Südamerikas Mühlen mahlen anders
Studienreise des Bayerischen Müllerbundes nach Chile
Südamerikas Mühlen mahlen anders
Studienreise des Bayerischen Müllerbundes nach Chile
Südamerikas Mühlen mahlen anders
Studienreise des Bayerischen Müllerbundes nach Chile
Vom 29. Februar bis 11. März 2024 lud der Bayerische Müllerbund zu einer Studienreise nach Chile ein. Insgesamt 23 Teilnehmer besuchten das südamerikanische Land und nahmen an Führungen durch Mühlen und Lebensmittelbetreiben teil. Aus den vielen Gesprächen mit Unternehmern, Politikern und Verbandsvertretern wurde eines besonders deutlich – Investoren und ausgebildeten Fachkräften bieten sich großartige Chancen.
Die Chilenen erzählen, dass Gott, als er die Welt schuf, aus jedem Kontinent etwas zurückhielt und mit diesen Teilen zuletzt das schönste Land der Erde zusammensetzte – Chile. Fast alle Teilnehmer der Müllerreise besuchten zum ersten Mal das südamerikanische Land.
In der Stadt Villarrica in der Region Los Lagos steht die Weizenmühle Villarrica am gleichnamigen See mit Blick auf einen Vulkan. Die Familie Weber Kunstmann hat die Müllergruppe eingeladen, alle sprechen Deutsch. „Schön, gut und günstig“ ist ihr Motto, erklärt Roland Weber Kunstmann. Er begrüßt den Bayerischen Müllerbund herzlich und führt zusammen mit seiner Mutter Brigitte, seinem Vater Lorenz und seinem jüngsten Bruder Leonhard die Müller aus Deutschland, Österreich und der Schweiz durch die Mühlengebäude.
Molino Villarrica
Der Großvater Karl Weber baute 1937 die Mühle. Als junger Mineningenieur kam er nach Chile, um im Bergbau sein Glück zu finden. Heiratete dann in eine wohlhabende Familie ein und sah in der Getreideverarbeitung im Süden des Landes große Möglichkeiten. Der Schwiegervater unterstützte ihn beim Bau einer Holzmühle mit einer Kapazität von 20 t pro Tag. Damals gab es nur zwei Straßen in Villarrica und wenig Bewohner. Aus dieser Zeit stammen die Rechte der Mühle für die Wasserkraftanlage am Fluss, die bis heute den gesamten Energiebedarf deckt. Erst mit einem Wasserrad und heute mit Elektroturbinen. Chile hat großes Potential in der Wasserkraft, aber die Politik verhindert ihren Ausbau, obwohl der Bedarf für regenerative Energien da ist, klagt Roland Weber Kunstmann.
Das alte Holzgebäude hat sein Vater durch einen Betonbau ersetzt. Es beherbergt sechs Walzenstühle. „Unsere Mühle ist eine Bastelmühle“, sagt der Mühlenbesitzer. Er kauft gerne gebrauchte Geräte und Maschinen. Die Labortechnik der Mühle kommt aus Deutschland, vor allem mit Geräten der Firma Pfeuffer hat er gute Erfahrungen gemacht.
Ihre Rohstoffe bezieht die Mühle ausschließlich von regionalen Landwirten. Die Tonne Weizen kostet aktuell umgerechnet 230 Euro und orientiert sich am Weltmarktpreis. In Chile teilt sich die Mühlenbranche in die Nordmühlen rund um die Hauptstadt und die Südmühlen rund um die Handelsstadt Valdivia, erzählen die Webers. Zwischen den Mühlenbesitzern des Südens und Nordens bestehen nicht immer die besten Verhältnisse. Die Kunden der Mühle Villarrica sind zu 10% Großkunden, der Rest sind Bäckereien und Supermärkte. Sackware ist Standard und Kunden möchten Weißmehl. Hochklebermehle sind im Süden weniger gefragt, denn die Verbraucher kaufen sackweise und verbacken zu Hause.
