Artikel durchsuchen

Suchen Sie Artikel oder Themen

Zeige 0 von 100 Artikeln

Hohe Abtastraten und smarte Lösungen

Lebensmittelüberwachung
/
Sicherheit und Qualität ist das Ziel von PerkinElmer. Die Firma mit Hauptsitz in den USA ist in 190 Ländern aktiv.
2022
10/24/2022
Hohe Abtastraten und smarte Lösungen

Portraitfoto Dr. Quack
Dr. Marcus Quack, PerkinElmer (Foto: Sabine Kemper)

M+M: Wie sieht die Zusammenarbeit mit Ihren Kunden konkret aus? Geht vieles digital?

Dr. Marcus Quack: Wenn ein Kunde unsere Systeme in seine Produktionslinie integrieren möchte, sind unsere Leute immer noch vor Ort. Sowohl bei der Planung als auch beim Einbau. Ausbildung und Training des Personals an den neuen Geräten gehören ebenfalls zu unserem Leistungsportfolio. Wir überwachen den gesamten Prozess des Einbaus.  

M+M: Übernehmen Sie auch die anschließende Wartung und Kontrolle – und sind die digital?

Dr. Marcus Quack: Umfangreichere Arbeiten erledigen unsere Leute direkt an Ort und Stelle. Einfacher ist es für uns natürlich, wenn wir uns zur Diagnostik und Instandhaltung auf die Systeme unserer Kunden aufschalten können. So erkennen wir Probleme sofort oder können Updates installieren. Im medizinischen Bereich gibt es dagegen oft Bedenken in puncto Datenschutz. Auch im Foodbereich nehmen wir das ernst und bieten auf Wunsch andere Lösungen an.  

M+M: Wie schätzen Sie die Entwicklungen auf den Märkten ein?  

Dr. Marcus Quack: PerkinElmer hat seine Wurzeln in den USA, ist aber ein weltweit agierendes Unternehmen. Im Foodbereich ist gerade vieles in Bewegung – Ernährungsgewohnheiten wandeln sich, neue Produkte kommen auf den Markt. Eine wichtige Region für uns ist beispielsweise Indien. Das Messen der Fettparameter in der Milch ist dort ein großes Thema. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Rohstoffpreise und Herstellungskosten weiter steigen. Warenströme werden sich verändern und Produktionen eventuell gedrosselt, wenn Rohwaren, Verpackungsmaterial und/oder Personal fehlen.  

Auch das Kaufverhalten der Endabnehmer ist im Wandel, ebenso wie die Investitionsbereitschaft unserer Kunden. Der Markt für landwirtschaftlich erzeugte Lebensmittel gerät unter Druck und blickt in eine volatile und ungewisse vorhersagbare Zukunft. Beim Trend zu mehr Automatisierung, Digitalisierung und autonomer Produktion gab es die letzten zwei Jahre eine Beschleunigung. PerkinElmer wird sich dem schnell und agil mit Innovationskraft anpassen. Der Kundenfokus wird voraussichtlich auf ganzheitlichen Lösungen liegen, mit denen der komplette Arbeits- und Produktionsablauf abgebildet werden kann.  

M+M: Wie stellt sich PerkinElmer für die D-A-CH-Region auf?

Dr. Marcus Quack: Die Energie- und Produktionskosten sind in der D-A-CH-Region höher als in den Nachbarländern wie etwa Frankreich. Der Fachkräftemangel, der nahezu den gesamten europäischen Markt erfasst hat, wird sich zunehmend bemerkbar machen. Ziel ist es, dass Lebensmittelversorgung und -qualität stets sichergestellt sind, auch bei Liefer- und Produktionsschwierigkeiten. Und machen wir uns nichts vor: Die Geräte und die Messtechnik sind heutzutage weitgehend ausgereift. Heute reden wir eher über die Anwendung. PerkinElmer ist für Kunden interessant, weil wir lückenlose Qualitätsüberwachung bieten und sich unsere Technik in die vollautomatische Produktion einfügen lässt. Das macht uns zu Partnern. Viele unserer Instrumente und Technologien sind auf individuellen Kundenwunsch hin entstanden. Wir von PerkinElmer möchten uns vor allem in der aktuellen volatilen Marktsituation als verlässlicher Partner für unsere Kunden im Agrarmarktsegment positionieren. Mit unserem umfassenden Produktportfolio und unseren Neuentwicklungen (z. B. NIR-Prozessgeräten gemäß ATEX 20, Liquid Analyzer, „LactoScope 300“) wollen wir konkrete Lösungen für die verschiedenen Herausforderungen liefern. Trotz der geänderten Marktsituation bleiben wir bei unserem Wachstumsziel von 10,1%.  

M+M: Wo sehen Sie sich gegenüber der Konkurrenz im Vorteil?

Dr. Marcus Quack: PerkinElmer ist mit seinem Produktportfolio gut aufgestellt, um für die genannten Aufgabenstellungen wirksame Lösungen anbieten zu können. Unser Alleinstellungsmerkmal ist zum Beispiel die hohe Abtastrate im laufenden Prozess. Mit den NIR-Prozessgeräten bieten wir smarte, ausgereifte Produkte, die über aktuelle, Industrie-4.0-konforme Schnittstellen (z. B. OPC UA) zu allen bestehenden Automatisierungsebenen verfügen. Damit lassen sich automatisierte Prozessregelungen realisieren, die zu signifikanten Einsparungen von Energie- und Produktionskosten führen, so dass sich die Geräte rasch amortisieren.  

M+M: Wo liegt derzeit Ihr Hauptgeschäft und wo sehen Sie noch Potenzial?

Dr. Marcus Quack: Unser Kerngeschäft im Agrarmarktsegment bleibt die Qualitätsbewertung von Getreide und Leguminosen (u. a. durch NIR-Ganzkorngeräte) zur Wareneingangskontrolle bei Landhändlern sowie Getreide-, Futter- und Ölmühlen. Auch in der Fertigungs- und Endproduktkontrolle (Mehlanalytik) ist PerkinElmer vertreten. Bei Technologien und Instrumenten für Labore sehen wir enormes Wachstumspotenzial, denn der Bereich Food Safety wird weiter an Bedeutung gewinnen, insbesondere wenn es um Genauigkeit geht. Manche Mühlen lagern ihre Messungen bereits aus. Schnellmethoden (Streifentests etc.) werden eher entlang der Produktion eingesetzt, während unsere High-End-Analysegeräte (HPLC, AAS-Spektrometer, GC-MS etc.) in der Regel in Auftragslaboren zum Einsatz kommen.

M+M: Sehen Sie Trends bei der Getreideverarbeitung?  

Dr. Marcus Quack: Wir beobachten eine Tendenz zu mehr Rohstoffveredelung für Spezialprodukte. So wird es möglich, die Wertschöpfung zu steigern und neue Nischenerzeugnisse zu entwickeln. Zu den hergestellten Spezialprodukten zählen z. B. extrudierte und thermisch behandelte Mehle. Hier hat PerkinElmer mit dem „Rapid Visco Analyzer“ (RVA) eine neue Amylomethode konzipiert. Damit können die Eigenschaften dieser Mehle genau definiert und gemessen werden.  

Zu den Neuentwicklungen für Getreidemühlen zählt definitiv unser Industrie-4.0-konformes NIR-Prozessgerät DA 7350 In-line mit Explosionsschutz-Zertifizierung für ATEX-Zone 20. Das DA 7350 kann entlang der gesamten Produktionskette direkt in der Fertigungsumgebung eingesetzt werden und misst kontinuierlich sämtliche Inhaltsstoffe (Mineralien, Feuchtigkeit, Protein) in Echtzeit. Zudem ist es mit einer integrierten Farbkamera ausgestattet, die Farbmessungen und mittels der integrierten Bildverarbeitung auch eine voll parametrierbare Stippenzählung (Schalenanteile, Kleie) ermöglicht. So lassen sich eine lückenlose Produktionskontrolle und automatisierte Prozessregelung erreichen.  

M+M: Sie sagten vorhin, die Messgeräte seien weitgehend ausgereift. Wagen Sie hier einen Blick in die Zukunft? Was kommt, was bleibt bei den Grenzwerten?  

Dr. Marcus Quack: Grenzwerte für Gefahrenstoffe werden nicht von heute auf morgen verschärft. Zunächst müssen dafür Belegstudien erstellt werden. Mit den NIR-Prozessgeräten von PerkinElmer wird es möglich, sämtliche Inhaltsstoffe kontinuierlich und detailliert zu messen und die Ergebnisse digital zu verarbeiten. Dank der hohen Sensitivität der Geräte können sogar Analysen über aktuell geltende Grenzwerte hinweg erfolgen. Die Analytik wird besser, Detektionsgrenzen werden immer niedriger. Schon aus gesundheitlichen, produkttechnischen und/oder Umweltschutzgründen sind Grenzwerte selbstverständlich sinnvoll. Andererseits haben sie aber auch gesellschaftspolitische Aspekte. Hier versuchen wir, am Puls der Zeit zu bleiben. Mit unserer hochempfindlich Messtechnik können wir schon jetzt die gesetzlichen Vorgaben übertreffen. So haben wir ein Sicherheitspolster.

M+M: Viele Verbraucher lehnen Produkte aus gentechnisch veränderten Rohstoffen ab. Ist diese Skepsis auch bei Ihnen ein Thema?  

Dr. Marcus Quack: Die Verfügbarkeit von Soja und anderen Rohstoffen ohne Gentechnik wird voraussichtlich schwieriger, da diese Waren meist aus Osteuropa kommen. Die analytische Überwachung der zu uns importierten Produkte gewinnt deshalb künftig immer mehr an Bedeutung – natürlich auch in unserem Unternehmen. Das gilt vor allem im Hinblick auf Sojaerzeugnisse wie Milch- und Fleischersatz. Diese sind von gentechnischen Modifikationen besonders stark betroffen.

M+M: Wir sprachen über den Druck, mehr zu digitalisieren. Was meinen Sie – wird der Beruf des Müllers dadurch einfacher, komplizierter oder gar entbehrlich?  

Dr. Marcus Quack: Das Berufsbild wird sich definitiv wandeln und verändern, denn auch in der Müllerei kommt der Digitalisierung eine wichtige Rolle zu. Ein Trend zu mehr autonomer Produktion ist bereits im Gange. Wir werden die Qualität der Erzeugnisse immer weiter mehr erhöhen. Die Frage ist, wo es hingeht. Meiner Meinung nach wird der Beruf des Müllers niemals überflüssig werden – seine Expertise bleibt auch in Zukunft gefragt. Fachkenntnisse und Erfahrung in Sachen Rohstoffe, Müllereitechnik usw. sind einfach durch nichts zu ersetzen. Doch der Müller wird vielseitiger und komplexer arbeiten müssen. Und sicher mehr Zeit am Computer verbringen. Schließlich muss ja irgendjemand all die generierten digitalen Daten auswerten und den Prozess dann dementsprechend angepassen.  

M+M: Sie haben dieses Jahr auf der AnugaFoodTec ausgestellt. Weshalb sind Sie wieder bei den Messen dabei und was planen Sie?  

Dr. Marcus Quack: Die AnugaFoodTec war eine der ersten großen Messen, auf der wir wieder präsent waren. Vieles im Kundenkontakt geht zwar auch bei uns über digitale Kanäle, aber Veranstaltungen wie die Anuga sind weiterhin von großer Bedeutung für den fachlichen Austausch. Wir wollen auf den Messen vor allem unsere NIR- Prozessgeräte zur kontinuierlichen Messung direkt in der Produktion vorstellen; außerdem werden wir unsere Lösungen zur Digitalisierung und zur Anbindung an bestehende Automatisierungsebenen demonstrieren. Auch ein neuer Liquid Analyzer wird präsentiert. Als Nächstes freuen wir uns jetzt auf die Müllerei-Fachtagung in Detmold und die Analytica in München und hoffen dort auf möglichst viele Kunden und Interessierte.

Stand auf der Messe
PerkinElmer auf der ANUGA 2022 (Foto: Sabine Kemper)
Hohe Abtastraten und smarte Lösungen
Jetzt lesen

„Blühende Untersaat zwischen Getreide"

No items found.
Wie kann bei einer produktiven Nutzung des Getreideackers die Artenvielfalt gesteigert werden? Dieser Frage geht das
2022
10/24/2022
Modellvorhaben „Blühende Untersaat zwischen Getreide"
„Blühende Untersaat zwischen Getreide"

Wie kann bei einer produktiven Nutzung des Getreideackers die Artenvielfalt gesteigert werden? Dieser Frage geht das Modell- und Demonstrationsvorhaben „Weite-Reihe-Getreide mit blühender Untersaat“ nach. Erste Ergebnisse zeigen: Wird Getreide mit einem Reihenabstand von mindestens 30 cm angebaut und dazwischen blühende niedrigwüchsige Pflanzenarten ausgebracht, kann dies die Anzahl und Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren deutlich steigern. Die Untersaat wirkt sich zudem positiv auf die Bodenfruchtbarkeit aus, Pflanzenschutz- und Düngemittel müssen weniger eingesetzt und Arbeitsgänge können reduziert werden.

Das Institut für Agrarökologie und Biodiversität (IFAB), das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) sowie 60 konventionelle Betriebe forschen seit 2020 an dieser innovativen Anbauform. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert das Projekt „Weite-Reihe-Getreide mit blühender Untersaat“ bis November 2023, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ist Projektträger.

2021 konnten in den Reihen mit Untersaat durchschnittlich 14 (bei Winterweizen) und 18 (bei Sommergerste) Pflanzenarten erfasst werden, in der Normalsaat waren es drei (bei Winterweizen) und vier (bei Sommergerste) Pflanzenarten. Die Forschenden fanden zudem doppelt so viele Individuen an Spinnen und Insekten, insbesondere mehr Bienen, Hummeln und Schmetterlinge, sodass die Insektenmasse die in der Normalsaat um ein Vielfaches übersteigt. Die Kosten für Pflanzenschutzmittel und Dünger sind geringer – erste Handlungsempfehlungen sprechen beispielsweise von einer Reduktion von 50 bis 70% der üblichen Düngermenge. Zudem entfällt der Arbeitsgang zur Zwischenfruchteinsaat.

Durch den größeren Reihenabstand verringert sich jedoch die Erntemenge zwischen 25 und 30%. So lag der Deckungsbeitrag bei Sommergerste im ersten Erntejahr 2020 bei durchschnittlich 140 Euro pro Hektar bei den Untersaat-Parzellen – rund 225 Euro pro Hektar weniger als bei der Normalsaat. Durch weitere Versuche und sich daraus ergebende Handlungsempfehlungen soll das Vorgehen weiter optimiert und die Wirtschaftlichkeit gesteigert werden. Hierzu zählen beispielsweise die Zusammensetzung der Untersaat, die Düngermenge oder die Beikrautregulierung.

Der Getreidebau in weiter Reihe mit blühender Untersaat kann ein Baustein für eine nachhaltige Landwirtschaft sein. Denn hier wird die Vegetationsperiode im Spätsommer durch die Untersaat genutzt und ein Teil des Nährstoffbedarfs der Folgekultur durch die Leguminosen-geprägte Untersaat bereitgestellt.

Modellvorhaben „Blühende Untersaat zwischen Getreide"
Jetzt lesen

Fördermittel für Energieeffizienz und Klimaschutz

Nachhaltigkeit
/
Steigende Energiekosten und Klimaschutz-Ziele erfordern meist hohe Investitionen.
2022
10/23/2022
Fördermittel für Energieeffizienz und Klimaschutz

Die wichtigsten Förderungen mit Fokus auf Klimaschutz und/oder Energieeffizienz finden sich auf Bundesebene. Dazu gehören:

- Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW)

- Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW)

- Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude (BEG)

- Förderung von Elektromobilität & Ladeinfrastruktur

Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz

Die EEW umfasst fünf Module: Mit Modul 1 werden Einzelmaßnahmen zur Erhöhung der Energie- oder Ressourceneffizienz bei Querschnittstechnologien gefördert. In Modul 2 geht es um Anlagentechnik für Prozesswärme aus erneuerbaren Energien. Sie ist förderfähig, wenn über die Hälfte der erzeugten Wärme für die Produktion genutzt wird. Modul 3 beinhaltet MSR, Sensorik und Energiemanagement-Software, die dazu dienen, den Energieverbrauch zu reduzieren. Eine Zertifizierung nach ISO 50001 oder EMAS ist seit der Novellierung der EEW im Jahr 2021 keine Voraussetzung mehr. In Modul 4 werden Anlagen- und Prozessoptimierungen gefördert, wenn diese den Energie- und/oder Ressourcenbedarf reduzieren. Das gilt jedoch nur für Ressourcen, die im entsprechenden Katalog gelistet sind. Hierfür ist zudem ein Einsparkonzept vorzulegen, das von einem BAFA-gelisteten Effizienzexperten erstellt wurde.

Bei all diesen Modulen erhalten kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) bis zu 50 % der förderfähigen Kosten (große Unternehmen bis zu 40 %).

Neu ist seit der Novellierung der EEW das Modul 5. Damit werden Transformationskonzepte, also eine längerfristige Strategie zur Dekarbonisierung von Unternehmen, mit 60 % (große Unternehmen 50 %) der beihilfefähigen Kosten, maximal 80.000 Euro, gefördert. Ein Transformationskonzept muss mindestens zehn Jahre umfassen und die Treibhausgas-Emissionen um mindestens 40 % reduzieren. Förderfähig sind die Kosten für Messungen, Datenerhebungen und Datenbeschaffungen sowie für die Erstellung und Zertifizierung einer CO2-Bilanz, für Energieberater und andere Beratungstätigkeiten. Der Antrag für alle Module der EEW kann online über das Portal easy-Online gestellt werden.

Bundesförderung Wärmenetze

Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze fördert Wärmenetze, in denen mindestens 75 % an regenerativer Energie oder Abwärme transportiert wird, mit vier Modulen: Modul 1 befasst sich mit Transformationsplänen und Machbarkeitsstudien, in denen die Idee und Realisierbarkeit eines effizienten Wärmenetzes untersucht wird. Die Förderquote beträgt bis zu 50 %, maximal zwei Millionen Euro.

Im Modul 2 geht es um die Realisierung des Wärmenetzes, im Modul 3 werden Einzelmaßnahmen unterstützt. Dazu gehören neben der Neuerrichtung oder Transformation ganzer Wärmenetze u.a. auch Solarthermieanlagen, Wärmepumpen, Biomassekessel und Wärmespeicher. Die Förderhöhe bei beiden Modulen beträgt bis zu 40 % der förderfähigen Investitionen, maximal 100 Millionen Euro. Das Modul 4 befasst sich mit der Förderung von Betriebskosten beim Einsatz von Solarthermieanlagen und Wärmepumpen. Dieses Modul ist aktuell jedoch noch nicht aktiv.

Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude (BEG)

Das BEG gilt für Wohn- und Nichtwohngebäude und fußt auf zwei Säulen: erstens Einzelmaßnahmen im Bestand, zweitens Neubau, Sanierung und Kauf. Antragsberechtigt ist fast jeder, förderfähig sind alle Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz bzw. zur Reduktion der CO2-Emissionen der Gebäude, z.B.:

- Maßnahmen an der Gebäudehülle (z.B. Dämmung),

- Anlagentechnik (z.B. Lüftungs- und Raumkühlungsanlagen, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Beleuchtungssysteme),

- Wärmepumpen, Biomasse- und Holzpelletheizungen sowie der Anschluss an Wärmenetze, deren Wärme zu mindestens 25 % aus erneuerbaren Energien stammt,

- Heizungsoptimierung,

- Fachplanung, Baubegleitung und das Stellen der Förderanträge.

Die Förderhöhe für Planung und Beratung ist bei Nicht-Wohngebäuden bei 5 Euro/m2 Nettogrundfläche und 20.000 Euro pro Maßnahme gedeckelt. Bei den Maßnahmen liegt der Deckel bei Nicht-Wohngebäuden bei 1.000 Euro/m2 Nettogrundfläche und zehn Millionen Euro pro Maßnahme.

Elektromobilität & Ladeinfrastruktur

Für Unternehmen, die ihre Fahrzeugflotte elektrifizieren und eine Ladeinfrastruktur aufbauen, sind über verschiedene Institute und Einrichtungen Förderungen zu erhalten, wie BAFA, KfW oder VDI|VDE. Über deren Webseiten sind Details zu den Förderungen schnell zu finden. Auch ein Blick in örtliche Förderprogramme kann sich lohnen.  

Für die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte ist der „Umweltbonus“ des BAFA interessant, der Neuwagen, Zweitzulassungen und Leasingfahrzeuge fördert. Das gilt für reine Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride, wenn sie unter 50 g CO2/km emittieren und eine rein elektrische Reichweite von über 60 km haben. Die Förderung beträgt 5.000 Euro für Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeuge (Hybride: 3.750 Euro) mit einer Investitionssumme von unter 40.000 Euro, darüber liegt sie bei 6.000 Euro (Hybride: 4.500 Euro). Aktuell lauft der „Umweltbonus“ am 31.12.2022 aus, es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass er verlängert wird.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Förderungen gilt hier die Reihenfolge: Zuerst das E-Fahrzeug kaufen, danach den Antrag stellen. Vor dem Kauf sollte die Fahrzeugliste des BAFA geprüft werden, da sie häufig aktualisiert wird. Ausschlaggebend ist der Stand am Tag der Antragseinreichung.

Die Ladeinfrastruktur wird über das Förderprogramm für Flottenanwendungen und Beschäftigte unterstützt. Darunter fallen Kauf und Installation von Ladestationen, wenn sie ein paar Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen sich in einem nicht-öffentlichen Bereich befinden und zu 100 % mit Ökostrom betrieben werden. Spätestens 12 Monate nach der Bewilligung müssen sie installiert sein, was die KfW auch überprüft. Zudem müssen die Ladestationen eine Schnittstelle haben, über die sich ihr Status überwachen lässt und mit der auch der Stromnetzbetreiber sie ansteuern kann. Anders als bei den Fahrzeugen muss hier der Antrag eingereicht werden, bevor die Ladeinfrastruktur beauftragt wird. Der Zuschuss beträgt 900 Euro/Ladepunkt bei einer Investition von mind. 1.285,71 Euro/Ladepunkt (darunter: 700 Euro/Ladepunkt).

Optimale Förderung

Was muss ein Unternehmen nun tun, um an Förderungen zu kommen? Zuerst ist anhand der Förderrichtlinien zu prüfen, ob die geplante Maßnahme förderfähig ist. Wenn das nicht der Fall ist, lässt sich das oft ändern, indem man die Maßnahme leicht abändert. Durch die Anpassung einer Maßnahme können manchmal auch höhere Förderquoten erzielt oder mehrere Förderungen genutzt werden.

Kommt eine oder mehrere Förderungen in Frage, ist das EU-Beihilferecht zu beachten. Meist kann der Antragsteller wählen, ob er die Förderung nach De-Minimis oder AGVO (Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung) beantragt. Bei der De-Minimis-Regelung sind die Gesamt-Fördergelder innerhalb von drei Geschäftsjahren auf 200.000 Euro begrenzt. Bei der AGVO können sie auch darüber liegen, das Antragsprozedere ist jedoch auch deutlich aufwändiger.  

Generell ist es ratsam, den zeitlichen und finanziellen Aufwand für einen Förderantrag der möglichen Fördersumme gegenüberzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass kein Anspruch auf eine Förderung besteht. Auch wenn ein Unternehmen den Antrag korrekt gestellt und alle Bedingungen erfüllt hat, kann die Förderung unter Angabe der Gründe abgelehnt werden.

Außerdem wichtig: Für geförderte Anlagen ist immer eine Nutzungsdauer vorgeschrieben. Wird die Anlage vorher verkauft oder ihre Nutzung geändert, muss das Unternehmen den Fördermittelgeber darüber informieren bzw. den Käufer über das Förderprogramm informieren. Sonst kann es sein, dass die Fördergelder zurückbezahlt werden müssen.  

Im nächsten Schritt sind die Investitionskosten für die geplante Maßnahme abzuschätzen. Hierfür sollten konkrete Angebote eingeholt werden, bei einigen Förderungen müssen diese sowieso mit dem Antrag eingereicht werden. In Zeiten stark steigender Preise sollten Unternehmen zudem angeben, um wieviel Prozent die Kosten bis zur tatsächlichen Beauftragung voraussichtlich steigen werden. Denn oft ist die Höchstsumme mit Antragsstellung fixiert. Was tatsächlich ausbezahlt wird, wird dann anhand der vorgelegten Rechnungen ermittelt.

Bei vielen Förderprogrammen ist die Einbindung eines Energieeffizienz-Experten empfohlen oder sogar Pflicht, der dann frühzeitig eingebunden werden muss. Eine weitere Voraussetzung ist meist die Beschreibung der Maßnahme mit technischen und/oder wirtschaftlichen Kenndaten.

Die Antragsstellung

Die Förderung ist oft schon passé, wenn ein Unternehmen bereits Leistungen zur Realisierung der betreffenden Maßnahme beauftragt hat. Deshalb: Bevor Aufträge für eine zu fördernde Maßnahme vergeben werden, sollten Unternehmen unbedingt die Bewilligung der Förderung abwarten. Eine Ausnahme ist z.B. das BEG, bei dem gleich nach der Eingangsbestätigung der Antragsunterlagen mit der Umsetzung gestartet werden darf.

Bei der Planung der Maßnahme ist es empfehlenswert, die Bewilligungszeit mit einzuplanen. Üblicherweise sind das zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. Ist dann der Fördermittelbescheid eingegangen, sollte er auf Vollständigkeit geprüft werden. Die Angebote, die schon für die Antragsstellung angefragt wurden, sind dann meist noch einmal abzuklären. Geht es dann in die Umsetzung der Maßnahme, ist eine begleitende Dokumentation oft sinnvoll, bei vielen Förderungen ist sie auch Pflicht. Zu guter Letzt erfolgt die Auszahlung der Fördergelder. Auch sie sollte geprüft werden, denn es kommt durchaus vor, dass die Beträge nicht korrekt sind. In aller Regel lässt sich das jedoch schnell mit dem Fördermittelgeber klären.

Übersicht über Fördermittel

Für Förderungen auf EU-Ebene:

www.eu-foerdermittel.eu

Bundes- und Länderförderungen:

www.foerderdatenbank.de

Interaktive Deutschlandkarte mit den Investitionsbanken der einzelnen Bundesländer, die Fördermittel anbieten:  

www.investitionsbank.info

Fördermittel für Energieeffizienz und Klimaschutz
Jetzt lesen

Rohrbrände, ein unterschätztes Risiko

Explosionsschutz
/
In vielen Produktionsbereichen dienen pneumatische Transportleitungen dem Materialtransport innerhalb der Produktion
2022
10/22/2022
Rohrbrände, ein unterschätztes Risiko

T&B electronic hat mittels Brandversuchen die Löschwirksamkeit verschiedener Löschmedien untersucht und daraus ein Brandschutzsystem zur sicheren Löschung von Rohrbränden entwickelt, das auf den Richtlinien des VdS basiert. Das neue Löschsystem ist mit den klassischen Funkenlöschanlagen von T&B electronic kombinierbar.

Innerhalb von pneumatischen Transportleitungen sind zwei Arten von Ablagerungen als Gefahrenquelle zu unterscheiden:

– Organische Stoffe, wie z. B. Holz, Nahrungs- oder Futtermittel. Wenn sich diese Stoffe ablagern, werden sie durch den kontinuierlichen Luftstrom in der Transportleitung langsam, aber sicher getrocknet und haben damit eine sehr geringe Mindestzündenergie.

– Ölhaltige metallische Stäube, z. B. bei einer Schweißrauchabsaugung, in Gießereien oder bei der Absaugung von Maschinen zur Bearbeitung von Leichtmetallen. Das Öl in Verbindung mit einem Metallbrand stellt eine erhebliche Brandlast dar.

Rohre auf einem Firmengelände
Abb. 1a und 1b zeigen typische Ablagerungen innerhalb einer Transportleitung. Deutlich ist zu erkennen, dass die Ablagerungen sich nicht nur im unteren Bereich, sondern überall an der Wandung befinden.
Die Rohre auf dem Gelände in einer Naheinstellung
Die Ablagerungen etwas näher fortografiert

Kommt es während der laufenden Produktion zum Eintrag von Funken oder Glutnestern, die in der Transportleitung zu Boden sinken, können diese die dort abgelagerte Brandlast entzünden. Die Rohrleitung stellt dann de facto eine Zündschnur dar, da sich i. d. R. entlang der gesamten Leitung an der kompletten Wandung brennbares Material abgelagert hat und der Brand durch den kontinuierlichen Luftstrom der pneumatischen Förderung angefacht wird.

Da es sich um ein geschlossenes und meist an der Decke oder auf dem Dach montiertes Rohrsystem handelt, ist die Löschung eines solchen Brandes wegen der schlechten Zugänglichkeit mit erheblichen Problemen behaftet.

Ohne anlagentechnischen Brandschutz bleibt dem Betreiber bei einem Rohrbrand nur der Löschangriff durch den abwehrenden Brandschutz, sprich durch die Feuerwehr. Diese kann jedoch nur die Rohrleitung von außen kühlen, ein Löschangriff innerhalb der Rohrleitung verbietet sich, da jedes Öffnen der Leitung dem Brand zusätzlich Sauerstoff zuführt und die Gefahr eines Flash-Overs in die angrenzenden Produktionsbereiche mit der damit verbundenen Personengefährdung des Personals und der Feuerwehrleute besteht.

Silos
Abb. 2: Brandschutz ist bei der Scüttgutlagerung wichtiig

In Brandversuchen hat T&B electronic ermittelt, welche Dimensionen Rohrbrände annehmen können. Beispielhaft ist dies in den Abb. 2 und 3 dargestellt. Es ist deutlich zu erkennen, welche Dynamik ein Rohrbrand entwickeln kann, vor allem, wenn durch den pneumatischen Transport ein kontinuierlicher Luftstrom in der Rohrleitung vorherrscht.

Die Ablagerungen im Rohr brennen
Abb. 3: Links: Zur Verdeutlichung ein demontiertes Rohrstück mit entzündeten Ablagerungen innerhalb einer Rohrleitung auf den Außengelände der Fa. T&B.

Die Versuchsanlage auf dem Außengelände

Ein Brand in einem Rohr
Abb. 4: Ein demontiertes Rohrstück zur Verdeutlichung der Dynamik eines Rohrbrandes unter Ausnutzung der Windrichtung auf dem Außenversuchsgelände. Durch den horizontalen Luftstrom wird der Brand wie bei einem Kamineffekt angefacht. Im laufenden Prozess liefert die pneumatische Förderung diesen Luftstrom.

Bei der Bekämpfung von Rohrbränden durch vorbeugenden anlagentechnischen Brandschutz gilt es folgende Frage zu beantworten:

Wie kann ein Rohrbrand innerhalb der Rohrleitung sicher erkannt und gelöscht werden?

Die Detektion ist relativ einfach: In pneumatische Transportsysteme integrierte Funkenmelder sind Stand der Technik, erfüllen die Anforderungen des VdS und können eine große Anzahl Funken und/oder Glutnester bzw. einen offenen Brand ohne Probleme detektieren und eine Löschanlage ansteuern. T&B electronic hat vier verschiedene Meldertypen zur Auswahl und damit für jede Applikation des Anlagenbetreibers den passenden Detektor verfügbar.

Grafik zu Branddetektion
Abb. 5: Für jede Applikation (z. B. organische, nicht-organische oder metallische Stäube) sind T&B -Detektoren verfügbar.

Aber wie kann die erfolgreiche Löschung innerhalb der Rohrleitung sichergestellt werden?

Zur Bekämpfung eines Rohrbrandes stehen drei verschieden Löschmedien zur Auswahl:

– Dampf

– Wasser

– Gas

Betrachten wir im Folgenden die Vor- und Nachteile dieser drei Löschmedien:

Dampf

1. Dampf hat, soweit er im Produktionsprozess des Betreibers ohnehin vorfügbar ist, den Vorteil, dass er im Rohrsystem einen dreidimensionalen Löscheffekt durch die Verdrängung von Sauerstoff und den Kühleffekt hat.

Nachteilig ist, dass es für Dampf keine durch Brandversuche bestätigten Auslegungskriterien gibt. Das heißt, dem Löschanlagen-Errichter bzw. dem Betreiber liegen keine gesicherten Daten vor, um zu berechnen, wie viel Dampf mit welchem Druck und mit welcher Temperatur benötigt wird, um einen sicheren Löscherfolg für die zu schützende Applikation zu erzielen. Und es ist nicht bekannt, wie lange der Dampf einwirken muss, um eine Rückzündung zu verhindern.

Außerdem ist zu beachten, dass es bei einem Rohrbrand durchaus möglich ist, dass das pneumatische Transportsystem beschädigt wird und damit Undichtigkeiten aufweisen kann. Dann strömt der Dampf unkontrolliert in die angrenzenden Produktionsbereiche und gefährdet die dort tätigen Mitarbeiter erheblich. Lebensgefährliche Verbrühungen sind hinsichtlich einer Gefährdungsanalyse bei Dampflöschanlagen zu berücksichtigen.

Wasser

2. Bei Verwendung von Wasser als Löschmedium kann man sich bzgl. der benötigten Menge auf diverse VdS-Richtlinien beziehen. VdS gibt jedoch ausdrücklich an, dass die Funkenlöschrichtlinie VdS 2106 Rohrbrände bzgl. der benötigten Wasserrate nicht abdeckt. Daher ist die Anlehnung an die Richtlinien für Sprühwasser- oder Feinsprühlöschanlagen anzuraten. In diesen Richtlinien sind für viele Anwendungsfälle Auslegungsparameter hinterlegt und seitens VdS durch Brandversuche gestützt. Damit ergeben sich für die erfolgreiche Löschung eines Rohrbrandes Wasserbeaufschlagungen von 2 bis 5 Litern pro m2und Minute bezogen auf die gesamte Innenfläche des Transportsystems. Sollte es sich um ölhaltige Ablagerungen handeln, ist die Zumischung von Schaum gemäß VdS-Richtlinien zu empfehlen.

Es sind dem Autor keine reproduzierbaren Brandversuche bekannt, die eine Reduzierung der Wasserrate gegenüber den o. g. Wasserbeaufschlagungen rechtfertigen würden.

Auch für die Dauer der Löschung zur Vermeidung von Rückzündungen gibt es für eine Wasserlöschung im Rohr keine gesicherten Angaben, sodass die gewählte Löschzeit für jede Applikation vom Errichter gegenüber dem Betreiber und seinem Versicherer zu begründen und möglichst durch Brandversuche zu untermauern wäre.

Wasser hat gegenüber Dampf den Nachteil, dass es innerhalb der Transportleitung schnell zu Boden sinkt. Hierzu hat T&B electronic Versuche zur Verteilung von Wassernebeln innerhalb von Transportleitungen durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt, dass das Wasser in Abhängigkeit von Tröpfchengröße und Transportgeschwindigkeit nach ca. 3 bis 5 m zu Boden sinkt (Abb. 6 und 7).

 pneumatische Transportleitung
Abb. 6: Abgebildet ist eine pneumatische Transportleitung von 250 mm Durchmesser, in der eine Luftgeschwindigkeit von 36 m/s von links nach rechts herrscht. Die Löschdüse befand sich 3 m links vom abgebildeten Plexiglasrohr.
Löschdüse
Abb. 7: Es ist deutlich zu kennen, dass der von der Löschdüse erzeugte blau eingefärbte Sprühnebel sich nach wenigen Metern überwiegend am Boden der Rohrleitung abgesetzt hat. Die seitliche und obere Wandung der Rohrleitung wird nur noch wenig mit Wasser beaufschlagt, ein Brand wäre hier nicht sicher gelöscht worden.

Eine Wasserlöschanlage muss also zur Sicherstellung des Löscherfolgs ca. alle 5 m das Löschwasser mit Düsen fein verteilt in das Rohrsystem einbringen. Dadurch erhöht man jedoch wesentlich die eingebrachte Wasserrate und generiert ein neues Problem: Das Transportsystem incl. seiner Halterungen ist für das große Gewicht des Wassers nicht ausgelegt. Es ist genau zu prüfen, inwieweit die Löschanlage die Statik des pneumatischen Transportsystems überlasten wird. Als Gegenmaßnahme kann das Transportsystem z. B. mit Gefälle versehen werden, allerdings bleibt dann immer noch das Problem, dass das kontaminierte Löschwasser am tiefsten Punkt des Transportsystems ausritt und entsorgt werden muss.

Gas

3. Beim Löschmedium Gas stellen sich die Rahmenbedingungen deutlich günstiger dar:

T&B electronic setzt zur Bekämpfung von Bränden innerhalb von Rohrleitungen das Löschgas Argon ein. Argon ist als Edelgas in der Luft enthalten, für Personen ungiftig, kann Leichtmetallbrände löschen, belastet das pneumatische Transportsystem statisch nicht und kann rückstandsfrei über die Lüftungsanlagen entsorgt werden.

Das früher häufig eingesetzte Löschmittel CO2 kann man für den Einsatz bei Rohrbränden hingegen ausschließen. Für Leichtmetallbrände ist es analog zu Wasser aufgrund seiner Molekülstruktur nicht geeignet, zusätzlich stellt es analog zum Dampf bei Undichten des pneumatischen Transportsystems im Brandfall aufgrund seiner Toxizität eine erhebliche Personengefährdung dar.

