Nachhaltiges Energiekonzept von MVV und Olam Food Ingredients
Energie durch Biomasse aus Kakaoschalen
Nachhaltiges Energiekonzept von MVV und Olam Food Ingredients
Energie durch Biomasse aus Kakaoschalen
Nachhaltiges Energiekonzept von MVV und Olam Food Ingredients
Energie durch Biomasse aus Kakaoschalen
MVV Enamic hat im Rahmen eines Contractingprojektes einen Dampfliefervertrag mit der Olam Food Ingredients (ofi) abgeschlossen. Eine moderne Prozessdampfanlage zur Verwertung von Reststoffen aus der Kakaoproduktion entsteht am Neckarufer in Mannheim.
Der Kakaoverarbeiter ofi entsorgte bisher seine Kakaoschalen. Nun will er den Reststoff nachhaltig zur Energiegewinnung nutzen. Dazu entwarf MVV Enamic, eine Anlage zurDampferzeugung mit Hilfe von Biomasse aus verbrannten Kakaoschalen, die rund 90% des Gasverbrauchs einspart. MVV Enamic GmbH ist ein Tochterunternehmender MVV Energie AG, einem der führenden Energieunternehmen in Deutschland mit etwa 6.500 Mitarbeitern.
Mit über 22 000 Mitarbeitern in mehr als 110 Fertigungsstätten und 15 Innovation Centern in 49 Ländern ist die Unternehmensgruppe ofi einer der größten Anbieter von nachhaltigen und natürlich veredelten Lebensmitteln und Zutaten in den Bereichen Kakao, Kaffee, Molkereiprodukte, Nüsse und Gewürze. Ofi hat eine globale Wertschöpfungskette aufgebaut, zu der eigene Anbaubetriebe und Produktionsanlagen gehören.
Seit Oktober 2013 ist ofi in Deutschland vertreten – mit Fokus auf der Vermarktung von Rohkaffee, löslichem Kaffee und Kakao. Die Kakaoverarbeitung am Standort in Mannheim ist eine moderne Anlage, in der Zutaten aus ausgewählten Kakaobohnen hergestellt werden. Ab 2023 sollen dort die CO2-Emissionen u.a. durch die Neuaufstellung der Prozessdampfversorgung sinken. Die bei der Produktion übrigbleibenden Kakaobohnenschalen dienen als Biomasse zur Dampferzeugung.
Dampf aus Kakaoschalen
Mit MVV habe man einen kompetenten und erfahrenen Partner an seiner Seite, der das Vorhaben auf allen Stufen begleitet und für einen reibungslosen Ablauf sorgt, so die ofi-Werksleitung. Bereits seit 2003 betreibt MVV die Dampfversorgung der Produktionsanlagen. Bisher wird der von ofi benötigte Prozessdampf durch gasbefeuerte Dampfkessel erzeugt. Jetzt baut MVV dafür eine komplett neue Anlage. Das Leistungsspektrum des Dampfliefervertrages von MVV umfasst die Planung, Umsetzung, Finanzierung und Betriebsführung über einen Zeitraum von 16 Jahren. Die Inbetriebnahme der neuen Kesselanlage ist für das Frühjahr 2023 geplant.
Künftig verfeuert ein mit Filtertechnologie ausgestattetes System aus Biomasse- und Redundanzkessel den Reststoff Kakaobohnenschale. Dadurch kann das Unternehmen seine CO2-Emissionen jährlich um über 8 000 t senken. Da das Vorhaben zur Erreichung der nationalen Klimaziele beiträgt, wird es mit Mitteln des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gefördert. Die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) unterstützt Biomasse-Anlagen aktuell mit bis zu 45 Prozent der förderfähigen Kosten (bei KMU bis zu 55 Prozent), wenn die damit erzeugte Wärme mindestens zur Hälfte für betriebliche Prozesse genutzt wird. Die Evaluationen von MVV Enamic zeigten, dass ofi damit das Maximum an möglichen Fördermitteln nutzen konnte. Dadurch wurde die klimafreundliche Biomasse-Kesselanlage verglichen mit der klassischen Anlage, die mit fossilem Gas betrieben wird, in der Vollkostenrechnung nahezu kostenneutral.