Der jüngste Bruder Leonhard hat ein Diplom als Forstwirt, denn die Familie hat neben der Mühle noch eine Landwirtschaft und einen Forstbetrieb auf 7 000 ha eigenem Land. Insgesamt beschäftigt die Familie 13 Mitarbeiter. Brigitte Kunstmann von Kiesling stammt aus einer der großen Müllerfamilien des Landes. Der dritte Sohn studiert gerade in Deutschland in Frankfurt am Main.
Zum Abschluss der Mühlenbesichtigung lädt die Familie die ganze Reisegruppe in ihren Garten ein. In dem großen Haupthaus der Familie wohnt heute Roland Weber mit seiner Frau Anja. Sie stammt aus Hamburg und hat den Müller aus Chile während des Studiums in Deutschland kennengelernt. Unter den alten, vor rund 100 Jahren gepflanzten Bäumen wird gegrillt und die Enkelkinder verteilen Empanadas und traditionellen Mandelkuchen.
Heilkräuteranbau für Europa
Danach besucht die Gruppe die nahegelegene Farm Futacayan. Der über 600 ha große Betrieb gehört Peter Greither, der hier für sein Unternehmen Salus Biokräuter und -tees anbaut. Nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl bekam der Unternehmer keine unbelasteten Kräuter mehr in seinen europäischen Anbaugebieten. Er kaufte deshalb Ackerland in Chile und begann mit dem Anbau von Kräutern, als Rohstoffe für sein Unternehmen in Deutschland. Christian Weiß ist der neue Betriebsleiter. Er ist vor einigen Wochen mit seiner Frau und den zwei kleinen Kindern aus Nordrhein-Westfalen hierhergekommen und soll den Betrieb modernisieren.
50 Mitarbeiter hat die Farm, aber gut ausgebildete Kräfte sind rar und vieles geht per Hand. Technisches Gerät ist da, nur sind oft Trecker und Maschinen nicht betriebsbereit, wegen mangelnder Wartung und fehlenden Ersatzteilen.
Die deutschen Müller wünschen der jungen Familie viel Erfolg beim Neustart und mit dem Bus geht es zurück in die Stadt Villarrica. Dort laden sie die Familie Weber Kunstmann als Dankeschön in ein Restaurant zum Abendessen ein. Lange sitzen sie bei Steak, Cazuela und Cevice zusammen und genießen den chilenischen Wein.
Chile ist etwa so groß wie Deutschland, Österreich, die Schweiz und Italien zusammen. Es hat eine Länge von 4 300 km und grenzt im Westen an den Pazifik. Durchschnittlich ist das Land 180 km breit. Im Jahr 2023 gab es 19,6 Mio. Einwohner, von denen 88% in Städten leben. Das Land hat eine Bevölkerungsdichte von 26 Einwohnern pro km2 (Deutschland: 233) Das durchschnittliche Bruttoeinkommen liegt bei umgerechnet 537 Euro. Chile ist stark im Bergbau und hat große Vorkommen an Lithium und Kupfer. Es deckt 40% seines Energiebedarfs mit Kohle, die importiert wird. Mit 50 modernen Häfen für die internationale Schifffahrt und vielen Freihandelsabkommen möchte Chile zu den Industrienationen aufrücken. Lebensmittel „Made in Germany“ werden von Verbrauchern geschätzt, Agrarimporte aus Deutschland sind gestiegen. Die hohe Nachfrage nach verarbeiteten Lebensmitteln macht das Land zu einem interessanten Exportmarkt.
Sonntag auf dem Vulkan
Am nächsten Tag ist Sonntag und die Gruppe nutzt ihn für einen Ausflug. Die Sonne scheint, es ist jetzt im Spätsommer hier angenehm warm und nach der Fahrt über die Städte Pucón und Curarrehue an die Grenze zu Argentinien erreicht der Bus die Lagune Quillelhue. Das Wasser ist bekannt für seine türkisblaue Farbe. Danach geht es im Reisebus mit dem wagemutigen Fahrer über Schotter und Schlaglöchern auf den Vulkan. Der Parkplatz ist der Gruppe noch nicht nah genug am qualmenden Gipfel und alle gondeln mit dem Sessellift noch zwei Stationen höher.