Ausschlaggebend bei der Auswahl des Löschgases war für T&B zusätzlich die Tatsache, dass für Argon eine VdS-Richtlinie vorliegt, die für (fast) jeden Anwendungsfall die Löschgaskonzentration innerhalb des vom Rohrbrand betroffenen Transportsystems vorgibt. In der Richtlinie ist auch explizit beschrieben, wie lange die vorgegebene Löschgaskonzentration gehalten werden muss (sogenannte Haltezeit), um Rückzündungen zu verhindern.

Damit gibt es eine technische Vorgabe, die auf Vorgaben des VdS basierend alle Parameter der Löschanlage definiert und dem Betreiber und seinem Versicherer die Gewähr für ein sicheres Brandschutzsystem gibt.

Die eingesetzte Menge Argon ist dabei so gering, dass sie als ungiftiges Edelgas beim evtl. Austritt aus der Rohrleitung innerhalb der Produktionsbereiche nur so wenig Sauerstoff verdrängt, das i. d. R. keine Personenschutzmaßnahmen erforderlich sind.

Oftmals wird als Nachteil von Gaslöschanlagen angeführt, dass es zu einer Produktionsunterbrechung kommt, da der Förderventilator abgeschaltet werden muss, um die genannte Haltezeit von ca. 10 Minuten innerhalb des Transportsystems zu gewährleisten.

Nach einem Rohrbrand ist es jedoch in jedem Fall erforderlich, den pneumatischen Transport zu stoppen, die Rohrleitung zu inspizieren, evtl. noch vorhandene Glutnester zu beseitigen und vor allem die Rohrleitung, insbesondere die Halterungen, auf Beschädigungen durch die entstandene hohe Wärmeentwicklung in Folge des Brandes zu untersuchen.

Insofern ist die genannte Produktionsunterbrechung kein Nachteil der Argon-Löschanlage, sondern aus Sicherheitsgründen nach einem Rohrbrand in jedem Fall erforderlich.

Sollte es technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar sein, die Öffnungen des Transportsystems mit Schiebern zu verschließen, um die Aufrechterhaltung der Löschgaskonzentration im Transportsystem sicherzustellen, so ist die Anlage mit einer Halteflutung zu versehen (d. h. es wird kontinuierlich Argon nachgefördert) und mittels einer Probeflutung die Wirksamkeit der Löschanlage hinsichtlich der Einhaltung der Haltezeit nachzuweisen. Da Argon rückstandsfrei entsorgt werden kann, stellt dies für den Betreiber keinen besonderen Aufwand dar.

Tabelle Löschmedien
Tabelle zu Löschmedien

Fazit: Von allen verfügbaren Löschmedien erfüllt nur Argon alle Anforderungen der Betreiber und der Versicherer (siehe Tabelle). In Kombination mit der VdS-zugelassenen Funkenerkennung von T&B stellt die Argon-Löschung damit eine technisch ausgereifte Lösung dar und ist allen anderen Löschmedien überlegen.

Rohrbrände, ein unterschätztes Risiko
Jetzt lesen

Bauckhof - Weltmeister in glutenfrei

Hafer
/
Im Norden Deutschlands, in der Lüneburger Heide, steht eine der modernsten Hafermühlen Europas.
2022
10/22/2022
Bauckhof - Weltmeister in glutenfrei
Geschäftsführer der Bauck GmbH
Jan-Peter Bauck

Geschäftsführer Jan-Peter Bauck trifft Anfang 2017 die Entscheidung zum Bau der Schäl- und Feinmühle für glutenfreie Biolebensmittel – immerhin eine Investition von rd. 24 Mio. Euro, die 40 neue Arbeitsplätze schafft. Nach langer und sorgfältiger Planung entsteht 2020 in Rosche ein achtgeschossiger, 45 m hoher und 25 m breiter Gebäudekomplex mit einer Verarbeitungskapazität von mehr als 20000 t Getreide im Jahr.
Der Bau der neuen Mühle ist ein Gemeinschaftsprojekt der Firmen Schule und Kastenmüller. Die Schälmühle wird von der F. H. Schule Mühlenbau aus Reinbek gebaut, die Feinmühle zur Vermahlung von Hafer und anderen glutenfreien Produkten von der Firma Stefan Kastenmüller aus Martinsried.

Schulz Systemtechnik aus Visbek setzt das Automatisierungskonzept um und die Verpackungsstraßen stammen von der Rovema GmbH aus Fernwald und PremierTech. Das Gebäude und die Außenanlagen werden von der Fa. Agravis als Generalübernehmer erstellt. Gefördert wird der Neubau vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“.Der Baumeister der Mühle ist Jan Gausepohl. Er ist Müller in der dritten Generation und lernt sein Handwerk an der Deutschen Müllerschule Braunschweig (DMSB). Danach arbeitet er für zwei große Mühlenkonzerne. Sammelt Erfahrungen bei Mühlen weltweit, u. a. in Kasachstan und Nigeria. Er macht sich selbstständig und kommt 2016 nach Rosche zur Bauck GmbH. Deren Feinmühle hat ein technisches Problem. Gausepohl löst es und versteht sich so gut mit Jan-Peter Bauck, dass dieser ihn bittet zu bleiben. Denn er braucht für seine Vision einer Biohafermühle den richtigen Mann.

Kastenmüller Mühlenbau
Kastenmüller Mühlenbau aus Martinsried (Foto: Sabine Kemper)

Portraitfoto Jan Gausepohl
Jan Gausepohl ist Müller in der dritten Generation (Foto: Sabine Kemper)

Jan-Peter Bauck hat die Bauck KG von Onkel und Tante übernommen und die Bauck GmbH gegründet. Für seine Mitarbeiter ist er nur „Jan-Peter“. Mit der Biohafermühle will er 180000 Transportkilometer pro Jahr einsparen. Zusätzlich fällt der ganze Aufwand für die Begleitung der Waren und die Qualitätskontrolle weg, wenn alle Produktions- und Prozessschritte in einer Hand sind. Jan Gausepohl gibt für die Hafermühle seine Selbstständigkeit auf und zieht in den Norden.

Weltreise mit Hafer

Im folgenden Jahr reisen die beiden Männer mit ihrem Projektleiter Dieter Projahn einmal um die Welt und besichtigen Mühlen. 20 ppm sind die gesetzlich zulässige Höchstgrenze für glutenfreie Lebensmittel. Mühlen können weniger schaffen. Die letzte Etappe der Reise führt die Männer nach Australien. Auch dort ist in modernen Mühlen bei 10 ppm Schluss. Auf dem langen Rückflug diskutieren sie die Lage und Jan-Peter entscheidet: Bauck wird 5 ppm schaffen, was die derzeitige Nachweis- grenze ist. Sind die Qualitäten mal nicht so gut oder senkt der Gesetzgeber die Zielvorgaben, ist man dennoch auf der sicheren Seite.

Zu Hause in Rosche lässt Jan Gausepohl ein 3-D-Modell der computergesteuerten, vollautomatisch arbeitenden Anlage von der Firma Schule Mühlenbau entwickeln. Eine Komplettlösung für die riesige Mühle vorzudenken, mit ihrer Vielzahl an Prozessschritten von der Annahme bis zur Flocken- bzw. Mehlherstellung, dem Absacken und Verladen, mit all ihren Abläufen, Maschinen und Lagern, ist eine enorme Tüftelei. Zudem gewährleisten nur die optimale Laborkontrolle und Verarbeitung des Getreides die geforderte glutenfreie Qualität.

F. H. Schule Mühlenbau

2019 geht es los. Nach intensiven Beratungen mit verschiedenen Anbietern bekommt der nur 90 km von Rosche angesiedelte Maschinenbauer Schule Mühlenbau den Zuschlag für die Anlage. Für diesen weltweit agierenden Schälmühlenhersteller spricht seine Spezialisierung auf Maschinen und Sonderlösungen zur Bearbeitung von Getreide und Hülsenfrüchten; in Großbritannien baut er zurzeit die größte Hafermühle Europas. Dank der Spezialisierung auch im Bereich Maschinenentwicklung kann die Firma alle Komponenten mit Einzelnachweisen zur Lebensmittelkonformität der produktberührenden Teile liefern, was eine besonders herausfordernde Aufgabe war.

Flockierstuhl
Der Flockierstuhl von F.H. Schule Mühlenbau (Foto: Sabine Kemper)

Alexander Bachur wird ebenfalls ein wichtiger Mann auf der Baustelle. Er ist Leiter der technischen Angebotsprojektierung bei Schule Mühlenbau. Für Jan Gausepohl ist die Hafermühle ein Lebenswerk. Hier fließt seine gesamte Erfahrung ein. Unter anderem aus energetischen Gründen entschließt er sich, die Mühle in die Höhe zu bauen. Die Hafermühle hat nur zwei Elevatoren, ansonsten arbeitet sie mit Druckpneumatik. Das ist hygienischer und spart vor allem auf den letzten Metern viel Energie. Nach einer ausgiebigen Reinigung mit Aspirateur, Steinausleser, Trieur und Farbausleser kommen die geschälten Kerne entweder direkt oder über den Trommelgrützeschneider zum Dämpfen. Danach gelangt das Produkt über den Flockenstuhl und Fließbetttrockner in den Fertigwarensilo.

Der Polizist

Wichtig ist der zweite Farbausleser. Die Mühlenarbeiter nennen die Maschine der Firma Cimbria „den Polizisten“. Er findet selbst noch Körner mit winzigsten Farb- fehlern. Alle ausgesonderten Strohteile, Sämereien, Spelzen, Körner mit Farbfehlern und Fremdgetreidekörner werden auf der ersten Etage der Mühle zu Tierfutter pelletiert. Ein wesentlicher Anteil des Ausschusses entfällt auf Haferschalen, die u. a. für die Futtermittelindustrie interessant sind. Die Pelletierlinie verarbeitet die Haferschalen mit den anderen stärkehaltigen Nebenprodukten, die mit der Flachmatrizenpresse zu Pellets geformt werden. Durch die Kreisbahn der Kollerrollen auf der Matrize entsteht Friktion; somit werden vor allem die nachwachsenden Rohstoffe zerfasert, bevor das Produkt in die Presskanäle gedrückt wird. Eine vorgeschaltete Vermahlung ist überflüssig und spart Energie. Durch die Komprimierung entsteht ein staubarmes, dosierfähiges Erzeugnis mit deutlich höherem Schüttgewicht, das Lager- und Transportkosten spart.

Müller kontrolliert die Maschhine
Regelmäßige Qualitätsprüfung (Foto: Sabine Kemper)

Sortierer und Lüfter

Auf der dritten Ebene der Mühle befindet sich die Schaltzentrale. Ein Mitarbeiter kontrolliert im verglasten Raum vor großen Bildschirmen den Produktionsprozess. Draußen findet ein harter Wettkampf statt: Die Schäler von Bühler und Schule Mühlenbau kämpfen darum, wer besser schält. Noch ist nicht entschieden, wer das Rennen macht. Auf dem Mühlendach steht die riesige Lüftungsanlage der Firma hdt.technik. 145000 m³ Luft verbraucht die Mühle pro Stunde. Ein Kreuzwärmetauscher verwandelt mit geringer Energiezufuhr verbrauchte Luft in warme Frischluft. Nur 24 kWh Energie sind dafür erforderlich. Dank u. a. der Fotovoltaikanlagen auf den Dächern der angrenzenden Gebäude, der Wärmeversorgung durch die eigene Solarthermieanlage für Warmwasser und der Fernwärme aus der benachbarten Biogasanlage arbeitet die Bauck GmbH klimaneutral. Energieeinsparung ist insgesamt ein wichtiges Thema. So wird zum Beispiel die Abwärme der Kompressoren für die Vorwärmung des Dampfes genutzt.

Kontrollraum der Mühle
Moderne automatische Steuerung der Mühle (Foto: Sabine Kemper)

Seit September 2020 läuft die Biohafermühle. Sie verarbeitet neben Hafer auch Hirse, Braunhirse, Kichererbsen, Reis, Buchweizen, Quinoa sowie Mais und schafft 60 t Flocken und 48 t Mehl pro Tag. Die Mühle besteht aus drei Doppelwalzenstühlen mit Vario-Antrieb, der hier besonders bei der Vermahlung der vielfältigen Produkte eine enorme Erleichterung bei der Produktumstellung bietet. Wegen der besonderen Eigenschaften der Produkte wurden anstatt Plansichter zehn Vibroschleudern eingesetzt. Der ungespritzte Biohafer mit den bekannten wechselnden Qualitäten kommt vor allem von regionalen Demeter-Landwirten. Einige beliefern Bauck schon in der dritten Generation. Reichen die regionalen Ernten nicht, kauft Bauck vom Baltikum oder aus skandinavischen Ländern zu.

Spiegeln und wachsen

Steigt der Produktionsbedarf, ist in der Mühle genug Platz für eine weitere Fertigungsstraße. Das heißt, der Output kann verdoppelt werden. Reicht das immer noch nicht, kann man die neue Hafermühle spiegeln und davor eine weitere Mühle mit den gleichen Abmessungen bauen. Die Fensterfront an der Stirnseite der Mühle dient dann als Übergang und Verbindung beider Mühlen. Hier im Norden gibt es viele Visionen, deshalb haben Geschäftsführung und Betriebsleitung noch einiges vor.

Hand mit Pellets
Reststoffe für Tierfutter (Foto: Sabine Kemper)

„Es war eine gute Zusammenarbeit“, so das Fazit aller Beteiligten. Natürlich gab es bis zur Inbetriebnahme im Herbst 2020 viel Stress und jede Menge Arbeit. Mit einem 8-Stunden-Tag hätten sie das nicht geschafft. Dennoch ist es in 17 Monaten Bauzeit gelungen, das Gebäude inklusive aller Technik zu erstellen und in Betrieb zu nehmen. Trotz Corona, Lieferengpässen oder schlechtem Wetter. Die Beteiligten waren Profis, es gab schnelle Entscheidungswege und vor allem auch Spaß. Alexander Bachur kann das bestätigen. Er ist jetzt bei Bauck als Betriebsleiter angestellt. Jan-Peter hat auch ihn gebeten zu bleiben.

Ein kleiner Teil des Warenlagers der Bauckhof-Hafermühle (Foto: Sabine Kemper)

Bauckhof - Weltmeister in glutenfrei
Jetzt lesen

Digitale Instandhaltung für Mühlen

Automatisierung
/
Das übliche betriebliche Prozedere an einem ganz normalen Montagmorgen sieht häufig so aus, dass sich die Mitarbeiter
2022
10/22/2022
Digitale Instandhaltung für Mühlen

Die auf Papier rückgemeldeten Wartungsaufträge der Kollegen müssen dann aber auch in eine Liste oder einem System erfasst werden. Das erledigen die Mitarbeiter vielleicht sogar selbst – oft allerdings unvollständig und selten zeitnah. Ganz schlecht ist es, wenn lediglich das (Papier-)Dokument abgeheftet wird – und dann aus der Inspektion auch noch die Meldung „NOK“, also „nicht OK“, zurückkommt.

Was hier tatsächlich helfen würde, wäre, wenn sich diese Rückmeldungen auf einen oder zwei Mausklicks verkürzen ließen – am besten gleich auf dem persönlichen Smartphone. Oder wenn mehrere Aufträge auf einmal erledigt werden könnten, indem sie (wenn es denn unbedingt noch Papier sein muss) in den Scanner gelegt werden. Das würde Stunden oder gar Tage oder Wochen sparen.

Genau hier – beim Thema digitale Werkzeuge, Instandhaltung und Transformation – setzen die Applikationen der cubeoffice GmbH & Co. KG an. Das Magdeburger Unternehmen bietet seit 1998 digitale Tools für die Planung, Erbringung, Dokumentation, Auswertung und Ergebnisverbesserung der Instandhaltung an.

Was versteht man heute unter Digitalisierung?

Im Prinzip ist Digitalisierung der Traum vom papierlosen Büro – also eigentlich ein zukunftsweisendes und nachhaltiges Konzept. Gerade die vergangenen Monate und Jahre der Corona-Pandemie haben allerdings sehr deutlich gezeigt, wie wenig die Digitalisierung bislang tatsächlich vorangeschritten ist. Im Prinzip beschränkte sie sich darauf, dass die vorhandenen analogen Prozesse quasi 1 : 1 auf einige der digitalen Möglichkeiten der Internet-Technologien übertragen wurden. Dabei beinhaltet doch schon der Begriff „papierlos“ einen bzw. sogar den wesentlichen Aspekt der Digitalisierung, nämlich die Transformation. Das Ziel lautet also: Weg vom Papier, hin zum digitalen Ablauf!

Im privaten Bereich haben viele Menschen die Digitalisierung ja bereits recht weit vorangetrieben: Sie versenden mit ihren Smartphones problemlos millionenfach z. B. WhatsApp-Nachrichten, um etwas mitzuteilen. Nicht wenige halten sich nicht einmal mehr mit dem Eintippen von Text auf, sondern verwenden gleich die Sprachaufnahmefunktion, verschicken ihre Botschaft also als Audionachricht. Ebenso beliebt ist es, Fotos zu machen, diese zu bearbeiten bzw. zu verändern und anstelle eines Textes zu versenden.

All das erstreckt sich aber nicht nur auf die Privatsphäre, sondern findet auch im beruflichen Alltag statt: Sind in der Pausenküche die benutzten Kaffeetassen wieder mal nicht gespült und/oder weggeräumt? Dann hilft ein simpler Klick auf den Smartphone-Auslöser und das entsprechende Foto geht an alle, die es angeht. Früher wurde so ein Foto (wenn überhaupt) ans schwarze Brett gehängt, wo es jedoch häufig gleich wieder verschwand und/oder auch nicht von jedem wahrgenommen wurde. Heute dagegen geht eine Nachricht, egal ob als Text oder Foto, fix an den Gruppenchat, dessen Mitglieder sich praktisch gar nicht dagegen wehren können – die Information wird unweigerlich zur Kenntnis genommen.

So verändern sich, schleichend und allgemein akzeptiert, zahllose Abläufe im täglichen Leben. Diese völlige Veränderung der Kommunikation, also der Art, wie sich Menschen untereinander austauschen, wird „disruptiv“ genannt. Das Schlagwort „disruptive Transformation“ bezeichnet das Auseinanderreißen althergebrachter Abläufe, Regeln, Funktionen etc. Dieses Phänomen kann man nun missbilligen oder komplett ablehnen – es findet trotzdem statt. Genau das ist Digitalisierung!