Neuer Brennstoff
Um aus Kakaoschalen Prozessdampf zu erzeugen, musste die neue Kesselanlage speziell auf die charakteristischen Rohstoffeigenschaften des Brennstoffs zugeschnitten werden. Auch die geografische Lage war knifflig: Unmittelbar am Neckarufer besteht immer wieder Hochwassergefahr. Die Lösung waren 2 m hohe Stützen, auf denen die Kesselanlage nun ruht.
Der riesige Biomassekessel bildet das Herzstück des neuen Systems. Mit seinen 25,5 t Gewicht und mehr als 14 m Höhe war sein Transport eine Mammutaufgabe: Vier Tage dauerte die Reise, die der Kessel von seinem Produktionsort in Serbien bis zum Bestimmungsort in Mannheim zurücklegen musste. Auf dem ofi-Betriebsgelände angekommen, waren zwei Autokräne nötig, um die Bauteile von den Schwertransportern abzuladen. Kein Wunder, dass alle Beteiligten die sichere Ankunft des Kessels als ersten wichtigen Meilenstein des Großprojektes feierten. Im Frühjahr 2023 soll dann der Startschuss fallen.
Als Unternehmen der Energiewirtschaft möchte MVV Enamic seinen Firmenkunden ganzheitliche und nachhaltige Wege zur Dekarbonisierung anbieten. Darüber haben wir mit Marcel Ruschel gesprochen. Er ist Key Account Manager im Vertrieb Businesskunden bei MVV Enamic.
M+M: Hatten Sie einen weiteren Partner bei dem Projekt, der die Anlagen geliefert hat?
Marcel Ruschel: Die Verbrennungsspezialisten Vyncke hatten bereits ähnliche Anlagen zur Verbrennung von Kakaoschalen u.a. in Südostasien umgesetzt. Vyncke ist bekannt als Hersteller von Heizungen und Anlagen für Gewerbe und Industrie. Nach einigen Gesprächen und technischen Konzepten hat uns Vyncke überzeugt und wir sind ins Engineering gegangen.
M+M: Was genau geschieht bei der Verbrennung und der Dampferzeugung?
Marcel Ruschel: Die Kakaoschalen kommen per Luftstrom aus dem Silo bei ofi in einen Vorlagebehälter. Dann werden sie mit Hilfe von Schnecken über einen Rost geführt und in einem wassergekühlten Feuerraum verbrannt. Dabei entsteht 800 °C heißes Rauchgas. Dies leiten wir durch einen Wasserkessel und der Dampf entsteht. Der Dampf wird dann zurück zur ofi geleitet. Das Rauchgas geht zur Abwärmenutzung durch einen Economizer, anschließend durch die Abgasaufbereitung und -reinigung.
M+M: Was passiert dann mit den Abgasen?
Marcel Ruschel: Diese werden durch eine hochmoderne Abgasaufbereitung und -reinigung bestehend aus Multizyklon und Gewebefilter geführt, bevor sie über den Schornstein an die Außenluft abgegeben werden.
M+M: Fällt bei der thermischen Verwertung Asche an? Wieviel Asche fällt an und was passiert mit der Asche? Weshalb haben Sie sich nicht für die Weiterverarbeitung zu Pflanzenkohle entschieden?
Marcel Ruschel: Bei der Verwertung fallen zwei Aschefraktionen an: Rostasche und Filterasche. Das sind insgesamt ungefähr 1000 Tonnen pro Jahr. Die Filteraschen werden auf einer Deponie entsorgt, für die Rostaschen laufen derzeit Untersuchungen, wie diese ggf. als Düngemittel genutzt werden können.
M+M: Was ist mit Spitzenlasten? Wie deckt ofi diesen Bedarf?