Kunstmann Mühle Valdivia
Am Montag geht es nach Valdivia. Dort vor den Toren der Molina Kunstmann wartet Pablo Avendano Hoffmann, Generalmanager der Kunstmann Mühlen. Über vier Jahre war er an der TU München technischer Mitarbeiter und arbeitete danach sechs Jahre bei der Süd-Chemie in Moosburg, bis er nach Chile zurückkehrte. Im Süden sind die Kunstmann Mühlen Marktführer, im gesamten Chile liegen sie auf Platz drei.
Hermann Immanuel Kunstmann von Lüttichau wanderte 1850 als junger Mann zusammen mit deutschen Händlern, Handwerkern und Industriellen nach Chile ein. Sie wollten sich, enttäuscht von der gescheiterten Revolution in Deutschland, in der Stadt Valdivia eine Zukunft aufbauen. 1853 gründete er die erste Mühle, um „Wohlstand für alle, die darin arbeiten, und Fortschritt für die Region und das Land“ zu erreichen.
Der Wunsch des Gründers nach Wohlstand für alle ist nach wie vor eine tragende Säule der Entwicklung der Sociedad Industrial Kunstmann. In der sechsten Generation ist das älteste Familienunternehmen Chiles heute eine geschlossene Aktiengesellschaft, die von den Nachkommen der Kunstmanns geführt wird.
Die Molina Kunstmann in Valdivia hat eine Tagesleistung von 150 t. An der Annahme hängen große Tafeln. Jeder Lieferant kann ablesen, nach welchen Kriterien sich die Bezahlung richtet. Im Labor prüfen die Mitarbeiter die Qualität des abgelieferten Getreides. Die Bezahlung richtet sich hier auch nach der Größe des Korns. Ist es größer als ein vorgegebener Nullwert, gibt es mehr Geld. Ist es kleiner, erhält der Bauer weniger.
Anschließend begleiten Pablo Avendano Hoffmann und der ehemalige Unternehmensleiter Guillermo Schwarzenberg, ein Schwager von Brigitte Weber von Kieslang, die Gruppe zum zweiten Mühlenstandort in die Stadt La Unión in die Region Los Rios.
In La Union gibt es überall Spuren deutscher Einwanderer. Die Grob Mühle wurde 2012 von der Familie Kunstmann übernommen. Bühler-Walzenstühle aus den 1950er-Jahren verrichten immer noch ihren Dienst. Guillermo Schwarzenberg sieht keinen Grund, die Anlage sofort zu modernisieren, aber nach und nach ziehen neue Walzenstühle von Alapala ein.
Der ehemalige Firmenchef eröffnete vor rund zehn Jahren am Standort in La Union die ACEPAN Baking Studies Academy mit dem Ziel, das Bäckerhandwerk zu stärken und einen Anwendungsraum für Produktentwicklung und Innovation zu schaffen. Der deutsche Bäcker Benjamin Metzech hat gemeinsam mit seinem Auszubildenden Jose Tapia typisch chilenische Spezialitäten aus dem betriebseigenen Mehl vorbereitet, aber auch Brezeln aus seiner bayerischen Heimat.
Die Besichtigung der Baustelle der neuen Silos ist der nächste Programmpunkt heute. Das erste Silo mit einer Kapazität von 10 000 t ist fast fertig. In zwei Wochen soll es in Betrieb gehen. Von der Stahlkonstruktion sind 26 Ringe schon hochgezogen, 28 Ringe werden es. Zwei Monate hat der Bau gedauert, es gab Lieferverzögerungen und Probleme mit falschen Schaltschränken, aber jetzt ist alles auf einem guten Weg. Zur Kühlung ist ein weiterer Granifrigor angeschafft, denn die Geräte von FrigorTec aus Amtzell haben sich in den Kunstmann Mühlen bewährt.
Wasserkraft für die Mühle
Danach steht die Besichtigung des Wasserkraftwerks der Mühle auf dem Plan. 1908 wurde die Francis Turbine und 1928 die Kaplan Turbinen eingebaut, die die Hälfte des Jahres rund 700 kW Strom produzieren.
