Proteine aus Insekten
Futtermittelrechtliche Eckpfeiler für die Herstellung und Verarbeitung von Insekten als Eiweißfuttermittel
Proteine aus Insekten
Futtermittelrechtliche Eckpfeiler für die Herstellung und Verarbeitung von Insekten als Eiweißfuttermittel
Proteine aus Insekten
Futtermittelrechtliche Eckpfeiler für die Herstellung und Verarbeitung von Insekten als Eiweißfuttermittel
Das starke Wachstum der Weltbevölkerung hat die Nachfrage nach Lebensmitteln tierischen Ursprungs gesteigert und damit auch den Druck auf intakte Ökosysteme erhöht, der durch konventionelle Produktionssysteme zur Erzeugung von tierischem Protein entsteht (van Huis,2013)
Der erhöhte Bedarf an Sojaextraktionsschrot, das in großem Umfang als pflanzliche Proteinquelle in Rationen für monogastrische Tiere genutzt wird, führt zu einem vermehrten Verbrauch von Land und Wasser und damit zu einem Anstieg bei der Emission klimarelevanter Treibhausgase (Wiedemann et al., 2016). Der Einsatz von Insekten zur Erzeugung von proteinreichen Futtermitteln kann als nachhaltiges Mittel angesehen werden, die Belastung natürlicher Reserven bei der Bereitstellung von Lebensmitteln aus der Tierhaltung zu verringern (Röcklinsberg et al., 2018; van Zanten et al., 2018). Das Ziel vieler Forschungsprojekte ist es, Soja und Fischmehle in den Rationen für Nutztiere (Schwein, Huhn und Fisch) durch Insektenmehl aus Larven der schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens) oder des gelben Mehlwurms (Tenebrio molitor) als Proteinquellen möglichst vollständig zu ersetzen. Im Rahmen dieser Zielsetzung gibt es diverse rechtliche Grundlagen, die den Verarbeitern von Insektenmehlen bzw. von verarbeiteten tierischen Proteinen (VTP) bekannt sein sollten.
Rechtsgrundlage für die verschiedenen Verarbeitungsstufen
Die rechtliche Einordnung von Insekten als Futtermittel wurde in den letzten Jahren auf EU-Ebene neu aufgenommen und angepasst. Seit 2017 kann VTP aus Nutzinsekten in der Aquakultur im Rahmen der (EU) Nr. 2017/893 eingesetzt werden. Im August 2021 haben Insekten durch die Ergänzung (EU) Nr. 2021/1372 der Verordnung (EU) Nr. 999/2011 ihren Weg in die Schweine- und Geflügelernährung gefunden. Damit kann in der landwirtschaftlichen Praxis Insektenprotein als Futtermittel genutzt und als echte Alternative für pflanzliche und tierische Proteine (Sojaprotein, Fischmehl) angesehen werden. Für die Humanernährung sind Insekten im Rahmen des Novel-Food-Acts (EU) Nr. 2021/882 aufgenommen worden. Abbildung 1 zeigt die schematische Darstellung der gesamten Erzeugungskette sowie die wichtigsten Rechtsvorschriften im Erzeugungsschritt.
Im Rahmen der Aufzucht (welche potenziell als „landwirtschaftliche Primärproduktion“ gesehen werden kann) gilt uneingeschränkt die Auffassung, dass es sich bei Insekten um landwirtschaftliche Nutztiere handelt. Aufgrund dieser Tatsache sind für die Fütterung die Grundsätze der Verordnung 178/2002 (allgemeine Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts) sowie die Futtermittelhygieneverordung (EU) 138/2005 uneingeschränkt gültig. Dies beinhaltet auch die Verfütterung von verbotenen Stoffen an Insektenlarven.
Fütterung der Larven
Generell ist ein verkehrsfähiges Insekt im Lebens- und Futtermittelbereich mit Futtermitteln aus dem Katalog der Einzelfuttermittel (EU) 68/2013 zu füttern. Dies bedingt, dass bei der Einfuhr von Insekten oder deren Produkte die Rechtsregularien der EU zwingend eingehalten werden müssen. Das heißt, sowohl der Importeur als auch der verarbeitende Betrieb müssen sicherstellen, dass die Insekten verkehrsfähig sind und beispielsweise nicht mit verbotenen Stoffen aufgezogen wurden. Dies ist insbesondere von großer Bedeutung, wenn man Importe aus asiatischen oder afrikanischen Erzeugerregionen einbezieht. In diesen kann es durchaus marktüblich sein, dass die Insektenaufzucht unter Verwendung von Bioabfällen oder Klärschlämmen durchgeführt wird.