Digitalisierung im Unternehmen

Digitalisierung im Unternehmen folgt bzw. dient aber anderen Zielen als nur den technischen Möglichkeiten. Sie führt allgemein zur Ablösung analoger Prozesse, ist also eine disruptive Transformation der bisherigen analogen Abläufe. Digitalisierung selbst hat dabei gar kein Ziel – sie ist vielmehr lediglich Mittel zum Zweck und der dient der Erreichung von Zielen im Betrieb. Es geht also darum, vorhandene technische Möglichkeiten für die jeweilige Definition von Unternehmenszielen bzw. deren Erreichung einzusetzen.

Dennoch hat die Digitalisierung Aufgaben und folgt grundsätzlich einer Motivation. Diese entsteht sehr häufig im Rahmen eines Generationenwechsels. Hier kommt es schließlich darauf an, Informationen zu konservieren und anderen zugänglich zu machen. Notwendig ist also größtenteils die Konsolidierung von Daten und Informationen – gilt es doch zu gewährleisten, dass nichts in Vergessenheit gerät und das Wissen darum, weshalb die Dinge gerade so laufen, wie sie laufen, zu bewahren.

Digitalisierung ist Konsolidierung von Informationen

Ein wesentlicher Aspekt der Transformation ist die Nutzung von Sowieso-Informationen. Angaben und Daten, die bereits vorhanden sind, brauchen nicht ein zweites Mal oder gar noch öfter erfasst zu werden. Sie effizient zu nutzen, bedeutet, einmal erfasste Daten und Information mehrfach und an vielen Stellen weiter- und wiederzuverwenden.

Damit entsteht zugleich die Forderung nach jederzeitiger Abrufbarkeit dieser Informationen. Ist ein Mitarbeiter schon am Einsatzort, will er sich schließlich nicht erst wieder zurück ins Büro oder gar ins Archiv bemühen müssen, um sich dort die Information zu beschaffen, die er gerade benötigt. Darüber hinaus sollen Informationen dort, wo sie entstehen, auch direkt erfasst werden – das beugt etwaigen Verlusten vor. All dies ist Konsolidierung von Informationen. Und die wiederum eröffnet eine weitere Möglichkeit: die Fokussierung.

Digitalisierung ist Fokussierung

Digitalisierung heißt auch Fokussieren auf das, was zu tun ist – und zwar nur darauf! Ein Beispiel dafür ist die Umwandlung analoger (Papier-)Wartungspläne hin zur digitalisierten Abnahme und Reklamation. Das ist ein weiter Bogen, den zu betrachten sich aber lohnt.

Ausgangspunkt ist der klassische Wartungsplan. Dieser wird zum gegebenen Zeitpunkt ausgedruckt und ausgefüllt. Das erste, was dann auffällt, ist die fehlende Terminierung, also zu welchem Zeitpunkt der Wartungsplan konkret umzusetzen ist. Angegeben ist zwar ein Zyklus, aber eben kein feststehendes Datum. Das bedeutet, dass etwa ein monatlicher Termin innerhalb des Wartungsplanes eben nicht dort, sondern außerhalb, also in einem eigenen Terminplaner, geführt wird. Manchmal hängt auch nur eine Notiz an der Wand oder im Kalender ist ein entsprechender Vermerk eingetragen. Wird aber ein Termin in einem eigenen Terminplaner geführt, so beinhaltet er bestenfalls Hinweise auf den Wartungsplan – gesichert ist all das jedoch leider nicht.

Wird der Wartungsplan also fällig, druckt i. d. R. der Meister ihn aus, übergibt ihn einem Instandhalter und wartet darauf, dass das Dokument zurückkehrt. Ist dies geschehen, wird das Dokument unter Umständen vom Meister verarbeitet, so wie es einleitend geschildert wurde. Was hier jedoch u. a. fehlt, ist die Möglichkeit, eine Information zu der jeweiligen Aufgabe oder Position zu erfassen.

Klassischer Wartungsplan
Klassischer Wartungsplan

Klassischer vs. digitaler Wartungsplan

Der Ablauf eines klassischen Wartungsplanes sieht wie folgt aus:

– Der Termin wird in einem anderen System geplant und die Fälligkeit wird erkannt.

– Was passiert, wenn die Fälligkeit ignoriert wird?

– Der Wartungsplan wird als Ausdruck erstellt und dem Mitarbeiter übergeben.

– Es wird eine Wiedervorlage für die Kontrolle der Durchführung generiert oder

– es wird angenommen, dass der durchgeführte Wartungsplan zurückkehrt.

– Der zurückgekehrte Wartungsplan wird auf OK-, NOK- und Reparaturhinweise kontrolliert.

– Im Anschluss werden die notwendigen NOK- und Reparaturhinweise näher abgefragt und entsprechende Weiterbehandlungen eingeleitet.

– Der Wartungsplan selbst wird im richtigen Ordner abgeheftet.

Dieser Ablauf zeigt bereits auf den ersten Blick mögliche Brüche und Informationsverluste: Nicht durchgeführte Wartungen werden erst spät oder gar nicht erkannt; nähere Informationen für die Durchführung müssen aktiv gesucht werden.

Tatsächlich ist dieser Ablauf vor allem dadurch gekennzeichnet, dass er eine Abnahme durch die Produktion erschwert oder gar unmöglich macht. Findet er in dieser Weise statt, dann muss der Instandhalter den Produktionsverantwortlichen aktiv ansprechen und direkt auf dem Auftrag dokumentieren oder abnehmen lassen.

Ganz anders erfolgt demgegenüber der Ablauf eines digitalen Wartungsplanes.

Digitaler Wartungsplan
Digitaler Wartungsplan

Im nachstehend dargestellten Beispiel wurden im Zuge der Digitalisierung der Instandhaltung die Wartungspläne vom Papier in eine Anlagendokumentation überführt. Das sieht dann wie folgt aus: Dargestellt sind hier Angaben zu einer digital erfassten Anlage. Zusammengefasst ist es all das, was vorher auf Papier oder als Dokument in Form von Wartungsanweisungen, Wartungsplänen etc. existierte. Die an der Anlage durchzuführenden Maßnahmen werden hier gleichzeitig mitverwaltet. Das stellt einen Teil der Dokumentation der jeweiligen Anlage dar und wird auch als „Enterprise Asset Management“ bezeichnet. Daraus entsteht dann quasi auf Knopfdruck der Wartungsplan für die jeweilige Anlage bzw. für das ganze Unternehmen:

Wartungsplan für das ganze Unternehmen
Wartungsplan für das ganze Unternehmen

Zu sehen ist hier also ein Wartungsplan, erstellt mit einem Klick aus einer mitverwalteten Anlagendokumentation. Genau das ist es, was mit dem zuvor betrachteten Schlagwort „Konsolidierung“ gemeint ist: Daten werden einmal erfasst, sind zentral verfügbar und werden effizient weiterverwendet.

Smartphone nutzen

Zu Beginn ging es darum, die Instandhaltung durch intelligente Nutzung des Smartphones zu vereinfachen und Abläufe zu verkürzen. Die Anzeige auf dem Smartphone eines Instandhalters könnte dabei wie folgt aussehen: Aus dem digitalisierten Wartungsplan ergeben sich automatisch die Aufgaben für den einzelnen Mitarbeiter. Dieser holt sich bei Bedarf weitere Informationen: Hat der der Mitarbeiter seine Aufgaben erledigt, kann er diese sofort zurückmelden.

Damit ist der Ablauf für den Mitarbeiter erst einmal erledigt. Ist die Digitalisierung im Unternehmen aber schon so weit vorangeschritten, kann man auch direkt den nächsten Schritt gehen und die Produktion einbinden: Hat der Beschäftigte seine Aufgaben zurückgemeldet, lässt sich eine Kontrollinstanz – der Verantwortliche aus der Produktion – integrieren: Dieser bekommt die zurückgemeldeten Wartungsaufgaben angezeigt und kann entweder abnehmen, bestätigen oder reklamieren.

Ein Wisch nach links: Abnahme – alles OK!

Ein Wisch nach rechts: Reklamation – hier gibt’s noch was zu tun!

Digitale Instandhaltung für Mühlen
Jetzt lesen

Für oder wider Tierwohl

Proteine
/
Industrielle Großanlagen für die Gewinnung von Proteinen aus Larven der Schwarzen Soldatenfliege sind im Trend.
2022
10/22/2022
Für oder wider Tierwohl bei Insekten - Deutscher Tierschutzbund

Nina Brackebusch
Nina Brakebusch ist Fachreferentin für Interdisziplinäre Themen beim Deutschen Tierschutzbund

M+M: Aktuell gehen erste Firmen an den Start, die Proteine aus Insektenlarven gewinnen. Diese können Tierfutter beigemischt werden. Um die Massen an Larven zu trocknen und zu vermahlen, müssen sie zuvor abgetötet werden. Wie bewerten Sie das Abtöten von Larven mit kochendem Wasser oder durch Schockgefrieren? Fällt dies unter den Tierschutz? 

Nina Brakebusch: Der Grundgedanke des Tierschutzgesetzes ist der Schutz aller (!) Tiere. Überall, wo im Tierschutzgesetz das Wort "Tier" verwendet wird, gelten die Vorschriften also auch für Insekten. Allerdings gibt es einige Gebots- und Verbotsnormen nur für Wirbeltiere, und wegen der Schwierigkeit, Schmerzen und Leiden bei wirbellosen Tieren festzustellen, wird hier allgemein oft eine größere Toleranzschwelle angesetzt als bei anderen Tieren. Studien belegen aber, dass Insekten sensible Lebewesen sind, die sogar chronische Schmerzen empfinden können. Nachzulesen beispielsweise in ScienceAdvances, Vol.5, No.7 “Nerve injury drives a heightened state of vigilance and neuropathic sensitization in Drosophila”. Aus Tierschutzsicht bräuchte es deshalb einen nach dem Tierschutzgesetz ausgelegten, besonderen Schutz, der sie vor Willkür und unnötigen, schmerzhaften Handlungen bewahrt. Denn die industrielle Haltung lässt sich kaum ohne Verletzungen der einzelnen Tiere durchführen: Beim Umlagern und Aussieben sind Verletzungen, Quetschungen und Amputationen durch die schiere Anzahl der Tiere nicht vermeidbar. Und insbesondere bei den aktuell praktizierten Betäubungs- und Tötungsmethoden wie Kochen oder Schockgefrieren gibt es derzeit keine standardisierten Verfahren, die eine schnelle, schmerzlose Betäubung und Tötung sicherstellen. Vor allem wenn viele Tiere übereinanderliegen oder sie zu kurz oder zu geringer Kälte ausgesetzt werden, reicht die Betäubung durch Kältestarre vermutlich nicht aus, so dass die Tiere dann lebendig und äußerst schmerzhaft gekocht werden. Direktes Kochen ohne vorherige Betäubung ist aus diesem Grund ebenfalls abzulehnen.

M+M: Wie wird sich der Deutsche Tierschutzbund zu dem Thema verhalten? Planen Sie Maßnahmen?

Nina Brakebusch: Der Tierschutzbund hat bisher Stellungnahmen beim BMEL und bei der EU-Kommission eingereicht, zudem stehen wir im engen Kontakt mit der Eurogroup for Animals, die das Thema vor allem auf EU-Ebene voranbringen möchte. An dem Positionspapier der Eurogroup haben wir ebenfalls mitgearbeitet. Wir planen, in diesem Jahr noch stärker öffentlich auf die Thematik aufmerksam zu machen.

M+M: Wie bewerten Sie die derzeitige Rechtslage in Deutschland und der EU? Sind Ihnen Risiken bekannt, wenn Tiere mit Insektenlarven gefüttert werden?

Insektenlarven
Insektenlarven werden in einer Anlage zur Proteingewinnung gemästet (Foto: Sabine Kemper)

Nina Brakebusch: Aus Tierschutzsicht ist die Rechtslage mehr als unzureichend. Es gibt keinerlei spezielle Bestimmungen zur Haltung und Zucht von Insekten – während immer neue Anträge zur Zulassung weiterer Insektenarten als sogenannte Novel Foods bei der EU-Kommission gestellt und zugelassen werden. Dies ist indes mit Tierversuchen verbunden: In Fütterungsstudien wird Mäusen und Ratten unter Zwang ein Insektenbrei durch eine Schlundsonde eingeflößt, was ein hohes Verletzungsrisiko im Bereich des Magens und der Speiseröhre birgt. Am Ende der Studie werden die Tiere getötet, um ihre Organe auf Schädigungen zu untersuchen. Das ist ethisch höchst fragwürdig und schafft letztlich auch nicht die erhoffte Sicherheit. Man weiß dadurch lediglich, wie Nagetiere auf diese Lebensmittel reagieren. Es ist wenig aussagekräftig für die Sicherheit von Menschen, wenn eine Ratte unbeschadet eine Insektenlarve frisst, die ohnehin zu ihrem natürlichen Nahrungsspektrum gehört. Weder zeigen sie, dass der menschliche Körper genauso damit umgeht, noch belegen sie umgekehrt, dass Bestandteile, auf die diese Tiere nicht reagieren, auch für den Menschen unbedenklich sind. Es ist äußerst fraglich,

(Mehr zu unserer Position zu Tierversuchen und Hintergrundinformationen auf unserer Homepage www.tierschutzbund.de) Außerdem bestehen gesundheitliche Risiken vor allem bei der Fütterung lebender Insekten, da sie diverse Krankheitserreger übertragen können. Eine Studie an 300 Insektenfarmen in Europa fand 2019 in Proben von 106 Farmen gefährliche Erreger. Zudem können Insekten mit Schwermetallen belastet sein. (Remigiusz Galecki/Rajmund Sokol: A parasitological evaluation of edible insects and their role in the transmission of parasitic diseases to humans and animals).

M+M: Bisher war in der EU-Futter aus Insekten nur für Fische und Haustiere erlaubt - Hersteller wünschen weitere Freigaben. Wie bewerten Sie die Freigabe für weitere Tierarten aus Sicht des Tierschutzes?

Nina Brakebusch: Die EU-Kommission hat die Verwendung von verarbeitetem Insektenprotein in Futtermitteln für Hühner und Schweine im August 2021 autorisiert. Noch immer gibt es einen erheblichen Mangel an Forschung und Wissen über Insekten und die Anforderungen, die bei ihrer industriellen Aufzucht erfüllt werden müssen. Vorschnelle Genehmigungsentscheidungen, die ohne den nötigen regulatorischen Unterbau getroffen werden, können später dramatische Folgen für Umwelt und Klima, aber auch die Gesundheit und das Wohl von Menschen und Tieren nach sich ziehen.

M+M: Wie stehen Sie zu dem Argument, dass Futter aus Insektenproteinen nachhaltiger und klimafreundlicher sei als beispielsweise Soja und deshalb Tierwohl gegen Umweltschutz abzuwägen sei? 

Nina Brakebusch: Es bleibt zu befürchten, dass der industriellen Tierhaltung durch die Fütterung mit Insekten, statt Fischmehl und Soja, ein klimafreundlicheres Image verliehen werden soll. Echter Klima- bzw. Umweltschutz geht für uns aber nur Hand in Hand mit Tierschutz. Ganz abgesehen davon, dass die Tierbestände ohnehin zu reduzieren sind, ist die Nachhaltigkeit der industriellen Insektenproduktion auch noch mehr als fraglich. Vor allem fallen da die Futtermittel viel mehr ins Gewicht als häufig vermittelt wird. Denn um wirtschaftlich effizient zu wachsen und als späteres Futter- oder Lebensmittel optimale Nährwerte aufzuweisen, benötigen Insekten eine auf ihre Art und das Lebensstadium abgestimmte Diät. So wird derzeit überwiegend hochwertiges, kommerzielles Tierfutter (wie Soja, Mais und anderes Getreide) verfüttert. Hinzu kommen hohe Heiz- und Energiekosten zur Aufzucht der wechselwarmen Tiere und der nachfolgenden Produktionsschritte (gefrieren, kochen, trocknen und vermehlen). Insekten schneiden bei der Energiebilanz deshalb im Vergleich zu pflanzlichen Alternativen sehr viel schlechter ab. Zudem besteht die Gefahr, dass Insekten aus Produktionsstätten entkommen und durch ihre schiere Masse oder als „invasive Arten“ die europäischen Ökosysteme und die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion gefährden.

Für oder wider Tierwohl bei Insekten - Deutscher Tierschutzbund
Jetzt lesen

Explosionsschutz ist wichtig

Explosionsschutz
/
Das Thema „Explosionsschutz“ ist für Anlagenbetreiber und Maschinenhersteller allgegenwärtig.
2022
10/22/2022
Explosionsschutz beginnt nicht mit einer Berstscheibe

Um das Explosionsrisiko bei der Handhabung brennbarer Feststoffe und Stäube zu minimieren, werden im Folgenden die Voraussetzungen für eine Explosion und die jeweiligen Staub-Charakteristiken beschrieben. Grundsätzlich wird hierbei das sogenannte Zünddreieck oder auch Zündfünfeck betrachtet (Abb. 1).

Grafik mit Bausteine einer Staubexplosion
Abb. 1: Die Bausteine einer Staubexplosion

Damit eine Explosion in einer Produktionsanlage oder Maschine entstehen kann, müssen folgende Punkte erfüllt sein:

– Brennstoff (Staub)

– Ausreichender Sauerstoffanteil

– Passendes Mischungsverhältnis (Staubwolke)

– Effektive Zündquelle

– Geschlossener Behälter

Wird eine dieser Voraussetzungen eliminiert, ist schon der erste Schritt bezüglich Explosionsschutz praktiziert. Da dies jedoch nicht zu jeder Zeit und jedem Zustand im Betrieb möglich ist, kann Explosionsgefahr bestehen bleiben. Die Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen und darüber systematisch abgeleitete Schutzmaßnahmen werden erforderlich.

Üblicherweise landet man gerade bei staubführenden Anlagen schnell beim sogenannten konstruktiven Explosionsschutz, wie beispielsweise der Explosionsdruckentlastung in Verbindung mit der explosionstechnischen Entkopplung, um verschiedene Maschinen voneinander abzusichern, Leben zu retten und Schäden zu begrenzen. Dieser Ansatz ist in keiner Weise verkehrt, dennoch: Verglichen mit der Nutzung von Kraftfahrzeugen, lässt sich ein Unfall ebenfalls nicht zu 100% verhindern, weswegen eine Gurt-Pflicht besteht und standardmäßig Airbags verbaut sind, um die Auswirkungen eines Unfalles zu reduzieren.

Bleiben wir jedoch in dem Beispiel, stellen wir fest, dass Unfälle mithilfe von Fahrassistenzsystemen wie z. B. Abbiege- und Spurhalteassistenten, mit einer höheren Zuverlässigkeit vermieden werden können. Es kommt damit also erst gar nicht mehr zu einem Unfall, vielmehr wird eine riskante Situation frühzeitig vorab erkannt und abgewendet.