Vor allem sonntags, wenn die Mühle stillsteht, wird der Überschuss für 3 Cent/KW ins Netz abgegeben. Im Spätsommer bereiten die Mitarbeiter die Anlage auf die Regenfälle der kommenden Monate vor, die mit durchschnittlich 2 400mm/Jahr etwa dreimal so hoch sind wie in Mitteleuropa.
Enten, Kamele und Lachse
Am folgenden Tag geht es in die Stadt Freire, dort hat die Holding Empresas Agrotop S.A. einen Sitz. Geschäftsführerin Karina von Baer gibt der Gruppe einen Einblick in ihr Unternehmen, das Landwirte mit Saatgut, Düngemitteln sowie Pestiziden versorgt und bei Bedarf regionalen Bauerfamilien eine Vorfinanzierung anbietet. Agrotop verarbeitet jährlich 320 000 t Getreide, welches 1 000 Farmer aus Zentral- und Südchile anliefern. Am Standort in Freire steht eine Hafer- und eine Rapsmühle.
CEO Alex Strodthoff Simunovic und Karina von Baer schufen mit Empresas Agrotop eine Holding aus vier Agrarunternehmen. Granotop ist auf die Weizenproduktion spezialisiert, Oleotop auf Rapsöl, Saprosem auf Agrarbedarf und Avenatop verarbeitet Hafer.
Chile ist der zweitgrößte Lachsproduzent der Welt und Karina von Baer sah nach ihrem Studium der Agrartechnik dort ihre Chance. Die Lachszüchter brauchten Rapsöl und 2003 begann die junge Technikerin mit der Planung der Rapsmühle und gewann Landwirte für die Bepflanzung von 4 000 ha Land mit Raps. Im April 2004 feierte sie den ersten Spatenstich für die Ölmühle und 14 Monate später floss das erste Öl. Heute stehen auf rund 55 000 ha Rapspflanzen. 2008 kam eine Hafermühle dazu, zuerst für Grütze, später auch für Flocken. Nach und nach baute der Betrieb neun Lager und ein eigenes Genossenschaftsmodell. Heute wird hier auf rund 55 000 ha Raps angebaut und verarbeitet. 2008 kam eine Hafermühle dazu, zuerst für Grütze, dann für Flocken.
2015 gab die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft Agrotop ein langfristiges Darlehen in Höhe von insgesamt 10 Mio. US-Dollar. Das zahlte Agrotop pünktlich zurück, laut DEG. 2021 fusionierte Agrotop mit einer Hafermühle mit Walzenstühlen von Bühler in der Region Biobio. Chile ist der Hauptproduzent von Hafer für Lateinamerika mit einer Exportmenge von 250 000 t. 35% davon stammen von Agrotop. Das Getreide wächst gut, da der kühle Humboldtstrom für ein gemäßigtes Klima sorgt. Chile habe die Sonne von Rom und den Regen von Schweden, so Karina von Baer:
„Mein Opa hat immer gesagt, das Land sei im Winter eine Ente und im Sommer ein Kamel.“
Zum Abschluss des Besuchs weist die Geschäftsführerin auf die Personalsituation hin, denn der Fachkräftemangel sei ein großes Problem. Agrotop möchte deshalb mit der Technischen Schule eine Müllerausbildung aufbauen und in den kommenden Monaten ein Team für die Ausbildung junger Nachwuchskräfte zusammenstellen.
Besuch bei der Sofo
Weiter geht es Richtung Temuco zur Sofo, der Gesellschaft für landwirtschaftliche Entwicklung, eine der wichtigsten Agrargewerkschaften. Vor ihrem Sitz haben sich Bauern versammelt, viele sind mit ihren Treckern gekommen und überall weht die chilenische Flagge.
Auf die Reisegruppe wartet ein großer Empfang und teilweise sind die Mühlenbetreiber, Landwirte und Politiker mehr als 400 km weit gefahren oder von Santiago hergeflogen.
