ihre Produktionsprozesse digital zu transformieren und betrieblich effizienter zu gestalten.
Frank Rolle schätzt den anregenden Austausch: „Der Erntebericht öffnet den Blickbereich. Sonst hat man oft den Blick rund um die eigene Mühle, in Detmold erfährt man, wie es in ganz Deutschland aussieht. In Gesprächen mit Züchtern interessiert mich, wie ich schwankende Qualitäten ausgleichen kann, welche Sorten sinnvoll sind und was in den nächsten Jahren auch klimatisch auf uns zukommt.“
Petra Sträter von der Schule Im Hoppenlau berichtete über neue Zusatzqualifikationen im Rahmen der Müller-Ausbildung in Stuttgart. Besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler sollen damit gefordert und gefördert werden, um die Grundlagen für die Führungskräfte von morgen zu legen. Neben den schon etablierten Zusatzmodulen im Bereich Backen und der Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten wurden nun erstmalig zwei mehrtägige Praxismodule zum Thema Reinigung und Vermahlung angeboten. In diesem Schuljahr kommt das Modul „Trouble Shooting“ im Mühlentechnikum dazu. Darin geht es um systematische Fehlersuche und -behebung bei Störungen in den Produktionsanlagen.
Folgende Mühlen waren mit Mitarbeitern oder Inhabern vertreten: A. Rieper AG (Italien), Dresdner Mühle, Saalemühle Alsleben, Bavaria Mühle, Plange GmbH, Karl Bindewald GmbH, Gebr. Engelke Große Mühle Hasede, Hemelter Mühle, Dossche Mills (Belgien), Mühle Lamperswil (Schweiz), Swissmill (Schweiz), Otto Crienitz KG, GoodMills (Deutschland), Landshuter Kunstmühle, F.W. Borgstedt Milser Mühle, Rolle Mühle
Entwicklung und Forschung
Laura Meissner vom MRI Detmold stellte erste Ergebnisse des Projektes LeguDryProt vor, das die trockentechnische Verarbeitung von u.a. Ackerbohnen als energieeffiziente sowie schonende Technologie zur Herstellung proteinreicher bzw. proteinangereicherter Mehle untersucht. Der angewandte Prozess der Trockenfraktionierung beinhaltet Mahl- und Trennschritte, wie Siebung oder Windsichtung. Ziel ist es dabei, die Prozessparameter hinsichtlich Ausbeute und Proteingehalt zu optimieren und Mehle mit geeigneten Eigenschaften für die Verwendung in Teig- und Backwaren herzustellen.
Über ihre Forschungsarbeiten zu verschiedenen Urgetreidesorten berichtete Maike Föste vom Fraunhofer IVV. Die Mehle wurden im Vergleich zu Weizen hinsichtlich ihrer analytischen und funktionellen Eigenschaften untersucht und die technologischen Unterschiede der Teigverarbeitung sowie deren Auswirkung auf die Endproduktqualität bewertet. Teigführung und Wassermenge müssen bei den Urgetreide-Broten angepasst werden. Kritisiert wurden vom Auditorium die nicht praxisübliche Rohware und Vermahlung sowie der Einsatz von Milchsäure zur Fermentation.
Ralf Wilhelm vom JKI in Quedlinburg gab anschließend einen anschaulichen Überblick über das komplexe Thema „Genomeditierung in der Pflanzenzüchtung”. NGT-Techniken wie CRISPR/Cas ermöglichen durch gezielte Genmodifikationen eine enorme Zeitersparnis in der Züchtung. International sind die Methoden bereits technisch etabliert.
Technologie
Stefan Schmitz von Swisca stellte den neuen Walzenstuhl ROMIl vor – eine „Maschine, die dem Müller dient”.
Über die Palettenstabilisierung durch Klebstoffauftragstechnik berichtetet Marco Willems von der Firma Robatec. Durch den Auftrag von Klebstoff können Produkte wie Mehlsäcke auf der Palette gesichert werden, Folie wird gespart. Das ist gut für die Umwelt und den Geldbeutel.
Carsten Collmann von der Firma Kaeser beleuchtete die Einsparpotenziale in der Drucklufterzeugung. Durch eine optimierte Drucklufterzeugung, die Druckluftaufbereitung und eine eventuelle Wärmerückgewinnung lassen sich oftmals hohe Einsparungen erzielen.
Felix Scharf, Otto Crienitz GmbH: „Die Müllereitagung in Detmold war insgesamt gut organisiert und bot interessante Einblicke in aktuelle Entwicklungen der Branche. Allerdings wäre es wünschenswert, dass in den kommenden Jahren noch mehr Kollegen aus der Mühlenbranche teilnehmen. Eine stärkere Präsenz und Vernetzung innerhalb der Fachwelt sind entscheidend, um den fachlichen Austausch zu intensivieren und die Qualität sowie den Nutzen der Tagung langfristig zu sichern. “
Abschließend beschäftigten sich Lena Wölk vom VGMS und Michael Haag von der Saalemühle Alsleben mit der Absenkung der Höchstgehalte für Ergotalkaloide. Aufgrund ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung wurden europäische Höchstgehalte für Ergotalkaloide in Getreide und Getreideprodukten eingeführt. Ursprünglich sollten die Höchstgehalte ab dem 1. Juli 2024 zum Teil weiter verschärft werden. Die Absenkung hätte die Mühlenbetriebe vor große Herausforderungen gestellt. In den vergangenen Jahren hätten durchschnittlich rund 9% der Weizenmehle die verschärften Höchstgehalte nicht eingehalten, sie wäre damit als Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig gewesen. Mit der Verschiebung auf den Sommer 2028 bleiben der Müllerei lediglich vier Jahre, um sich intensiv auf die niedrigeren Höchstgehalte einzustellen. Doch was kann die Getreidebranche insgesamt tun? Michael Haag erläuterte, welche Möglichkeiten es bei der Getreidereinigung gibt. Bei Versuchen in der Mühle zeigte sich, dass die übliche Musternahme nicht anwendbar ist, um eine verlässliche Aussage über den MK-Gehalt im Getreide zu erhalten. Zudem korreliert der Sklerotiengehalt nicht mit dem EA-Gehalt. Bei gleichem Größenspektrum und gleichem spezifischem Gewicht muss die Getreidereinigung zur Dekontaminierung der EA-Gehalte durch einen optischen Sortierer ergänzt werden. Eine intensive und gut funktionierende Reinigung ist im Allgemeinen unerlässlich, diese benötigt jedoch nicht nur das Zusammenspiel entsprechender Maschinen, sondern auch sehr gut ausgebildete Mitarbeiter.