Um einen derartigen Umgang mit riskanten Situationen auch in der Schüttgut-Industrie zu ermöglichen, haben die Rembe-Ingenieure eine Art „smarte und vorbeugende Fahrassistenzsysteme“ für unterschiedliche Zündgefahren und -szenarien entwickelt.

Zündgefahr elektrostatische Aufladung

Funkenentladungen, Gleitstielbüschelentladungen, Schüttkegelentladungen und gewitterblitzähnliche Entladungen sind dazu fähig, Staub/Luft-Gemische zu entzünden. Zur Vermeidung dieser muss stets auf eine ausreichende Erdung der unterschiedlichen Behälter, Anlagen und Maschinen geachtet werden.

Im Fall einer pneumatischen Entladung eines Tankfahrzeuges können aufgrund der hohen Geschwindigkeiten auch hohe elektrostatische Potenziale entstehen, welche in der Lage sind, explosionsfähige Staubatmosphären zu entzünden. Dieses Risiko kann ausgeschlossen werden, indem Silo, Annahmestation und Fahrzeug geerdet sind. Da keine konstante Erdverbindung am Fahrzeug möglich ist, werden hierfür Erdungsüberwachungssysteme als vorbeugende Assistenzsysteme eingesetzt.

Mithilfe dieser Systeme kann während der Entladung oder Befüllung eines Fahrzeuges sichergestellt werden, dass die Verbindung zur Erde ausreichend leitfähig ist. Die Erdungsklammer der Überwachungseinheit wird am Fahrzeug angeschlossen und anschließend der Leitungswiderstand gemessen. Liegt dieser unter 10 Ohm, gibt das Erdungssystem eine Freigabe und startet den Erdungsprozess. Freigabesignale können mittels integrierter Relais weitergeleitet werden.

Das System “Farado II” geht hier noch einen Schritt weiter. Die intelligente Manipulationssicherung sorgt dafür, dass eine vorab eingestellte Objektgröße an der Erdungsklammer verbunden sein muss. Objektgrößen werden in diesem Fall anhand der elektrischen Kapazität (gemessen in PF) festgestellt. Dies verhindert, dass Erdungsklammern an bereits geerdeten Stahlträgern oder kleinen Objekten wie Schraubendrehern angeschlossen werden.

Zeichnung Erdüberwachung
Abb. 2: Erdungsüberwachung mit Lkw-Erkennung mittels "Farado”

Zündgefahr hohe Temperaturen, Selbstentzündung und Glimmnester

Eine weitere Zündgefahr, welche frühzeitig erkannt werden sollte, ist ein Temperaturanstieg im geförderten oder bearbeiteten Material/Produkt. Häufig führt Reibung zu einem schleichenden Temperaturanstieg, welcher das Material entzünden und Glimmnester hervorrufen kann. Je nach Materialverhalten können ebenfalls Maillard-Reaktionen auftreten, welche bis hin zur Selbstentzündung führen können.

Derartige Temperaturanstiege ohne Flammen- oder Funkenerscheinungen können im Produkt nicht von allen Flammenmeldern und auch nicht von PT100-Temperatur-Sensoren zuverlässig und frühzeitig erkannt werden. Im Sinne vorbeugender Fahrassistenzsysteme besteht jedoch die Möglichkeit des Einsatzes smarter Infrarot-Kameras mit einem längeren Wellenbereich: Der "Hotspot X20” misst Oberflächentemperaturen und setzt hierbei auf eine intelligente Auswertung, die das Sichtfeld in Detektionszonen unterteilt. Jede einzelne dieser Zonen kann mit einem eigenen Temperatur-Grenzwert versehen werden, um die Detektion so gut wie möglich auf den Prozess anzupassen. Der Sensor kann selbst geringe Temperaturanstiege erkennen (1 °C) und den Betreiber bereits frühzeitig in der Entstehungsphase eines Brandes oder eines vorhandenen Glimmnestes warnen. Auch in explosionsgefährdeten Bereichen der Zone 20 und unter hoher Staubbelastung überwacht der “Hotspot X20” zuverlässig einen Temperaturbereich von 0–200 °C (höhere Temperaturen möglich).

Hotspot Sendor
Abb. 3: Explosions- und Brandfrüherkennung mit dem Melder "Hotspot”

Bevor es zu einer Rauchentwicklung oder einem Brand kommt, gerät das Material i.d.R. in einen „Röstprozess“, der diverse Brandgase freisetzt. Die Phase der Erwärmung bis hin zur Röstung kann sehr langwierig sein und unterbreitet damit die Möglichkeit, Pyrolysegase frühzeitig zu detektieren.

Bei der thermischen Zersetzung vieler Stoffe kommt es zum Ausstoß von Kohlenwasserstoff-Verbindungen. Liegt eine unvollständige Verbrennung ohne Flamme und geringer Sauerstoffzufuhr vor, entsteht Kohlenmonoxid. Um diese Gase bereits in der Entstehungsphase zu detektieren, eignet sich beispielsweise der Pyrolysegas-Detektor GSME X20. Neben Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoff-Verbindungen werden auch Stickoxide und Wasserstoff-Verbindungen (CO, HC, H2 und NOx) erkannt. Mithilfe eines intelligenten Auswertealgorithmus lässt sich ein Prozessverhalten ideal abbilden. Steigt eine Konzentration über das gewohnte Niveau, alarmiert der GSME X20 unverzüglich. Ebenfalls in Zone 20 einsetzbar, überwacht der Detektor Konzentrationsbereiche von 0–100 ppm und wird damit zu einem smarten, vorbeugenden Fahrassistenzsystem.

Der Detektor GSME
Abb. 4: Explosions- und Brandfrüherkennung mit dem Melder GSME
Grafik zum Brandschutz
Abb. 5: Phasen der Brandentwicklung

Welche Prozesse werden herkömmlicherweise überwacht?

Pelletkühler

Beinhaltet die Materialbearbeitung den Einsatz von bewegten Komponenten, so steigt auch das Brand- und Explosionsrisiko. Im Pelletkühler selbst liegen keine bewegten Komponenten vor, jedoch sind diese in der vorgeschalteten Presse zu finden. Kommt es beispielsweise aufgrund von Ablagerungen zu erhöhtem Druck und Reibung, kann dies schnell zu einem Temperaturanstieg führen. Gelangen bereits erhitzte oder sogar glimmende Partikel in den Kühler, wird dort mithilfe des Luftstroms in kurzer Zeit ein Brand entfacht. Diese Situation bedarf einer schnellen Reaktion, bei der die Funktion des “Hotspot X20” Abhilfe schaffen kann. Auf dem Dach des Kühlers montiert, mit Blick auf die Materialschüttung im Inneren, erkennt der Sensor innerhalb von 100 ms unerwünschte Temperaturveränderungen der eingetragenen Pellets und verhindert somit nicht nur einen Brand, sondern warnt bereits, wenn der Prozess zu heiß läuft. Temperaturfühler zur Überwachung der Prozessluft hingegen schreiten hingegen häufig erst ein, wenn die Maschine bereits vollständig brennt.

Pelletkühler
Abb. 6: Einsatz des Detektors auf einem Pelletkühler

Filteranlagen

Ähnlich wie auch bei Kühlsystemen wird versucht, Filteranlagen mittels Abluft-Temperaturmessung abzusichern. Aufgrund des ähnlichen oder noch höheren Luftdurchsatzes ist eine solche Detektion jedoch oft zu träge. Mit Hilfe des GSMX-P, welcher auf der Messtechnik des Pyrolysegas-Detektors GSME basiert, werden in der Abluft keine Temperaturen, sondern Brandgase gemessen. Dieser wird im Reingaskanal verbaut und beprobt kontinuierlich den Abluftstrom. Kommt es zur Zündung im Filter, kann diese zügig erkannt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass die gesamte Prozessluft den Filter passiert und somit potenzielle Brandgase aus vorgeschalteten Maschinen ebenfalls im Reingas-Kanal zu detektieren sind. Kerstin Lenze, Marketing Assistant bei Rembe Safety+Control.

Detektor
Abb. 7: Detektor GSMX-P im Abluftstrom einer Filteranlage

Infos REMBE Alliance

REMBE wird zumeist mit der REMBE GmbH Safety+Control verbunden, dem Spezialisten für Explosionsschutz und Druckentlastung weltweit. Das Unternehmen bietet Kunden branchenübergreifend Sicherheitskonzepte für Anlagen und Apparaturen. Sämtliche Produkte werden in Deutschland gefertigt und erfüllen die Ansprüche nationaler und internationaler Regularien. Neben der REMBE GmbH Safety+Control (www.rembe.de) mit ca. 300 Mitarbeitern weltweit, Hauptsitz in Brilon (Hochsauerland) sowie zahlreichen Tochtergesellschaften weltweit (Italien, Finnland, Brasilien, USA, China, Dubai, Singapur, Südafrika, Japan), firmieren vier weitere Unternehmen unter der Dachmarke REMBE: REMBE Research+Technology Center GmbH (www.rembe-rtc.de), die REMBE Advanced Services+Solutions GmbH (www.rembe-services.de), die REMBE Kersting GmbH (www.rembe-kersting.de) und REMBE FibreForce GmbH (www.argusline.de)

Explosionsschutz beginnt nicht mit einer Berstscheibe
Jetzt lesen

Hebehilfen für den Ex-Bereich

Explosionsschutz
/
Auch im explosionsgefährdeten Bereich (Ex-Bereich) müssen große und schwere Gebinde sicher bewegt werden.
2022
10/22/2022
Hebehilfen für den Ex-Bereich

Mobile Hebehilfen werden eingesetzt, wenn wiederholt Gegenstände angehoben und über eine begrenzte Distanz von oder zu unterschiedlichen Orten transportiert werden müssen. Vorteile: einfache Handhabung, sichere Aufnahme und Ablage des Gutes sowie gute Manövrierfähigkeit.

Durch die mobile Hebehilfe „ezzLIFTmasterATEX” können nun auch in explosionsgefährdeten Bereichen Gegenstände sicher bewegt und gehandhabt werden. Sie ist akkubetrieben und bietet alle Vorteile einer elektrisch betriebenen Hebehilfe, unter Erfüllung der Anforderungen für die unterschiedlichen Ex-Zonen. Die Hebehilfe hat eine Nutzlast von bis zu 300 kg und hat in der Standardausführung eine Hubhöhe von 150–1 860 mm und eine Gesamthöhe von 2 000 mm. Sie verfügt über vier leitfähige Lenkrollen (wahlweise auch Bockrollen) und ist mit einer Schnellwechselkupplung ausgestattet. Dadurch kann auf unterschiedliche Lastaufnehmer umgestellt oder zukünftig um zusätzliche erweitert werden. Die Hebehilfe kann als Fass-Hebehilfe zum Entleeren und Transportieren von Fässern und/oder Behältern – z. B. bei Futtermittelzusatzstoffen in flüssiger Form – ausgeführt werden sowie natürlich auch mit allen anderen Anbauteilen.

Dosieren mit der mobilen Hebehilfe

Auch wenn es darum geht, große Mengen von Substanzen und Stoffen zu bewegen, umzufüllen oder umzuschütten, kann eine mobile Hebehilfe unterstützen. Beim Umfüllen werden häufig die schweren Behälter per Hand gehalten. Dies ist keine ergonomische Arbeitshaltung und zudem gefährlich, denn es besteht immer die Gefahr, dass der Behälter dabei fallen gelassen wird.

Der Quellbehälter muss oft über dem Zielbehälter mit dem Batch positioniert werden, um die unterschiedlichen Substanzen zu dosieren. Die Hebehilfe unterstützt den Bediener beim Aufnehmen, Bewegen und Entleeren der Gebinde. Außerdem können die Bediener mit ihm zwischen den Behältnissen hin und herfahren und die Höhe beim Umschütten anpassen.

Hebehilfe
Die mobille Hebehilfe "ezzLIFTmasterATEX" für den Ex-Bereich

Das Drehen des Behälters, um den Inhalt auszuleeren, erfolgt manuell über eine Kurbel oder elektrisch. Eine breite Auswahl an verschiedenen Greifern ermöglicht das Klemmen unterschiedlicher Behälter, sodass alles sicher gehalten und entleert werden kann. Mit der Entleerungsfunktion nach vorne oder zur Seite kann durch Schütten leicht und genau dosiert werden. Außerdem kann der Bediener, wenn der Behälter festgeklemmt ist, mit einer Kelle den Dosiervorgang unterstützen. Hier bekommt der Bediener durch das Halten des Behälters eine Erleichterung, die das ergonomische Arbeiten ermöglicht.

Wiegen mit der mobilen Hebehilfe

Bei Bedarf kann die Hebehilfe mit einer integrierten Wiegeeinheit ausgerüstet werden, sodass direkt auf der Hebehilfe gewogen werden kann. Es befindet sich eine Wiegezelle auf dem Grundrahmen der Hebehilfe, auf der eine Wiegeplattform sitzt.

Die Anzeige befindet sich in der Regel an der Säule der mobilen Hebehilfe, kann jedoch nach Kundenwunsch platziert werden. Die Waage kann je nach Ausführung ein Maximalgewicht von bis zu 500 kg wiegen. So kann direkt beim Umfüllen und Dosieren die Masse gewogen werden, ohne einen weiteren Zwischenschritt vornehmen zu müssen.

Mischen mit der mobilen Hebehilfe

Für kleine Batches kann der „ezzLIFTmaster” auch als Dauermischgerät eingesetzt werden. Vorteil hier: Die Substanzen können dosiert und anschließend direkt, ohne das Gerät zu wechseln, vermischt werden. Hier kann mit der Hebehilfe ein Behälter aufgenommen, angehoben, gemischt und abgesetzt werden. Die Positionen werden dann durch Tastendruck angefahren. Dies kann auch während des Fahrens geschehen. Auch der Mischbetrieb erfolgt durch Tastendruck. Durch eine besondere Steuerung können die Positionen des Aufnahme- und Absetzpunktes sowie des Mischens (Dauer, Richtungsumkehr etc.) voreingestellt werden.

Vakuumheber in ATEX-Ausführung bei der Nudelherstellung

In der Lebensmittelindustrie sorgen oft Stäube für Explosionsgefahr. Weil sich Staub in der Regel gut vom Abluftstrom trennen lässt, können geeignete Filter mit Funktionsüberwachung eingesetzt werden. Der gereinigte Abluftstrom kann durch eine konventionelle Vakuumpumpe, die im Nicht-EX-Bereich aufgestellt wird, abgesaugt und in die Umgebung abgegeben werden.

Vakuumheber
Vakuumheber "ezzFAST" in ATEX-Ausführung

In einem Produktionsbetrieb für Lebensmittel werden in einem Mischer verschiedene Rezepturen zur Herstellung von Nudeln produziert. Dazu werden zunächst im Bereich der Kommissionierung die Rohstoffe für die Rezepturen in Säcken auf Paletten bereitgestellt. Die fertig kommissionierten Paletten werden dann anschließend neben dem Mischer abgestellt.

Das Befüllen des Mischers erfolgte zunächst von Hand. Durch den Einsatz des Vakuumhebers „ezzFAST” von Best Handling Technology wurde diese Arbeit nun erheblich erleichtert. Mit dem Sauger des Vakuumhebers werden die Säcke aufgenommen und über dem Mischer in der Schwebe gehalten. Danach schneidet der Bediener die Säcke zum Entleeren auf. Für diesen Vorgang muss der Hubschlauch und der Sauger besonders konstruiert sein, um ein Verlieren des Sackes zu verhindern.

Beim Befüllen des Mischers kommen Produkte zum Einsatz, deren Staub eine explosionsgefährliche Atmosphäre verursachen können. Der Arbeitsbereich in der Nähe des Mischers, wo diese Produkte an die Atmosphäre gelangen, ist als explosionsgefährdete Zone22 eingestuft.

Hebehilfen für den Ex-Bereich
Jetzt lesen

Mehl und Brot aus eigenem Getreide

Anlagenbau
/
Wie kommt ein Gutsbesitzer mit 75 ha Land auf die Idee,das eigene Getreide zu vermahlen, abzupacken und zu verkaufen?
2022
10/22/2022
Mehl und Brot aus eigenem Getreide

Zu viele Gebäude für zu wenig Land, so beschreibt Tilmann Schwartzkopff sein Gut Büstedt. Seit Generationen lebt die Familie vom Ackerbau auf den sandigen Böden in Niedersachsen. Seine Eltern arbeiten hart und hinterlassen dem Sohn ein schuldenfreies Gut. Leider erbt er auch die Baustellen. Vor allem die Dächer der vollständig unter Denkmalschutz stehenden Gebäude müssen der gelernte Landwirt und seine Frau Bianca sanieren. Dazu brauchen sie eine Finanzierung. So kommt das eine zum anderen. Ein neues Dach fördert die EU nur, wenn das Gebäude anschließend gewerblich genutzt wird. Das sind die Regeln des EU-Leadership- Programms. Aber wie können Tilmann Schwartzkopff und seine Frau die alte Stallung gewerblich nutzen? Sie suchen eine Lösung, denn sie möchten ihren Kindern nicht nur einen schuldenfreien, sondern auch sanierten Gutshof hinterlassen.

Von der Weinpresse zur Kornmühle

Die zündende Idee hat der Cousin von Tilmann Schwartzkopff. Er ist Winzer in der Pfalz und deckt die gesamte Wertschöpfungskette von der Traube bis zum Wein ab. Wieso soll das bei Getreide nicht funktionieren? Eine Kornmühle muss her. Schnell wird den Laien klar, dass eine Steinmühle bei den geringen Getreidemengen auf Gut Büstedt nicht infrage kommt. Viel zu aufwendig ist die Reinigung des Steins beim häufigen Wechsel der Getreidesorten. Auf dem Gutshof geht es um Kilogramm, nicht um Tonnen. Auf der Agritechnica suchen die Eheleute konkrete Angebote für Kornmühlen. Raphael Heereman von der Firma Treffler empfiehlt ihnen den „Mühlomat 100“. Dieser erfordert nur wenig Reinigungsaufwand. Begeistert sind Bianca und Tilmann Schwartzkopff aber vor allem von einem anderen Feature: Der „Mühlomat“ hat Magneten im Zulauftrichter und am Ende des Mahlvorgangs. Obwohl das Getreide vor der Vermahlung auf Lebensmittelqualität gereinigt wird, bleiben bei der Einlagerung und Förderung des Getreides durch Rohre und Förderschnecken und beim Mahlprozess winzige Mengen Metall an den Magneten hängen. „Das hat mich überrascht und überzeugt“, beschreibt Tilmann Schwartzkopff die Entscheidung für die Vollkornmühle.