Ziel der Veranstaltung war es, den Erfahrungsaustausch und die Interaktion zwischen den verschiedenen Akteuren in der Wertschöpfungskette zu fördern, um die Herausforderungen der Weizenproduktion zu bewältigen. Darüber hinaus soll die Beteiligung der Mitglieder an Gewerkschaftsaktivitäten gefördert und die Interaktion mit der Industrie, den Behörden und der Öffentlichkeit unterstützt werden.
Roberto Heise, der Präsident der Sofo, hat Verständnis für die Nöte der Bauern und wünscht sich ein System, welches die Getreidepreise reguliert. Er möchte die kleineren Erzeuger innerhalb der Wertschöpfungskette stärken:
„Vor allem kleinere Bauern müssen sich zu Genossenschaften zusammenschließen und so ihre Position und unseren Verband stärken. Nur so können sie die Fluktuationen des Marktes überstehen.“
Aktuell müssen die Farmer mit subventioniertem Weizen aus dem Ausland konkurrieren, denn die großen Mühlen im Norden importieren Weizen aus Argentinien und Kanada statt den regionalen Produzenten, die sich auf den Anbau hochwertigen Backweizens spezialisiert haben, faire Preise zahlen, so sein Vorwurf. Er möchte wegen der Souveränität und Ernährungssicherheit die nationale Produktion verteidigen und befürchtet, dass die inländische Weizenproduktion verschwindet, wie es bereits bei Zucker, Linsen und Bohnen der Fall war.
Interview Antonio Walker
Antonio Walker, Ex-Agrarminister und Präsident der Society of Agricultur betont, dass die Preisentwicklung mit der Globalisierung und dem Überschuss an Getreide auf den Weltmärkten zusammenhängt. Mühle + Mischfutter sprach in Temuco mit ihm über die Probleme der Bauern.
M+M: In Europa protestieren aktuell viele Bauern. Was sind die Hintergründe für die Demonstration hier?
Antonio Walker: Für uns sind die Proteste der Bauern ein neues Phänomen. Die Demonstranten draußen sind vor allem junge Landwirte, die sich über das Internet organisieren und sie haben sich durch die europäischen Entwicklungen beeinflussen lassen. Ihnen geht es vor allem um die Preise, die sie für ihr Getreide bekommen. Die Preise seien zu niedrig und sie können nicht ihre Kosten decken. Die Bauern fordern eine bessere Bezahlung für das Getreide und mehr Unterstützung durch den Staat.
M+M: Gibt es eine Lösung für die Probleme der Bauern? Oder haben Sie ein politisches Angebot?
Antonio Walker: Chile ist eine soziale Marktwirtschaft und wir sind für einen freien Markt. Es wird in Chile anders als in Europa keine Subventionen für die Landwirte geben.
M+M: Wohin soll sich Chile landwirtschaftlich entwickeln?
Antonio Walker: Wir bewegen uns in einer globalisierten Welt und Chiles Produzenten sind stark bei Obst und Wein. Viele Flächen werden mit Obst bewirtschaftete, welches wir nach China exportieren, unserem Haupthandelspartner. Der Obstanbau wirft gute Erträge ab. Diese beiden Segmente machen einen großen Teil unserer landwirtschaftlichen Exporte aus. Dagegen wird 50% des Getreides importiert. Wir könnten in Chile auf mehr als 800.000 ha Getreide säen. Aber heute sind wir nur bei etwa 450.000 ha, also müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen und wir müssen als Gewerkschaften vereint sein, um den Landwirten klare Signale zu geben, was in der Zukunft zu tun ist. Wir müssen die Kette Weizen, Mehl, Brot vereinen. Ich denke, es gibt hier in Chile sehr gute Böden und die Möglichkeit qualitativ hochwertiges Getreide anzubauen. Dazu müssen Landwirte in Technik investieren, in effiziente Anbaumethoden und in die Weiterentwicklung des Saatgutes.