Inaktivierung der Insekten
Nach der Inaktivierung der Insekten mittels Kälte oder durch Blanchieren handelt es sich rechtlich um ein Kategorie 3-Material. Bei tierischen Erzeugnissen der Kategorie 3 geht man davon aus, dass diese keine besondere Gefahr mehr für Mensch und Tier darstellen, sie jedoch aus kommerziellen oder hygienischen Gründen nicht mehr als Lebensmittel eingesetzt werden. Sobald Kategorie 3-Material verarbeitet wird, bedingt es einer Registrierung oder Zulassung nach der Verordnung (EU) 1069/2009 bei dem zuständigen Kreisveterinäramt. Im Rahmen dieser Verordnung werden Hygienevorschriften für die nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukte beschrieben. Des Weiteren schreibt die Verordnung vor, wie die Verwertungsmöglichkeiten der Erzeugnisse sind. Sobald aus dem Kategorie 3-Material ein Einzelfuttermittel erzeugt werden soll, ist im Falle der Insektenverarbeitung der Betrieb zur Registrierung nach der „BSE-Verordnung“ (EU) 999/2001 mit allen Konsequenzen verpflichtet. Der Betrieb, welcher das Einzelfuttermittel herstellen will, ist verpflichtet, das Verarbeitungsverfahren im Rahmen der Verordnung zu benennen und dies auch zu dokumentieren.
Wiederkäuer
Darüber hinaus ist auch die Vermeidung von Kreuzkontaminationen oder ein Austausch von VTP mit Nichtzieltieren sicherzustellen. Die ist durch eine getrennte Lagerhaltung und eine räumliche Trennung der Verarbeitungsanlagen im Rahmen der Verordnung zu gewährleisten. Für die Beurteilung der Futtermittelsicherheit ist die Verordnung (EU) 142/2011 relevant. Auf dieser Basis wurden in der Ausgabe 13/14 (2022) von "Mühle + Mischfutter" die Auswirkungen der Verarbeitung auf die Produkthygiene bereits beschrieben. Mischfutterbetriebe, welche ein Eiweißfuttermittel, wie zum Beispiel Larvenpresskuchen, einsetzen möchten, sind somit auf die Registrierung im Sinne der (EU) 999/2011 zwingend angewiesen. Auch hier gelten für die Produkte, in denen VTP verarbeitet worden sind, die Hygieneregeln der (EU) 142/2011. Der Mischfutterbetrieb muss die gesamten Auflagen der Verordnung einhalten.
0-Toleranz
Insbesondere ist auf das Verfütterungsverbot von tierischen Proteinen an Wiederkäuer zu achten. Dieses ist mit einer Null-%-Toleranz versehen. Das heißt, der Mischfutterhersteller ist zur räumlichen Trennung von Lagerung und Verarbeitung der VTP verpflichtet. Darüber hinaus ist die Anlage im Regelfall nicht mehr für die Herstellung von Mischfuttermittel für Wiederkäuer zulässig. Die Europäische Union stellt somit große rechtliche Herausforderungen für die Verarbeitung von Eiweißfuttermitteln aus Insekten auf, welche von der Mischfutterunternehmen gemeistert werden müssen.
Literaturverzeichnis
Röcklinsberg, H., C. Gamborg and M. Gjerris: Ethical issues in insect production. – In: Van Huis, A., J. K. Tomberlin (ed.): Insects as Food and Feed. From Production
to Consumption (2018), p. 365–379
van Huis, A.: Potential of insects as food and feed in assuring food security. – Annual Review of Entomology 58 (2013), p. 563–583
Van Zanten, H. H. E., P. Bikker, B. G. Meerburg, I. J. M. de Boer: Attributional versus con-sequential life cycle assessment and feed optimization: alternative protein sources in pig diets. – International Journal of Life Cycle Assessment 23 (2018), p. 1–11
Wiedemann, S. G., E. J. McGahan, C. M. Murphy: Environmental impacts and resource use from Australian pork production assessed using life-cycle assessment. 1. Greenhouse gas emissions. – Animal Production Science 56 (2016), p. 1418
Erkenntnisse aus den IGF-Vorhaben 21106 N und 21763 N der Internationalen Forschungsgemeinschaft Futtermitteltechnik e. V. (IFF) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.