Frau und Mann füllen Getreide in Mühle
Bianca und Tilmann Schwartzkopff befüllen ihren "Mühlomat"

Mit weiteren Ausstattungsmerkmalen liegen die Anschaffungskosten für den „Mühlomat“ schnell über dem Grundpreis. Tilmann Schwartzkopff hält eine Investitionssumme ab 35000 Euro für Kleinanwender für realistisch. Zusätzlich zur Kornmühle schafften die beiden Hofbetreiber noch einen Einkasten-Plansichter der Firma Rüter an und eine 4-Sack-Bank. Die Maschine verarbeitet 100 kg Getreide pro Stunde. Mehr ist nicht drin. Für Gut Büstedt reicht das. Ein Problem ist noch der Zulauf. Silobauer haben kleine Mengen gar nicht mehr im Programm. Familie Schwartzkopff muss sich wieder etwas einfallen lassen. Sie reguliert den Zulauf zum „Mühlomat“ über einen Füllstandsensor. Ist die gewünschte Einfüllmenge erreicht, wird über ein Signal die Zulaufschnecke abgestellt. Ist der Trichter leer, schaltet sich die Schnecke selbsttätig wieder ein. So wird die Mühle partienweise mit 50 kg Korn je Schub befüllt. Insgesamt sind die Schwartzkopffs mit ihrer Investition zufrieden. Es st viel Geld, aber so wird die Sanierung der Gebäude mit rund 35% von der EU gefördert „und wir waren bei der Rechnung vom bäuerlichen Generationsgedanken getragen“, erklärt Tilmann Schwartzkopff ihr Geschäftsmodell der Selbstvermarktung.

Regional schlägt Bio

Um seine Produkte regional zu vermarkten, betreibt der Landwirt einen Hofladen und fährt mit seinem Hofmobil auf die Märkte. Etwa 500 Kunden hat er. Viele haben das Vertrauen in diverse Biolabels verloren und greifen lieber zu vertrauten, regionalen Produkten. Manche Kunden werden skeptisch, wenn Schwartzkopff auf die Eigenschaften seines echten Vollkornmehles hinweist. Es ist vital, wird aus dem gesamten Korn hergestellt und enthält Schälanteile. Sein Fettanteil ist höher und die Keime sind unbehandelt. Es ist fluffig, enzymatisch aktiv und zwei Monate haltbar. Jeder Vollkornbäcker würde jubeln, aber die meisten Kunden sind haltbare Typenmehle gewöhnt, die zu den Backrezepten passen. Bianca Schwartzkopff macht deshalb neben all der anderen Arbeit noch Werbung. Gerade war der NDR mit einem Filmteam da und hat die Kornmühle gefilmt. Rechtzeitig dazu ist der Online- Shop fertig geworden. Besonders freut es Tilmann Schwartzkopff, wenn sich Bäcker für seine Mehle interessieren. „Ihnen muss ich nichts erklären. Bäcker wissen, dass jedes Jahr die Qualitäten der Mehle schwanken und sich die Backeigenschaften ändern.“ Mit echten Handwerkern zusammenzuarbeiten, macht Spaß und so ergibt alles auch einen Sinn. „Wenn der Ruf nach Regionalität ernst gemeint ist, muss man sich auf regionale Produkte und deren Eigenschaften einstellen und umdenken“, sagt er und zieht das Fazit: „Jedes Jahr ist unser Mehl anders, wie der Wein meines Cousins.“

Backschule für Jung und Alt

Und hier kommt Michaela Hasenpusch mit der Idee der Backschule „Korn und Kruste“ ins Spiel. Die Backschule will Kunden mit dem Vollkornmehl vertraut machen. 82 Jahre alt war der älteste Schüler, der bei ihr das Brotbacken lernte, erzählt die gelernte Eventmanagerin stolz. Sie stammt aus einer Bäckerfamilie und lernt in Paris das Patisserie-Handwerk. Zurück in Niedersachsen, gibt sie Backkurse für französisches Gebäck. Bei Tilmann Schwartzkopff kauft sie dafür die Eier.

Besucher einer Backschule
Manuela Hasenpusch (Mitte) bei der Eröffnung der Backschule

Man kommt ins Gespräch und aus dem Scherz, dass sie in der alten Stallung Backkurse geben könnte, wird irgendwann Ernst. Michaela Hasenpusch erwirbt gerade
als zweites Standbein über die Handwerkskammer ihren Sachkundenachweis für Brot. In den Kursen der Backschule wird das Mehl aus der Kornmühle verbacken „Erst nach der Ernte im September konnten wir das erste Getreide vermahlen und Erfahrungen mit unserem Vollkornmehl beim Brotbacken sammeln“, erzählt sie. Trotz des schnellen Starts ist sie zufrieden mit der Resonanz. Die Backkurse sind gut gebucht. Auch ein Kurs zu „Dinkel-, Emmer- und Einkornmehl“ ist im Angebot. Obwohl die Urgetreidesorten schwierig im Anbau und weniger backstark sind, will Gut Büstedt diese Mehle weiter anbieten. Die Kunden sind interessiert und Michaela Hasenpusch mag die alten ballast- und mineralstoffreichen Sorten vor allem wegen ihres Aromas. „Die Brote bekommen einen sehr angenehmen, nussigen Geschmack“, schwärmt sie.

Mit Vertrieb zum Erfolg

Die Rezepte für ihre Kurse schreibt Michaela Hasenpusch meist selbst. Dazu nimmt sie bewährte Rezepturen und passt sie an die Mehle an. In ihrem Blog veröffentlicht
sie ihre Rezepte. Wer Mehl im Online-Shop bestellt, bekommt so die passenden Backvorschläge dazu. Ideen gibt es viele auf Gut Büstedt und für Michaela Hasenpusch sind der Online-Shop und die Backschule erst der Anfang.

Drei Menschen vor Bäckerei
Auf Gut Büstedt hat man noch einige Pläne für die Getreideverarbeitung und Vermarktung

Mehl und Brot aus eigenem Getreide
Jetzt lesen

Vom Explosionsschutzdokument bis zu Prüfung

Explosionsschutz
/
Oftmals führen Betriebe keine systematische Beurteilung der Explosionsgefährdungen durch.
2022
10/22/2022
Vom Explosionsschutzdokument bis zu Prüfung

Das Explosionsschutzdokument ist ein Baustein der Gefährdungsbeurteilung. In ihm müssen die Ergebnisse der Analyse der Explosionsgefahren, deren Bewertung sowie die unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange getroffenen technischen, organisatorischen und personellen Maßnahmen festgehalten werden. Aus dem Explosionsschutzdokument müssen insbesondere hervorgehen:

– die Ermittlung der Explosionsgefährdungen und deren Bewertung,

– die Darlegung eines plausiblen Explosionsschutzkonzeptes,

– die Zoneneinteilung,

– die Bereiche, für die Explosionsschutzmaßnahmen festgelegt wurden,

– die Vorgaben, welche für die Zusammenarbeit verschiedener Firmen bestehen, und

– die Festlegung der erforderlichen Prüfungen zum Explosionsschutz.

Zur Ermittlung und Beurteilung der wesentlichen Explosionsgefährdungen müssen die sicherheitstechnischen Kenndaten der explosionsfähigen Stoffe vorliegen.

Weiterhin sind die explosionsgefährdeten Bereiche und die sich daraus ergebenden Zoneneinteilungen (in der Anlagenumgebung und im Inneren der Anlage) im Explosionsschutzdokument anzugeben. Übliche branchenspezifische Zoneneinteilungen können z. B. dem „Praxisleitfaden zur Erstellung eines Explosionsschutzdokumentes für Betriebe der Getreideverarbeitung, Getreidelagerung und des Handels“ der FSA entnommen werden. Anschließend sind die relevanten Zündquellen zu ermitteln und ebenfalls zu bewerten. Hierbei ist die Gesamtanlage in ihrer betriebsspezifischen Ausführung zu betrachten; eine Beschränkung auf einzelne Aggregate ist hier nicht ausreichend.

Nach der Ermittlung und Bewertung der Explosionsgefährdungen erfolgt die Festlegung von Maßnahmen. Vorrang haben Maßnahmen zur Vermeidung von explosionsfähigen Atmosphären; dann folgen Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung.

Festlegung von Maßnahmen

In den Anlagen der Getreideindustrie erfolgt die Bildung explosionsfähiger Atmosphäre durch das Produkt, z. B. Getreidestaub. Die Bildung explosionsfähiger Atmosphäre lässt ich somit nicht ausschließen. Daher muss das Auftreten von Zündquellen sicher verhindert werden. Hierzu müssen alle relevanten Zündquellen ermittelt und deren Wirksamkeit unter Berücksichtigung der sicherheitstechnischen Kennzahlen beurteilt werden. Je nach Zündquelle sind verschiedene Maßnahmen zur Vermeidung einsetzbar. Heiße Oberflächen, z. B. durch ein heißlaufendes Lager, können durch eine Temperaturüberwachung detektiert werden. Durch Metallabscheider ist der Eintrag von Fremdkörpern, z. B. im Zulauf von Mühlen oder Fördereinrichtungen, auszuschließen. Um das Verschanzen des Produktes in z. B. Schneckenförderern zu erkennen, sollten diese mit Staumeldern ausgerüstet sein. Elevatoren sind mit Drehzahl- und Schieflaufwächtern auszurüsten.

Bei Bedarf müssen Maßnahmen zum konstruktiven Explosionsschutz, z. B. Druckentlastungen, festgelegt werden, sofern Zündquellen nicht ausreichend sicher ausgeschlossen werden können. Nachrangig zu den technischen Maßnahmen sind dann auch organisatorische, persönliche und verhaltensbezogene Maßnahmen anzugeben, sofern diese erforderlich sind. Üblich sind z. B. Vorgaben zur Reinigung von Verlustmengen.

Insgesamt muss zwingend ein nachvollziehbares und plausibles Explosionsschutzkonzept nach Stand der Technik erkennbar sein. Dabei ist ein Abgleich von Soll und Ist vorzunehmen, um die noch offenen Punkte erkennen zu können. Dies erfordert eine konkrete Beschreibung der tatsächlich im Betrieb umgesetzten (bzw. noch umzusetzenden) Maßnahmen; allgemeine Beschreibungen reichen nicht aus!

Prüfung durch befähigte Personen

Das Explosionsschutzdokument ist auch Grundlage für die vorgeschriebenen Prüfungen. Zentraler Punkt für ein nachvollziehbares und als Grundlage für Prüfungen verwendbares Explosionsschutzdokument ist das enthaltene Explosionsschutzkonzept.

Vor Inbetriebnahme ist nach BetrSichV bei Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen eine Prüfung der Nachvollziehbarkeit und Plausibilität des im Explosionsschutzdokument dargelegten Explosionsschutzkonzeptes und der daraus resultierenden Maßnahmen unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden Randbedingungen. Es handelt sich also um eine ganzheitliche Prüfung technischer und organisatorischer Maßnahmen entsprechend den Festlegungen im Explosionsschutzdokument. Deshalb kann nur ein gutes Explosionsschutzdokument Grundlage dieser Prüfung sein.

Das gilt auch für die Prüfung nach prüfpflichtigen Änderungen, die der Prüfung vor Inbetriebnahme gleich ist. Änderungen sind prüfpflichtig, soweit sie Einfluss auf die Sicherheit der Anlage haben.

Ebenso ist auch die alle sechs Jahre wiederkehrende Prüfung der Explosionssicherheit eine wiederholte Wirksamkeitskontrolle der Maßnahmen aus der Gefährdungsbeurteilung, also dem Explosionsschutzdokument. Wurde bei Bestandsanlagen keine Prüfung vor Inbetriebnahme durchgeführt, ist bei der ersten wiederkehren Prüfung einmalig der Umfang wie bei der Prüfung vor Inbetriebnahme anzusetzen.

Die vorgenannten Prüfungen des Explosionsschutzkonzeptes und der Explosionssicherheit dürfen in den üblichen getreideverarbeitenden Betrieben sowohl von einer zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) als auch von einer zur Prüfung befähigten Person mit umfassenden Kenntnissen im Explosionsschutz vorgenommen werden. Die Anforderungen an die Qualifikation der zur Prüfung befähigten Person kann dem Anhang 2 Abschnitt 3 Nummer 3 der BetrSichV entnommen werden.

Alle Geräte und Schutzsysteme sowie die Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen von Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen sind zur Feststellung ihres ordnungsgemäßen Zustandes und ihrer sicherheitstechnischen Funktionsfähigkeit regelmäßig wiederkehrend zu prüfen. Hierbei handelt es sich z. B. um elektrische Betriebsmittel oder auch Druckentlastungseinrichtungen. Diese Prüfung muss mindestens alle drei Jahre erfolgen. Hinzu kommen noch die Prüfungen von Erdung bzw. Potenzialausgleich zur Vermeidung gefährlicher elektrostatischer Aufladungen.

Die genannten technischen Prüfungen sind von einer ZÜS oder einer zur Prüfung befähigten Person durchzuführen. Diese befähigte Person benötigt mindestens folgende Qualifikation:

– eine einschlägige technische Berufsausbildung,

– mindestens ein Jahr Erfahrung im jeweiligen Tätigkeitsbereich (Installation/Wartung, ggf. auch Planung),

– Kenntnisse auf aktuellem Stand durch Unterweisungen zu den Explosionsgefahren, die für die Prüfaufgabe u. ggf. Installation relevant sind.

Das bedeutet, dass die befähigten Personen je nach Prüfaufgabe auch unterschiedliche Qualifikationen haben können bzw. müssen. Für viele dieser Prüfungen können betriebliche (also interne) Fachkräfte herangezogen werden.

Die beschriebenen technischen Prüfungen sind eine Voraussetzung für eine mängelfreie Prüfung des Explosionsschutzkonzeptes und der Explosionssicherheit.

Auch nach Instandsetzung von Bauteilen oder sonstigen Einrichtungen, die für den Explosionsschutz relevant sind, ist vor Wiederinbetriebnahme eine Prüfung erforderlich. Wichtig ist dabei die Feststellung, dass das betreffende Bauteil in den für den Explosionsschutz wesentlichen Merkmalen den gestellten Anforderungen entspricht.

Die Auswahl von zur Prüfung befähigten Personen liegt in der Verantwortung des Unternehmers. Um die richtige Auswahl oder Festlegung von befähigten Personen sicherzustellen, sind die betrieblichen Kriterien im Explosionsschutzdokument schriftlich festzulegen. Die befähigten Personen sind mit den jeweiligen Prüfaufgaben zu beauftragen. Auch interne zur Prüfung befähigte Personen bedürfen einer Beauftragung, um für beide Seiten Umfang und Inhalt festzulegen.

Prüfkataster

Als Grundlage für die Prüfungen ist ein Prüfkataster zwingend erforderlich. Darin sind alle relevanten und prüfpflichtigen Geräte, Schutzsysteme, Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen, weiteren Bestandteile, baulichen Einrichtungen etc. aufzuführen und mit den erforderlichen Prüffristen zu versehen. Die Prüffristen ergeben sich, abgesehen von den rechtlich festgelegten Maximalfristen, aus den Herstellerunterlagen und auch aus der eigenen betrieblichen Erfahrung. Zudem sollen im Prüfkataster auch die jeweils einzusetzenden zur Prüfung befähigten Personen den zu prüfenden Einrichtungen zugeordnet werden.

Für elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen erfolgen die Prüfungen mindestens nach BetrSichV und der UVV „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ (DGUV-Vorschrift 3).

Das Ergebnis der jeweiligen Prüfung ist aufzuzeichnen. Die Prüfaufzeichnung beinhaltet selbstverständlich festgestellte Mängel und ggf. deren Schwere sowie Fristen zu ihrer Behebung. Aufzeichnungen und Prüfbescheinigungen sind am Betriebsort der überwachungsbedürftigen Anlage aufzubewahren.

Eine gute Organisation von der Erarbeitung des Explosionsschutzdokumentes bis zur Umsetzung der Prüfungen erleichtert einen reibungslosen Ablauf. Voraussetzung ist eine zweckmäßige Dokumentation, also ein aussagekräftiges Explosionsschutzdokument und ein umfassendes Prüfkataster.

Vom Explosionsschutzdokument bis zu Prüfung
Jetzt lesen

Wellendichtungen in der Lebensmittelproduktion

Vorratsschutz
/
Schüttgüter in der Lebensmittelindustrie sind immer eine Herausforderung für Anlagenbetreiber,
2022
10/22/2022
Wellendichtungen in der Lebensmittelproduktion

Selbstverständlich, besonders in der Lebensmittelproduktion: Ein Dichtsystem, das zur Abdichtung einer rotierenden Welle dient, sollte ohne Leckage funktionieren. Klassische Dichtsysteme können dies aufgrund der Relativbewegung zwischen der Welle und dem Dichtelement nur sehr eingeschränkt leisten. Denn genau an dieser Stelle sollte absolute Dichtigkeit gegeben sein. Diese Anforderung wird heute meist mit einer großen Vorspannung auf die Welle gelöst. Damit nimmt man allerdings eine erhöhte Reibung (Energieeffizienz) und geringere Standzeiten der Welle und des Dichtsystems in Kauf.

Darüber hinaus sollten keine versteckten Hohlräume vorhanden sein, in denen sich Rückstände von Lebensmitteln festsetzen, die in der Folge zu hygienischen Problemen führen können. Bei verwendeten Dichtsystemen, z. B. Stopfbuchspackungen, sind diese Hohlräume aber erforderlich, um überhaupt die Funktionsfähigkeit des Systems sicherzustellen. Der Spalt zwischen Welle und Stopfbuchspackungen kann aber schnell zu Hygieneproblemen führen. Deshalb suchen Anwender und Maschinenhersteller schon länger nach einer Lösung für diese Probleme.

Hochfunktionale Lösung

Das CinchSeal®-System wurde u. a. für diese Anforderungen entwickelt und besteht aus mehreren Komponenten: einem Gehäuse zur Aufnahme des Dichtsystems, zwei Rotor-Cups und einem Elastomer-Boot. Für die verschiedenen Einsatzbereiche sind Standard-Gehäuse aus Aluminium und Edelstahl verfügbar. Alle Gehäuse können geteilt ausgeführt werden. Dies erleichtert die Montage „um die Welle herum“ und macht diese teilweise auch erst möglich. Rotor-Cup und Elastomer-Boot sitzen fest auf der Welle und drehen sich mit der Welle. So wird sie nicht beschädigt − und keine Hohlräume zwischen Dichtung und Welle sind vorhanden. Zwar gibt es auch hier die genannte Relativbewegung. Diese ist aber von der Welle in das Gehäuse verlagert, wo sie keine Probleme macht.

Die Dichtungen sind bei Temperaturen von –40 °C bis 220 °C und bis 4 bar Überdruck und bei Vakuum einsetzbar. Alle Anwendungen sollten mit Sperrluft betrieben werden. Hierfür ist jedes Gehäuse mit den entsprechenden Anschlüssen ausgestattet. Bezogen auf den Wellendurchmesser sollte die Umfangsgeschwindigkeit <1,2m/s sein. Je nach abzudichtendem Medium können die Dichtkörper aus unterschiedlichen Materialien gefertigt werden.