Dr. Josef Rampl, Geschäftsführer des Bayerischen Müllerbund, betont in seiner Rede vor dem Auditorium in der Sofo, dass es auch in Europa für Bauern und Müller eine große Herausforderung ist, wenn Getreidepreise unter den Produktionskosten liegen. In Mitteleuropa unterstützen die Mühlen die Landwirte in ihren Protesten, denn Müller, Landwirte und Bäcker müssen zusammenarbeiten.
Ein älterer Getreideanbauer aus dem Süden Chiles bittet aus der Reisegruppe der Müller Monika Drax auf die Bühne. Sie habe ihm von ihrer Geschäftsstrategie erzählt und er möchte, dass alle davon erfahren. Die Müllerin aus Bayern berichtet, wie sie sich mit Spezialmehlen und -produkten aus biologischem Anbau sowie einem geschickten Marketing eine Nische geschaffen hat. Die Zuhörer verfolgen ihren Bericht aufmerksam und viele machen sich eifrig Notizen.
Für Germán Goicochea müssen sich Lebensmittellieferant konsolidieren und sich auf Qualität und Service als Schlüsselfaktoren konzentrieren, um auf dem wettbewerbsintensiven Markt zu bestehen und zu wachsen. Die Landwirte und Verbandsvertreter diskutierten anschließend mit den Ex-Ministern über die Erfahrungen der deutschen Müller. Obwohl in Chile die Strukturen andere sind, wollen sie künftig verstärkt darauf hinarbeiten, dass Landwirte, Bäcker und Müller gemeinsam vorgehen und sich besser auch bezüglich der Ziele ihrer Produktion absprechen, denn Ertrag ist nicht alles, wenn der Preis nicht stimmt. Wichtig ist zudem, die Marktentwicklungen nicht zu verpassen, wenn sich Verbrauchergewohnheiten ändern und mehr Spezial- oder Biomehle nachgefragt werden.
Besuch der Nordmühlen
Am nächsten Tag geht es per Flugzeug nach Santiago de Chile. Im Vorort Provencia hat das Lebensmittelunternehmen Carozzi neben einer Hartweizenmühle eine Nudel- und eine Keksfabrik. Italienische Einwanderer legten 1898 den Grundstein für die Mühle. 2014 wurde die Anlage mit Walzenstühlen der Marke Bühler eingebaut. Sie vermahlt ausschließlich Weizen für die eigene Nudelproduktion. 50% der Pastaproduktion Chiles stellt Carozzi her. In der Backfabrik gibt es 26 Produktlinien mit einer Tageskapazität von 500 t.
Molina Cunaco
Donnerstag steht die Mühle Cunaco in Penaflor nördlich der Hauptstadt auf dem Besuchsprogramm. Hier werden verschiedene Mehle für Großkunden und Spezialmehle wie Pizzamehl hergestellt. Betriebsleiter Rodrigo Meinhart hat sein Handwerk in Deutschland gelernt und kennt einige Müller aus der Reisegruppe. Nach dem ausgiebigen Austausch von Neuigkeiten geht es zur Besichtigung.
Das Werk in Penaflor ist das fünfte und jüngste Werk der Unternehmensgruppe. Der Bau begann im Juli 2016 und besteht aus dem Mühlengebäude, einer Halle für die Verpackungsanlage und einem Lager für Fertigprodukte sowie 13 Silos und einem Gebäude für die Unternehmensverwaltung.
Das Werk Cunaco in Penaflor verfügt über eines der modernsten Labore in Chile, hier findet u.a. die Qualitätskontrolle für alle Produktionslinien des Unternehmens statt.
Verbände und Kammern
Es folgt ein Besuch beim zentralchilenischen Müllerverband (CAC), der 48 Mühlenbetriebe vertritt, die 60% Prozent des chilenischen Mehls vermahlen, was in etwa einer Million Tonnen entspricht. Jedoch ist der Weizenanbau in den letzten Jahren um ca. 50% zurückgegangen. Der Export von Obst nach China verspricht größeren Profit. Die meisten Mehle werden in Chile für „Marquetta“ verwendet, ein einfaches Weißbrot. Deshalb herrscht ein Konkurrenz- und Preiskampf in der Branche und die Industriepreise sind deutlich höher als in Mitteleuropa.