Marcel Ruschel: ofi kann rund 90 % des benötigten Prozessdampfes mit Biomasse erzeugen. Als Redundanzkessel dient ein Gaskessel, welcher die verbleibenden zehn Prozent liefert. Das ist auch notwendig, um neben Spitzenlasten auch Stillstandzeiten auszugleichen. Stillstandszeiten entstehen beispielsweise durch Revision, Reinigung oder Reparaturen. ofi produziert rund um die Uhr im Dreischichtbetrieb.
M+M: Können kleinere und mittelständische Betriebe der Getreideverarbeitung, wie Getreidemühlen oder Tierfutterproduzenten ihre Reststoffe ebenfalls zur Energiegewinnung nutzen? Kann der nötige Brennwert und die ausreichende Menge erreicht werden? In Kleinanlagen werden üblicherweise Pellets verbrannt. Sie sind normiert, sodass Aspekte wie ihre Zusammensetzung, ihr Heizwert oder Wassergehalt gleichbleibend und bekannt sind. Eigentlich liegen reichlich Erfahrungswerte vor, auf die Sie sich stützen könnten, oder?
Marcel Ruschel: Das kann pauschal leider nicht beantwortet werden. Für die Dampfgewinnung ist bisher neben Gas die Nutzung von Hackschnitzeln, Waldrestholz oder Pellets üblich. Zu diesen Brennmitteln sind Faktoren wie Zusammensetzung, Brennverhalten und Heizwert bekannt. Für die Verbrennung von Kakaoschalen mussten diese grundlegenden Informationen zum Beispiel auch erst in Erfahrung gebracht werden. Für andere Reststoffe, die beispielsweise bei der Getreideverarbeitung anfallen, müsste ebenfalls eine solche Brennstoffanalyse vorab erfolgen, bevor hierzu konkrete Aussagen getroffen werden können. Es ist allerdings möglich, und wir stehen hier für Beratungen gerne zur Verfügung.
M+M: Vorschlag: Ist es auch möglich, Reststoffe aus der Getreideverarbeitung energetisch zu nutzen?
Marcel Ruschel: Ja, neben Kakaoschalen wie im Fall von ofi sind natürlich auch Produktionsreste aus Mühlen Energieträger, die potenziell verbrannt werden können.
M+M: Mit welchem Investitionsvolumen müsste ein Betrieb der Getreideverarbeitung rechnen?
Marcel Ruschel: Der Aufwand ist recht hoch, auch weil der Bau einer Individual-Anlage erforderlich ist. Mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit und den Return on Invest für den Kunden, ist für die Sonderreststoffverbrennung eine thermische Leistung von 3 MW eine empfehlenswerte Grundlage. Voraussetzung ist ein hoher Wärmebedarf und genügend Reststoffe.
Es gibt jedoch häufig die Möglichkeit, Förderungen zu nutzen. Bei Förderanträgen sind wir selbstverständlich gerne behilflich. Wir bei MVV Enamic bieten grundsätzlich alles aus einer Hand und unterstützen Unternehmen von der Beratung bis zur Planung, Projektierung, Finanzierung und den Bau solcher Anlagen. Außerdem übernehmen wir den Betrieb und die Wartung sowie die Energielieferung aus dem Heizwerk in Form von Wärme oder Dampf.
M+M: Gibt es neben der Kosteneinsparung weitere Vorteile bei einer Umstellung für KMUs?
Marcel Ruschel: Für alle Unternehmen, die sich noch nicht auf den Dekarbonisierungsweg gemacht haben, ist jetzt der ideale Zeitpunkt, um zu starten. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, um Förderungen für eigene Energieeffizienz-Projekte in Anspruch zu nehmen. Bereits die Energieberatung ist förderfähig. Mittel- bis langfristig profitieren die Unternehmen nicht nur von finanziellen Vorteilen, sondern sind auch unabhängiger von fossilen Energieträgern. Auch Imagegründe sind für zunehmend mehr Unternehmen ein wesentlicher Faktor.