Wellendichtung
Wellendichtung ISH - The Seal 2.0

Eingesetzt wird CinchSeal ® heute – neben der Lebensmittelindustrie, darunter die Fleisch- und Geflügelverarbeitung, Schokoladenherstellung, Teigverarbeitung für Pizza, Brot oder Brötchen, Getreideverarbeitung und Gewürzherstellung sowie Zucker- und Salzproduktion – auch in der Kunststofftechnik, der Ton-, Steine-, Glas-Industrie, Agrar- und Farbchemie, Papierindustrie, Verpackungstechnik, Pharmatechnik und der Erdölindustrie.

Das CinchSeal ®-System ist kein Standard-Produkt. In der Praxis wird grundsätzlich der „Ist-Zustand“ aufgenommen. Anschließend erlauben speziell angefertigte Gehäuse einen schnellen und unkomplizierten Umbau auf das System. Der nachfolgende Austausch der eigentlichen Dichtungen ist einfach und schnell möglich, da aufgrund der geteilten Ausführungen nicht die ganze Welle freizulegen ist. Das Dichtsystem lässt sich in einen kleinen Bauraum einfügen und um die Welle herum montieren.

Ein System, das sich rechnet

Bei einer Schokoladenconche  wurden beispielsweise Stopfbuchspackungen an sechs Dichtstellen verwendet. Die Conche leckte Schokolade und musste alle zwei Monate gewartet werden. Die Wartung dauerte aufgrund des engen Platzes auf der Antriebsseite 8 Stunden x 4 Personen. Zusätzliche 2 Stunden Reinigungssitzung waren ebenfalls erforderlich, um die Conche wieder in Produktion zu bringen. Das Problem konnte mit der Installation von 6 CinchSeals für Gesamtkosten von 24 000 € gelöst werden. Vorher hatte es Kosten in Höhe von 25 000 bis 30 000 € pro Jahr bereitet. Die Investition von 24 000 € in CinchSeals führte daher zu Einsparungen von 6 000 € im ersten Jahr und 30 000 € im zweiten Jahr.

Bei einer weiteren Anwendung von gefrorenem Kuchen trat in einem Mixer für Obst mit vertikaler, freitragender Welle ein starker Produktverlust von Fruchtsaft durch die Stopfbuchspackung auf. Der Getriebemotor unter der Welle wurde beschädigt und zweimal jährlich ersetzt. Der Austausch dauerte 8 Stunden x 2 Personen. Die Gesamtkosten für Getriebemotor, Ausfallzeit, Reinigungszeit und Dichtungsmaterial beliefen sich auf 15 000 € pro Jahr. Die Installation von einem CinchSeal für 3 500 € brachte hier eine Ersparnis von 11 500 € im ersten Jahr und 15 000 € im zweiten Jahr.

Bei einer sechs Meter langen horizontalen Förderschnecke für Kaffeeextrakt drang aus den vorhandenen Stopfbuchspackungen ausgetretener Kaffeeextrakt, der abrasiv wirkt, in die vorgeschalteten Wälzlager ein und zerstörte diese regelmäßig. Fluchtungsfehler der Welle und des Schneckenförderers verursachten den Lagerschaden, der jedes Jahr ersetzt werden musste. Es dauerte 8 Stunden x 2 Personen, um die Wälzlager und Dichtungen auf beiden Seiten der Schnecke auszutauschen, da die Förderschnecke in 5 m Höhe aufgehängt war. Das abrasive Material zerstörte auch regelmäßig die Welle, an der die Packung installiert war, was eine beträchtliche Menge an Bearbeitungszeit kostete, da die verschlissene Welle entfernt und repariert werden musste. Die Kosten für Ausfallzeiten und Schachtreparaturen betrugen etwa 10 000 € pro Jahr. Nach der Installation von 2 CinchSeals für 4 000 € konnten die Produktleckagen und Ausfällen eliminiert werden. Die Einsparungen im ersten Jahr betrugen 6 000 € und im zweiten Jahr 10 000 €.

Auch Anwendungen in Teigmischern sowie in einem Mischer für Gluten wurden bereits erfolgreich realisiert.

Revolution in der Dichtungstechnik

Die Dichtungen sind für Wellenumfangsgeschwindigkeiten von <1,2 m/s verfügbar. Sie sind für Drücke bis 4 bar und für Vakuum, Temperaturen von –40 °C bis +220 °C sowie für abrasive Medien einsetzbar. Da alle Medien leckagefrei abgedichtet werden können, sind sie eine Alternative zu Stopfbuchspackungen, Lippendichtungen und Gleitringdichtungen.

Im Sinne des Hygienic Design werden Hohlräumen vermieden, sodass zudem Sicherheit in Bezug auf das Qualitätsmanagement geboten ist: Die Dichtstellen sind nach dem Einbau sauber und bleiben über einen langen Zeitraum FDA-konform. Sie sind USDA-zertifiziert und entsprechen der Verordnung EG Nr.: 1935/200

Wellendichtungen in der Lebensmittelproduktion
Jetzt lesen

Gebr. Ruberg - made in Nieheim

Anlagenbau
/
Seit September 2019 führen Janina, Marc und Alhard Ruberg das traditionsreiche Maschinenbauunternehmen aus Ostwestfalen.
2022
10/21/2022
Gebr. Ruberg: Quality made in Nieheim

Nieheim im Kreis Höxter gilt als die „Käsestadt” – bekannt durch den alle zwei Jahre im September stattfindenden Deutschen Käsemarkt. Außenstehende ahnen kaum, dass sich aus diesem beschaulichen Ort ein erfolgreiches Maschinenbauunternehmen mit internationalen Geschäftsbeziehungen auf den Weg gemacht hat. Fährt man allerdings – zunächst durch ein klassisches kleinstädtisches Wohngebiet – zum Betriebsgelände der Gebr. Ruberg GmbH & Co. KG, erkennt man am imposanten neuen Firmengebäude bereits die Bedeutung. Ein nächster Blick fällt auf die eingemauerten Mühlsteine am Eingangstor – ein Zeichen für die Wurzeln der Firma im Mühlenbau.

9 Gebr. Ruberg GmbH & Co. KG in Nieheim
Die Firma Gebr. Ruberg in Nieheim

Bei Betreten des Gebäudes wird deutlich, dass das Unternehmen heute auf die Herstellung einzelner Maschinen – besonders Mischer und Getreidereinigungsmaschinen – spezialisiert ist und diese global vertreibt. Eine große silberne Weltkugel zeigt die internationale Ausrichtung, die Vielfalt der hergestellten Maschinen wird durch beeindruckende Exponate im Eingangsbereich klar und eine Fotogalerie der Mitarbeiter betont sofort, wie wichtig das Miteinander in der Firma ist.

Die Wasserstrahlschneideanlage ermöglicht genau hergestellte  Stahlkonstruktionen
Die Wasserstrahlschneideanlage ermöglicht genau hergestellte Stahlkonstruktionen

Die Kommunikation mit den Mitarbeitern ist eine der Aufgaben, die Janina Ruberg schon von ihrem Vater übernommen hat. Ihr Mann Marc Ruberg kümmert sich jetzt mit um den Vertrieb und reist mit Schwiegervater Alhard Ruberg zu internationalen Kunden, nach Corona auch nicht mehr nur virtuell.

Alhard Ruberg hat mit 23 Jahren die Geschäftsführung der Firma übernommen und sah es schon früh als eine Aufgabe an, das Unternehmen in die nächste Generation zu führen. „Das habe ich meinem Vater versprochen. Folglich ist mein gesamtes Invest auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Das heißt, den Boden zu bereiten für ein weiteres Wachstum; ausgelegt auf langfristige Erfolge statt auf kurzfristige Umsatzrekorde.” Diese Einstellung hat er der nächsten Generation – es ist bereits die sechste – erfolgreich vermitteln können. So war dann auch der Weg von Janina Ruberg hin zur Geschäftsübernahme nicht kurzfristig, sondern ein sich langsam entwickelnder Prozess. „Es war für mich wichtig, erst eigene Erfahrungen, außerhalb der Firma, des Ortes und der Branche zu sammeln,” betont die junge Personalchefin. „Mein Vater hat immer gesagt, wir sollen machen, was für uns das Richtige ist – es dann aber auch durchziehen!” Gemeinsam mit ihrem Mann traf sie dann ohne Druck die Entscheidung, die Firma im Sinne ihres Vaters weiterzuführen.

Die Generationen treffen Entscheidungen gemeinsam. „Wichtig ist, dass wir an einem Strang ziehen, die gleiche Sprache sprechen und hinter der getroffenen Entscheidung stehen.” Dabei ist die Dreier-Konstellation oft von Vorteil, da die Argumente zumindest für zwei Beteiligte stichhaltig sein müssen. „Bei uns hat jeder mal Recht”, betont Janina Ruberg. Die ältere Generation muss den Wandel genauso akzeptieren, wie die jüngere Generation erkennen muss, dass viele Entscheidungen durchaus ihre Berechtigung hatten.

Janina, Alhard und Marc Ruberg
Janina, Alhard und Marc Ruberg

Für die umfangreiche Lagerhaltung hat Janina ihren Vater beispielsweise oft belächelt. Aufgrund der aktuellen Situation im Zusammenhang mit Corona und Lieferkettenproblemen stellte sich diese vorausschauende Planung jedoch als Glücksgriff heraus. In das großzügige Rohstofflager wurde früh investiert, um handlungsfähig zu sein. So konnte die Produktion immer weitergehen und auch so manchem Kunden konnte z. B. bei Ersatzteilbeschaffungen geholfen werden. „Die Unabhängigkeit muss manchmal wichtiger als die Kosten sein,” betonen die Rubergs unisono.

Die Werkshalle bei Ruberg
Das umfangreiche Materiallager

In die moderne Fertigung wurde ebenso langfristig investiert. Die neuesten Maschinen ermöglichen heute eine hochmoderne Produktion bei Einhaltung aller Lebensmittel- und Hygienevorschriften. Beim Gang durch die Fertigungshallen gelangt man dann auch in einen „weißen Bereich”, in dem die Maschinen hauptsächlich aus Edelstahl gefertigt werden. Ein fünfachsiges Wasserstrahlschneidezentrum sorgt zudem dafür, dass sehr genau hergestellte Stahlkonstruktionen entstehen – ein ganz wichtiges Kriterium für die Kundschaft aus dem Lebensmittelbereich.

Montagehalle
Die Montagehalle

Neben Lebensmittel-, Futtermittel- und Agrarindustrie gibt es auch Kunden aus dem Chemie- und Pharmasektor. Im beeindruckenden hauseigenen Technikum können diese unter höchsten Sicherheitsaspekten beispielsweise Misch- und Siebversuche durchführen und im angeschlossenen Laboratorium auswerten. „Wir hören zu, was der Kunde möchte,” lautet denn auch eine weitere Maxime der Rubergs. Im Technikum entstehen häufig neue Ideen, die dann direkt in die Praxis umgesetzt werden können.

Ruberg-Aspirateuere, bereit zur Auslieferung
Ruberg-Aspirateuere, bereit zur Auslieferung

60 Mitarbeiter arbeiten in den Fertigungshallen gemeinsam daran, das Unternehmen und die Philosophie in die Zukunft zu führen. Janina Ruberg weiß auch, dass heute Dinge wie Work-Life-Balance und Mitsprachemöglichkeiten wichtiger sind als früher. „Wichtig ist die Motivation.” Die Ingenieure müssen vom eigenen Produkt überzeugt sein und dem Problem des Fachkräftemangels könne nur durch konsequente Ausbildung begegnet werden. Leider habe aber „das Handwerk” bei den Bewerbern im Vergleich zur Industrie oft schlechte Karten. Die Rubergs wünschen sich hier mehr Unterstützung von der Politik. Schließlich können „Produkte made in Germany” nur entstehen, wenn die entsprechenden Mitarbeiter diese fertigen.

Und der Qualitätsanspruch ist hoch bei den Rubergs. „Wir müssen einfach besser sein als die anderen”, betont Alhard Ruberg. Sind die Kunden von der Qualität einer Maschine überzeugt, entstehen oft Folgeaufträge, weil das Gesamtkonzept gepasst hat. Aber auch hier gilt: Langfristig planen und keinen Stillstand zulassen, sonst wird man abgehängt.

Bei Gebr. Ruberg gehört die eigene Fertigung in Nieheim zum Konzept. Eine Auslagerung oder eine Zweigstellenlösung kommt nicht in Frage. Dies sei für viele Kunden auch ein Grund, sich für das Unternehmen zu entscheiden, betonen die Rubergs. Es wird so die Sicherheit gegeben, bei Nachfragen, Problemen oder Ersatzteillieferungen nicht alleine gelassen zu werden. Gerade die vielen internationalen Kunden – der Exportanteil beträgt etwa 60% – legen großen Wert auf die eigene Fertigung. So sieht man am Ende der Produktionsstraße sowohl vier Aspirateure, die nach Neuss geliefert werden, als auch Fördertechnik, die nach Finnland oder einen Vertikalmischer, der nach Malaysia geht. Alles „made in Nieheim – der Käsestadt in Ostwestfalen.

Gebr. Ruberg: Quality made in Nieheim
Jetzt lesen

Futtermittelrechtliche Eckpfeiler

Proteine
/
Vermahlung
/
Das starke Wachstum der Weltbevölkerung hat die Nachfrage nach Lebensmitteln tierischen Ursprungs gesteigert.
2022
10/21/2022
Futtermittelrechtliche Eckpfeiler für die Herstellung und Verarbeitung von Insekten als Eiweißfuttermittel

Der erhöhte Bedarf an Sojaextraktionsschrot, das in großem Umfang als pflanzliche Proteinquelle in Rationen für monogastrische Tiere genutzt wird, führt zu einem vermehrten Verbrauch von Land und Wasser und damit zu einem Anstieg bei der Emission klimarelevanter Treibhausgase (Wiedemann et al., 2016). Der Einsatz von Insekten zur Erzeugung von proteinreichen Futtermitteln kann als nachhaltiges Mittel angesehen werden, die Belastung natürlicher Reserven bei der Bereitstellung von Lebensmitteln aus der Tierhaltung zu verringern (Röcklinsberg et al., 2018; van Zanten et al., 2018). Das Ziel vieler Forschungsprojekte ist es, Soja und Fischmehle in den Rationen für Nutztiere (Schwein, Huhn und Fisch) durch Insektenmehl aus Larven der schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens) oder des gelben Mehlwurms (Tenebrio molitor) als Proteinquellen möglichst vollständig zu ersetzen. Im Rahmen dieser Zielsetzung gibt es diverse rechtliche Grundlagen, die den Verarbeitern von Insektenmehlen bzw. von verarbeiteten tierischen Proteinen (VTP) bekannt sein sollten.

Rechtsgrundlage für die verschiedenen Verarbeitungsstufen

Die rechtliche Einordnung von Insekten als Futtermittel wurde in den letzten Jahren auf EU-Ebene neu aufgenommen und angepasst. Seit 2017 kann VTP aus Nutzinsekten in der Aquakultur im Rahmen der (EU) Nr. 2017/893 eingesetzt werden. Im August 2021 haben Insekten durch die Ergänzung (EU) Nr. 2021/1372 der Verordnung (EU) Nr. 999/2011 ihren Weg in die Schweine- und Geflügelernährung gefunden. Damit kann in der landwirtschaftlichen Praxis Insektenprotein als Futtermittel genutzt und als echte Alternative für pflanzliche und tierische Proteine (Sojaprotein, Fischmehl) angesehen werden. Für die Humanernährung sind Insekten im Rahmen des Novel-Food-Acts (EU) Nr. 2021/882 aufgenommen worden. Abbildung 1 zeigt die schematische Darstellung der gesamten Erzeugungskette sowie die wichtigsten Rechtsvorschriften im Erzeugungsschritt.

Grafik zu Produktion von Futtermitteln
Schematische Darstellung der Insekten-Produktion und der flankierenden Rechtsvorschriften.

Im Rahmen der Aufzucht (welche potenziell als „landwirtschaftliche Primärproduktion“ gesehen werden kann) gilt uneingeschränkt die Auffassung, dass es sich bei Insekten um landwirtschaftliche Nutztiere handelt. Aufgrund dieser Tatsache sind für die Fütterung die Grundsätze der Verordnung 178/2002 (allgemeine Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts) sowie die Futtermittelhygieneverordung (EU) 138/2005 uneingeschränkt gültig. Dies beinhaltet auch die Verfütterung von verbotenen Stoffen an Insektenlarven.

Fütterung der Larven

Generell ist ein verkehrsfähiges Insekt im Lebens- und Futtermittelbereich mit Futtermitteln aus dem Katalog der Einzelfuttermittel (EU) 68/2013 zu füttern. Dies bedingt, dass bei der Einfuhr von Insekten oder deren Produkte die Rechtsregularien der EU zwingend eingehalten werden müssen. Das heißt, sowohl der Importeur als auch der verarbeitende Betrieb müssen sicherstellen, dass die Insekten verkehrsfähig sind und beispielsweise nicht mit verbotenen Stoffen aufgezogen wurden. Dies ist insbesondere von großer Bedeutung, wenn man Importe aus asiatischen oder afrikanischen Erzeugerregionen einbezieht. In diesen kann es durchaus marktüblich sein, dass die Insektenaufzucht unter Verwendung von Bioabfällen oder Klärschlämmen durchgeführt wird.

Inaktivierung der Insekten

Nach der Inaktivierung der Insekten mittels Kälte oder durch Blanchieren handelt es sich rechtlich um ein Kategorie 3-Material. Bei tierischen Erzeugnissen der Kategorie 3 geht man davon aus, dass diese keine besondere Gefahr mehr für Mensch und Tier darstellen, sie jedoch aus kommerziellen oder hygienischen Gründen nicht mehr als Lebensmittel eingesetzt werden. Sobald Kategorie 3-Material verarbeitet wird, bedingt es einer Registrierung oder Zulassung nach der Verordnung (EU) 1069/2009 bei dem zuständigen Kreisveterinäramt. Im Rahmen dieser Verordnung werden Hygienevorschriften für die nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukte beschrieben. Des Weiteren schreibt die Verordnung vor, wie die Verwertungsmöglichkeiten der Erzeugnisse sind. Sobald aus dem Kategorie 3-Material ein Einzelfuttermittel erzeugt werden soll, ist im Falle der Insektenverarbeitung der Betrieb zur Registrierung nach der „BSE-Verordnung“ (EU) 999/2001 mit allen Konsequenzen verpflichtet. Der Betrieb, welcher das Einzelfuttermittel herstellen will, ist verpflichtet, das Verarbeitungsverfahren im Rahmen der Verordnung zu benennen und dies auch zu dokumentieren.