Der Besuch der Industrie und Handelskammer Chile steht Freitag auf dem Programm. Mit 540 Mitglieder ist sie in Lateinamerika die älteste und nach Mexiko und Argentinien die drittgrößte Außenhandelskammer.
Nach der Begrüßung durch Cornelia Sonnenberg, Hauptgeschäftsführerin der AHK gibt es einen Überblick über die Chancen für mittelständische Unternehmer und Investoren in Chile. Die Landwirtschaft habe eine sehr gute Wettbewerbsposition und die Ausfuhren sollen sich bis 2030 verdoppeln. Großes Potential gibt es bei Superfoods und Bioprodukten, so die Experten der AHK.
Im Land gibt es ähnliche Bildungs- und Rechtssysteme wie in Europa und man ist für den chilenischen Markt vorsichtig positiv gestimmt. „Chile bliebt unter seinen Möglichkeiten“, so Pamela Valdivia von der Bayerischen Repräsentanz für Südamerika. Sie unterstützt Firmengründungen, die hier in der Regel drei Monate dauern. Im Vergleich innerhalb Lateinamerikas hat Chile einen hohen Standard bei der Lebensmittelversorgung und für ausländische Firmen und Fachkräfte bietet das Land viele Möglichkeiten.
Im Land gibt es ähnliche Bildungs- und Rechtssysteme wie in Europa und sie ist für den chilenischen Markt vorsichtig positiv gestimmt. Die generelle Dynamik sei raus, aber punktuell gäbe es nach wie vor Wachstumschancen. Letztes Jahr war der deutsche Bundeskanzler hier, es ging um grünen Wasserstoff und Umwelttechnologie. Aber Chile ist kein preiswerter Standort mehr und es gibt große Probleme wegen des Fachkräftemangels. Chile hat riesige Vorkommen von Lithium, aber dennoch geben viele Firmen wegen bürokratischer Hindernisse auf.
„Chile bliebt unter seinen Möglichkeiten“, so Pamela Valdivia von der Bayerischen Repräsentanz für Südamerika.
Sie unterstützt bei Firmengründungen, die hier in der Regel drei Monate dauern. Im Vergleich innerhalb Lateinamerikas hat Chile einen hohen Standard bei der Lebensmittelversorgung und für ausländische Firmen und Fachkräfte bietet die Branche viele Möglichkeiten.
Informationen zu den besuchten Firmen:
Die Farm Futacayan in Villarrica gehört zur Salus Gruppe.
Die Mühlen der Kunstmann Gruppe.
Die Gewerkschaft der Landwirtschaft Zentralchiles, die Sofo.
Das Unternehmen Cunaco in Santiago de Chile.
Das Unternehmen Carozzi in Santiago de Chile.
Informationen zu den Märkten:
Satistiken des chilenischen Amts für Agrarstudien und -politik - Odepa. Informationen der Industrie und Handelskammer. Informationen der Botschaft.
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Der Bayerische Müllerbund e.V., Landesverband der Bayerischen Mühlen, wurde 1910 in Landshut – Ellermühle als „Vereinigung bayerischer mittlerer und kleinerer Handels- und Kundschaftsmühlenbesitzer“ gegründet. Schnell entwickelte er sich zum mitgliederstärksten Berufsverband der Müller(innen) in Deutschland. Heute versinnbildlicht er eine junge, moderne Organisation mit dem Anspruch die Zukunft des Müllerhandwerks maßgeblich mitzugestalten.
Täglich kommen Milliarden Menschen mit Technologien von Bühler in Kontakt, um ihre Grundbedürfnisse an Lebensmitteln und Mobilität zu erfüllen. Bühlers Technologien sind in Smartphones, Solarmodulen, Windeln, Lippenstift und Geldscheinen enthalten. Sie sind in den Lebensmitteln zu finden und in Fahrzeugen. Das Ziel der Bühler Group ist es, Innovationen für eine bessere Welt zu entwickeln, die gesund, sicher und nachhaltig sind.