Wiederkäuer

Darüber hinaus ist auch die Vermeidung von Kreuzkontaminationen oder ein Austausch von VTP mit Nichtzieltieren sicherzustellen. Die ist durch eine getrennte Lagerhaltung und eine räumliche Trennung der Verarbeitungsanlagen im Rahmen der Verordnung zu gewährleisten. Für die Beurteilung der Futtermittelsicherheit ist die Verordnung (EU) 142/2011 relevant. Auf dieser Basis wurden in der Ausgabe 13/14 (2022) von "Mühle + Mischfutter" die Auswirkungen der Verarbeitung auf die Produkthygiene bereits beschrieben. Mischfutterbetriebe, welche ein Eiweißfuttermittel, wie zum Beispiel Larvenpresskuchen, einsetzen möchten, sind somit auf die Registrierung im Sinne der (EU) 999/2011 zwingend angewiesen. Auch hier gelten für die Produkte, in denen VTP verarbeitet worden sind, die Hygieneregeln der (EU) 142/2011. Der Mischfutterbetrieb muss die gesamten Auflagen der Verordnung einhalten.

0-Toleranz

Insbesondere ist auf das Verfütterungsverbot von tierischen Proteinen an Wiederkäuer zu achten. Dieses ist mit einer Null-%-Toleranz versehen. Das heißt, der Mischfutterhersteller ist zur räumlichen Trennung von Lagerung und Verarbeitung der VTP verpflichtet. Darüber hinaus ist die Anlage im Regelfall nicht mehr für die Herstellung von Mischfuttermittel für Wiederkäuer zulässig. Die Europäische Union stellt somit große rechtliche Herausforderungen für die Verarbeitung von Eiweißfuttermitteln aus Insekten auf, welche von der Mischfutterunternehmen gemeistert werden müssen.

Literaturverzeichnis

Röcklinsberg, H., C. Gamborg and M. Gjerris: Ethical issues in insect production. – In: Van Huis, A., J. K. Tomberlin (ed.): Insects as Food and Feed. From Production
to Consumption (2018), p. 365–379

van Huis, A.: Potential of insects as food and feed in assuring food security. – Annual Review of Entomology 58 (2013), p. 563–583

Van Zanten, H. H. E., P. Bikker, B. G. Meerburg, I. J. M. de Boer: Attributional versus con-sequential life cycle assessment and feed optimization: alternative protein sources in pig diets. – International Journal of Life Cycle Assessment 23 (2018), p. 1–11

Wiedemann, S. G., E. J. McGahan, C. M. Murphy: Environmental impacts and resource use from Australian pork production assessed using life-cycle assessment. 1. Greenhouse gas emissions. – Animal Production Science 56 (2016), p. 1418

Logo Bundesministeriums Wirtschaft und Klimaschutzes

Erkenntnisse aus den IGF-Vorhaben 21106 N und 21763 N der Internationalen Forschungsgemeinschaft Futtermitteltechnik e. V. (IFF) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Futtermittelrechtliche Eckpfeiler für die Herstellung und Verarbeitung von Insekten als Eiweißfuttermittel
Jetzt lesen

Insektenproteine auf dem Vormarsch

Proteine
/
Laut der Investmentbank Barclay’s, stehe der globale Markt für essbare Insekten vor einem Boom.
2022
10/21/2022
Insektenproteine auf dem Vormarsch

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) geht davon aus, dass die Menschheit in Zukunft auf Würmer, Ameisen und Heuschrecken als wichtige Nahrungsquelle angewiesen sein wird. Für den Verzehr spräche ein hoher Proteingehalt und Insekten könnten nachhaltiger gezüchtet werden als Rinder oder Schweine. Sie benötigten ein Zehntel der Fläche, verursachten einen Bruchteil der Treibhausgas- oder Ammoniakemissionen.

Das wird nicht jedem schmecken und kann für Allergiker gefährlich sein, deshalb regelt die EU, was genau auf den Teller darf. Zugelassen für den menschlichen Verzehr sind derzeit nur Mehl- und Buffalowürmer sowie Hausgrillen und Wanderheuschrecken. Anwendungsgebiete in der Lebensmittelproduktion für Zutaten aus Insekten sind Nudeln, Müsli, gewürzte Snacks und Burger. Aber auch in Bier, Schokolade und Honig sind die Pasten und Mehle aus Insekten erlaubt.

Tierfutter aus Insekten

Tierfutterhersteller haben Insektenproteine schon vor Jahren für sich entdeckt. Die größten Produzenten sitzen in China, Südostasien, im südlichen Afrika und in Nordamerika. In Europa wurden seit 2006 neun Firmen gegründet. Bekanntere Namen sind Protix Biosystems in Amsterdam, Micronutris in Toulouse und Ynsect in der Nähe von Paris. Letztere züchtet und verarbeitet vollautomatisch Mehlwürmer, die teures Fisch- und Sojamehl in Aquakulturfutter ersetzen.

Fischfarm
Insektenproteine sind für Fischfutter-Hersteller interessant

Für Aquafutter ist Fischmehl die bevorzugte Proteinquelle. Nach den Schätzungen der Marine Ingredients Organization (IFFO) wurden im Jahr 2020 etwa 86% des Fischmehls in der Aquakultur verwendet. Diese Quote könnte durch Verwendung von insektenhaltigem Futter gesenkt werden. Die Firma Protix züchtet dazu die Schwarze Soldatenfliege im großen Stil. Gemästet werden die u.a. mit Biomüll. Die Larven der Fliege verarbeitet Protix zu Eiweißpaste. Gemeinsam mit großen Lachsfarmen wurde ein Futter ohne Fischmehl und Fischöl entwickelt. Die Lachse wachsen damit genauso schnell wie vorher, haben aber bessere Leberwerte Protix kann nach eigenen Angaben mit seiner Proteinproduktion aus Insekten rund fünf Millionen Lachse ein Jahr lang ernähren. Protix hat sich im Zusammenhang mit der Insektenzucht diverse Erfindungen patentieren lassen. Diese betreffen u. a. Haltungs-, Fütterungs-, Verarbeitungs- und Transportvorrichtungen für Insekten sowie die insektenhaltige Futtermischung selbst.

Risiken der Massenzucht

Bei aller Euphorie warnen Experten vor möglichen Schattenseiten. Bislang ist Tierfutter aus Insekten in Europa ein Nischenprodukt. Die Verfütterung an Geflügel und Schweine wurde 2021 im Rahmen einer strengen Ausnahmeregelung zwar erlaubt, bei Rindern ist sie weiter verboten. Hintergrund ist die BSE-Krise vor 20 Jahren. Weitere Risiken der Insektenproduktion in großem Stil sind Krankheiten oder Parasitenbefall. Veränderungen der Insekten durch ihre Massenzucht sind kaum erforscht. So ist die Schwarze Soldatenfliege durch Zucht und Kreuzung ein Viertel größer geworden als in der Natur. Mehr Forschung ist notwendig, welche Auswirkungen es auf Nutztiere hat, wenn sie mit größeren Mengen von Insekten gefüttert werden. Umweltschützer fürchten zudem, dass gezüchtete Insekten entkommen, sich unkontrolliert vermehren und so das Ökosystem gefährden könnten.

Insektenproteine auf dem Vormarsch
Jetzt lesen

Insektenmehl als Beimischung im Tierfutter

Proteine
/
Die Lebens- und Futtermittelindustrie soll mitwirken, den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.
2022
10/21/2022
Insektenmehl als Beimischung im Tierfutter

Stefan Hoh, Leiter des Segmentes Futtermittel & Premix der Bühler AG, sieht einen Ansatzpunkt zur Erreichung der globalen Klima- und Umweltziele in alternativen Proteinquellen. Aus Insekten gewonnene Proteine können als nachhaltig erzeugter Proteinträger ressourcenintensiv gewonnene Sojaextraktionsschrote als Proteinquelle in Tierfuttermitteln teilweise oder ganz ersetzen. Als Hersteller von Anlagen zur Zucht und Verarbeitung von Insekten arbeitet die Bühler AG eng mit ihren Kunden zusammen.

Stefan Hoh ist seit über 15 Jahren bei der Bühler AG tätig, davon zehn Jahre im Geschäftsbereich Animal Nutrition. Als Segmentleiter Feed Milling & Premix verantwortet er seit 2019 das globale Futtermittelgeschäft der Bühler AG. Schwerpunkte sieht und setzt er insbesondere bei den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung – auch, um die Futtermittelindustrie langfristig wettbewerbsfähig zu halten.

M+M: Ihr Unternehmen, die Bühler AG, setzt sich dafür ein, Insektenmehle als Beimischung in Futtermitteln bekannter zu machen. Warum setzen Sie auf Insektenproteine?

Stefan Hoh: Proteinhaltige Hülsenfrüchte und Ölsaaten wie etwa Sojabohnen haben im Anbau einen hohen Flächenbedarf, erfordern Pflege- und Düngemaßnahmen sowie bestimmte klimatische Bedingungen. Demgegenüber lassen sich Insekten witterungsunabhängig und ohne großen pflegerischen Aufwand in Massen vermehren. Viele Futtermittelproduzenten sind an Insektenmehlen interessiert, um die Proteinträger ihrer Rezepturen zu diversifizieren und zugleich ihre Produktion nachhaltiger zu gestalten. Vorteilhaft wirkt sich hierbei aus, dass Insekten auch Nebenströme der Lebensmittelindustrie – die sonst als Abfall zu entsorgen wären - zu hochwertigen Proteinen und Lipiden veredeln können. Der Mühlenbranche eröffnet sich folglich viel Potenzial. Dieses zu nutzen, dabei wollen wir unsere Kunden unterstützen.

M+M: Für welche Tiere eignen sich insektenmehlhaltige Futtermittel?

Stefan Hoh: In Aquakultur erzeugte Fische und Schalentiere sind sicher ein attraktiver Sektor. Er hat in den letzten Jahrzehnten einen enormen Zuwachs erfahren. Der Grund für das außergewöhnliche Wachstum dieses Sektors ist auch die insgesamt günstigere Ökobilanz von aquatischen Arten im Vergleich zu konventionellen Nutztieren. Gegenwärtig ist Fischmehl die bevorzugte Proteinquelle für Aquafutter. Eine nachhaltige und zunehmend wirtschaftlich tragfähige Alternative dazu sind jedoch bereits Insektenproteine und -lipide wie beispielsweise aus der Schwarzen Soldatenfliege. Die insektenmehlhaltigen Futtermittel eignen sich aber nicht nur für Aquakulturen sondern unter anderem auch für Geflügel und Schweine.

M+M: Wie unterstützen Sie ihre Kunden? Haben Sie beispielsweise eine Versuchsanlage, auf der interessierte Müller erst einmal Produkttests durchführen können, bevor sie die Vermahlung von Insekten tatsächlich in ihr Leistungsportfolio aufnehmen?

Stefan Hoh: Kunden unterstützen wir einerseits mit unserer langjährigen fachlichen Expertise in diesem Sektor, aber auch mit einschlägigem praktischem Know-how aus zahlreichen Projekten. Vermahlungsversuche vor Ort beim Kunden wie auch in unseren weltweiten Applikationszentren sind jederzeit möglich. In der Praxis erleben wir aber häufiger, dass Futtermittelhersteller weniger die Insekten selbst verarbeiten, als vielmehr die Insektenmehle im Markt beschaffen und damit konventionelle Proteinträger wie das bereits genannte Sojaextraktionsschrot substituieren. Auch hier stehen wir unseren Kunden beratend oder ganz praktisch mit Dosier-, Misch- und Sensortechnologie zur Seite.

M+M: Seit wann dürfen Insektenmehle in der EU im Tierfutter eingesetzt werden? Und steht eigentlich schon fest, ob beispielsweise Fische insektenmehlhaltiges Futter überhaupt annehmen?

Stefan Hoh: Die EU hat schon 2017 die Verfütterung von prozessierten Insektenproteinen für die Aquakultur zugelassen. Seit September 2021 sind Insektenmehle in der EU auch für die Verfütterung an Geflügel und Schweine zugelassen. Sowohl bei Fischen, Geflügel und Schweinen stehen Insekten auf dem natürlichen Speiseplan. Die Frage ist also weniger, ob das insektenmehlhaltige Futter angenommen, sondern wie es im Vergleich zu herkömmlichen Proteinquellen und dem Aspekt der „Feed Conversion Rate“ verstoffwechselt wird. Dies wurde schon in mehreren Studien untersucht und zusammenfassend kann man sagen, dass nichts gegen einen Teilersatz der herkömmlichen Proteinquellen spricht. Zum Teil konnten sogar zusätzliche Vorteile wie verbesserte Tiergesundheit oder verbesserte Futterumsetzungsraten nachgewiesen werden.

M+M: Bislang werden in Mühlen in der Regel pflanzliche Rohwaren vermahlen und keine tierischen. Welche besonderen Herausforderungen kommen auf die Müller zu, die sich entschließen, Insekten zu verarbeiten? Müssen sie womöglich in spezielles – und teures – Zusatzequipment investieren, das mit den veränderten Rohstoffparametern zurechtkommt?

Stefan Hoh: Wie bereits erwähnt, bezieht das Gros der Futtermittelhersteller bereits vollständig prozessiertes Insektenmehl von spezialisierten Herstellern.  Eine Verarbeitung ganzer Insekten - möglicherweise gar mit integrierter Aufzucht – ist, zumindest gegenwärtig, noch eine Ausnahme. Zudem dürfte dies aufgrund von Investitionskosten und kritischem Know-how nur für Unternehmen mit hohen Kapazitätsanforderungen von Interesse sein. Solange der Markt spielt – und dies ist gegenwärtig der Fall - dürfen wir vielmehr von einem weiteren Wachstum von auf Insektenmehlen und deren Derivaten (Proteine, Lipide) spezialisierten Herstellern ausgehen.

M+M: Wie sieht es bei Produktwechseln aus? Braucht es zwischen herkömmlichen pflanzlichen Rohstoffchargen und den Insekten aufwendigere Reinigungsgänge als üblich?

Stefan Hoh: Nein, eine separate Reinigung oder zusätzliche Spülchargen sind nicht erforderlich. Anders verhält es sich natürlich, wenn Futtermittel als “rein pflanzliche Erzeugnisse” ausgewiesen sind, etwa bei Spezialfuttermitteln. Auch dies stellt jedoch eine Ausnahme dar.

M+M: Diverse Mühlen experimentieren bereits mit Insekten als Futterrohstoff. Einige Müller haben uns von extremem Geruch berichtet, der beim Vermahlen etwa von getrockneten Larven entsteht.

Stefan Hoh: Die Larven haben einen relativ hohen Fettgehalt. Wenn das Fett oxidiert, können intensive Gerüche entstehen. Beim Einsatz von getrockneten Larven sind deshalb Fragen wichtig wie „Wie schnell nach der Züchtung wurden die Larven getrocknet?“, „Wie wurden die Larven getrocknet?“ und „Wie wurden die Larven gelagert und für wie lange?“. Heute werden die Larven oft nicht nur getrocknet, sondern auch entfettet. So erhält man ein entfettetes Proteinmehl und ein Insektenfett. Diese Produkte haben eine gute Lagerstabilität und können ohne Probleme in Futtermitteln eingesetzt werden.

M+M: Auch gibt es Vorbehalte gegen die Insektenzucht im großen Stil, etwa wegen möglichen Befalls mit Parasiten oder wegen der Massenhaltungsform an sich.

Stefan Hoh: Nehmen wir die Schwarze Soldatenfliege als Beispiel, welche im Moment das am häufigsten verwendete Insekt im industriellen Maßstab ist. In der Natur entwickeln sich die Larven oft in verwesenden Materialien, in welchen also viele Keime vorhanden sind. Deshalb haben die Larven sehr gute Strategien, um sich gegen pathogene Keime durchzusetzen. Davon profitiert auch die industrielle Produktion. Wenn zusätzlich ein gutes Anlagendesign besteht und gute Hygienestandards im Betrieb herrschen, können Produktionsausfälle praktisch ausgeschlossen werden.

Betreffend Massentierhaltung sollte man sich vor Augen führen, dass Insekten wechselwarme Tiere sind, d. h. grundsätzlich entspricht die Körpertemperatur der Umgebungstemperatur. Die Larven kriechen deshalb oft nahe zusammen, um in der Gruppe einen positiven Effekt auf die Temperatur zu haben. Somit sind sie bestens für eine Haltung mit vielen Artgenossen auf engem Raum geeignet. Dies ist ein signifikanter Unterschied zu Hühnern und Schweinen, die eine konstante Körpertemperatur aufweisen.

M+M: Ein Blick in die Zukunft: Bislang sind Insektenproteine eher ein Nischenprodukt. Wird Insektenmehl für die menschliche Nahrungsversorgung interessant?  Wie schätzen Sie dafür das Potenzial für die Mühlenbranche und den Lebensmittelsektor insgesamt ein?

Stefan Hoh: Tierfutter ist aktuell der klar dominierende Markt. Ich gehe davon aus, dass auch in den nächsten zehn Jahren 70 bis 80% der produzierten Insekten als Tierfutter verwendet werden. Heutzutage werden die meisten Insekten in Katzen- und Hundefutter eingesetzt. Jedoch sollte bis 2030 Fischfutter den grössten Absatzmarkt darstellen. Im globalen Lebensmittelmarkt sind schon heute Produkte mit Insektenmehl als Zutat verfügbar. So gibt es Backwaren, Riegel, Pasta, Gebäck, Snacks und Fleischersatzprodukte mit einer Insektenzutat. Es wird aber Zeit brauchen, bis sich solche Produkte in grösseren Mengen am Markt etablieren.

M+M: Vielen Dank für das Gespräch.

Insektenmehl als Beimischung im Tierfutter
Jetzt lesen

Noch nicht gefunden wo nach Sie suchen?

Mit unserer erweiterten Suche können Sie die komplette Seite nach Ihren Suchbegriff durchsuchen.

Mühle + Mischfutter Online Logo

Abonnieren Sie unseren Newsletter. Fachspezifische Berichterstattung. Direkt in Ihr Postfach.

'Nichts verpassen!
Herzlich willkommen! Vielen Dank, dass Sie unseren Newsletter abonniert haben.
Leider scheint dies nicht funktioniert zu haben. Probieren Sie es gerne erneut. Alternativ
Anmeldung erfolgreich
Error

Videos

Interviews mit Axel Schmitt

Interview zusammen mit Axel Schmitt bezüglich verschiedener Themen

Interviews mit Axel Schmitt

Podcasts

Mühle + Mischfutter Aktuell

Mühle + Mischfutter Aktuell

Interviews, Messen und Produktvorstellungen im proaktischen Audioformat jederzeit verfügbar.